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Arendal Sound 1723 Tower Ambiente
Die 1723 Tower von Arendal Sound (Paarpreis: 3.600 Euro) ist eine wahre Wuchtbrumme von einer Standbox und für HiFi wie für Heimkino gleichermaßen geeignet. Auf einen Subwoofer wie auf dem Bild kann man mit ihr getrost verzichten... (Foto: Arendal Sound)

Test Standbox Arendal Sound 1723 Tower: Power-Biest mit THX-Lizenz

Es gibt sie immer noch: Diese mehr oder minder unbekannten HiFi-Stars oder -Sternchen, die noch keine große Bühne haben, deren intensive Betrachtung wegen ihrer teils außergewöhnlichen Leistungen aber unbedingt nötig ist. Einer dieser Stars ist die Arendal Sound 1723 Tower. Beim Test dieser THX-lizenzierten Hochpegel-Standbox blieb jedenfalls kein Auge trocken…

Arendal Sound wird den wenigsten HiFi-Freunden etwas sagen. Die Norweger sind – man hätte darauf kommen können – in Arendal südwestlich von Oslo beheimatet und entwickeln und vertreiben von hier aus ihre Lautsprecher. Der Vertrieb erfolgt tatsächlich ausschließlich online, man ist so etwas wie der norwegische Nubert.

Jan Ovel Lassesen
Mastermind Jan Ove Lassesen, der auch Eigentümer von Arendal Sound ist (Foto: Arendal Sound)

Der Vergleich ist gar nicht so weit hergeholt: Jan Ove Lassesen hat einen sehr hohen Qualitätsanspruch und vertritt technisch anspruchsvolle Ansätze. Zum Beispiel diesen: Die Modelle seiner Top-Linie namens 1723 sind allesamt THX-lizensiert. Das sieht man selten im HiFi. Und er fokussiert sich auf 2-Wege-Systeme – selbst bei den extrem pegelfesten Modellen.

Arendal Sound 1723 Tower Herkunft
Das Typen-Schild erklärt die Herkunft der Arendal Sound 1723 Tower (Foto: H. Biermann)

Alle Lautsprecher werden in Arendal entwickelt, aber – wie bei so vielen Anbietern im HiFi – in China gebaut. Nur so lässt sich die Massivität der 1723 Tower (die ja mit 3.600 Euro recht günstig bepreist ist) erklären.

Arendal Sound 1723 Tower Zeichnung
Die Zeichnung zeigt die Abmessungen und die leichte Neigung der 1723 Tower (Zeichnung: Arendal Sound)

Die Besonderheiten der Arendal Sound 1723 Tower

Eigentlich hatte die 1723 Tower und ich einen schlechten Start. Aus Zeitgründen hat Kollege Jürgen Schröder die Messungen zu Beginn der Testreihen gemacht (normalerweise hören wir zuerst). Und bei der Gelegenheit zerschoss er einen der Hochtöner; den musste ich also austauschen. Und nun wurde es kompliziert: Denn zum Austausch des Hochtöners war es notwendig, zunächst die Anschlussplatte herausschrauben – zehn Gewindeschrauben. Der Hochtöner war von hinten mit sechs Gewindeschrauben in der Schallwand verankert und zusätzlich verklebt – Wahnsinn! Ich bin fast an der Solidität des 1723-Aufbaus gescheitert und musste mehrere Anläufe durchführen. Auf der anderen Seite aber weiß ich eine so hochsolide Konstruktion durchaus zu schätzen.

Und da haben wir schon eine der Eigenarten der 1723 Tower. Ich dachte zunächst, sie sei mit dem Karton verschraubt. Aber nichtsda: Mit 50,6 Kilo ist sie eine der schwersten „normalen“ Standboxen der vergangenen LowBeats Testjahre. Bei genauem Hinschauen erklärt sich das Gewicht. Das komplette Gehäuse ist aus HDF (High Density Fiberboard), die Gehäusestärke variiert zwischen 18 – 50 Millimetern. Allein da kommen schon etliche Kilo zusammen. Hinzu addieren sich gleich vier Tiefmitteltöner der 22-Zentimeter Klasse.

