Audi drängelt mal wieder mächtig: Nach dem riesigen SUV Q7 kommt jetzt auch der neue Audi A4 mit einem 3D-Sound-System. Damit jagen die Ingolstädter ihre Erzrivalen aus München und Stuttgart in der Firmenwagenklasse von der Überholspur.
Die Bayern bauen mit B&O nicht einfach nur ein paar zusätzliche Höhenlautsprecher in die vorderen A-Säulen. Sie verwenden dazu auch noch einen ausgeklügelten Algorithmus von Fraunhofer.
Dessen 2D-Variante debütierte letztes Jahr im Sportwägelchen TT, dann startete die Fahrgemeinschaft aus Audi, Fraunhofer und B&O Anfang des Jahres mit dem Q7 in die dritte Dimension, musste sich aber Burmester und Benz geschlagen geben. Die hatten nämlich schon im Jahr davor die neue S-Klasse mit einem superben 3D-System auf die Straße geschickt.
Allerdings improvisierten die Preußen mit ihrem schwäbischen Konzertsaal etwas, was das jetzige Ergebnis nicht schmälern soll. Audi tüftelte mit dem Fraunhofer IIS aus Erlangen jahrelang an einem semantischen Ansatz, der sogar nachträglich den Hall von den fein säuberlich separierten Stimmen oder Instrumenten trennen und damit diese Schritte des Tonstudios rückgängig machen kann.
Am Ende liegt im DSP der 16-Kanal-Digital-Endstufe eine Sammlung aus einzelnen Tonspuren vor, die als Objekte im virtuellen Raum überall positioniert werden können. Das gibt den Ingenieuren unendliche Power, birgt allerdings Risiken, sich zu vergaloppieren. Deshalb holte sich das deutsch-dänische Team früh Beistand von Künstlerseite – durch eine Kooperation mit den Münchner Farao-Studios.
Peter Blum, bei Audi für den gesamten Infotainment-Bereich zuständig, wollte es auch nicht übertreiben, vor allem nicht die Fahrer durch verstörende Klangeffekte über ihren Köpfen ablenken. Und das halbe Orchester auf die Hutablage verfrachten wollte der bekennende stereoplay-Leser auf keinen Fall.
Das Ziel war lediglich, ohne spezielle Aufnahmen mit diskreten Höhen-Spuren wie bei Dolby Atmos die Bühne anzuheben, die bei vielen Autos im Fußraum liegt, und die Grenzen des Autos akustisch aufzulösen.
Der “Symphoria”-Algorithmus macht 3D aus Radio, CD und normalen 5.1-DVDs. Damit unterstützen die Akustiker die Designer, die eine visuelle Weiträumigkeit inszenierten und nebenbei das effektive Platzangebot verbesserten.
Hinten können Handballer noch bequem sitzen, ohne mit den Knien an den Sitzlehnen der ersten Reihe anzustoßen. Und mit den optionalen Audi-Tablets an den Rückseiten der vorderen Kopfstützen lässt sich von hinten sogar das umfangreiche Infotainment-Angebot nutzen und steuern.
Der Audi A4 hat eine Bühne für alle – wie im Konzert
Dank 3D-Klang gibt es selbst hinten eine riesige Bühne. Zwar nicht ganz so krass wie im Q7, wo ich am liebsten im Fond hören möchte, doch weit besser als aus vergleichbaren Autos dieser Klasse gewohnt. Im SUV zerfiel in der ersten Reihe bisweilen beim konzentrierten Hören der Klang in seine Bestandteile, weil man zu nah an den Lautsprechern saß.
Die Instrumente konnten schon mal wandern, während sich hinten im Q7 ein Klangbild wie in einem kleinen Zimmer mit guten Stereo-Boxen aufbaute.
Im Audi A4, der mit seinem angewinkelten Cockpit unverkennbar als Fahrerauto konzipiert ist, hört man vorne geringfügig besser, hat aber ebenfalls auf allen anderen Plätzen das Gefühl, auf die gleiche Bühne zu blicken, ganz wie im Konzert. Das ist gar kein Vergleich zu anderen Autos, die meist jedem Insassen eine fast schon penetrante, enge Hörbühne vor die Nase halten.
Das Ziel, die innerhalb ihres Konkurrenzumfelds innen mustergültig verarbeitete und gestaltete viertürige Limousine oder den Kombi namens Avant besonders weiträumig und offen wirken zu lassen, erreicht das B&O-System locker. Dabei bleibt die Präzision nicht auf der Strecke. Wenn man den dreistufigen 3D-Effekt abschaltet, scheint einen die Anlage, die übrigens ohne akustische Linsen auskommt, im ersten Moment sogar sehr energisch anzufahren.
