Japaner gehen ja immer sehr sorgsam vor: Keine unbedachten Schritte. Das gilt auch für Sumiko. LowBeats hatte 2018 das gesamte Portfolio des Tonabnehmerspezialisten durchgetestet. In den fünf folgenden Jahren kamen gerade einmal zwei Low-Output-Varianten bereits bekannter Abtaster und ein wirklich neuer MM-Abtaster hinzu. Allen drei Neulingen (Sumiko Songbird Low, Blue Point No. 3 Low, Wellfleet) widmen wir hier einen Test – quasi, um wieder auf Stand zu sein. Aber es war nicht die Chronistenpflicht allein – es war auch eine wahre Freude…
Wobei vielen Analogfans schon bei dieser Nachricht automatisch warm ums Herz wird: Das allseits beliebte Sumiko Blue Point geht mit dem No. 3 nicht nur in die dritte Generation, sondern erhält erstmals einen Low-Output-Bruder.
Ebenfalls neu ist das Wellfleet, ein mit 550 Euro schon recht teures MM-System. Das gehört wie das Blue Point zur Oyster-Serie, die ihre Modellnamen sämtlich von US-Austernsorten bezieht. Wellfleet etwa stammen aus dem gleichnamigen Hafen in der Bucht von Cape Cod, Blue Point wachsen weiter südwestlich im Long Island Sound. Die anderen MM-Austern Amethyst, Rainier, Olympia und Moonstone konnten wir schon vor vier Jahren verkosten, ebenso die High-Output-Varianten des Blue Point und des Songbird. Bereits damals war die relativ große Preislücke zwischen dem Moonstone und dem Top-MM Amethyst aufgefallen, die Sumiko jetzt mit dem Wellfleet schließt. Songbird Low und Blue Point Low sind logische Reaktionen auf die insgesamt stark gestiegene Nachfrage, sowie auf die Tatsache, dass gute MC-Vorverstärker heute viel einfacher und günstiger zu kriegen sind als Anfang der 1990er Jahre.
Sumiko Songbird Low, Blue Point No. 3 Low, Wellfleet
MM, MI oder MC? High Output MC oder Low Output MC? Wer sich zu strikt auf ein bestimmtes Funktionsprinzip versteift, engt seine Tonabnehmerauswahl womöglich unnötig ein. Das Argument, dass Voll- oder Vorverstärker meist höchstens MM- und nur seltenst MC-Eingänge haben, zieht spätestens nach Erreichen der hier behandelten Preisklassen nicht mehr wirklich. Denn schon für die Hälfte des Preises etwa eines Sumiko Blue Point No. 3 Low bekommen wir separate Phono-Vorverstärker wie den Cambridge Duo, die sich nicht nur mit allen Systemspielarten vertragen, sondern auch deren Charakteristiken und Stärken schon sehr gut zur Geltung bringen. Da solche Preamps zudem nahezu unbegrenzt haltbar sind und somit keine weiteren Kosten verursachen, verliert sich ihr Preis bei ambitionierten Vinylisten schon bald nach der Anschaffung im Grundrauschen aus LP-Käufen, Ersatznadeln und/oder Tauschsystemen.
Sumiko Songbird Low, Blue Point No. 3 Low, Wellfleet in der Übersicht:
Modell | Wellfeet | BluePoint No.3 Low | Songbird Low |
Konzept | MM | Low Output MC | Low Output MC |
Ausgangsspannung | 3 mVolt | 0,5 mVolt | 0,5 mVolt |
empf. Abschluss: | 47 kOhm | >100 Ohm | >100 Ohm |
Nadelschliff | elliptisch | elliptisch | elliptisch |
empf. Auflagekraft | 2,0 Gramm | 2,0 Gramm | 2,0 Gramm |
Preis | 549 Euro | 599 Euro | 999 Euro |
Sicher gibt es Sonderfälle. Im High-End-Bereich etwa Röhren-Preamps mit wunderbaren, handgelöteten MM-Eingängen, die man so liebgewonnen hat, dass man eher auf MCs verzichtet, als da mit irgendwelchen Halbleiterkästchen beizugehen. Oder teure MC-Übertrager, die mit exakt passenden Moving Coils – und nur mit diesen – so göttlich und nebenbei komplett rauschfrei tönen, dass man gezielt nur noch Systeme mit genau den geforderten Daten hinsichtlich Innenwiderstand und Ausgangsspannug in Erwägung zieht. Oft ist es aber eher so, dass man besser fährt, wenn man einfach Prinzip übergreifend nach dem besten System für den eigenen Spieler und den eigenen Hörgeschmack sucht.
