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High End 2018
Ungewöhnlicher Auftritt und sensationeller Klang: die FinkTeam Borg für 24.900 Euro pro Paar (Foto: R. Vogt)

Test FinkTeam Audio Borg: die neue LowBeats Referenz

An diesem Lautsprecher scheint vieles zuerst außergewöhnlich: Eine Standbox, fernab von gängigen Design-Pfaden, bei der offenkundig die Form der (best-klingenden) Funktion folgt. Eine 2-Wege Bassreflex-Konstruktion, die breitbandiger und pegelstärker ist als die meisten 3- oder 4-Wege-Lautsprecher ihrer Klasse. Ein Schallwandler, der für eine Passivbox erfreulich praxisnah (weil sehr anpassungsfähig) ist und der dank seiner hohen Effizienz – sogar mit schwachbrüstigen Röhrenverstärkern harmoniert. Kurz: Die FinkTeam Borg hat alle Attribute, die dem Kenner das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt und die innerhalb der HiFi-Gemeinde schon für einige Furore gesorgt hat. Nun kommt dieser exravagante Lautsprecher in die Läden (obwohl die Premiere schon letztes Jahr auf der HIGH END 2018 stattfand) und wir hatten die Gelegenheit, ihn endlich auch im LowBeats Hörraum intensiv hören und testen zu können. Es wurde ein Fest.

Fink Team Borg Paar
Die Totale zeigt die außergewöhnliche Form der Borg. Sie hat die Abmessungen 105,0 x 30,0 x 40,0 cm (H x B x T)  und wiegt 52 Kilo pro Stück (Foto: FinkTeam)

Nur selten kommt es vor, dass ein Lautsprecher von einer so unbekannten Marke für ein solches Aufsehen sorgt. Auf der HIGH END 2018 war sie für viele Besucher DIE Entdeckung und Best Sound Of The Show. Allerdings sind die Macher hinter dem FinkTeam alles andere als unbekannt. Vor allem der Namensstifter Karl-Heinz Fink gilt nicht nur hierzulande als eine der größten Lautsprecher-Koryphäen. Er startete sein professionelles Lautsprecherleben mit dem Selbstbauladen „Klein aber fein“, wurde Entwicklungsleiter bei IQ und baute mit ALR Jordan seine eigene Marke (unter der ihm viele geniale Würfe gelangen) auf, bevor er dann feststellte, dass es noch lukrativer sein kann, für große Namen undercover zu arbeiten. Sein Fink Audio Consulting mit Sitz in Essen arbeitet oder arbeitete für Denon, Heco, Magnat, Mission, Q Acoustics, Tannoy, Yamaha… Diese Liste erhebt in keinster Weise Anspruch auf Vollständigkeit, weil Fink bei vielen weiteren Namen abwiegelt: „Ne, das darf ich nicht sagen.“ Oder: „Um Gottes Willen: schreiben Sie das bloß nicht!“ Viele Anbieter sind da sehr eigen. Das gilt vor allem für die ebenfalls von ihm betreuten Projekte aus der Automobilindustrie.

Das FinkTeam ist in weiten Teilen deckungsgleich mit dem Audio Consulting und kann daher auf viel Knowhow und einen Technik-Pool zurückgreifen, der seinesgleichen sucht. Kaum ein Hersteller hat mehr Erfahrung mit dem Klippel-Analyse-System. Und welcher Mitbewerber hat schon einen eigenen schalltoten Raum von dieser Größe?

Fink Audio Consulting
Der schalltote Raum bei Fink Audio Consulting ist einer der größten im deutschen HiFi. Hier wird gerade eine Q Acoustics Concept 20 vermessen (Foto: J. Bauer)

Doch vor allem im Bereich Gehäuse-Analyse durch Laserabtastung hat die Fink Audio Consulting einen meilenweiten Vorsprung vor den meisten HiFi-Mitbewerbern. Damit entstehen dann so überragende Lautsprecher wie die Q Acoustics C 500, deren Gehäuse jahrelange Forschungen zugrunde liegen.

Bor Entwicklung Laser-Fibrometer
Einer der Laser-Vibrometer aus dem Fink’schen Entwicklungslabor (Foto: J. Bauer)

Wehe, wenn sie losgelassen: Was also passiert, wenn eine solche Truppe antritt, um unter eigenem Namen nicht nur massenkompatible und bezahlbare Lautsprecher zu entwickeln, sondern all das umzusetzen, was man in vielen Jahren an besonderen Ideen angehäuft hat? Es entsteht ein Statement wie die mächtige 3-Wege Konstruktion Washing Mashine (derzeit in der Version WM 4) oder – etwas kleiner und günstiger – die wahrscheinliche beste 2-Wege Box der Welt.

Das Konzept der FinkTeam Borg

Das Stichwort ist gefallen: 2-Wege Box. Die Essener trauen sich hier etwas sehr Unorthodoxes: eine Kombination aus Air Motion Transformer- (AMT-) Hochtöner und 10 Zoll Tiefmitteltöner (entspricht einem Durchmesser von 26 cm). Die Kombination ist deshalb ungewöhnlich, weil es dafür spezieller Treiber bedarf: einen hochbelastbaren Hochtöner, den man sehr weit in den Mittenbereich ziehen kann und einen Tiefmitteltöner, dem trotz seiner stattlichen Größe (und damit verbunden: einem hohen Membrangewicht) eine transparente und feine Mittenwiedergabe gelingt.

