Aktive Lifestyle-Lautsprecher mit hohem Klang- und Design-Anspruch in der Preisklasse unter 1.000 Euro gibt es viele. Darunter aber nur wenige, die so ungeschminkt und anspringend auftreten, wie die Klipsch The Fives. LowBeats hat die preiswerten Spaßmacherboxen in unterschiedlichen Hörsituationen ausgiebig getestet und ist mehr als angetan…
Eigentlich standen die Vorzeichen für dieses Zusammentreffen gar nicht besonders gut. Erstens bin ich kein ausgesprochener Freund von Retro-Design und zweitens sind Hornlautsprecher klanglich nicht unbedingt meine Favoriten. Nicht, dass ich deren primäre Charakterzüge wie Impulsfreudigkeit und hohen Wirkungsgrad nicht zu schätzen wüsste, doch meine persönlichen klanglichen Prioritäten erfüllen Hornlautsprecher nur selten.
Aber ich laufe auch nicht mit Scheuklappen herum. Beim ersten Blick auf die kleinen Aktivlautsprecher von Klipsch war daher alles anders. Zum Beispiel, dass die Retro-Attitüde der The Fives insgesamt stimmig wirkt: die Proportionen, das (in der Walnuss-Version) naturbelassene Furnier, die Schallwand in Hammerschlag-Optik, dazu Chassis ohne sichtbare Schrauben, ein fast die gesamte Gehäusebreite einnehmendes Hochtonhorn, (magnetische) Frontabdeckungen mit legerem, grobmaschigem Stoff… Das passt alles richtig gut zusammen. Vielleicht mit Ausnahme der etwas modernistisch und leicht deplatziert wirkenden Drehknöpfe an der Oberseite des Hauptlautsprechers und der beiliegenden Plastikfernbedienung. Aber die Boxen selbst? – Richtig cool und wohnraumfreundlich.
Jedenfalls war ich sofort Feuer und Flamme für die The Fives. Was mir nie zuvor beim Anblick von Klipsch-Lautsprechern passiert ist und auch bei keiner anderen Baureihe des Herstellers. Womöglich spielen die kompakten Maße dabei eine gewisse Rolle. Mit ihren 305 x 165 x 235 mm (H x B x T) dominieren die „Fünfer“ trotz Kistenform nicht den Raum wie eine Klipsch Cornwall oder ein Klipschorn (deren Erwähnung war natürlich unvermeidlich).
Warum eigentlich dieser ungewöhnliche Name: The Fives? Das geht nicht in jedem Satz flüssig von den Lippen. Im Prinzip ganz einfach. Es handelt sich um die fünfte Modellvariante in der Klipsch Heritage-Serie. Diese besteht aus unterschiedlich großen One-Box-Speakern, namentlich den Modellen Heritage Groove, The One (Mark II), The Three (II) und The Sixes. The Fives sind die fünfte Heritage-Modellvariante. Die Namensgebung bleibt trotzdem äußerst verwirrend, da es zum Beispiel kein Vierer-Modell gibt. Das häng möglicherweise damit zusammen, dass die Vier in China und Japan eine Unglückszahl ist. Doch warum sind die Sixes eigentlich unterhalb der Fives angesiedelt? Und was macht „Groove“ in der Serie? Wieso kein „The Seconds“? … Manche Marketing-Entscheidungen muss man nicht verstehen.
Unter der Motorhaube der Klipsch The Fives
Die Technik der Fives ist simpel und effizient. Klipsch setzt hier auf das kostengünstiger zu realisierende Konzept aus aktivem Master- und passivem Slave-Lautsprecher. So muss nicht alles doppelt vorhanden sein und in jedem Lautsprecher eingebaut werden. Es reicht beispielsweise ein DAC im Master, der das Signal für beide Kanäle analog wandelt. Ein Stromanschluss wird dadurch ebenfalls nur am Master-Lautsprecher benötigt. Im Fall von Zuspielung via Bluetooth sind gerade einmal zwei Strippen nötig: Strom für den Master und das Lautsprecherkabel zum Slave.
Allerdings sind die Fünfer kabelmäßig durchaus verbindungsfreudig. Neben den heute gängigsten Anschlussbuchsen wie Cinch analog, USB für Computer und Toslink für Fernseher geht Klipsch noch einen Schritt weiter und spendierte dem Master auch einen HDMI-ARC-Eingang für TV. Der Vorteil gegenüber Toslink: HDMI überträgt nicht nur den Ton in die Speaker, sondern auch Steuerbefehle. So kann beispielsweise die Lautstärke über die TV-Fernbedienung geregelt werden. HDMI-ARC ist zwar an vielen Soundbars zu finden, in aktiven Stereo-Sets wie diesem ist es aber noch die Ausnahme.
