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Moon 430 HAD Desktop
Nur wenige Kopfhörer-Verstärker haben uns in letzter Zeit so begeistert wie der Moon 430 HAD. Diese Faszination hat allerdings ihren Preis: der Bolide kostet 4.700 Euro

Test Moon 430 HAD: superber Kopfhörerverstärker mit DAC

Das nenne ich mal einen Kopfhörerverstärker! Ich platze einfach mal so damit heraus. Denn mein heutiger Testkandidat, der Moon 430 HAD, ist ein prachtvoller Kerl in klassischer 19 Zoll Breite und hat’s wirklich faustdick hinter den Alu-Ohren. Wenn Sie ein großer Kopfhörer-Fan sind, empfehle ich Ihnen, unbedingt weiterzulesen. Meine Sicht auf Kopfhörerverstärker hat der Kanadier jedenfalls nachhaltig verändert.

Die kanadische Marke Moon ist beileibe kein unbeschriebenes Blatt in der HiFi-Welt. Simaudio Ltd., Anfang der Achtziger von einem gewissen Victor Sima unter dem Namen Sima Electronics gegründet, brachte erstmals im Jahr 1997 HiFi-Komponenten unter dem Markennamen Moon auf den Markt. Moon klingt griffig, jeder kann es sich merken und es hat nicht den kühlen Klang eines x-beliebigen Elektronikherstellers, der auch Waschmaschinen und Toaster bauen könnte. Darum ist die Marke Moon, manchmal auch „Moon by Simaudio“ genannt, in HiFi-Kreisen heute deutlich bekannter als der ursprüngliche Herstellername.

Moon 430 HAD Desktop
Müssen Kopfhörerverstärker immer klein und smart sein? Nein. Der Moon 430 HAD ist ein ganzer Kerl mit den Abmessungen 42,9 x 8,9 x 35,1 cm ( B x H x T) und hat ein Lebendgewicht von 9,5 Kilo (Foto: F. Borowski)

Die Kanadier bieten in ihrem umfangreichen Sortiment (bestehend aus Verstärkern, DAC, Streamern, CD-Playern, Phono-Vorstufen und Netzteilen) derzeit zwei Kopfhörerverstärker an. Den 230 HAD für 1.900 Euro und das hier getestete Spitzenmodell 430 HAD, der mit rund 4.000 Euro in der Basisversion „HA“ zu Buche schlägt. Das zusätzliche „D“ in der Modellbezeichnung steht für ein optionales Digitalmodul mit DAC. Zur Nachrüstung kostet das Digital-Upgrade 1.100 Euro. Wer den 430 gleich als HAD-Version ordert, muss sich am Listenpreis von 4.700 Euro orientieren.

Das Konzept des Moon 430 HAD

Schon bei der Annahme des Paketes mit einem Gewicht von rund zehn Kilogramm war klar: die meinen es ernst. Das in den Farbvarianten Schwarz, Silber-Schwarz und Silber erhältliche Gerät hat das übliche HiFi-Format von 43 cm Breite und wirkt mit seinen dickwandigen Gehäuseteilen wie aus einem Guss. Auch haptisch ist der Moon 430 HAD dadurch ein Erlebnis – mit kleinen Abzügen in der B-Note für die minimal überstehenden und etwas scharfen vorderen Ecken. Besonders angenehm fühlt sich hingegen der große, aus Metall gefertigte Lautstärkeregler an. Der arbeitet rein elektronisch im Zusammenspiel mit einem speziellen Chip, welcher ein Widerstandsnetzwerk enthält, über das die Lautstärke in sage und schreibe 530 Schritten geregelt werden kann. M-eVOL2 bezeichnet der Hersteller diese rein analog arbeitende Regelung, die einen Gleichlauf von ±0,1 dB verspricht. Langsames Drehen verändert den Pegel in 0,1-dB-Schritten, schnelles Drehen in 1-dB-Schritten. Diese variable Übersetzung funktioniert in der Praxis ganz ausgezeichnet.

Über acht Tasten an der Front erfolgt unter anderem die Umschaltung der Quelle, Standby, Display-Umschaltung (Lautstärke <> Samplingfrequenz), Mute und weitere Parameter. So kann die Vorverstärkung (Gain) für unterschiedlich laute Kopfhörer wahlweise auf 14 oder 20 dB eingestellt werden und es lässt sich eine Crossfeed-Schaltung aktivieren. Letztere ist vor allem für Aufnahmen sinnvoll, die eine stark links/rechts-lastige Abmischung haben. Das kann mit Kopfhörern manchmal lästig klingen und wird durch „Xfeed“ – so die Bezeichnung am Moon – abgemildert.

