Plattenwaschmaschinen wie die Okki Nokki One DV halte ich für die optimale Vinyl-Wiedergabe genauso wichtig wie ein ordentliches Tonabnehmersystem. Und hier gibt es mittlerweile eine reiche Spanne von billig und vollmanuell bis zu Vollautomaten für reichlich tausend Euro. Aber es scheint sich da ein Sweetspot zu bilden, den Musikfreunde noch gern bezahlen und den ich bei circa 500 bis 700 Euro lokalisieren würde: Und genau da bewegt sich die Okki Nokki Waschmaschine mit runden 550 Euro. Okki Nokki ist übrigens niederländischer Slang für “alles okay”. Und tatsächlich konnte sie im Test echt überzeugen…
Dabei hat die Firma Okki Nokki eine erst knapp 20-jährige, aber bewegte Geschichte – wie mir der deutsche Importeur Oliver Wittmann erzählt. 2005 erschien mit foliertem Holzgehäuse die erste Generation der Waschmaschine und gehörte damals mit unter 400 Euro zu den günstigsten Angeboten überhaupt. Und dass für ein “Made-In-Germany”-Produkt. 2014 verlagerte man die Herstellung mit der dritten Gerätegeneration nach China. Die seit 2020 Okki Nokki One getaufte Maschine besitzt seither ein Kunststoffgehäuse, aber die weitaus bessere Ausstattung.
Im März 2023 trifft die Niederländer dann ein hartes Schicksal als der Firmengründer und Visionär Johan Bezem unerwartet verstirbt. Doch das Familienunternehmen berappelt sich und so führt seit Mai 2023 die Tochter Sanne Bezem die Firma und holt als vielleicht wichtigste Entscheidung die Produktion nach Europa zurück, in die heimischen Niederlande um genau zu sein. Daher heißen die hier produzierten Produkte nun auch Okki Nokki “DV” für „Dutch Version“.
Okki Nokki One DV: die Ausstattung
Was im Vergleich zu den meisten Mitbewerbern auffällt: Die Ausstattung. So steckt beispielsweise eine transparente Staubschutzhaube serienmäßig mit in der Packung. Und die Maschine eignet sich ab Werk für jegliche Plattengrößen von der Single über alle Zwischenformate bis zur LP ohne dass man dafür Zubehör erwerben müsste. Sogar zwei verschieden große Plattenteller sind im Lieferumfang. Und, um das gleich vorwegzunehmen: Die One DV ist die vermutlich mit Abstand leiseste Maschine ihrer Art.
Ist die Okki Nokki erstmal ausgepackt, fällt schnell auf, dass es zwei auswechselbare Plattenteller gibt. Der Kleine besitzt etwa die Größe eines Plattenlabels, der Große ist fast so groß wie eine LP. Tatsächlich haben beide Varianten einen Hintersinn: Man nutzt den großen Teller, wenn man etwas mehr mechanisch auf das Vinyl einwirken möchte. Dann lässt sich mit dem größeren Teller mehr Kraft aufwenden. Dafür aber liegt die Unterseite der Platte auf dem Teller, den man jedoch auch staubfrei und trocken halten muss – es ist also insgesamt mehr Arbeit aufzuwenden. Der kleine Teller hat mit Platte nur am Label Kontakt; die untere Seite der Schallplatte bleibt frei, dafür sollte man in diesem Fall mit der Bürste nicht zu fest drücken – was nach meiner Erfahrung aber ohnehin nicht notwendig ist. Aber gut: Mit der Okki Nokki hat man Wahl.
Der konstruktive Knaller der One DV ist allerdings der Saugarm. Der wirkt im ersten Moment wie der anderer Hersteller, aber er verfügt über ein clever konstruiertes Hebelchen mit drei Raststufen: Ganz links für LPs, die Mittelstellung für Zwischenformate mit 9 oder 10 Zoll und ganz rechts rastet er für Singles ein. Mit dem Druck bzw. Zug des Hebels bewegt sich ein inneres Rohr im Saugarm, das dann den entsprechenden Teil des Saugschlitzes abdeckt. So wird sichergestellt, dass nur im Plattendurchmesser abgesaugt wird und kein nutzloser Nebenluftstrom die Saugleistung dort mindert, wo man sie benötigt. Echt pfiffig!
