Mit seiner exklusiven Lautsprecher-/Raumkorrektur per Spezialmikrofon bietet Trinnov eine nur selten zu findende Möglichkeit, den Klang der Anlage auf einen Schlag massiv zu verbessern. Das haben die Surround-Komponenten der Hightech-Schmiede schon oft und nachhaltig unter Beweis gestellt; aus den großen Studios der Welt oder aus ambitionierten Heimkinos (wie beispielsweise dem des Kollegen Raphael Vogt) jedenfalls sind sie nicht mehr wegzudenken. Aber können die Franzosen auch audiophiles Stereo? Aber hallo! Die 2-Kanal Vorstufe Trinnov Amethyst setzt dank überragender Entzerrung auch im HiFi Maßstäbe.
Trinnov. Diesen französischen Edel-Komponenten eilt ja ein Ruf wie Donnerhall voraus. Aber ich war skeptisch. Die meisten elektronischen beziehungsweise computergestützten Korrekturlösungen basieren auf irgend einer Form der Einmessung per Mikrofon. Manch andere, wie zum Beispiel Linns ”Space Optimisation” (siehe Test des Selekt DSM), arbeiten auf Basis eines virtuellen Nachbaus des Hörraums.
Doch gleich, welche Methode, sie alle hatten nach meiner bisherigen Erfahrung zwar immer eine mehr oder weniger deutliche und durchaus auch positive Wirkung, nahmen dem Klang aber auch stets etwas von seiner natürlichen Dynamik und kosteten Musikalität. Und zwar so sehr, dass ich am Ende lieber mit den gewissen (mir vertrauten) Unzulänglichkeiten der Raumakustik leben mochte, als mit aktivierter Korrekturschaltung.
Aus dem Grund war ich bislang eher ein Verfechter der Raumklang-Optimierung mittels passiver Maßnahmen durch Akustikmodule. (Diffusoren, Absorber etc.) Meinen Hörraum habe ich mit Akustikelementen von R.T.F.S. optimiert, die auch dem großen LowBeats Hörraum in der Münchener Zentrale zu seiner Klasse verholfen haben. Allerdings bin ich aus optischen Gründen in meinem Raum längst nicht bis ans Limit gegangen.
So hadere ich nach wie vor mit einer fiesen Raummode bei etwa 90 Hz, die ich bis dato mittels parametrischem EQ in Audirvana bzw. Roon bekämpft habe. Während RTFS im Münchener Hörraum unzählige Helmholtz- und Membran-Absorber installiert hat, kommt bei mir nur eine Minimallösung ganz ohne Bassabsorber zum Einsatz. Irgendwann soll daher vielleicht noch ein Plattenabsorber her, sofern der den recht kleinen Raum optisch nicht zu sehr erdrückt – und die Decke könnte auch noch ein paar (möglichst dezente) Diffusoren vertragen.
Bevor ich zu der Beschreibung der Hardware komme, zunächst ein paar Gedanken zu Korrektursystemen. Eine irrige Annahme rund um das Thema Raumkorrektur per „Computer“ oder „DSP“ wäre, dass man damit auf die Wohnraumgestaltung oder die Lautsprecheraufstellung gar keine Rücksicht mehr zu nehmen braucht. Richtig ist, dass sich mit digitalen Ausgleichsmaßnahmen bestimmte raumakustische und ggf. sogar Lautsprecher-inhärente Defizite verbessern lassen. Auch ist es damit möglich, die Lautsprecher dort aufzustellen, wo sie optisch weniger stören, akustisch aber nicht ganz optimal arbeiten.
Doch auch die beste Raum-Einmessung und -Korrektur macht aus schlechten Lautsprechern keine rundum ausgewogenen High-End-Boxen und aus einem unbehandelten Wohnraum keinen perfekten Konzertsaal. Es ist IMMER besser die Ursachen zu bekämpfen, als nachträglich Korrekturen anzuwenden. Gute Grundvoraussetzungen bei der Raumakustik und der Wiedergabekette inklusive einer sorgfältigen Wahl des Aufstellungsortes der Lautsprecher erhöhen die Chancen auf noch bessere Ergebnisse mit Korrektursystemen – insbesondere mit dem von Trinnov.
Das Potential für Klangverbesserungen durch Einmessungen ist grundsätzlich sehr hoch. Denn was genau hören wir bei der Musikreproduktion in den eigenen vier Wänden genau? In klanglich absteigender Reihenfolge sind das:
1. Die Lautsprecher – sie sind die ”Stimme“ und das mit Abstand wichtigste Glied der Kette.
2. Die raumakustische Antwort auf die Schallabstrahlung der Lautsprecher (Reflexionen, Resonanzen Auslöschungen etc.).
3. Die signalverarbeitende Elektronik. Wobei einzelne Komponenten unterschiedlich großen Klangeinfluss haben können, alle jedoch geringer, als Lautsprecher und Raumakustik.
