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Die Pro-Ject VCS2 vertritt im Test die Gattung der manuellen Waschmaschinen mit Absaugung. 499 Euro (Foto: R. Vogt)
Die Pro-Ject VCS2 vertritt im Test die Gattung der manuellen Waschmaschinen mit Absaugung. 499 Euro (Foto: R. Vogt)

Test manuelle Schallplattenwaschmaschine: Pro-Ject VC-S2 Alu

DIE klassische Schallplattenwaschmaschine ist ein simpler Halter für die LP mit Abdeckung für das Label, ein Motor und ein starker Saugarm, der die zuvor eingenässte und gebürstete Platte blitzschnell trocknet. So etwas gibt es seit Ewigkeiten in diversen Preislagen und Qualitäten. Seit einigen Jahren bietet auch Pro-Ject eine solche Variante an. Das größere Modell namens Pro-Ject VC-S2 mit Alu-Sandwich-Gehäuse habe ich mir genauer angesehen.

Das ist Rock'n'Roll: Die Urversion der Pro-Ject VC im Heaven Records Plattenladen hat tausende LPs gesäubert! (Foto: R. Vogt)
Das ist Rock’n’Roll: Die Urversion der Pro-Ject VC im Heaven Records Plattenladen hat tausende gebrauchte LPs gewaschen! (Foto: R. Vogt)

Zuerst begegnet ist mir die Pro-Ject Vinyl Cleaner in ihrer Urversion im Holzgehäuse und mit Klarsichthaube im Wormser Plattenladen Heaven Records. Wer den Laden kennt, der weiß: Die Herren kaufen und verkaufen mehr gebrauchte als neue Vinyls. Da gibt es einiges zu waschen. So ist die Pro-Ject dort seit Jahren im Dauereinsatz und das, wie mir Heaven-Chef Oliver Brandt bestätigt, ohne ein Problemchen. Einzig einmal im Jahr kleben sie neue Samtstreifen an den Saugarm. Fertig. Und dann läuft und läuft und läuft die Maschine…

Die Pro-Ject VC S2 besteht aus Alu/Kunststoff-Sandwich-Platten und ruht auf Gummifüßen (Foto: R. Vogt)
Die Pro-Ject VC-S2 besteht aus Alu/Kunststoff-Sandwich-Platten und ruht auf Gummifüßen (Foto: R. Vogt)

Die weiter entwickelte Testmaschine bietet gegenüber der Urversion ein besseres Gehäuse mit Aluminium-Sandwich-Blechen statt lackiertem Holz. Für die Arbeit mit Flüssigleiten ist das sicher dauerhaft die bessere Wahl. Dafür entfällt der Staubdeckel. Schade eigentlich. Die Anmutung und Anfassqualität ist jedoch deutlich verbessert.

Laufen wir doch einmal um die gesamte Maschine herum und schauen uns die Details an:

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Alles Stahl und Alu: Die Verarbeitung der Pro-Ject VC S2 wirkt robust und zeitlos (Foto: R. Vogt)
Alles Stahl und Alu: Die Verarbeitung der Pro-Ject VC S2 wirkt robust und zeitlos (Foto: R. Vogt)
Links der Tank mit Füllstandsanzeige sowie kombinierte der Luftauslaß/Ausguß (Foto: R. Vogt)
Links der Tank mit Füllstandanzeige sowie der kombinierte Luftauslass/Ausguss (Foto: R. Vogt)
Zum Ausgießen des Schmutzwassers nimmt man das Abluftgitter ab und steck die Auslaß-Lippe auf (Foto: R. Vogt)
Zum Ausgießen des Schmutzwassers nimmt man das Abluftgitter ab und steck die Auslass-Lippe auf (Foto: R. Vogt)
Hinten findet sich die Naht der aus einem Stück gefalzten Gehäuseseiten und der Hauptschalter (Foto: R. Vogt)
Hinten findet sich die Naht der aus einem Stück gefalzten Gehäusewände und der Hauptschalter (Foto: R. Vogt)
Pro-Ject VC-S2: seitlich die Schalter für Rechts/Links-Lauf und die Absaugung (Foto: R. Vogt)
Pro-Ject VC-S2: seitlich die Schalter für Rechts/Links-Lauf und die Absaugung (Foto: R. Vogt)
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Die Pro-Ject soll hier im Testfeld über Vinyl-Reinigung quasi stellverstretend für diese Gattung der manuellen Plattenwaschmaschinen stehen. Ehrlich gesagt scheint es mir unwahrscheinlich – das bestätigten mir auch etliche Spezialisten – dass es in der Reinigungsleistung funktions-ähnlicher Produkte große Unterschiede gibt. Die Pro-Ject erschien mir dabei mit am Attraktivsten: einerseits wegen ihrer mechanischen Qualität und Robustheit und weil sie andererseits für unter 500 Euro zu haben ist.