Sumiko Blue Point No. 3 Low, 599 Euro
Dieser Hörgeschmack ist notorisch unberechenbar. Wenn drei Audiophile über HiFi diskutieren, hat man normalerweise mindestens vier gegensätzliche Meinungen zu jedem Gerät. Das Sumiko Blue Point sorgte bei seinem ersten Auftauchen im Jahr 1991 für seltenen, nahezu einstimmigen Konsens: Fast jeder mochte es und hatte in den folgenden Jahren auch mal eines in seinem Spieler montiert. Als High Output MC war es damals ein Exot – eines der ersten seiner Art, zumindest in relevanten Stückzahlen und zu erreichbaren Preisen. Und wir liebten es, weil es zu einer Zeit, als Digitalmedien mehrheitlich noch nicht so elegant klangen wie heute, warm und voll und organisch musizierte. Ein analoges Glaubensbekenntnis, kaum teurer als ein gehobenes MM, viel billiger als die meisten MCs und mit besagtem Vorzug, keinen MC-Eingang zu benötigen.
Das Blue Point war keineswegs perfekt. Seine Abtastfähigkeit war den gehobenen MMs dieser Zeit unterlegen, die zu vergleichbarem Preis mitunter schon – etwa bei Audio-Technica – mit Delikatessen wie Bor- oder Beryllium-Nadelträgern und verzerrungsarmen MicroLinear-Diamanten aufwarten konnten. Haupt-Schwachpunkt am Blue Point war aber die Mechanik. Sumiko konnte nicht nein sagen, als der japanische Fertigungsbetrieb einen großen Posten blauer T4P-Gehäuse zum Spottpreis anbot, die irgendwie „übrig“ waren. Also baute man den feinen MC-Generator – ähnlich wie einst den Ferrari-V6 des Fiat Dino – in eine eher windige Karosserie mit P-Mount-Befestigung. Und machte diese dann per Adapter kompatibel zu normalen Halbzoll-Headshells, was ihr den letzten Rest an mechanischer Würde raubte. Das ermöglichte den überaus interessanten Preis bei Markteinführung – der in den USA nochmals deutlich unter der hier aufgerufenen Summe lag.
Der günstige Einstandspreis beflügelte Bastler, ihren Sumikos mit Flex, Dremel und Kneifzange auf die Pelle zu rücken. Um schon bald festzustellen, dass das Blue Point noch viel besser klingen konnte, wenn man es aus seiner klapprigen Plastikrüstung befreite. Zumindest solange das System diesen Eingriff überlebte. Sumiko reagierte zügig mit den Blue-Point-Special-Modellen, die bereits ab Werk ihre edlen Teile unverhüllt über die Platte baumeln ließen und auch gleich mit einer stabilen Montageplatte aus dem Zedernholzschächtelchen kamen. Die beiden MC-Modelle in dieser Geschichte – das Blue Point No.3 Low und das Songbird Low – sind entfernte, in vielerlei Hinsicht gereifte und perfektionierte Nachkommen dieser frühen Entwicklungen. Das Blue Point No.3 geht in zwei Generationswechseln und vielen Zwischenschritten aus dem Blauen Wunder der frühen 1990er hervor. Das Songbird ist damit eng verwandt, zählt in der Sumiko-Hierarchie aber bereits zu den Modellen der „Reference“-Serie mit engeren Toleranzen und noch stabilerer Mechanik.
Mit einem Blue Point Low zum Beispiel kommen auch Preis-Leistungs-sensitive Preamps wie der Musical Fidelity V90 LPS, der Cambridge Duo oder die Pro-Ject PhonoBox DS2 spielend zurecht, ohne dass Rauschen auch nur ansatzweise ein Thema wäre. Die Ausgangsspannung, gemessen bei einer Aussteuerung von 5cm/s, beträgt ein glattes halbes Millivolt und somit ein Fünftel dessen, was die High-Output-Version zur Verfügung stellt. Der Spannungsverzicht per se bringt natürlich keinen Vorteil. Wohl aber die entsprechend kleineren Spulen, die dafür verantwortlich sind. Deren Drahtlänge kann man direkt am DC-Widerstand ablesen – vorausgesetzt, Material und Drahtstärke bleiben wie in diesem Fall unverändert: 28Ω versus 135Ω gibt Sumiko an. Auf die Low-Spulen hat der japanische Fertigungsbetrieb also 80% weniger Kupfer gewickelt als auf die des High. Das bringt direkte Gewichtsvorteile, hinzu gesellen sich indirekte Effekte durch den niedrigeren Innenwiderstand der Spulen, die erst im Zusammenspiel mit der Phono-Vorstufe zum Tragen kommen.