Der Saugarm sitzt scheinbar etwas schlabberig in seiner Führung – was sich aber in der Praxis als das genau richtige Maß an Flexibilität herausstellte, um auch wellige Scheiben zu trocknen. Der Saugarm reicht bei normgerechten Platten bis an die Auslaufrille und zwei tauschbare Samtlippen sorgen für gutes Gleiten und Abdichtung gleichermaßen.
Die Schraubklemme zum Fixieren der Scheiben hat eine umlaufende Gummilippe, die etwas größer ist als die meisten Labels und verfügt zudem über eine drehbar gelagerte Schraube. Diese greift, ohne zu hakeln, in das Gewinde der Achse und wirkt dank zweier Gummiringe sehr griffig – selbst bei feuchten Händen.
Die mitgelieferte Bürste wirkt schlicht, aber robust und bietet mit glatt geschnittenen Kunststoffborsten eine gute Verteilung des Reinigungsfluids. Wem sie zu schlicht ist, für den gibt es ja edlere Varianten wie die schon vorgestellte “Schallplattenreinigungsbürste” von Levin Design mit edlen Hölzern die Ziegen- oder Rosshaar fassen.
Das mitgelieferte Reiniger-Konzentrat (Inhalt: 50 ml) ist zum Mischen mit einem Liter destilliertem Wasser gedacht und funktioniert gut. Die Wirkung und Qualität der Reinigung ist mit anderen Fabrikaten vergleichbar. Leider hat das Fluid von Okki Nokki einen kleinen Anteil Alkohol, weshalb man es nicht für Schellack-Platten verwenden sollte.
Am Netzanschluss gibt es einen Hauptschalter, der eigentlich überflüssig ist, da die Okki Nokki One DV keinerlei Standby-Verbrauch hat. Den Plattenmotor schaltet ein gummierter Drehschalter ein, und zwar in beide Drehrichtungen. Angenehm: Motor und Getriebe sind sehr, sehr leise und das Drehmoment des Antriebs wirklich kräftig. Wer den Metallschalter in der Mitte drückt, aktiviert die Absaugung. Die ist ausreichend stark, um nach zwei bis maximal vier Umdrehungen die Platte zu trocknen. Bei glatten Bereichen des Vinyls wie zwischen der Ein- oder Auslaufrille bleibt oft ein hauchzarter Feuchtigkeitsfilm übrig. Der ist aber so dünn, dass er in Sekunden verdampft. Das passierte beispielsweise bei der Pro-Ject VC-S2 nicht. Dafür wirkt die Lautstärke der Okki Nokki im Vergleich zum Tschechischen Produkt flüsterleise.
Daran dürfte neben dem sehr leiseren Gebläse die innere Gehäusestruktur der Okki Nokki One ihren Anteil haben: Das Kunststoffgehäuse bewirkt die stromlinienförmige Luftführung im Innenraum und die Doppelwandigkeit reduziert die Geräusch-Emission.
Ein weiteres Detail ist ebenfalls klug umgesetzt: An der rechten Seite befindet sich in einer Nut ein transparenter Kunststoffschlauch mit Stopfen. In die Nut geklemmt dient der Schlauch als Füllstandsanzeige für den Brauchwassertank. Zieht man ihn an der Lasche des Stopfens heraus, lässt sich nun mit dessen Hilfe das Brauchwassers ablassen. Danach setzt man den Stopfen wieder ein und drückt den Schlauch zurück in die Nut. Genauso genial wie simpel.
