Normalerweise gibt es so etwas gar nicht: Die wuchtige Standbox OAudio Icon 12 verspricht die Eigenschaften eines wirkungsgradstarken Hochpegel-Schallwandlers kombiniert mit der neutralen Tonalität eines sehr guten Studio-Monitors. Doch der Icon 12 gelingt genau das.
Der Norweger Sveinung Mala ist nicht nur der Chef eines bekannten norwegischen HiFi-Vertriebs (Mala Audio), sondern auch ein begeisterter Musikfreund, der am liebsten mit Röhren-Amps hört. Und deshalb hat er sich (wie so viele andere Röhren-Jünger) lange Jahre darüber geärgert, dass es für die wattschwachen, aber klangstarken Röhren keine geeigneten Schallwandler gibt. Jedenfalls keine, die gut genug für seine Ohren wären. Wir haben diese Geschichte in verschiedenen Ausformungen schon dutzendfach gehört: Der Mann greift zur Selbsthilfe. Glücklicherweise ist Mala nicht ganz unbeleckt; schon mit 12 Jahren lief sein erstes Lautsprecher-Projekt vom Stapel. Er hatte also Zeit zum Üben…
Die Firma, unter deren Label er jetzt Lautsprecher fertigt heißt – wir sind in Norwegen – ØAudio. Doch die Sprache im Internet kennt kein “Ø” – wie belassen es daher beim schlichten OAudio. Die Icon 12 ist das erste Modell des Norwegers, aber es sollen wohl noch weitere folgen. Die Ziffer 12 im Namen verweist auf die Größe des Tiefmitteltöner: 12 Zoll = 30 Zentimeter.
Das technische Konzept der OAudio Icon 12…
…klang oben schon an. Wir haben es hier mit einer 2-Wege-Box zu tun, die bestens mit Röhrenverstärkern harmoniert, weil sie a.) effizient und b.) ziemlich hochohmig ist – beides Charakterzüge, die kleine Röhren-Amps lieben. Ihre hohe Effizienz und Belastbarkeit zieht die Icon 12 aus der Bestückung, die ihren Ursprung in der Beschallung (PA) hat.
Da wäre zum einen der wuchtige 12 Zoll Tiefmitteltöner vom US-amerikanischen Treiber-Spezialisten Acoustic Elegance. Mala schätzt deren Eigenheiten (hohe Robustheit und kaum verfärbter, dynamischer Klang). Dennoch hatte er noch einige Spezialwünsche – insbesondere in Bezug auf eine höhere Tiefbass-Fähigkeit und eine höhere Linearität. Diese Wünsche erfüllten die Amerikaner nach einigem Hin und Her sehr überzeugend.
Der zweite im Bunde ist ein klassisches Hochtonhorn mit einem hocheffizienten 3-Zoll Druckkammer-Treiber von 18 Sound. Mit einer Empfindlichkeit von über 110 dB ist dieser Treiber wirklich LAUT. Für die Kombination mit dem Tieftöner muss Mala das Energiebündel natürlich zügeln. Aber die hohe Effizienz des Hornsystems vermittelt die beruhigende Gewissheit von extrem hohen Reserven.
Sveinung Mala sagte dazu im Gespräch: “Die Icon 12 hat eine Empfindlichkeit von über 90 dB. Sie ist damit empfindlich genug, um von den meisten Verstärkern problemlos angesteuert werden zu können. Wir haben uns gegen eine noch “lautere” Konstruktion entschieden, weil wir einen echten Fullrange-Lautsprecher wollten, der auch tiefe Bässe mit großer Autorität wiedergibt.” Letzteres ist – das dürfen wir an dieser Stelle schon verraten – vorbildlich gelungen.
Das wiederum liegt sicherlich auch an der Frequenzweiche. Sie besteht aus hochwertigen Jantzen-Silberkondensatoren und Jantzen-Luftspulen. Das klanglich relevanteste Bauteil jedoch, so der Klangtüftler Mala, sei der Duelund-Widerstand, der das Horn auf das Pegelniveau des Tieftöners absenkt – erstaunlich.
Den Übernahmebereich zwischen Bass und Hochtonhorn realisierte der Norweger bei knapp über 1.000 Hertz. Für den Horntreiber ist das schon eine recht hohe Belastung. Aber bei 1.100 Hertz, so Mala, ist die Abstrahlung von Tiefmitteltöner und Horn in etwa gleich. So bekommt er auch außerhalb der Achse eine harmonisch-stabile Abstrahlung. Mala: “Eine gleichmäßige Off-Axis-Response ist meiner Meinung nach sehr wichtig, wenn man einen Lautsprecher bauen will, der in fast jedem Setup/Raum gut funktioniert.” Da hat er wohl Recht.