Auch schön: Der analoge Stereo-Cinch-Eingang kann wahlweise für Hochpegelgeräte wie CD-Player, aber auch für Plattenspieler genutzt werden. Hierfür muss lediglich der entsprechende Kippschalter an der Rückseite auf die richtige Position (Phono) gestellt werden. Sogar eine Erdungsklemme ist am Master vorhanden.
Der Slave wird über ein mitgeliefertes und in den meisten Fälle wohl ausreichend langes (4 m) Lautsprecherkabel angebunden. Das Kabel verfügt über verdrehsichere, vierpolige Stecker mit Überwurfmutter zur Sicherung. Wieso vierpolig? Eine offizielle Antwort auf diese Frage habe ich nicht rechtzeitig von Klipsch bekommen, aber die Vermutung liegt nahe, dass die Frequenzaufteilung für den Slave schon im Master erfolgt. Andere Aktiv-Passiv-Paare in Mehrwege-Konstruktion, bei denen der Slave mit einem herkömmlichen, zweiadrigen LS-Kabel angeschlossen wird, brauchen eine eigene passive Frequenzweiche. In den Fives erfolgt die Aufteilung offenbar aktiv und möglicherweise sogar digital im Master. Das ist natürlich aus klanglicher Sicht absolut sinnvoll.
Wer mag, kann auch noch einen aktiven Subwoofer ergänzen. Das Netzteil ist im Master integriert. Zur korrekten Kanal-Konfiguration gibt es noch einen Schalter, mit dem festgelegt wird, ob der Master links oder rechts stehen soll.
Die D/A-Wandlung digitaler Eingangssignale erfolgt über einen nicht näher spezifizierten DAC-Chip mit 24 Bit/192 kHz. Vier Endstufen, alle im aktiven Master untergebracht, kümmern sich um die Signalverstärkung. Zwei mit je 20 W für die Hochtöner und zwei mit je 60 W für die Tief-/Mitteltöner. Die mit einem großen Hornvorsatz bewährten Titan-Kalottenhochtöner sind mit 20 Watt Dauerausgangsleistung mehr als ausreichend versorgt. Für die langhubig ausgelegten Tief-/Mitteltöner, die auf ebenfalls hornförmig konstruierte Bassreflexöffnungen an der Rückseite arbeiten, wird entsprechend mehr Power bereit gestellt.
Über den Wirkungsgrad von Hornlautsprechern im Allgemeinen und der The Fives im Speziellen brauchen wir uns hier aufgrund des aktiven Konzepts natürlich keine weiteren Gedanken zu machen. Das klangliche Ergebnis wird zeigen, ob wir es mit horntypischen Vertretern zu tun haben.
Doch zunächst…
Praxiserfahrungen
Bei aktiven Lautsprechern zu diesem Preis darf man keine Ultra-Edel-Finishes und kunsthandwerkliche Verarbeitungsqualität erwarten. Die The Fives sind da keine Ausnahme. Ihre Gehäuse aus MDF sind vergleichsweise simpel aufgebaut. Dennoch arbeitet Klipsch mit naturbelassenem Nussbaum-Echtholzfurnier als Finish. Das macht schon was her…
Die Inbetriebnahme der kompakten Klipsch ist ein Klacks und weitgehend selbsterklärend. Am Beispiel Desktop-Aufstellung läuft das so: Boxen links und rechts neben dem Bildschirm beziehungsweise im Stereodreieck platzieren. Die Unterseite der The Fives sind mit einer Korkschicht zur Schonung der Stellfläche versehen. Aus klanglichen Gründen ist jedoch die Aufstellung auf passenden Stands oder Pucks zur Entkopplung und Anwinkelung ratsam. Dann am Master über den Schalter festlegen, ob dieser links oder rechts steht. Anschließend das mit dem Fähnchen „Speaker Wire“ versehene Kabel zwischen Master und Slave verbinden. USB-Kabel zwischen Computer und Master verbinden. Stromkabel am Master anschließen. Fertig.