Einige zusätzliche Funktionen sind durch längeres Drücken bestimmter Tasten zugänglich. So kann das Display bei Bedarf ganz abgeschaltet oder die zur Einhaltung der EU-Normen implementierte „EuP“-Funktion (Energy using Product) deaktiviert werden. Die sorgt dafür, dass sich das Gerät nach 20 Minuten ohne Signal selbst in Standby schaltet. Ob mit oder ohne „EuP“: im Ruhezustand verbraucht der 430 HAD deutlich unter 1 Watt. Im Betrieb sind es rund 25 Watt.

Die genauere Betrachtung der unteren Hälfte der Front offenbart Interessantes. Das Display sieht auf den ersten Blick aus, als würde es die gesamte Breite der zentralen Frontplatte einnehmen, aber dem ist nicht so. Die rote LED-Anzeige besteht nur aus sechs digitalen Segmenten, die knapp bis in die Mitte des Gerätes reichen. Am rechten Rand des Display-Deckglases befindet sich ein Schieber, mit dem sich das Deckglas nach links verschieben lässt, womit drei symmetrische Ausgangsbuchsen freigelegt werden: zwei XLR3-Buchsen und eine XLR4-Buchse für Kopfhörer mit entsprechender symmetrischer Anschlussmöglichkeit. Wer keinen symmetrischen Kopfhörer hat, nutzt die 6,35 mm Klinkenbuchse rechts davon und versteckt die wenig ansehnlichen XLR-Buchsen hinter der Schiebeblende. Eine sehr schöne Lösung!

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Moon 430 HAD Front
Bei grellem Sonnenlicht ist zu erkennen, dass die Frontanzeige nicht die komplette Breite der Glasabdeckung einnimmt (Foto: F. Borowski)
Moon 430 HAD beim Autor
Das Displayglas lässt sich nach links schieben und damit XLR-Anschlüsse freilegen (Foto: F. Borowski)
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Oberhalb der großen Klinkenbuchse für Kopfhörer findet sich noch eine 3,5 mm Klinkenbuchse, über die ein Mobilplayer mit Analogausgang angeschlossen werden kann. Eine Möglichkeit, die in der heutigen Zeit wohl nur noch selten Verwendung finden dürfte.

Der Blick auf die Rückseite macht deutlich, dass der 430 HAD mehr als nur ein Kopfhörerverstärker ist. Zwei Stereo-Cinch- und ein Stereo-XLR-Eingang ermöglichen den Anschluss weiterer Hochpegelquellen wie CD-Player. Hinzu kommen zwei analoge Cinch-Ausgänge. Einer mit festem Pegel, beispielsweise zum Anschluss an Aktivlautsprecher mit eigener Lautstärkeregelung und ein variabler Ausgang zur Verbindung mit Endstufen oder Aktivboxen. Der 430 HAD ist somit auch ein gut ausgestatteter Vorverstärker.

Moon 430 HAD von hinten
Zahlreiche Ein- und Ausgänge machen den Moon 430 HAD zu einem vollwertigen Vorverstärker (Foto: F. Borowski)

Das Digitalmodul verfügt über vier Eingänge: 1 x Toslink, 2 x S/PDIF Coax und 1 x USB. Wer den Platz hat, kann den Moon als High-End Desktop-Lösung nutzen. Per USB mit Mac oder PC koppeln, Aktivlautsprecher anstöpseln, Kopfhörer dran, Audirvana starten und fertig ist die High-End Desktop-Lösung.

Das Öffnen der Motorhaube offenbart einen pieksauberen Schaltungsaufbau, der in drei Abteilungen untergliedert ist: Netzteil (mit getrennten Linear-Transformatoren für Analog und Digital), das analoge Mainboard und die digitale Huckepack-Schaltung. Alles natürlich aus eigener Entwicklung und mit sehr hochwertigen Bauteilen bestückt.