In Bewegung bringt die Spule ein hohler Aluminiumträger, an dessen vorderem Ende der Abtastdiamant eingepresst ist. Es ist ein elliptisch geschliffener und metallgefasster Stein, also weder die leichteste noch die schlifftechnisch fortschrittlichste Ausstattung an dieser Stelle. Ein Blick ins preisliche Umfeld liefert zumindest auf dem Papier verlockendere Alternativen: Ortofon verbaut im preisgleichen Quintet Blue einen nackten elliptischen Diamanten, Audio-Technica im OC9XML den langlebigen, abtastfreudigen MicroLine-Stein, und Goldring schickt das Eroica LX gar mit einem Gyger-II-Schliff ins Rennen. Das Blue Point No.3 ist aus heutiger Sicht betont konservativ bestückt und verliert Kunden, die nach technischen Spezifikationen einkaufen, nahezu automatisch an die Konkurrenz. Zum Glück kaufen viele Analogfans aber nach Klang. Sonst gäbe es auch längst kein DL-103 mehr, und Kultsysteme wie das Ortofon SPU wären bereits Museumsstücke.
Dass die Sumiko-Entwickler ihr konservatives, aber erfolgreiches und beliebtes Rezept weitgehend beibehalten, ist verständlich. Auch wenn wir dem Argument, der elliptische Schliff sei inhärent besonders musikalisch und verzeihe Justagefehler deutlich großzügiger als moderne Line-Contact-Schliffe, nicht ganz folgen wollen. Jedenfalls haben die Entwickler in den USA und Japan aber dafür gesorgt, dass der MC-Generator im neuen Blue Point noch ungestörter seiner Arbeit nachgehen kann. Schon im direkten Vorgänger No.2 aus dem Jahr 2001 war das Wackelgehäuse einem soliden Kunststoffanzug gewichen, mit Halbzoll-Befestigungsohren und schön geraden Kanten, die die Montage erleichterten. Seitdem waren die Entwickler nicht untätig: Das No.3 resultiert aus umfangreichen Testreihen, um den verbleibenden Klangeinfluss des Kunststoffgehäuses auf den vibrierenden Generator zu reduzieren. Denn der neigt mit entsprechenden Resonanzflächen stark dazu, seine eigene Musik zu machen, durch Hohlräume und mitschwingendes Material, wie eine Wespe in einem leeren Joghurtbecher.
Die neue Form wirkt runder und weicher und schmiegt sich enger an das Innenleben, soll sich damit klanglich bedeutend neutraler verhalten. Zudem sind die seitlich offenen Befestigungsohren zeitgemäßen Gewindeeinsätzen gewichen. So lässt sich das Blue Point auch von Menschen mit nur zwei Händen sicher im Headshell montieren. Wobei „sicher“ hier nie wirklich „bombenfest“ bedeutet: Die Gewindebuchsen zeigen, wie schon bei anderen Systemen ähnlicher Machart, eine penetrante Neigung, sich im umgebenden Plastik einfach mitzudrehen, sobald man es mit dem Anzugsdrehmoment etwas zu gut meint.
Montiert habe ich das No.3 in einem Linn Ekos, der in meinem treuen LP12 Dienst tut. Praktischerweise hat der Ekos einen Zwillingsbruder mit nahezu fortlaufender Seriennummer, dem ich ein neuwertiges No.2 aus dem Fundus einbaute. So lassen sich Alt und Neu mit nur einer Minute Umbaupause vergleichen – und ich bin froh, das getan zu haben. Denn das No.3 klingt nicht einfach wie eine Fortführung der gewohnten Blue-Point-Klangästhetik. Das System wirkt tonal deutlich präsenter, dynamisch vitaler und generell detailfreudiger als sein Vorgänger. Da mischen sich jetzt allerdings zwei Einflüsse: Die Feinarbeit am Gehäuse bringt verringerte Maskierungseffekte und damit bessere Neutralität und Durchhörbarkeit. Diese Vorteile dürften nicht nur das Blue Point No.3 Low betreffen, sondern sich auch in der High-Version bemerkbar machen. Low-spezifisch ist dagegen die größere Dynamik, die typisch für „echte“, also leise MCs ist.