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Arendal Sound 1723 Tower Logo
Hoch massiv: Die 30 mm starke Bodenplatte wird durch eine Schattenfuge vom Gehäuse optisch abgesetzt (Foto: H. Biermann)
Arendal Sound 1723 Tower Kante
Auch die Schallwand ist ungewöhnliche 30 mm stark. Gelungen ist auch das Lackfinish, das komplett ohne Makel ist (Foto: H. Biermann)
Arendal Sound 1723 Tower Fuss
Die Fußkonstruktion kragt nur ein bisschen heraus – die Standfläche der 1723 Tower ist eigentlich groß genug. Im Beipack liegen Spikes, aber dankenswerterweise auch Gummifüße (Foto: H. Biermann)
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Wie oben schon angedeutet, ist die ausgewachsene 1723 Tower eine 2-Wege Box, die allerdings unterhalb 120 Hertz noch unterstützt wird. Klassischerweise bezeichnet man die große Arendal Sound als 2,5 Wege Konstruktion. Der Hintergrund ist klar: Jan Ove Lassesen schätzt die Homogenität von 2-Wege Lautsprechern. In der 1723 Tower übernehmen also nur die beiden oberen Tiefmitteltöner plus Hochtöner den gesamten Frequenzbereich von 40 – 25.000 Hertz. Die beiden unteren Bässe werden nur parallel angedockt und bringen mehr Schub im Bass unterhalb 120 Hertz. Bei einer solchen Konstruktion wird der Tiefmitteltöner aber im Bass nicht entlastet. Heißt: im Volllast-Betrieb machen beide ganz schön viel Hub…

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Arendal Sound 1723 Tower Tweeter
Der Hochtöner der 1723 Tower hat eine hochdämpfende Gewebekalotte mit 28 mm Durchmesser. Dank der sehr großen, hornähnlichen Waveguide-Schallführung reicht sein Übertragungsbereich bis 1.500 Hertz (Foto: H. Biermann)
Arendal Sound 1723 Tower Tweeter rear
Der Aufbau des Hochtöners mit Waveguide: Hier kommt viel MDF zum Einsatz, um die Schallführung stabil zu tragen (Foto: H. Biermann)
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Hatte ich vorher schon den Eindruck gewonnen, dass Lassesen in allen Bereichen eine in dieser Preisklasse ungewöhnliche hohe Qualität umsetzt, wurde diese These spätestens beim Betrachten der Frequenzweiche definitiv belegt. Die Bauteile sind auf zwei Ebenen mit doppelt kaschierten und mit dicken Leiterbahnen versehenen Platinen verteilt. So viel Platz für eine 2-Wege-Konstruktion? Ja genau: Die Bauteile sind alle recht groß, die Trennung zwischen Hoch- und Tiefmitteltöner (bei 1.500 Hertz) wird mit einer Filterung von 24 dB/Oktave umgesetzt. Hinzu kommen Linearisierungsstufen und die Ankopplung der drei Tieftöner.

Arendal Sound 1723 Tower Frequenzweiche
Luftspulen mit hohem Querschnitt, Metallfolien-Kondensatoren und riesige, niederinduktive Widerstände bestimmen das Bild auf der Mehr-etagigen Frequenzweiche (Foto: H. Biermann)

Auch das Anschlussfeld ist eine Schau: Die Polklemmen des Bi-Wiring-Terminals sind aus CNC-gefrästen Kupferteilen, die aufwändig poliert werden, um eine gratfreie Auflage zu gewährleisten. Man sieht das Kupfer nicht, weil alle Teile, also die Anschlüsse als auch die Bi-Wiring-Brücken, mit silberglänzendem Rhodium beschichtet sind. Rhodium gilt als ausgesprochen leitfähig, Korrosions-beständig und vor allem als hart – Kupfer ist ja eher weich…

Arendal Sound 1723 Tower Anschluss
Das Anschlussfeld zeigt, wo bei der Arendal Sound 1723 Tower die Reise hingeht: viel Masse, viel Qualität (Foto: Arendal Sound)

Praxis

Die Idee hinter der 1723 Tower (die ja auch das Kürzel THX im Namen trägt) ist auf alle Fälle eine hohe Pegelfestigkeit. Diesem Anspruch wird die Standbox voll gerecht: Sie kommt laut LowBeats Messlabor auf 112 dB Dauerpegel und 124 dB kurzfristigen Pegel mit Musik.