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Moon 430 HAD innen komplett Der Schaltungsaufbau ist eine wahre Augenweide (Foto: F. Borowski)[/caption]
Moon 430 HAD Wandlerboard
Digitale Signale verarbeitet der 430 HAD mit standesgemäßen 32-Bit-PCM bis 384 kHz oder DSD256. Das mehrstöckige DAC-Board ist eine Simaudio-Eigenentwicklung (Foto: F. Borowski)
Moon 430 HAD Netzteil
Üppig dimensionierte Spannungsversorgung mit getrennten Linear-Transformatoren für Digital und Analog (Foto: F. Borowski)
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Zum Lieferumfang gehört eine längliche Systemfernbedienung, mit der auch andere Moon-Geräte gesteuert werden können. Über die rückseitigen SimLink-Buchsen verbunden, arbeiten die Moon-Geräte Hand-in-Hand.

Moon 430 HAD innen komplett
Die mitgelieferte Systemfernbedienung (Foto: F. Borowski)

Der 430 HAD ist ungewöhnlich propper ausgestattet. Um nichts unerwähnt zu lassen, hier

die wichtigsten Features des Moon 430 HAD in der Übersicht:

• vollsymmetrischer, rein analoger Verstärker
• Vorverstärkung wahlweise 14 oder 20 dB
• getrennte Linearnetzteile
• Crossfeed-Schaltung
• 667 mW an 600 Ohm und 8 W an 50 Ohm
• DAC mit vier Inputs für DSD256 und 32-Bit-PCM
• M-eVOL2 Lautstärkeregler mit 530 Schritten; ±0,1 dB
• XLR3- und XLR4-Out plus 6,35 mm Klinke
• Kopfhörerimpedanz 20 – 600 Ω
• Fixed und Variable Cinch-Out

Alles in allem ist der Moon 430 HAD very oldschool im allerbesten Sinne. Weder sind irgendwo unsinnige Sparmaßnahmen zu erkennen, noch verrennt sich der Hersteller in überflüssige Spielereien. Die Bedienung ist wunderbar geradeaus und selbst die Lautstärkeeinstellung dank des gedämpft gelagerten Pegelreglers eine Wonne.

Doch das Beste kommt erst noch…

Der Moon 430 HAD im  Hörtest

Obwohl der 430 HAD ein echtes Full-Size HiFi-Gerät ist, macht er sich auch auf einem gut aufgeräumten Schreibtisch sehr gut. Zumal man dort den Lautstärkeregler immer in Griffweite hat. Konzentrierte Bildschirmarbeit flutscht mit guter Musik und fantastischem Klang gleich viel besser. Zum Test diente mir mein Mac mit Audirvana Plus als Musiklieferant. Die Tonausgabe erfolgte per USB über einen iFi Audio micro iUSB 3.0 an den Moon.

Als Kopfhörer kam hauptsächlich meine altgediente Referenz unter 1.000 Euro, der beyerdynamic T 1 (Mark II; 755 Euro) zum Einsatz. Preislich liegt der eigentlich nicht ganz auf Augenhöhe mit dem immerhin 4.700 Euro teuren Moon und ich hätte wirklich gerne auch mit dem Focal Utopia getestet, der mir sehr gefallen hat. Doch der musste mich kürzlich leider wieder verlassen. Nichtsdestotrotz ist der beyerdynamic mit seinen 600 Ohm Impedanz für jeden Kopfhörerverstärker ein harter Prüfstein, der allerhöchste Ansprüche an die Elektronik stellt und – mit dem richtigen Front-End – beeindruckend gut klingen kann. Außerdem kann man den T 1 wahlweise symmetrisch oder unsymmetrisch betreiben.

Moon 430 HAD mit Kopfhörer
Bei symmetrischer Nutzung mit einem vierpoligen XLR-Stecker können die beiden dreipoligen XLR-Buchsen verdeckt bleiben, was der Optik zugute kommt (Foto: F. Borowski)

Schon bei den ersten Takten war klar, dass der Moon den T 1 bestens im Griff hat. Doch Jan Kretschmer, Dynaudio Mitarbeiter und Produktmanager für Moon, hatte schon recht, als er mich darauf hinwies, dem 430 HAD ordentlich Zeit zum Einspielen zu geben. Tatsächlich gewann der Kanadier mit der Zeit deutlich an Spielfreude hinzu. Um es kurz zu machen: So gut habe ich den T 1 letztlich noch nie gehört.

Der Charakter des Heilbronner Spitzenkopfhörers ist nicht jedermanns Sache, weil er sehr neutral ist und in dem Ruf steht, recht hell abgestimmt zu sein. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass das mit einem ideal zum T 1 passenden Kopfhörerverstärker kein Thema ist. Der Moon 430 HAD nimmt hier die absolute Spitzenposition ein.