Bei einem Setup als TV-Speaker empfiehlt sich der Anschluss per HDMI-Kabel (mitgeliefert) oder alternativ ein optisches Toslink-Kabel (nicht im Lieferumfang). Das Smartphone (oder auch der Mac/PC) kann natürlich per Bluetooth gekoppelt werden.
Sobald das Stromkabel angeschlossen ist, sind die Klipsch The Fives betriebsbereit. Einen Hauptschalter gibt es nicht. Die Boxen können aber über die Fernbedienung in Standby geschaltet werden. Bei HDMI-Verbindung wechseln Sie (sofern TV als Quelle gewählt ist) automatisch in Standby, wenn der TV ausgeschaltet wird und schalten sich auch zusammen mit dem Fernseher ein.
Falls Sie sich fragen, warum bisher noch gar nicht von einer App die Rede war… Nun, diese Möglichkeit gibt es. In den einschlägigen App-Stores findet sich die kostenlose Klipsch Connect App, die ursprünglich für die One-Box-Modelle und die Klipsch In-Ear-Kopfhörer entwickelt wurde, aber auch mit den Fives kommunizieren kann.
Die App hilft unter anderem bei der Kopplung, was aber genauso einfach über die BT-Einstellungen des iDevice geht. Zumindest in der zum Testzeitpunkt aktuellen Version bietet die App für die The Fives keine Zusatzfunktionen, wie etwa umschaltbare Klang-Modi oder Equalizer. Das wichtigste Feature: Über die App können Updates eingespielt werden, was während des Tests einmal vorkam.
Was mich stört, ist die Zwangsregistrierung, ohne die man die App-Einrichtung nicht abschließen kann. Mindestens die Angabe von Name, E-Mail-Adresse, Land und Produkt sind erforderlich, um die App nutzen zu können. Wer das nicht mag, kann Fake-Daten eingeben – oder die App links liegen lassen. Firmware-Updates bleiben dann allerdings verwehrt. Eine freiwillige Registrierung wäre schöner.
Die Bedienung der Lautsprecher gibt keinerlei Rätsel auf. Am Master-Lautsprecher sind zwei Drehregler zu finden. Einer schaltet den Eingang um, was per LED angezeigt wird, der andere regelt die Lautstärke. Über die mitgelieferte Fernbedienung geht beides ebenfalls, zusätzlich bietet diese aber auch eine Standby-Taste, Mute, Play/Pause, Subwoofer-Anpassungen und ein verstecktes Feature. Darauf komme ich in der Klangbeschreibung noch mal zurück. Einen Subwoofer hatte ich im Test übrigens nicht im Einsatz.
Hörtest Klipsch The Fives: Rock Me, Baby!
Meine allererste Reaktion: Die Fives klingen satt und mächtig. Typisch amerikanisch! Nach einigen Tracks mit geringer bis mittlerer Lautstärke verhärtete sich dieser Eindruck und mir kamen die kleinen Klipsch einfach so fett abgestimmt vor, dass ich schon damit anfing, in Roon eine Basskorrektur per DSP einzurichten.
Ein nochmaliges Stöbern in der Bedienungsanleitung offenbarte dann aber, dass die Lautsprecher über einen „Dynamic Bass EQ“ verfügen, was sich bei näherer Betrachtung als Loudness-Korrektur herausstellte. Also eine lautstärkeabhängige Anpassung im Bassbereich. Und die ist offenbar standardmäßig eingeschaltet – oder war es zumindest bei meinen Testmustern. Womit ich auf die weiter oben erwähnte versteckte Funktion zurück komme: Um „Dynamic Bass EQ“ abzuschalten, muss die Taste „Sub“ auf der Fernbedienung drei Sekunden lang gedrückt werden. Und zack! Aus einer Rubensfigur wird eine athletische Zehnkämpferin. Nach wie vor kraftvoll und beileibe nicht asketisch, aber nicht mehr so üppig barock.
Vielleicht ist nur die Abstimmung des „Dynamic Bass EQ“ etwas zu kräftig und die Pegelabhängigkeit etwas zu weit ausgelegt. Wer überwiegend mit geringer Lautstärke Hintergrundmusik genießt, könnte der Schaltung durchaus etwas abgewinnen. Ein weniger audiophiles Publikum mag sich vielleicht sogar komplett darauf einlassen wollen. Da sich die Fives nicht gezielt an High-Ender wenden, ist nachvollziehbar, wenn die Schaltung ab Werk aktiviert ist. Ich bevorzuge jedoch die Neutralstellung.