Das Gehäuse
Die Gehäuseform ist tischlerisch anspruchsvoll, akustisch aber sehr günstig: Es gibt nämlich keine parallelen Wände und daher hat diese kaum mit stehenden Dröhnwellen im Inneren zu kämpfen. Mala: “Es ist ein ziemlich einzigartig aussehendes Gehäuse mit sehr geringen Resonanzen und exzellenten akustischen Eigenschaften für die Treiber.” Mala bezieht die skulpturenhaften Gehäuse aus Polen; unsere HiFi-begeisterten Nachbarn übernehmen immer mehr eine gewichtige Rolle in dieser Branche.
Praxis
Die Icon 12 ist eine enorm Tiefbass-starke Box mit einer leichten Überhöhung bei 80 Hertz. Einen solchen Lautsprecher an die Rückwand stellen? Keine gute Idee. Im großen LowBeats Hörraum stand sie frei, mit gut 50 Zentimeter Abstand zwischen Boxen-Rückwand und Hörraum-Rückwand. Die BR-Ports der Icon 12 gehen nach rechts raus, was zu einer asymmetrischen Anregung des Raumes führt. Das ist unüblich, aber im Sinne einer weniger “dröhnigen” Wiedergabe durchaus clever.
Weil die Icon 12 ein vergleichsweise enges Bündelungsverhalten hat, ist sie auch für größere Räume bestens geeignet. Im großen LowBeats Hörraum (70 Quadratmeter) haben wir einen Hörabstand von über vier Metern – absolut kein Problem.
Die folgende LowBeats Messung zeigt auf einen Blick, dass Mala hier einen fast idealen Lautsprecher für Röhren-Amps entwickelt hat: die Impedanz ist hoch und selbst der EPDR-Wert, der sich aus Impedanz plus Phase ergibt und die wahre Belastung des Verstärkers anzeigt, liegt angenehm hoch. Wie üblich probierten wir die verschiedensten Verstärker aus und mussten feststellen. Ergebnis: Selbst mit dem Mira Ceti von Fezz Audio, einem Vollverstärker mit einfacher 300B-Bestückung (2 x 9 Watt) spielt mit die Icon 12 tadellos. Es klang nach einem richtig großen System.
Doch trotz aller Röhren-Eignung entwickelt die Icon 12 auch an Transistor-Amps ihren Reiz. An unseren Mess-Endstufen zeigte sie eine beeindruckende Pegelfestigkeit:
Dauerhaft 107 dB schafft eine Icon 12 in einem Meter Abstand. Ergänzt man die eine Box zum Paar und legt den üblichen Headroom für kurzfristige Spitzen obendrauf, ergibt sich ein mögliches Hör-Niveau von fast 120 Dezibel. Das ist mal eine Ansage! Dafür muss natürlich einiges an Leistung fließen…
Beim Hören mit klassischen Transistor-Amps muss man allerdings achtgeben: Mit besonders frisch und kernig klingenden Modellen – wie man sie beispielsweise von Atoll, AVM oder T+A kennt – klingt die Icon 12 einfach nicht; hier sollte man die eher sanftmütigen Vertreter verwenden. Konkret nutzte ich die Potenz der SPL Monoblöcke m1000 (die immerhin 400 Watt an 8 Ohm rausblasen), um etliche Live-Aufnahmen in Original-Pegel zu hören. Das war großartig und ich fühlte mich an die glückseligen Hörtests mit der großen Heco Dreiklang (die es leider nicht mehr gibt) erinnert, bei denen wir so laut hörten, dass die Nachbarn vorbeikamen, um mitzufeiern. Leiser war es mit den Icon 12 auch nicht. Aber fraglos noch besser…
Hörtest
Gemeinhin haben Konstruktionen mit großen Tiefmitteltönern aus dem Beschallungsbereich meist den Nachteil, dass die schwere Membran (und die schwere Schwingspule) sowie die harte Einspannung immer vergleichsweise viel Leistung brauchen, um “anzuspringen”; die Feindynamik bleibt da oft auf der Strecke. Davon war bei der Oaudio Icon 12 nichts zu spüren. Im Gegenteil: Es scheint, als hätte sie einen besonders großen Schluck Leichtigkeit aus der Pulle für die Wiedergabe mitbekommen.
Es geschieht selten, dass im Hörraum der Funke bei einem Testlautsprecher so schnell überspringt. Ich selbst war zunächst über den natürlich-harmonischen Charakter begeistert. Stimmen klangen absolut “richtig” – kein Anflug von Hornklang. Aber auch die Staffelung des musikalischen Geschehens in die Tiefe ist für ein Raum exemplarisch gut zu.