4. Kabel und Zubehöre wie Gerätefüße/Spikes unter Lautsprechern.
Alle genannten Punkte sind wichtig, wenn wir von Musikwiedergabe auf High-End-Niveau sprechen. Jedes noch so kleine Detail kann einen Einfluss haben. Für Konsumenten, die Musikwiedergabe und deren Genuss nicht auf audiophilem Formel-1-Niveau betreiben, sind Punkt 4 und vielleicht auch Punkt 3 weniger von Belang. Manche behaupten sogar, sie seien vollkommen unerheblich. Für jeden ist jedoch der Einfluss der Raumakustik leicht nachvollziehbar. Dafür braucht man weder große Hörerfahrung oder HiFi-Enthusiasmus, noch Spock-Ohren. Aus dem Grund nutzen einige Hersteller wie Apple selbst in Massenprodukten wie dem HomePod die Möglichkeiten zur Klangoptimierung per Einmessung auf den Aufstellungsort und die Raumakustik.
Anders ausgedrückt: Bevor man anfängt, Käbelchen, Füßchen und Kontaktwässerchen zu vergleichen, sollten Lautsprecher, Elektronik und insbesondere auch die Raumakustik schon auf einem hohen Niveau sein.
Trinnov Amethyst: die Hardware
Der Amethyst ist ein digitaler Stereo-Vorverstärker mit besagter Einmess-Funktion, für die ein optional zu erwerbendes (oder beim Händler auszuleihendes) Spezialmikrofon erforderlich ist. Für die Vorstufe in Silber werden rund 9.800 Euro fällig (10.350 in Schwarz), das Mikrofon samt Kabel kostet 714 Euro. Der Preis beinhaltet natürlich die ausgeklügelte Software, in der viele Mannjahre Entwicklung und jede Menge Knowhow steckt. Jeder Trinnov-Kunde hat außerdem den Luxus einer 24/7-Hotline beim Hersteller mit wirklich kompetentem Support-Personal. Und natürlich stehen über den deutschen Vertrieb MediaLantic auch deutschsprachige Experten mit Rat und Tat zur Seite.
Im Amethyst steckt auch ein DAC, um analoge Signale an Endverstärker und Subwoofer auszugeben. Genau betrachtet ist der Amethyst eigentlich sogar ein Vier-Kanal-Vorverstärker, denn er kann die Einmessung nicht nur für zwei Stereo-Kanäle, sondern auch für zwei zusätzliche Subwoofer separat verarbeiten. Oder halt 2 x Stereo (etwa für zwei verschiedene Lautsprecherpaare oder Räume) oder Stereo mit 2-Wege-Aktiv; der Amethyst-DSP übernimmt dann auch die Funktion der Frequenzweiche.
Im Kern ist der Amethyst eine abgespeckte Variante der Multikanal-Systeme von Trinnov, wie dem „kleinen“ AV-Vorverstärker/Akustik-Prozessor Altitude 16 und dem Multikanal-Flaggschiff Altitude 32. Zugleich ist er eine umfangreicher ausgestattete Variante des reinen Optimizers Trinnov ST2-HiFi, über den Kollege Vogt ebenfalls schon ausführlich berichtet hat. Der Amethyst ist auch als UPnP-Netzwerkplayer und Roon-Ready-Endpoint nutzbar und somit eine sehr attraktive Lösung für audiophile 2.0- bis 2.2-Kanal-Installationen.
Mich als bekennenden High-Ender, der schon vor längerer Zeit von Multikanal zur „reinen Stereo-Lehre“ (mit Augenzwinkern) zurückgekehrt ist, spricht der Amethyst daher besonders an. Auch, wenn ich keine Subwoofer verwende.
Ein genauerer Blick auf (und in) das etwas überdimensionierte Gehäuse offenbart seine Abstammung von der Profi-Technik, aus der Trinnov ursprünglich stammt und wo die Franzosen nach wie vor tätig sind. Die optische Inspektion wirft allerdings ein paar skeptische Nachfragen auf.
Etwa beim Anblick der Anschlusssektion, speziell dem linken Teil der Rückseite. Sehe ich da etwa PS/2-Anschlüsse? Haben die da dort Computer-Restbestände aus den 1990 Jahren eingebaut? Ich meine, hey, wann haben Sie zum letzten Mal eine Maus oder Tastatur mit PS/2-Stecker angeschlossen?
Aber man konnte mich beruhigen: Die im Amethyst verbaute Computer-Hardware fällt zwar nach heutigem Standard sicher nicht unter den Begriff ”High-Performance“, bietet auf der Hauptplatine aber durchaus aktuelle Hardwarekomponenten und Schnittstellen/Controller wie eine Intel Dual-Core-CPU Celeron J3355, USB 3.0, FireWire und SATA. Der Grund für die veralteten und für den Betrieb auch weitgehend irrelevanten Schnittstellen (einige sind gar nicht angeschlossen) liegt laut Trinnov darin, dass es sich um Hardware nach militärischen Standards handelt, die besonders hohe Zuverlässigkeit und Sicherheit gegen Störungen bieten soll.