Wie funktioniert die Pro-Ject VC-S2?

Der Plattenteller hält nur das Label fest und gleichzeitig trocken. Die Verschraubung ist griffig gummiert (Foto: R. Vogt)
Der Plattenteller hält nur das Label fest und gleichzeitig trocken. Die Verschraubung ist griffig gummiert (Foto: R. Vogt)

So schlicht die VC-S2 konstruiert ist, so ausgereift wirken doch manche Details. Der Plattenteller ist, wie bei dieser Art Maschine üblich, nur so groß wie das Plattenlabel, das ja bitteschön nicht nass werden soll. Die Klemme ist gleich groß und darin drehbar gelagert befindet sich die Schraube zum Fixieren. Zwei Schichten Moosgummi halten schonend, aber bestimmt die Scheibe am Label fest. Unterhalb der Achse befinden sich ein Getriebe und ein drehmomentstarker Motor, der sich in zwei Laufrichtungen schalten lässt.

Serienmäßiges Zubehör der Pro-Ject VC S2: eine erste Flasche Waschkonzentrat "Wash It", eine Dosierflasche zum Mischen dazu und die Bürste (Foto: R.Vogt)
Serienmäßiges Zubehör der Pro-Ject VC S2: eine erste Flasche Waschkonzentrat „Wash It“, eine Dosierflasche zum Mischen und dazu die Bürste (Foto: R.Vogt)

Dann kommt das mitgelieferte Zubehör zum Einsatz. Es besteht aus einem Fläschchen Pro-Ject Wash-It Waschkonzentrat plus einer Kunststofflasche mit Füllstandmarkierungen zum Verdünnen des Konzentrats um den Faktor 10-20 mit destilliertem Wasser. Dann ist da noch die Bürste zum Verteilen des Fluids auf der rotierenden Scheibe. Die ist durch ihren hohen Korpus angenehm handlich und bietet sehr, sehr feine Kunststoffhaare die bis in die Rille reichen.

Pro-Jects Bürste wirkt griffig und die feinen, weichen Bürsten dürften recht tief in die Rillen reichen (Foto: R. Vogt)
Pro-Jects Bürste wirkt griffig und die feinen, weichen Bürsten dürften recht tief in die Rille reichen (Foto: R. Vogt)

Das Prozedere ist simpel: Platte auflegen, Klemme aufschrauben, Laufwerk einschalten. Dann ein wenig angemischtes „Wash-It“ aufträufeln und zunächst mit der Bürste gleichförmig verteilen. Wenn es zu wenig war: nachdosieren. War es zu viel, tropft es über den Rand, was dem Alugehäuse aber nichts ausmacht. Immer wieder weiterbürsten, hin und wieder die Laufrichtung ändern und ein wenig einwirken lassen.

Prima: Pro-Ject Wash-It kommt ohne Alkohol aus und ist – wenn es vorschriftsmäßig mit reinem Wasser verdünnt wird – auch für das empfindliche Schellack antiker Sammlerstücke geeignet. Und das Pro-Ject Wash-It hemmt Schimmelbildung. Wenn also einmal abgesaugte gebrauchte Waschflüssigkeit im Tank verbleibt, entsteht dort kein Biotop…

Der Saugarm bei der Arbeit. Nach zwei bis drei Umdrehungen sind die Rillen trocken (Foto: R. Vogt)
Der Saugarm bei der Arbeit. Nach zwei bis drei Umdrehungen sind die Rillen trocken (Foto: R. Vogt)

Zu guter Letzt die Platte mit Stellung „I“ gegen den Uhrzeigersinn drehen lassen. Den Saugarm anheben und auf die Scheibe absenken. Absaugung einschalten und nach zwei bis drei Umdrehungen hat die erstaunlich kräftige Saugpumpe das Vinyl blitzeblank gesaugt. Saugmotor ausschalten, sanft den Saugarm von der drehenden Platte heben und wieder in Parkposition bringen. Dann die Waschmaschine ausschalten, Klemme lösen, Platte abspielen, genießen. …oder gleich die zweite Seite waschen.

Kritik und Lob

Wenn man die Pro-Ject einschaltet und das erste Mal die Bürste aufsetzt, hört man vernehmbar Geräusche vom Getriebe. Das ist unschön, aber eher ein Zeichen der robusten Zahnräder des Getriebes – wie der wartungsfreie, jahrelange Dauereinsatz im Heaven Records Plattenladen belegt. Um augenzwinkernd Audio Trades Phonoexperten Günther Antoniazzi zu zitieren: „Wenns kein mahlendes Geräusch macht, stimmt was nicht. Das gehört so!“. Das ist zunächst irritierend, ist aber offenkundig okay so.