Fink Team Borg AMT 1
Ein fantastischer, weil extrem verzerrungsarmer Hochtöner: der vom FinkTeam überarbeitete Mundorf-AMT. Mit einer Gesamtfläche von 6.464 Quadratmillimetern ist er einer der größeren am Markt (Foto: H. Biermann)

Der AMT-Hochtöner kommt vom Bauteile-Spezialisten Mundorf, der sich in diesem Bereich mittlerweile einen exzellenten Ruf erarbeitet hat und auch für den Profibereich extrem laute und quasi unkaputtbare Air Motion Transformer anbietet. Aus diesem reichen Portfolio stammt auch der Borg-AMT, allerdings wurde er nach allen Regeln der Kunst vom Fink Team verbessert.

Der 26 cm große Tieftöner sieht mit seiner Papiermembran und der gefalteten Sicke aus wie dem Profi-Bereich entsprungen. Er stammt aber komplett aus dem FinkTeam Entwicklungs-Labor und wird von einem befreundeten Zulieferer unter strengen Qualitätskontrollen gebaut.

FinkTeam Borg Bass
Man liest ja viel von „überdimensionierten“ Magneten bei Bässen. Auf den Tieftöner der FinkTeam Borg aber trifft das sicher zu. Der Magnet des 26 cm Basses ist genauso riesig wie die mit 76 mm ungewöhnlich große Schwingspule. Sie sorgt für die immens hohe Belastbarkeit (Foto: FinkTeam)

Weil man beim FinkTeam viel Erfahrung und alle Möglichkeiten beim Entwickeln eigener Treiber hat, konnte man mit langen Klippel-Analysen und weitreichenden Versuchen einen Tiefmitteltöner mit genau passenden Parametern zusammensetzen: einen mit vergleichsweise leichter Membran für präzise Mitten, der aber dennoch tief genug in den Basskeller reicht.

Fink Team Borg Tiefmitteltöner
Die Schrauben des Basses sind von einem Kunststoffring in Schallwandfarbe verdeckt. Für den perfekten Halt allerdings sorgt ein massiver Metallring auf der Innenseite der Schallwand, der es ermöglicht, den Tieftöner felsenfest anzuschrauben (Foto: H. Biermann)

Verknüpft werden Hoch- und Tiefmitteltöner über eine Frequenzweiche, die feinst bestückt beide Bereiche strikt (mit 24 dB/Oktave Flankensteilheit) gegeneinander abgrenzt. Diese Weiche ist ein Kunstwerk und das Gegenteil von simpel. Die vielen Bauteile erklären sich durch die zusätzlichen Anpassungsfilter (Presence, Mid, High), aber auch durch Phasenkorrektur-Glieder, die den Laufzeitunterschied zwischen Tief- und Hochtöner egalisieren.

Fink Team Frequenzweichen
Die Frequenzweiche der FinkTeam Borg ist in Bass- (links) und Hochton-Sektion aufgeteilt und beherbergt neben den Bauteilen für die Linkwitz-Riley-Weichenschaltung 4. Ordnung auch die umfassenden Anpassungsfilter (Foto: FinkTeam)

Hinterlassen schon die Treiber und die Weiche einen exzellenten Eindruck, so wird das alles noch einmal vom Gehäuse getoppt. Hier hat das FinkTeam alle Register gezogen und mit aufwändiger Laserabtastung die Schwachstellen beseitigt. Das Ergebnis ist ein schlau versteifter Korpus mit Wandstärken zwischen 28 und 38 mm, bei denen alle Wände aus mehreren Schichten bestehen, welche über ein dämpfendes Gel miteinander verklebt sind.

FinkTeam Borg in der Gehäuse-Analyse
Die FinkTeam Borg in einer frühen Laser-Vibrometer-Analyse: je röter, umso mehr Energie dringt durch die Gehäusewände nach außen. Vor allem an diesen Stellen wurde massiv gegengearbeitet.  (Quelle: FinkTeam)

Dieses Mehrschicht-Konzept ist schon bei der bereits oben erwähnten Q Acoustics C500 aufgegangen, bei der FinkTeam Borg aber haben die Essener ihr Meiserstück abgeliefert.

Selbst bei vollem Pegel (wir reden hier von Lautstärken weit oberhalb 110 Dezibel) und markigen Bass-Schlägen – ich nutze hier gern die Sounds von Infected Mushroom – bleiben die Gehäuse ruhig: vom Handauflegen her käme man nie darauf, welchen Pegelorkan die Borg gerade entfacht. Das ist beeindruckend. Ich habe im Bereich klassische „Boxen“ noch nichts Besseres kennengelernt, obwohl ich schon viele Lautsprecher im Test hatte, die mit deutlich mehr Material geklotzt haben.

Fink Team AMT ausgebaut
Die Schallwand wirkt dicker, als sie wirklich ist. Ihre maximale Stärke liegt bei knapp 4 cm. Hier sieht man die Aussparung für den AMT, der in einem eigenen, kleinen Gehäuse sitzt (Foto: H. Biermann)

Den vielleicht schwierigsten Job im FinkTeam aber hatte wohl der Designer Kieron Dunk (der unter anderem den wunderschönen Q-Acoustics Speakern ihre Form gab). Er musste dem zu 100% auf besten Klang gezüchteten Gehäusekonzept mit seiner eigenwilligen, reflektionsarmen Schallwand eine noch irgendwie attraktive Gestalt geben. Das ist ihm mit dem BiColor-Ansatz und dem offensiven Umgang mit den bizarren Formen gut gelungen. Die Borg sieht weit weniger mächtig aus, als man es von einem Lautsprecher mit 26 cm Bass erwarten würde.

Fink Team AMT 1
Durch die spezielle Ausformung der Schallwand ergeben sich besonders wenig Interferenzen – beste Grundlage für einen möglichst räumlichen Klang (Foto: H. Biermann)

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.