Ist das No.2 damit quasi über Nacht deklassiert? Keineswegs. Es hat diesen wunderbar vollen, respektvoll distanzierten Ton, im Bass kräftig und weich, in den Mitten dezent und obenrum mit sahnig-feinen Reflexen, der zwar erkennbar nicht neutral ist, dafür aber umso genussförderlicher. „Mirepoix And Smoke“ von Ben Weaver zum Beispiel höre ich mindestens genauso gern mit dem No.2. Die spärliche Instrumentierung – praktisch nur aus Gitarre und Banjo sowie Spuren von Percussion und Bass bestehend – erhält hier einen stabilen Größenmaßstab in der umgebenden Studioakustik, die ihrerseits eine feierlich-intime Atmosphäre beiträgt. Das neue Dreier zoomt mehr auf die Instrumente und Stimmen, blendet dafür aber einen Teil des Raumgefühls aus, lässt den Raum offener, aber auch unverbindlicher wirken. Und obwohl die beiden Systeme exakt gleich spezifizierte Nadeln haben, wirkt dieser elliptische Stein im No.2 einen Hauch vornehmer, während er im No.3 Low zwar schnell-dynamisch, aber auch manchmal etwas kantig klingt.
Die Ben-Weaver-LP gibt darüber schnell Aufschluss, auch weil sie selbst nicht übertrieben samtig, sondern eher dokumentarisch-direkt aufgenommen ist. Und weil sie – mit nur 1000 Stück Auflage – bei United Record Pressing gepresst wurde. Einem US-Riesenpresswerk also, das zwar durchaus gut klingende, selten jedoch wirklich geräuscharme LPs hinbekommt. Auch bei Ben Weaver knackt und raschelt es im Hintergrund. Mit dem No.2 allerdings etwas weniger, mit dem No.3 dagegen etwas mehr: Elliptische Nadeln sind generell nicht besonders gut im Ausblenden von Nebengeräuschen. Der verlustärmere Aufbau des neuen Systems gibt diese Info nur etwas deutlicher weiter.
Wer den leicht romantisierenden Klang des alten Blue Point sucht, findet ihn im No.3 Low in modernisierter Form: Der plastische, ausdrucksstarke Mittelton ist voll da, obenrum gibt’s klar mehr Tempo, wie man das von echten MCs kennt. Und im Bass ist jetzt mehr Struktur. Musikalisch passt das wunderbar zusammen, und das No.3 ist damit absolut konkurrenzfähig – wie auch ein Vergleich mit dem Excalibur Blue zeigte. Das entstammt dem gleichen Fertigungsbetrieb, kostet 100 Euro weniger als das Sumiko und ähnelt diesem im Aufbau stark. Es spielt aber nicht ganz so lebendig und unmittelbar wie das Blue Point – woran man auch erahnen kann, dass beide Firmen ganz ähnlich kalkulieren müssen und hier auch keine großen, ungenutzten Sparpotenziale mehr schlummern.
| Ein audiophiler Klassiker – endlich auch als echtes MC |
| Edler Ton, aber lebendiger und griffiger als der Vorgänger |
| Leicht zu montieren, harmoniert mit vielen Tonarmen |
| Gewindebuchsen sind praktisch, erlauben aber nur behutsames Anziehen |
Sumiko Wellfleet, 549€
Wer jetzt ein No.2 hat und dieses bald durch ein möglichst ähnlich abgstimmtes System ersetzen will, findet dieses möglicherweise eher im Wellfleet. Das kostet sogar geringfügig weniger als das neue Blue Point, weist als Magnetsystem aber eine andere Kostenstruktur auf. Wegen der großen, ortsfesten Spulen und dem separaten Nadeleinschub ist sein Aufbau nicht so zeitraubend und somit billiger. Das ersparte Budget steckt sich Sumiko nicht in die Taschen, sondern leistet sich davon einen deutlich edleren Diamanten, der nun aus einem nackten Kristallstäbchen herausgeschliffen und direkt mit dem Alu-Nadelträger verpresst wird. Das spart zunächst mal Gewicht – und zwar da, wo es am meisten zählt: direkt am Kontaktpunkt zwischen Nadel und Rille, wo die größten Beschleunigungen auftreten. Die Geometrie ist auch hier elliptisch und auf dem Papier identisch: 8µm seitliche Verrundung, 18µm vorne. Die nackten Nadeln bestehen aber aus besserem Rohmaterial und werden erfahrungsgemäß auch noch sorgfältiger poliert, was wiederum dem Klang zugutekommt.