Auch der Saugmotor ist so kräftig wie laut. Das ist ein oft angeführter Kritikpunkt in Gesprächen über die Pro-Ject. Ich persönlich empfinde die Geräuschbelästigung hier als gar nicht schlimm. Denn die Saugleistung ist derart effizient, dass man den Sauger ja nur wenige Sekunden – nämlich zwei bis drei Umdrehungen lang – benötigt.

Komplexes Bauteil: Der Saugarm besteht aus amssivem Aluminium. Neben dem Schlitz dienen Samtstreifen zum Schutz des Vinyls und als Dichtung (Foto: R. Vogt)
Komplexes Bauteil: Der Saugarm besteht aus festem Aluminium. Neben dem Schlitz dienen Samtstreifen zum Schutz des Vinyls und als Dichtung (Foto: R. Vogt)

Der Saugarm ist genial konstruiert und sitzt so präzise, dass er ohne Dichtung auskommt. Ärgerlich finde ich, dass der Arm ein paar Millimeter zu kurz geraten ist und so die Auslaufrille nicht bis innen gesaugt wird; die Flüssigkeit trocknet also ein. Dort spielt zwar keine Musik mehr, aber das Geknister hätte ich gern komplett entfernt.

Erwähnenswert ist noch das optional erhältliche Single-Kit. Das beinhaltet einen an den geringen Durchmesser angepassten Saugarm sowie eine Klemme für den größeren Achsdurchmesse. Kostenpunkt für das Kit: 119 Euro. Die seltenen 10-Zoll Zwischenformate wäscht man übrigens mit dem normalen Setup. Beim Trocknen muss man jedoch den herausragenden offenen Teil des Ansaugschlitzes abdichten. Das geht, wie sich herausstellte, am einfachsten mit dem eigenen Finger.

Fazit: Pro-Ject VC-S2 oder ähnliche Maschinen sind unverzichtbar

Nach einigen Wochen des regelmäßigen Gebrauchs der Pro-Ject VC-S2 Alu kann ich sagen, dass ein regelmäßiges Waschen der Platten für den echten Freak unabdingbar ist. Mittlerweile ist die Pro-Ject aus meiner Anlage nicht mehr wegzudenken und jede Platte, die ich durchzuhören gedenke, wird Seite für Seite direkt vor dem Genuss gewaschen. Das braucht nur wenig länger als die gründliche Trockenreinigung und ist um Zehnerpotenzen gründlicher. Ein sichtbarer Beleg: Seitdem ich wasche, musste ich meine Nadel nie mehr von Staub, Fädchen oder sonstigen Ablagerungen befreien. Alles klar?

Im Sinne von Preis/Reinigungsleistung dürfte im Feld dessen, was ich für die Artikelserie testen konnte, die Pro-Ject VC-S2 Alu eindeutig als Testsieger hervorgehen. Zugegeben: Die Gläss reinigt mit einem einzigen Waschdurchgang noch gründlicher und zudem vollautomatisch – aber zum fünffachen Anschaffungspreis! Wäscht man dafür öfter oder gar vor jedem Abspielen, dürfte die Pro-Ject (oder eine funktionsähnliche Maschine) klar im Vorteil sein. Denn hiermit geht das Waschen und Trocknen so schnell und gründlich, dass es eben kaum mehr Mühe macht als trocken zu bürsten.

Hier meine Beschreibung und eine Demonstration der Anwendung im Film:

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Die anderen Produkte und meine Zusammenfassung zum Thema Vinyl-Reinigung (alphabetish):

 

Pro-Ject VC-S2 Alu
2021/09
Test-Ergebnis: 4,8
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Reinigung
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Schnelle, gründliche Reinigung
Einfache Hanndhabung
Mechanische Robustheit, Verarbeitung
Saugmotor sehr laut

Vertrieb:
AUDIO-TRADE Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Pro-Ject VC-S2 Alu: 499 Euro
Zubehör:
VC 7“-Kit: 119 Euro
Pro-Ject Wash-It 100ml: 16,99 Euro
Pro-Ject Wash-It 250ml: 24,90 Euro
Pro-Ject Wash-It 500ml: 34,90 Euro
Pro-Ject Wash-It 1.000ml: 49,90 Euro


Autor: Raphael Vogt

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Technischer Direktor bei LowBeats und einer der bekanntesten Heimkino-Experten der Republik. Sein besonderes Steckenpferd ist die perfekte Kalibrierung von Beamern.