Der koreanische Hersteller Waversa ist auf der hiesigen High-End-Bühne noch eine weitgehend unbekannte Größe, hat aber einige höchst ambitionierte Lösungen im Sortiment. Wie zum Beispiel einen Router für über 5.000 Euro oder eine Röhren-Phonostufe für über 10.000 Euro. Aber auch den ultra-flachen und sehr praktischen Digital-Vollverstärker Waversa Wslim LITE. Der sieht außergewöhnlich aus, klingt ebenso und ist bezahlbar. LowBeats hat den Flachmann ausgiebig getestet und ist ziemlich angetan…
Mit dem englischen Wort „smart“ – zu Deutsch: gescheit, klug, schlau – wird heutzutage oft hausieren gegangen, denn seine Bedeutung lässt sich weit auslegen. Nicht nur Menschen sind (manchmal) smart. Wenn es nach dem Willen der Industrie geht, sind es auch immer mehr Autos, Haushaltsgeräte, oder auch Lautsprecher. Entweder, weil darin irgend eine „KI“-Software steckt, oder auch nur ein Assistent zur Sprachsteuerung. Beides im klassischen Sinne jedoch eher strohdumm. Von echter künstlicher Intelligenz (selbst denkend, selbstbewusst und wirklich schlau) sind wir noch Lichtjahre entfernt.

Was wäre beispielsweise smartes HiFi? Nun, da hat sicherlich jeder seine eigene Interpretation. Für mich sind das beispielsweise Komponenten wie die DAC-/Endstufenkombi von Exogal. Die ist nicht nur technisch äußerst innovativ, sondern klingt fantastisch, ist wunderbar kompakt bei zugleich erstaunlich hoher Leistung, dabei genügsam und anschlussfreudig. Von der Sorte müsste es meiner Meinung nach viel mehr geben. Der Waversa Wslim LITE schlägt in vielen Bereichen genau in dieselbe Kerbe.
In dem recht umfangreichen Produktsortiment von Waversa bekleidet der Wslim LITE so etwas wie den Einstieg in die ziemlich highendige Welt der Südkoreaner. Für rund 1.700 Euro bekommt man einen DAC mit Vollverstärker, einen DLNA-, Roon Ready-, AirPlay-Netzwerkplayer, Bluetooth-Receiver und einen FM-Tuner (ja, FM!). Das Ganze hübsch verpackt in ein flaches, aus dem Vollen gefrästes Alu-Gehäuse ungefähr im Format eines MacBook Air, das mit seinem eingelassenen Display irgendwie an eine Personenwaage erinnert – für Menschen mit sehr kleinen Füßen.
Die vielen technischen Details wie die vollständig digitale, FPGA-basierte Signalverarbeitung und die sogenannten PPBTL-Verstärker (Para-Para-Bridge-Tied Load), oder die Besonderheiten des WAP (Waversa Audio Processor) und WNDR (Waversa Network Direct Rendering) möchte ich an dieser Stelle nicht zu sehr vertiefen. Der deutsche Waversa-Vertrieb ATR hat das auf seiner Webseite schon sehr ausführlich und gut verständlich zusammengefasst. Stattdessen möchte ich mich mehr auf die praktischen Aspekte konzentrieren.
Der Aufbau des Waversa Wslim LITE
Die Freude über das superflache Gehäuse erhält beim Auspacken erst mal einen kleinen Dämpfer, denn im Karton findet sich auch noch ein externes Klotz-Netzteil in ordentlichem Format, von dem nirgendwo in der Beschreibung die Rede ist. Das will irgendwo hinter dem Regal versteckt werden. Es handelt sich dabei um ein 240 W Schaltnetzteil für Laptops. Was keine Kritik sein soll. Leistungsstarke Netzteile selbst zu entwickeln und weltweit zu zertifizieren ist sehr kostspielig. Bei dem besonderen Design des Wslim LITE und seinem Preis macht ein bewährtes Standard-Netzteil durchaus Sinn.
An der Oberseite im vorderen Bereich dse Waversa Wslim LITE sind sechs flache Alu-Tasten eingelassen, über die sich sämtliche Funktionen des Amps direkt steuern lassen. Zur Kontrolle aus der Ferne liegt eine Apple Remote bei. Nicht die schlechteste Wahl, denn die Fernbedienung des iPhone-Herstellers passt optisch perfekt zum Waversa, ist hochwertig verarbeitet, dezent (ohne Logo) und bietet mit wenigen Tasten komplette Kontrolle über den Amp.
Eine spezielle App vom Hersteller gibt es derzeit nicht für den Wslim. Was meiner Ansicht nach kein Beinbruch ist. Für UPnP-Steuerung per iDevice können etablierte Apps von Drittanbietern wie mconnect verwendet werden. Oder natürlich Roon. Nichtsdestotrotz wird in Südkorea inzwischen auch an einer hauseigenen App gearbeitet. Wann die kommt, steht aber noch in den Sternen.
Mittig im vorderen Bereich ist ein kleines, aber gut ablesbares Display leicht angewinkelt in die massive Alu-Oberschale eingelassen. Die Form des Gehäuses, die Anbringung des Displays und die Tatsache, dass auf der Rückseite Schlitze für Schrauben zur Wandaufhängung eingelassen sind, erinnert ein wenig an die Devialet Verstärker der Expert-Serie. Allerdings ist der Gedanke zur Wandmontage beim Wslim scheinbar nicht ganz zu Ende gedacht worden. Mit den Anschlüssen nach unten an der Wand befestigt, steht die Display-Anzeige auf dem Kopf. Sie lässt sich nicht drehen. Auf Nachfrage beim Vertrieb wurde mir aber bestätigt, dass Waversa an einer Softwarelösung arbeitet, die dann per Firmware-Update nachgereicht wird.