Ebenfalls auffällig: Mitten und Höhen kommen entgegen des Vorurteils gegenüber Hörnern weitgehend verfärbungsfrei und sauber aufgelöst an die Ohren. Das ist dynamisch und hat durchaus Eleganz. Keine Spur von horntypischer Härte.
Kleiner Tipp: Die magnetische Frontbespannung ist zwar schick, verschluckt aber trotz ihrer grobmaschigen Webstruktur minimal feinste Höhen. Das trifft auf die allermeisten Frontbespannungen zu, weshalb ich sie grundsätzlich weglasse. Die Stoffabdeckungen der Fives sind aber mit einem Handgriff und ohne Fummelei an- und abmontiert, sodass sie sich ganz nach Bedarf und Laune mal so, mal so betreiben lassen. Die schraubenlos montierten Chassis und die sichtbaren Teile der Schallwand in Hammerschlag-Optik sind aber auch nicht unattraktiv.
Zurück zum Klangerlebnis. Echte Vollbereichshörner sind die Klipsch The Fives natürlich nicht. Lediglich die Hochtöner erhalten von den Tractrix-Hörnern (eine Markenbezeichnung von Klipsch) Verstärkung. Deren Abstrahlverhalten soll über einen relativ weiten Bereich – sowohl horizontal als auch vertikal – gleichmäßig verlaufen. Die Hochtonhörner spiegeln sich auch im Gesamtcharakter der Boxen wider, die sonst in weiten Teilen wie ganz normale nicht hornbewehrte, dynamische Lautsprecher klingen. Nur eben mit einer guten Portion mehr Verve in den oberen Mitten und Höhen. Die Klipsch machen richtig an und wirken selbst bei hohen Pegeln erstaunlich mühelos und unangestrengt.
Der Grundtonbereich kann da nicht ganz mithalten. Hier gibt die relativ simple Gehäusekonstruktion mit Eigenklang (Resonanzen) ab und an ihren Senf dazu. Der Tiefbass macht erst bei ungefähr 60 Hz schlapp, was für eine Box dieser Größe ganz beachtlich ist. In größeren Räumen, für Tiefbass-Fans oder allgemein zur Unterstützung bei Filmton kann entsprechend ein Subwoofer ergänzt werden. Der entscheidende Punkt: Die Fives gehören definitiv zu den rockigsten, mitreißendsten Boxen dieser Größe, Bauart (zwei Wege kompakt) und Preisklasse: echte Spaßmacher!
Auch die Bühnenabbildung überzeugt. Die Klipsch mögen vielleicht nicht die gleiche Abbildungspräzision, Tiefe und Luftigkeit wie eine Coax-bewehrte KEF LSX erreichen. Dafür haben die The Fives mehr Musikkneipen-Flair und bringen den Hörer nah an das Bühnengeschehen. Das prädestiniert sie jedoch nicht ausschließlich für Rock und Jazz. Pop- und Electronic-Liebhaber werden gleichermaßen die direkte, unverblümte Art der aktiven Klipsch zu schätzen wissen. Am besten haben mir die Fives als Ergänzung für den TV gefallen. Denn sie transportieren die im Filmton geforderte Dynamik besser als jede andere Aktivbox dieser Größe. Wenn die Aufstellungssituation es erlaubt, würde ich sie einem Soundbar jederzeit vorziehen.
Fazit? Kaufen!
Ich kann es nicht kürzer und prägnanter zusammenfassen: Wenn die zuvor beschriebenen Charaktermerkmale Sie ansprechen und Sie gerade in dieser Preisklasse Allround-Aktivlautsprecher suchen, dann hier einfach beherzt zugreifen. Die Klipsch The Fives machen so gut wie alles richtig, auch im Hinblick auf die Praxistauglichkeit.
Ob als Wohnzimmerboxen für Musikgenuss, als deutliche Klangverbesserung für den TV und bessere Stereo-Alternative zu Soundbars, für den Desktop – oder einfach überall dort, wo sie sich mit wenigen Handgriffen aufstellen lassen, sind die The Fives eine wahre Freude und machen mit ihrem wohnlichen Look auch optisch fast überall eine gute Figur.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Anspringender, kraftvoller Klang |
| Vielseitige, praxistaugliche Anschlüsse |
| Herrlich „rustikales“ Design |
| App ohne großen Nutzen (außer für Updates) |
Vertrieb:
Klipsch
www.klipsch.com
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Klipsch The Fives: 900 Euro