Praktische Tests und Reinigung
Kommen wir zum Ausprobieren und damit zunächst zu den kritischen Punkten. Im Detail ist die Verarbeitung nicht perfekt, da stehen hier und da am Deckel und der Bürste noch ein paar Spritzgussgrate hervor. Und der Single-Puk wirkt so roh, als sei er gerade aus dem 3D-Drucker gekommen. Aber das wars auch schon. Die Grate kann – wer will mit – leicht einem Messer glätten. Das ist gemessen am Gebotenen wirklich verschmerzbar. Als Vergleich nehme ich mal die Pro-Ject VC-S2 Alu, die mir durch steten persönlichen Gebrauch sehr geläufig ist. Die ist in jeder Hinsicht lauter, aber auch schneller. Die Okki Nokki One DV rotiert die Scheibe etwas langsamer, aber im Vergleich praktisch geräuschlos.
Die Schraubklemme der Holländerin fühlt sich mit ihrer Gummidichtung am Rand ebenfalls besser an. Der Saugarm wirkt etwas fummeliger in der Halterung, aber dafür ist das Absaugen gefühlt 90% leiser. Die Saugleistung ist geringer, aber mehr als ausreichend und nach spätestens drei Umdrehungen ist jede Scheibe pulvertrocken. Die verstellbare Länge der Absaugung für unterschiedliche Plattendurchmesser ist wirklich genial und in Sachen Reinigungsleistung geben sich die zwei Maschinen nichts.
Unterm Strich: Die Bedienung oben am Gerät und die geringe Lautstärke von Antrieb und Saugmotor machen die Okki Nokki angenehmer in der Handhabung. Nach getaner Reinigung muss man nur die Bürste ablegen, das Saugrohr nach innen drehen, Deckel drauf, fertig. Da staubt auch nichts ein.
Fazit Okki Nokki One DV: günstiges Paket zur Plattenpflege
Mit der One DV bekommt man ein gelungenes Rundum-Sorglos-Paket zur Schallplattenpflege. Diese Art der semi manuellen Schallplattenwäsche ist leicht in der Handhabung, wahlweise sehr gründlich (Stichwort Einwirkzeit) und sehr schnell. Es eignet sich für die Grundreinigung genauso wie für die schnelle Wäsche direkt vor dem Abspielen. Der Vorteil: Das Vinyl ist blitzeblank sauber und vor allem frei von statischer Aufladung. Mit ein bisschen Übung macht man eine Scheibe in unter 60 Sekunden Abspielfertig. Und von Okki Nokki bekommt man dank zweier Plattentellergrößen, einer für alle Durchmesser verstellbaren Absaugung und der Staubschutzhaube ein wirklich komplettes Paket. Im Vergleich zu Mitbewerbern arbeitet die Maschine “Made in Netherlands” erstaunlich leise und hat alle relevanten Bedienelemente handlich oben in Form des Dreh/Druck-Schalters. Für 550 Euro ist das mehr als fair!
Okki Nokki One DV | 2024/06 |
ÜBERRAGEND |
Bewertungen
ReinigungPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Schnelle, gründliche Reinigung |
| Einfache, durchdachte Handhabung |
| Lieferumfang inkl. Schutzhaube, 2 Plattenteller |
| Antrieb und Absaugung leise |
Vertrieb:
HiFi-Studio Wittmann
Brucknerstraße 17
70195 Stuttgart
www.okkinokki.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Okki Nokki One DV: 550 Euro
Zubehör:
Okki Nokki RCF Reinigungskonzentrat: 12,50 Euro
Okki Nokki RCS Samtlippen-Paar für Saugrohr: 7,50 Euro
Mit- und Gegenspieler:
Test manuelle Schallplattenwaschmaschine: Pro-Ject VC-S2 Alu
Weitere Plattenreiniger:
Test: Schallplatten-Staubsauger Flux-Hifi Turbo 2.0
Test Vollautomatische Waschstraße für LPs: Audio Desk Systeme Gläss Vinyl Cleaner Pro X
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