Apropos: Updates können Kunden übrigens recht komfortabel selbst durchführen. Dazu muss über einen Webbrowser durch Eingabe der IP-Adresse (kann im Display angezeigt werden) auf das Webinterface des Wslim zugegriffen werden.
Der Blick auf die Rückseite offenbart: Der kleine Waversa will ausschließlich digital gefüttert werden. Keine analogen Eingänge vorhanden. Dafür Ethernet für die Wiedergabe über das Netzwerk, 2 x USB (eine Buchse für einen Massenspeicher oder einen WLAN-Adapter, die andere zum Anschluss an Mac/PC mit max. 24Bit/384kHz). S/PDIF optisch und elektrisch sind die möglichen kabelgebundenen Zuspielwege. Ohne Strippe kann Musik mittels Bluetooth (aptX) in den Flachmann gebeamt werden. Dazu ist an der Rückseite ein Anschluss für eine Stummelantenne vorhanden. WLAN ist bewusst nicht an Bord, kann aber bei Bedarf per Dongle an der USB-A-Buchse nachgerüstet werden, die dann allerdings nicht mehr für Massenspeicher zur Verfügung steht. Aber diesbezüglich bin ich ganz eindeutig bei Waversa: LAN ist aus klanglicher Sicht und im Hinblick auf Zuverlässigkeit zu bevorzugen.
Eine weitere Buchse erlaubt den Anschluss einer UKW-Antenne. Wie schon angemerkt, ist der Wslim mit der fast schon in Vergessenheit geratenen, aber nach wie vor möglichen Methode des terrestrischen Rundfunkempfangs ausgestattet. Um der Frage zuvor zu kommen: Nein, DAB+ ist nicht an Bord. Die analogen, frequenzmodulierten Radiosignale werden im Wslim vor der Weiterverarbeitung aber auch erst mal digitalisiert. Zu guter Letzt dominieren zwei Paar solide Lautsprecherterminals ganz außen links und rechts die Rückseite.