Den schwarzen Kunststoffkorpus teilt das Wellfleet mit seinen preiswerteren Geschwistern, die sich folglich auch durch Nadeltausch jederzeit in ein Wellfleet verwandeln können. Umgekehrt kann man den Wellfleet-Body auch mit der preiswerten Nadel des Rainier betreiben, etwa wenn das Geld mal knapp oder eine Party analog zu beschallen ist. Sogar eine spezialisierte Schellacknadel gibt es, die RS78 mit archaischen 80µm Verrundung für die alten, weiten Monorillen, die mit rund 180 Euro allerdings eher entschlossene Schellack-Spezialisten mit entsprechenden Sammlungen anspricht.
Das Wellfleet gefiel uns im Hörtest zum Beispiel in einem neuen Rega Planar 2 herausragend gut. Es hat den leicht fülligen Bass, den wir vom alten Blue Point mochten, und einen wunderbar seidigen Hochton, ohne damit jedoch die hohe inhärente Dynamik des Rega-Arms irgendwie zu kaschieren. Das Sumiko spielt auf dem Rega also musikalisch und elegant, überrascht zugleich aber immer wieder mit blitzschnellen Impulsen. Eine feine Mischung, die den preiswerten Spieler richtig groß und teuer klingen lässt und die grenzwertig hohe Investition – das System würde hier so viel wie das komplette restliche Laufwerk kosten – absolut stimmig erscheinen lässt. Mit neuen Regas passt übrigens auch die Bauhöhe des Wellfleet perfekt: Dessen standardmäßige 18 Millimeter ergeben ohne Distanzstücke oder sonstige Tricks direkt einen sauber parallellaufenden Arm.
Rein abtasttechnisch ist das Wellfleet auch dem Blue Point No.3 überlegen: Der nackte Diamant verzerrt einfach noch weniger, macht geschmeidigere S-Laute und trennt komplexe Klangstrukturen noch sauberer auf. Zumindest Rock- und Jazzhörer werden aber die animierende Direktheit und Schnelligkeit des MC-Systems als noch erstrebenswerteres Gut empfinden – zumal das Blue Point No.3 ja keineswegs unsauber arbeitet. Und dann spielen natürlich auch Tonarm und Laufwerk eine Rolle in der Abwägung: Im Technics SL-1210GR und im Well Tempered Simplex fanden wir das Blue Point einfach spannender, die Rega-Laufwerke schienen das Wellfleet zu bevorzugen.
| Klanglich sehr offen, hohe Abtastfähigkeit |
| Einfache Montage und Justage |
| Harmoniert wunderbar mit Armen von SME oder REGA |
| Gewindebuchsen sind praktisch, erlauben aber nur behutsames Anziehen |
Sumiko Songbird, 999 Euro
Spannend dann der Wechsel zum deutlich teureren Songbird Low, den wir sowohl im Linn als auch im Well Tempered durchspielten. Die Überlegenheit ist hier, wie da so offensichtlich, dass man irritiert im Datenblatt nach irgendeinem technischen Killerfeature sucht, dass den Unterschied erklären könnte. Aber da ist nicht viel: Spulenwiderstand, Ausgangsspannung, Nadelnachgiebigkeit sind deckungsgleich und legen die Verwendung eines nahezu identischen Generators nah.
Auch im Songbird finden wir den gefassten elliptischen Diamanten, also keine exotische Edelnadel, sondern fast schon Brot und Butter. Und dennoch spielt das System obenrum viel offener, feiner und ungebremster, hinterlässt weniger Eigenklang in der Musik und meistert problematische „Elchtest“-Platten mit unverhoffter Nonchalance. Die Verwandtschaft hört man dennoch heraus: Das Songbird singt nicht mit piepsigem Sopran, sondern wie sein Verwandter eher mit ausdrucksstarkem, voluminösem Alt, lässt Drums und Gitarrenverstärker fest auf der Bühne stehen, erdet den Klang in einem plausibel und fest ausgeformten Grund- und Mittelton. Die duftigen Höhen kann man also ganz ungetrübt genießen, ohne bei der nächsten, etwas dünneren, Platte seine Entscheidung gleich wieder zu bereuen. Manchmal, aber wirklich nur manchmal, lässt der Bonded-Diamant seine einfache Abstammung mit einem etwas stumpfen S-Laut oder Hi-Hat durchschimmern. Die meiste Zeit klingt er aber wie eine ganz andere Nadel. Das kann verschiedene Gründe haben: Erstens, ganz banal, das fehlende Gehäuse. Der Songbird-Generator sitzt in einer gefrästen Alu-Montageplatte, die den gesamten Aufbau mit Magnet, vorderer und hinterer Polplatte, Dämpfergummi, Spanndraht und Nadelträger freilässt. Dass bedeutet minimalen Schutz vor Grabbelfingern und vagabundierendem Werkzeug, aber auch geringstmögliche Verfärbungen durch mitschwingendes oder reflektierendes Plastik.