Die Icon 12 hatte mich jedenfalls sehr schnell vereinnahmt und ich hörte Stück für Stück – weil dieser Lautsprecher so viel Freude macht: Zum Beispiel wieder einmal den “Delphinmann” vom Friedrich Liechtenstein Trio, der durch wunderbar feine Nebentöne verzückt.
Auch einige Zaungäste, die verschiedentlich verbeikommen, konnten sich dem Zauber nicht entziehen – vor allem, wenn ich dann auch die entsprechenden Elektropop-Stücke gespielt habe, deren Bässe mit sehr hohem Pegel durch Mark & Bein, aber auch durchs ganze Haus gehen
Zugegeben: Die Icon 12 mogelt. Sehr charmant zwar, aber offensichtlich. Zum einen hat sie eine kleine Überhöhung bei 3 KHz; das macht den Klang so anspringend offen und transparent. Und sie hat einen leichten Buckel bei 80 Hertz. Dadurch kommen die Bässe nicht hundertprozentig präzise, aber der Lautsprecher klingt auch bei kleineren Pegeln wunderbar voll, warm und groß. Man merkt: Der Herr Mala weiß genau, was er da tut…
Mit was will man einen solchen Lautsprecher vergleichen? Wir hatten in den Wochen des Tests ziemlich viele Lautsprecher auch dieser Preisklasse im Haus, aber die kamen fast überwiegend aus dem sehr klassischen Lager: mäßiger Wirkungsgrad, mäßiger Maximalpegel, kaum Röhren-tauglich. Tatsächlich war erst die LowBeats Referenz, die FinkTeam Borg, ein passender Gegner. Auch die ist ja vergleichsweise laut und durchaus Röhren-freundlich.
Aber auch das darf natürlich nicht unerwähnt bleiben: Die Borg ist fast 2,5 Mal so teuer und klingt in allen qualitativen Disziplinen noch überzeugender. Heißt: Die Borg bringt eine spürbar höhere Präzision in Bass und Grundton, die noch ehrlicheren und feineren Mitten sowie eine nochmals bessere Plastizität in der Abbildung.
Und doch gelingt der Icon 12 hier der ein oder andere überraschende Punkt. Manchem könnte der extra warme Grundton, der Stimmen etwas “schöner” klingen lässt, besser gefallen. Oder das – vor allem in Verbindung mit klangfarbstarken Röhren – noch etwas ausgeprägtere Flirren im oberen Mittenbereich. Und dann ist da noch das wohlige Gefühl, wenn die Borg bei bereits sehr hohen Pegeln nicht mehr lauter werden will, man mit der Icon 12 noch einmal beherzt den Lautstärkeregler weiter Richtung 17.00 Uhr drehen kann – und sie das unbeeindruckt in Pegel umsetzt. Und selbst bei diesen Mörder-Pegeln knickt die Norwegerin im Tiefton keineswegs ein, sondern schiebt immer noch ein mächtiges Bass-Brett vor sich her. Ich mag so was. Sehr.
Fazit OAudio Icon 12
Wenn Sveinung Mala den optimalen HiFi-Lautsprecher für edle Röhren-Amps bauen wollte, dann hat er das geschafft. Aktuell kenne ich keinen Schallwandler, der in dieser Preisklasse mit Röhren jedweder Couleur derart souverän musiziert. Aber auch mit gut ausgewählter, klassischer Transistor-Elektronik macht die Icon 12 Sinn – nämlich dann, wenn der Musikfreund auch Pegel weit jenseits kuscheliger Wohnzimmer-Lautstärken erleben möchte.
Dieser Lautsprecher macht einfach Spaß. Legt man dann noch die exzellente Verarbeitungsqualität der Gehäuse und die hohe Belastbarkeit der Treiber zugrunde, muss man – all die vielen anderen Normalverdiener im Land mögen es mir nachsehen – bei dieser 12.000-Euro Box von einem günstigen Angebot sprechen.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Erstaunlich breitbandiger, luftiger und audiophiler Klang |
| Hoher Wirkungsgrad, hoher Maximalpegel und hohe Belastbarkeit |
| Elektrisch gutmütig, harmoniert exzellent mit Röhren |
| Ausgezeichnetes Klang/Preis-Verhältnis |
Vertrieb:
3D Audio Distribution
Wethstraße 41A
97282 Retzstadt
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
OAudio Icon 12: 12.000 Euro
Technische Daten
OAudio Icon 12 | |
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Konzept: | 2-Wege Bassreflex-Box |
Besonderheiten | hoher Wirkungsgrad, hoher Maximalpegel (119 dB) |
Empf. min. Leistung des Verstärkers: | 2 x 10 Watt |
Max. empf. Raumgröße: | 50 Quadratmeter |
Gewicht: | 54,0 Kilo |
Abmessungen (H x B x T): | 107,2 x 36,0 x 50,3 cm |
Mit- und Gegenspieler
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