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IM-Spektrum Arendal 1723 Tower 8
Bei der Wohnzimmerpegel-Messung von 85 dB zeigen sich keinerlei Verzerrungen (Messung: J. Schröder)
IM-Spektrum Arendal 1723 Tower 8
Beim (Dauer-) Maximalpegel von 112 dB zeigen sich breitbandig Verzerrungen (Messung: J. Schröder)
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Über 120 dB ist brutal laut und wurde in der bisherigen LowBeats Testgeschichte nur von ganz wenigen Lautsprechern – etwa der bulligen Heco Dreiklang – erreicht. Allerdings bräuchte man – um die Pegel voll auszureizen – stabile Endstufen mit über 1.000 Watt pro Kanal an 4 Ohm.

Impedanzprofil Arendal 1723 Tower 8
Erfreulich linear verlaufende Impedanz- (rot) und Phasenkurve (blau) Einzig der EPDR-Wert (graue Kurve) rutscht im Übergangsbereich zwischen Hoch- und Tiefmitteltöner auf etwa 1 Ohm (Messung: J. Schröder)

Die Impedanz-Messung lässt erkennen, dass die Arendal Sound 1723 Tower eine 4-Box ist. Stabil sollte der angeschlossene Verstärker (oder Endstufe) sein, weil der EPDR-Wert, der sich aus Impedanz- und Phasenverlauf ergibt, bei 1.500 Hertz auf etwa 1 Ohm fällt. Das könnte den Verstärker durchaus belasten

Arendal Sound 1723 Tower BR-Port
Für jeden Bassreflex-Port legt Arendal Sound einen Schaumstoff-Pfropfen bei. Weil man ja auch mischen kann – ein Port wird verstopft, der andere nicht – ergeben sich sehr viele Anpassungs-Möglichkeiten (Foto: H. Biermann)

Auf der Rückseite der 1723 Tower finden sich drei Bassreflex-Ausgänge – und für jeden von ihnen zur Feinanpassung ein Schaumstoff-Pfropfen. Glücklicherweise ist die Norwegische Standbox im Bass recht sauber abgestimmt; im LowBeats Hörraum hatten wir auf keiner Position mit dröhnenden Bässen zu kämpfen. Trotzdem hörten wir überwiegend mit Pfropfen in allen sechs Bassreflex-Ausgängen: Bass war auch so immer noch in Hülle & Fülle vorhanden und er kam noch einen Tick härter und präziser.

Arendal Sound 1723 Tower im LowBeats Hörraum
Weil die 1723 Tower so schwer sind, suchten wir zunächst mit Rollbrettern die perfekte Position (Foto: H. Biermann)

Hörtest

Was hatte ich nach den bisherigen Erfahrungen erwartet? Einen Schallwandler, der natürlich laut kann, aber die feinen Strukturen womöglich vernachlässigt? Von wegen! Jan Ove Lassesen hat bei der Konzeption und der Abstimmung ein feines Händchen bewiesen. Er entwickelte einen wunderbar ausgewogen tönenden, aber auch transparent klingenden Lautsprecher, dessen Klangbild ungewöhnlich erhaben wirkt, weil es auf einem sehr tiefreichenden, festen Bass aufbaut.

Letztendlich überraschte uns die 1723 Tower: Schon nach den ersten Minuten des Hörens stellt sich in der Tester-Runde eine große Zufriedenheit ein – man merkt das, wenn alle von dem Zustand des nervösen Analyse-Hören in eine entspannte Haltung kommen. Ich kann nicht genau beschreiben, wie es die Norwegerin anstellte: Jedenfalls nicht mit einem wärmelnden Schmeichel-Sound, wie man ihn vielleicht von den britischen Monitoren mit BBC-Historie erwarten darf. Die 1723 Tower klingt richtig knackig, anspringend und präzise. Aber es ist wahrscheinlich ihre mühelose Dynamik und ihr enorm sauber-tiefer Bass, der das Klangbild einerseits so entspannt wirken lässt, andererseits Live-Aufnahmen mit weit mehr Authentizität wiedergibt, als es fast allen anderen Lautsprecher dieser Klasse möglich ist.

Und was mir ebenfalls besonders gut gefiel: Die 1723 Tower verstand es die Abbildung recht hoch anzusetzen, dabei aber die stabile Mitte und eine erfreuliche Tiefenstallung behielt – auch das eine Tugend, die für bestes HiFi spricht.