So weit so gut. Der Aufbau, vor allem die Verkabelung, ist etwas wild. Ich erwähne das vor allem deshalb so explizit, weil ”High End” nun mal im Konsumer-Bereich immer auch mit viel Liebe zum Detail einher gehen sollte. In der Profitechnik interessiert so ein Kabelverhau niemanden. Aber den einen oder anderen HiFi-Connaisseur könnte das unnötigerweise abschrecken.
Nicht zuletzt vielleicht auch wegen der beiden Lüfter im Inneren. In diesem Punkt allerdings muss ich Kollege Vogt zustimmen, der über die ähnliche Lüfterbestückung im ST2-HiFi schrieb, sie wären „im praktischen Betrieb nicht hörbar und, nur wenn man mit dem Ohr wirklich an das Gehäuse ging, gerade noch wahrnehmbar“. Das ist auch meine Erfahrung: Schon in einem Meter Abstand ist das Gerät praktisch unhörbar.
Rein optisch sind die zwei Zentimeter dicke Frontblende aus geschliffenem Alu und die beiden großen Dreh-/Drück-Steller der einzige (optische) Hinweis, dass wir hier im High End sind. Der Rest des Gehäuses besteht aus einem herkömmlichen Stahl-Chassis und einem Blechdeckel mit Lüftungsschlitzen.
Doch nur, weil der Amethyst nicht wie ein Tresor aussieht, bedeutet das nicht, dass Trinnov keine Sorgfalt hat walten lassen. Das Gehäuse samt Deckel ist nämlich wie ein Faradayscher Käfig zur Abschirmung gegen Einstrahlungen ausgelegt. Ironischerweise sind ausgerechnet die in High-End-Kreisen so beliebten Voll-Alu-Gehäuse längst nicht so gut zur EM-Abschirmung geeignet, wie ein elektrisch korrekt geerdeter Blechdeckel.
Wem die in High-End-Kreisen oft anzutreffende Opulenz bei den Gehäusen eher suspekt ist und wie Blendwerk erscheint, der wird vom Trinnov Amethyst begeistert sein. Schminke gibt es nur in Form der dicken, den Wohnraum zierenden Alu-Frontblende. Der Rest ist purer Pragmatismus. Hier zählt nur das Ergebnis und man läuft mit dem Amethyst nie Gefahr, in irgendeine Esoteriker-Schublade gesteckt zu werden.
Trinnov Amethyst: Anschlüsse und Optionen
Noch mal zurück zur Rückseite. Abgesehen von der ATX-Mainboard-Blende aus den 90ern wird die Anschlussseite von zahlreichen HiFi-typischen (und eher zeitlosen) Cinch- und XLR-Buchsen beherrscht, die über das Setup weitgehend frei konfiguriert und für unterschiedliche Aufgaben genutzt werden können. So dienen beispielsweise die oberen vier XLR-Buchsen in der Standardkonfiguration als Eingänge für das Spezialmikrofon. Dazu später mehr.
Diverse Ein- und Ausgänge (S/PDIF coax und optisch) ermöglichen den Anschluss digitaler Quellen wie CD-Laufwerke oder TV, können aber auch als Digitalausgang konfiguriert werden. Hier gibt es jedoch die Einschränkung, dass die digitale Lautstärkeregelung des Amethyst nicht aus dem Signalweg genommen und kein Festpegelsignal zum Beispiel für externe DACs mit eigener LS-Regelung ausgegeben werden kann.
Ein kleines Manko: Obwohl der Amethyst an der Computer-Sektion USB-Ports besitzt, hat er leider keinen, der als USB-Audio-Ausgang dient. Weil er aber digitale PCM-Daten mit maximal 192 kHz Samplingfrequenz verarbeitet, reichen die Coax-Ausgänge in Sachen Bandbreite völlig aus.
Die vorhandenen USB-Anschlüsse können dazu genutzt werden, seine umfangreichen Settings und Einmessungen in Berichtform (als PDF, Screenshots, Tabellen…) auf einem USB-Stick zu speichern.
Die grundlegende Steuerung erfolgt an der Front über lediglich zwei Tasten (Menü/Zurück), einen Dreh/Drück-Steller für die Eingangswahl und Menüsteuerung, sowie einen weiteren großen Regler für Lautstärke und Mute. Das monochrome Matrix-Display zeigt die wichtigsten Informationen wie Lautstärke, Eingang, und ob der ”Optimizer“ (die Korrekturschaltung) aktiv ist, aber auch eher unwichtige, wie ein wenig aussagekräftiges und nicht abschaltbares VU-Meter, das viel Raum einnimmt.
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