Ein echter Ohrenöffner war beispielsweise das Live-Album 4 Wheel Drive (Anspieltipp: Track 2 „Lobito“) von Nils Landgren. Die Aufnahme überzeugt nicht nur durch ihre Klarheit, sondern auch durch ein kräftig-erdiges Bassfundament ohne jeden Dröhncharakter. Über den 430 HAD konnte der T 1 die Wärme und Substanz der Einspielung äußerst überzeugend darstellen.

Mit weniger hochohmigen Kopfhörern hat der 430 HAD auch dank seiner hohen Ausgangsleistung von 8 Watt (an 50 Ohm) erwartungsgemäß erst recht keinen Stress. Pegelreserven sind bei der gebotenen Leistung nie ein Thema. Auch nicht am 600-Ohm-Hörer T 1. Was wirklich beeindruckt, ist die unnachgiebige Kontrolle, die der Moon über jeden angeschlossenen Kopfhörer ausübt. Was aber keineswegs zu einem harten oder überanstrengten Klangbild führt. Im Gegenteil. Musik verkommt hier nicht zu einer Ansammlung von super-präzisen Einzeltönen, sondern behält stets das große Ganze im Blick und transportiert viel Emotion, wie sie nur ein Meisterdirigent dem Orchester zu entlocken vermag. Es ist einerseits die jederzeit spürbare Souveränität und Kraft des 430 HAD, andererseits eine fast atmende Luftigkeit, mit der dieses Vorverstärker-Schwergewicht auch die feinsten Details einer guten Aufnahme hörbar macht.

Symmetrisch angeschlossen hat mir der T 1 am 430 HAD übrigens noch besser gefallen. Das ist keineswegs selbstverständlich. Je nach Auslegung und Qualität der Schaltung kann die Musikalität bei symmetrischer Ansteuerung leiden. Der Aufwand, den die Kanadier beim 430 HAD in das Schaltungslayout gesteckt haben, zahlt sich aber klar aus. Hier ist symmetrischer Betrieb eindeutig überlegen.

Fazit Moon 430 HAD

Nach der Einleitung ist es zwar keine Überraschung mehr, aber ich konnte mit meiner Freude über den Moon 430 HAD einfach nicht hinterm Berg halten. Es ist schlicht der beste Solid State Kopfhörerverstärker, den ich bislang testen durfte. Das heißt nicht, dass seine Crossfeed-Schaltung beeindruckender als die des SPL Phonitor X wäre. Oder dass er den bisherigen Spitzenreiter, den Niimbus von den Lake People weit überflügeln würde. Aber diese schöne Kombination aus kraftvoller Wärme und feinseidigem Klang ist schon etwas ganz besonderes.

Kritik? Nun, der Preis ist sicherlich eine hohe Hürde, aber er ist halt auch ein richtig guter DAC und eine ebenso gute Vorstufe. Und es mag Kopfhörerverstärker mit DAC geben, die über mehr Einstellungsmöglichkeiten verfügen. Etwa unterschiedliche Filtervarianten, regelbares Crossfeed und so weiter. Doch danach kam mit dem Moon nie der Wunsch auf.

Der kanadische Kopfhörer- und Vorverstärker mit DAC klingt nicht nur berauschend gut, sondern ist auch vielseitig einsetzbar und gefällt mit seiner schnörkellosen Bedienung. Er verzichtet dabei aber bewusst auf App-Gedöns und Bluetooth-WiFi-Netzwerk-Trallala. Das überlässt er anderen und seinen Brüdern aus selbem Hause, mit denen er bei Bedarf per SimLink gerne zusammenarbeitet.

Mit seiner satten Ausgangsleistung treibt der 430 HAD so ziemlich jeden dynamischen Kopfhörer inklusive Magnetostaten zu klanglichen Höhenflügen. Das Ergebnis macht neugierig auf mehr von Moon. Und dass der 430 HAD komplett „made in Canada“ ist und zudem mit 10 Jahren Garantie lockt, macht ihn in meinen Augen umso reizvoller.

Moon 430 HAD
2019/11
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Überragend feiner & souverän-kräftiger Klang
Hohe Leistungsreserven (2 x 8 Watt)
Gradliniges Bedienungskonzept
Alle sinnvollen Kopfhöreranschlüsse, auch symmetrisch

Vertrieb:
Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten
www.dynaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Moon 430 HA: 3.950 Euro
Moon 430 HAD: 4.700 Euro
Upgrade Digitalmodul: 1.100 Euro

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Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.