Um die Qualität der 1723 Tower einzuordnen, bemühten wir die etwa gleichteure Canton Karat GS. Eigentlich ist der Vergleich unfair, denn die Karat GS wird über den Fachhandel verkauft und ist so deutlich teurer als die norwegische Box aus dem Direktversand. Aber die Canton ist eine der besten ihrer Preisklasse. Und so passt es dann doch wieder…

Die Karat spielt in den Mitten noch eine kleines Stückchen ausgewogener, ohne allerdings ganz an die hohe Dynamik und die Lebendigkeit der Arendal Sound heranzureichen. Bei der Abbildung bewiesen beide Lautsprecher ihre Klasse: Das Klangbild der Canton hatte etwas mehr Tiefe, das der 1723 Tower etwas mehr Höhe.

Arendal Sound 1723 Tower vs Karat GS
Die Arendal Sound 1723 Tower (außen) im LowBeats Hörraum im Vergleich zur Canton Karat GS (Foto: H. Biermann)

Die größten Unterschiede aber zeigten sich im Bass. Während die Canton hier etwas unpräzise mit zu viel Fülle agierte, war der Bass der Arendal schlicht eine Sensation: Mit enormer Wucht und Schwärze drückte sie Bassdrum- und Paukenschläge in den Hörraum, dass es nur so eine Freude war – ein Erlebnis, ganz zweifelsfrei.

Unsere Referenz-Endstufen, die Canor Virtus M1, liefern locker 150 Röhrenwatt an die Lautsprecher; das reicht für fast alle Lebenslagen. Doch im Falle der 1723 Tower wünschte ich mir die Electrocompaniet AW 800M zurück. Die ebenfalls norwegischen Monos liefern im Bedarfsfall jene gut 1.500 Watt, die die Arendal Sound zum Ausloten ihrer Pegelreserven braucht. Doch auch ohne die AW 800M kamen wir aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Was die 1723 Tower bei Laustärke-Rechtsanschlag mit elektronischer Musik von Yello oder Underworld an Zwerchfellmassage veranstaltet, durchbricht die meisten Vorstellungsgrenzen.

Und damit sind wir beim zweiten Einsatzgebiet der Norwegerin. Denn so beherzt wie sie mit elektronischer Musik umging, machte sie es auch mit Filmmusik à la Hans Zimmer: Grandios, wie sie die tiefgründelnden Pauken bei der Filmmusik zu „Fluch der Karibik“ grollen ließ. Dieser Lautsprecher, das wurde spätestens jetzt deutlich, ist absolut Heimkino-tauglich. Da braucht man nicht einmal einen Subwoofer…

Fazit Arendal Sound 1723 Tower

Selten gab es so viel Lautsprecher fürs Geld. In der 1723 kommen viel Masse, viel Klasse und viel – durchaus kultivierter – Klang zusammen. Und für all jene, denen es wichtig ist, kommt eine THX-Lizensierung obendrauf. Die THX-Lizenz ist ein Hinweis auf die außergewöhnlichen Pegel-Möglichkeiten weit jenseits der 120 Dezibel. Selten wurden HiFi- und Heimkino-Anforderungen gemeinsam so gekonnt gelöst – und schon gar nicht zu einem Preis unterhalb 4.000 Euro. Natürlich ist eine solche Preisgestaltung nur mit Direktvermarktung möglich. Und das ist der Nachteil: Sollte mal etwas sein, sitzt der (allerdings perfekt Deutsch-sprechende) Ansprechpartner halt in Arendal/Norwegen.

Arendal Sound 1723 Tower
2024/01
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Enorm feine, musikalisch-natürliche Abstimmung
Überragende Gehäuse-Qualität
Extrem pegelfest, THX-lizensiert
Extrem viel Lautsprecher fürs Geld

Vertrieb:
Arendal Sound
+47 377 15 300
[email protected]
www.arendalsound.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Arendal Sound 1723 Tower THX: 3.600 Euro

Technische Daten

Arendal Sound 1723 Tower
Konzept:passive 2,5-Wege Standbox, Bassreflex
Bestückung:TT: 3 x 22 cm, TMT: 1 x 22 cm, HT: 1 x 28 mm mit Waveguide
Nenn-Impedanz:3,2 Ohm
Wirkungsgrad (2,83 V/m):90 dB
Maximalpegel (Dauer/kurzfristig):112 / 124 dB
Mindestleistung für Maximalpegel (Dauer)>150 Watt
Abmessungen (B x H x T):111,5 x 27,5 x 40,0 cm
Gewicht:
50,6 Kilogramm
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Standbox Canton Karat GS
Test Vor-/Endstufen-Kombination Canor Hyperion P1 + Virtus M1

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.