Zweitens ist die Nadel – als Ganzes betrachtet – eben doch nicht identisch: Schon beim Auspacken fällt uns auf, dass der Aluträger am Songbird eine etwas dunklere, eher mattgraue Färbung aufweist. Das lässt auf eine zusätzliche Wärmebehandlung des Leichtmetalls schließen, die dessen Festigkeit erhöht. Da der Nadelträger zum Klang eines Systems erfahrungsgemäß genauso viel beiträgt wie der eigentliche Diamant, dürfte die zusätzliche Auflösung und Sauberkeit auch hier entspringen. Und dann kommt drittens hinzu, dass es sich beim Songbird um ein teureres System handelt, dem in der Fertigung schlicht mehr Zeit gewidmet wird. Die Minuten oder Stunden, die ein Hersteller pro Exemplar einplant, um jedes System haargenau auf den Punkt einzustellen, stehen in keinem Prospekt, sind aber ein großer Faktor in der Kalkulation eines MCs und entscheiden über die Qualität des fertigen Produkts.
Der Einbau des Songbird ist ein Vergnügen: Der Nadelschutz sitzt sicher und schützt alle empfindlichen Teile während des Auspackens und der Montage. Die vergoldeten Anschlusspins sind leicht angespitzt, was das Aufstecken der Tonarmdrähte extrem erleichtert. Dass sich dadurch die effektive Kontaktfläche etwas verkürzt, hat bei meinen Spielern keine Nachteile bewirkt. Je nach verwendeten Steckerchen kann es in anderen Fällen sinnvoll sein, die – nur lose aufgeschobenen – Farbringe von den Pins abzuziehen, womit man nochmal einen knappen Millimeter gewinnt. Für mechanischen Kontakt zum Arm sorgt die plan gefräste, eloxierte Oberseite des Alu-Chassis, die sich an hochwertige Headshells regelrecht ansaugt und dank direkt eingeschnittener Gewinde absolut präzise verschieb- und fixierbar ist. Wie bei allen „nackten“ Systemen erleichtert der freie Blick auf die Nadel die Justage, sofern man dafür eine Schablone nutzt. Dann gilt es nur noch, MC-Verstärkung und einen passenden Abschlusswiderstand einzustellen: 100Ω, der Fixwert an vielen preiswerten MC-Preamps, funktioniert bereits gut. 200 bis 400Ω bringen – da, wo der Wert einstellbar ist – noch etwas mehr Transparenz.
Fazit Sumiko Songbird Low, Blue Point No. 3 Low, Wellfleet
Mit den neuen Oyster-Modellen Wellfleet und Blue Point No.3 komplettiert Sumiko eine Baureihe, die an verlockenden Tonabnehmern nicht arm ist. Das Wellfleet zeigt dabei, wie makellos und breitbandig MM-Technik auch anspruchsvolle Platten abtasten kann. Und wie dabei dennoch die freundliche, entspannte MM-Klangsignatur gewahrt wird. Etwas weniger gutmütig, dafür vor allem räumlich und dynamisch überlegen, setzen die beiden MCs Songbird und Blue Point No.3 Low auf klassische Stärken ihres Bauprinzips. Die Verwandtschaft zum gemeinsamen Vorfahren ist dabei zwar noch hörbar, aber nicht mehr komplett charakterprägend: Songbird wie Blue Point sind moderne Abtaster, mit einem Hauch Nostalgie.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Singt schön wie ein Blue Point, aber noch verfärbungsärmer und weiträumiger |
| Grandiose, weil ungemein energisch-trockene Bass-Performance |
| Sehr komfortabel zu montieren und justieren |
| Preisbezogen eher schlichter Nadelschliff |
Vertrieb:
ATR – Audio Trade
Wallufer Straße 2
65343 Eltville am Rhein
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Sumiko Wellfleet 549 Euro
Sumiko Wellfleet Austauschnadel: 425 Euro
Sumiko BluePoint No.3 Low: 599 Euro
Sumiko Songbird Low: 999 Euro
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