Bei Durchsicht der technischen Daten zuckt unwillkürlich eine Augenbraue nach oben: Nur 2 x 40 W an 4 Ohm? Das ist nicht etwas wenig für einen „Digitalverstärker“? Nein. Und vergessen Sie die Watt-Angabe am besten gleich wieder, denn die ist am Wslim LITE relativ. Seine außergewöhnliche Schaltung mit niedriger Ausgangsimpedanz ist sehr laststabil und kann in Abhängigkeit vom Netzteil (das nicht umsonst mit 24V, 10A ziemlich kräftig ist) ordentlich Leistung liefern.
Die acht abwechselnd und parallel angeordneten normal- und invers-phasigen Ausgangsverstärkermodule lassen sich individuell in ihrem Verstärkungsfaktor anpassen. Über eine Menüfunktion hat der Nutzer sechs Stufen, um den Amp beispielsweise an wirkungsgradschwache (leisere) Lautsprecher anzupassen und den Regelweg der Lautstärkesteuerung bestmöglich auszunutzen.
Der Wslim hatte mit den von uns angeschlossenen Hörtestboxen keinerlei Probleme. Selbst die nur mit wenig Wirkungsgrad gesegneten Standlautsprecher Børresen 02 trieb er bis zu hohen Lautstärken. Extrempegel waren damit zwar nicht mehr ratsam, aber die Performance ist für einen Amp dieser Größe und mit diesen Leistungsangaben doch absolut erstaunlich. Das erwartet man einfach nicht aus so einem kleinen Kästchen…
Doch bevor ich zum Klangkapitel komme, noch ein paar Worte zu weiteren Besonderheiten des Koreaners. Waversa ist nicht nur ein auf Digital Audio spezialisiertes Unternehmen, sondern hat auch ein Faible für echten Analog-Klang und Röhren, wie die diversen röhrenbestückten High-End-Verstärker, Phonovorstufen und DACs im Sortiment belegen.
Der Waversa Wslim LITE ist zwar nicht mit Röhren bestückt, soll aber deren berühmte klangliche Eigenschaften perfekt rekonstruieren können. Genauer gesagt: speziell den Sound von 300B-Röhren. Die Koreaner haben also eine Schaltung entwickelt, die ein bisschen Röhren-Klirr auf den Oberwellen simuliert; das soll unserem natürlichen Hörempfinden näherkommen. Diese Funktion nennt sich WAP/X und kann im Menü an- und abgeschaltet werden.
Dank seiner geringen Abmessungen eignet sich der Wslim LITE übrigens auch hervorragend für den Einsatz am Desktop. Wer hochklassige Passivlautsprecher im Nahfeld betreibt und bei der Bildschirmarbeit genießen will, dürfte kaum eine kompaktere Lösung mit vergleichbaren klanglichen Eigenschaften finden. Auch die Bedienung über die Tasten am Gerät in Griffweite ist damit eine Freude. Die Fernbedienung kann in dem Fall in der Schublade verschwinden.
Hörtest: kein Hauch von „digital“
Um die klanglich/musikalischen Eigenschaften konkret verorten zu können, musste der Wslim zunächst gegen meine bislang unbezwungene Exogal-Messbarriere antreten, die – das muss man der Fairness halber einschränken – wiederum deutlich kostspieliger ist. Hier wurde unmittelbar klar, dass es dem Wslim am ehesten im Bereich räumlicher Trennschärfe fehlt. Die Bühnenabbildung war weiträumig und offen, konnte aber nicht mit der Klarheit und Dreidimensionalität der US-Kombi Comet und Ion PowerDAC mithalten. Auch im Bass fehlten dem Wslim letzte Reserven. Die Bäume wachsen hier also nicht in den Himmel.
Dennoch klingt der Wslim LITE wunderbar analog und dabei ausnehmend sanft – ohne dabei irgendwelche Details zu verschlucken. Auffällig ist die hohe Spielfreude, der Schwung und die Offenheit, mit der sich der Koreaner von vielen Schaltverstärkern – etwa jenen von NAD – absetzen kann. Aber auch grobdynamisch setzt sich der Waversa in diesem Vergleich mit erstaunlichem Punch und Tiefgang ab. Wo nimmt der nur die Energie dafür her? Das gesamte Geschehen wirkt mit dem Wslim vollmundiger und souveräner und mit lebensechter Koloratur, ohne es dabei an Kontrolle vermissen zu lassen.

Mit zusätzlich aktivierter WAP/X-Schaltung gewinnt das Klangbild noch einmal ein wenig an Luftigkeit. Allerdings einhergehend mit etwas mehr verrundeten Impulsen. Der Effekt war nachvollziehbar, aber in meiner Kette nicht riesig. Und ich konnte mich ehrlich gesagt nicht eindeutig für oder gegen WAP/X entscheiden. Es ist wohl einfach Geschmackssache. Trotzdem schön, dass Waversa hier eine solche Möglichkeit bietet.

Fazit Waversa Wslim LITE: eine sympathisch unkomplizierte Überraschung
Originell, minimalistisch, klein, fein verarbeitet, super einfach in der Bedienung und doch vielseitig, sowie klanglich mit allen Wassern gewaschen. Das passt! Mit seinem Design und den Abmessungen passt der Waversa Wslim LITE bestens auf jedes Media-Rack, aber auch problemlos auf den Desktop. Neben der Stromleitung, USB und zwei Lautsprecherkabeln für Passiv-Speaker ergibt das ein herrlich minimalistisches System für Freunde der Nahfeldbeschallung. Ob im Studio oder einfach für alle, die bei der Bildschirmarbeit oder beim Daddeln feinsten Stereoklang genießen wollen. Und womöglich klappt’s bald auch mit der Wandmontage…
Waversa hat mit dem Wslim LITE nicht nur seine Produktpalette nach unten abgerundet. Vielmehr haben die Koreaner hier einen gleichermaßen originellen wie ungewöhnlichen Vollverstärker am Start, der sich an jene richtet, die das übliche HiFi-Einerlei mittlerweile leid sind und sowohl optisch als auch klanglich Neues wollen. Dabei ist er kein modischer Exot. Auch unter highfidelen Gesichtspunkten müssen wir dem Flachmann ein exzellentes Preis/Leistungsverhältnis attestieren. Mit seinem warm-feinseidigen Klang macht er Appetit auf sehr viel mehr High End aus miniaturisierten Bauformen. Wenn da jedesmal so viel rauskommt…
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Warmer, dynamisch-lebhafter Klang. Auf Knopfdruck sogar “röhrig” |
| Einfache Installation und Bedienung |
| Edler, kompakt-flacher Aufbau, Wandmontage möglich |
| Kein Kopfhörerausgang, keine Analog-Eingänge |
Vertrieb:
ATR – Audio Trade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Waversa Wslim LITE: 1.750 Euro