Man kann mit ihr jedenfalls ebensogut Klassik mit authentischen Klangfarben goutieren wie sich Rock oder Pop mit sattem Punch hinzugeben. Die Tonalität ist auf dem Punkt, das Timing auch. Die Instrumente springen nicht, der Bass wird vorne geortet, obwohl die üppigen ovalen 4 x 7 Zoll großen Türbässe Unterstützung von einem Subwoofer auf der Hutablage kriegen.
Die Vibrationen im Interieur halten sich dank der neuentwickelten Halbschalen-Bauweise der Treiber in Grenzen, und auch hinten kriegt man selbst bei Orkanlautstärke nicht über Gebühr den Rücken massiert.
Wenn es laut wird und gleichzeitig komplex, etwa beim Symphonie-Orchester, hört man irgendwann im Mittel-Hochtonbereich, dass nicht die allerteuersten Treiber zum Einsatz kommen.
Aber man käme nie darauf, dass Audi für das geniale 3D-System mit den schicken, illuminierten Lautsprecher-Grills in B&O-Qualität nur knapp über 1.000 Euro verlangt.
Dafür sorgt auch maßgeblich der abgrundtiefe, extrem konturierte Bass.
Allein dafür lohnt sich in meinen Augen schon die Investition in das 755-Watt-System.
Mehr noch: Für mich wäre es ein Grund, in dieser Klasse künftig Audi zu fahren.
Und ich bin ein eiserner Verfechter des Hinterradantriebs, der sich seine beiden Minis nur geholt hat, um sich mit dem “Frontantriebshandicap” etwas einzubremsen.
Für mich müsste es dann schon der Quattro mit Allradantrieb sein, mit dem ich bei Schnee oder Regen leider viel zu schnell unterwegs wäre (man muss ja auch im Notfall vernünftig bremsen können).
Aber das Auto verkörpert die Oberklasse-Limousine für alle, die nicht über fünf Meter Blech mit sich herumfahren wollen und lieber weniger Aufsehen am Steuer erregen.
Hier ist der Traumwagen für Realos, wenn’s sein muss mit Normverbräuchen, die selbst Kleinwagenfahrer am Stammtisch ruhig stellen beziehungsweise rot werden lassen.
Der Audi A4 überzeugt mich gerade in Verbindung mit den edlen Interieur-Oberflächen, die in ihrer schönsten Form Oberklasse-Niveau erreichen, aber auch ganz schön ins Geld gehen. Aber ich liebe es nun mal, den Nerz nach innen zu tragen, zumal der Audi A4 innen noch nie so gut aussah – geschweige denn der 3er BMW oder die C-Klasse von Mercedes.
Die gestreckte Wirkung des evolutionär weiterentwickelten Außendesigns muss man allerdings in Natura erleben. Auf dem Foto fällt es mir offen gestanden auf den ersten Blick schwer, ihn von den Vorgänger-Generationen zu unterscheiden – vor allem, wenn der wie beim TT und Q7 nachgeschärfte Single-Frame-Kühlergrill nicht im Blickfeld liegt.
Fazit: Der Audi A4 trägt den Nerz nach innen
Der neue Grill dürfte mir ab der Markteinführung im Herbst in Verbindung mit den nochmals diabolischeren Tagfahrlichtern wieder den Angstschweiß ins Gesicht treiben. Die psychologische Wirkung im Rückspiegel ist bei bisherigen Audis schon verheerend.
Beim Auftauchen von Single-Frame samt LED-Kette meint man unterbewusst, nur noch Platz machen zu müssen, um dann festzustellen, dass der kleine Diesel im A3 doch nicht schneller kann als man selbst.
Allerdings nutzt sich der Effekt langsam ab und Audi sieht sich mit dem uniformen Design beim neuen Audi A4 einiger Häme in den Medien ausgesetzt, was in meinen Augen dem Gedanken des Wagens nicht ganz gerecht wird. An dieser Anfassqualität im Innenraum müssen sich andere messen.
Allerdings komme auch ich nicht umhin, beim Thema Fortschritt an erster, zweiter und dritter Stelle ans 3D-Sound-System von B&O zu denken, was den klassischen Fahrzeug-Ingenieuren in Ingolstadt zu denken geben sollte (abgesehen davon, dass es am Automatik-Wahlhebel jetzt endlich auch eine praktische Park-Taste wie bei BMW gibt).
Zumindest für einen Audiophilen untermauert Audi damit trotz zaghafter Schritte bei Design und Antrieb den Slogan “Vorsprung durch Technik”.
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