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LM597 Anzeige Spannung Stromversorgung
Der LM597 benötigt an seiner Feldspule sieben Volt. (Foto: R. Kraft)

Elektromagnet Hochtöner: Line Magnetics 597

Stromversorgung für zwei LM597
Die Stromversorgung für den Line Magnetics 597 eignet sich für zwei der Hochtöner (Foto: R. Kraft)

Hochton wie in alter Väter Sitte: In der Frühzeit der Lautsprecher-Entwicklung waren sogenannte fremd erregte dynamische Lautsprecher wie der Line Magnetics 597 der erste Schritt vor der Verwendung von Permanentmagneten als Antrieb.

Dazu wurde das  Prinzip des Elektromagneten genutzt: Eine Spule um ein Weicheisenstück, durch die Gleichstrom fließt, magnetisiert das Eisen, und damit entsteht ein sogenannter Elektromagnet. Verwendet man nun einen solchen Elektromagneten anstatt eines Permanentmagneten in einem dynamischen Treiber, bezeichnet man diesen als „fremd erregtes“ Chassis. Dabei wird die magnetische Feldstärke im Luftspalt der Schwingspule (auch) durch die Stärke des elektrischen Stroms durch die Magnetspule bestimmt. Bei elektrodynamischen Lautsprechern bezeichnet man diese Magnetspule als Erregerspule oder auch als Feldspule.

Prinzipiell bieten fremd erregte Treiber durchaus Vorteile, wie etwa höhere Magnetflußdichte und damit höheren Wirkungsgrad. Die Nachteile liegen aber auf der Hand: eine Feldspule plus Stromversorgung bedeutet teuren Extra-Aufwand.

Genau solche fremd erregten Treiber kommen nun langsam wieder in Mode, eine Mode übrigens, die fast 100 Jahre zurückreicht, nämlich bis ganz zum Anfang der Lautsprechertechnik. Es war der Hype um bestimmte Vintage-Lautsprecher (Western Electric, Klangfilm, Altec, um nur wenige zu nennen), der zu neuem Interesse an dem praktisch vergessenen Thema fremd erregter Lautsprecher und damit nicht nur zu Repliken hoch geschätzter antiker Chassis, sondern auch zu echten Neukonstruktionen führte. Wobei fremd erregte Lautsprecher tatsächlich noch bis weit in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein gefertigt wurden und beispielsweise in Millionen deutscher Radios zu finden waren.

Doch diese ganze Geschichte hat natürlich ihren Preis. Und der besteht, wie schon erwähnt, nicht nur aus dem Elektromagneten selbst. Auch dessen (Gleich-) Stromversorgung muss ja gewährleistet sein. In der Vergangenheit ersannen die damals eigentlich noch mehr als heute unter Kostengesichtspunkten arbeitenden Entwickler deshalb eine ganze Reihe von Versorgungen (die Amerikaner sagen Field Coil Power Supply dazu), die sich auch nach dem Einsatzgebiet richteten, weshalb für die Stromversorgung der Magnete elektrodynamischer Chassis keine regelrechte Normung entstand.

Line Magnetics 597 mit fremd erregten Feldspulen: Hoch- oder Niedrigspannung

So finden wir Treiber, deren Feldspulen bei geringer Stromstärke mit Hochspannung im Bereich von 100 bis vielleicht 400 Volt arbeiten; man dachte folgerichtig, dass in den Röhrenverstärkern ja ohnehin Anodenspannungs-Netzteile sitzen, von denen man quasi eine Stromversorgung für den oder die Treiber abzweigen konnte.

Höchst effektiv – und wie ich finde, wirklich beeindruckend – war auch die Idee, die damals quasi als Netzteil-Standard immer vorhandene Siebspule im Röhrenverstärker- und insbesondere Radio-Netzteil auch gleich als Feldspule zu betreiben, der klassische Fall einer höchst effizienten elektronischen Doppelnutzung, die dem sparsamen 30er-Jahre-Ingenieur ein breites Lächeln ins Gesicht zauberte.

Zumal sich eine gewisse Restwelligkeit der Gleichspannung nicht so hörbar auswirkte, dass es wirklich von Nachteil gewesen wäre. Für höhere Ansprüche, sehr leistungsfähige Chassis oder ganze Lautsprecher-Batterien entstanden natürlich auch komplette, teils sehr aufwändige Extra-Stromversorgungen; beispielsweise in den USA für die berühmten Western-Electric-Kinos mit ihren komplett fremd erregten Treibern, in denen man ja eine ganze Reihe von Feldspulen gleichzeitig zu versorgen hatte. Eine ähnliche Technik fand sich damals auch in der alten deutschen Profi- Beschallung.

Das klassische Beispiel für ein heutzutage sehr gesuchtes fremd erregtes Chassis ist der Western-Horntreiber 555, der im Original eine absolute Rarität darstellt, nun für Unsummen gehandelt und durch einen wunderbaren chinesischen Nachbau von Line Magnetics weiter geadelt wird (Vertrieb: www.auditorium23.de).

Auch die Line Magnetics-Replika des Western-Hochtöners 597 zählt zu jenen Uralt-Konstruktionen, die zwar im Hinblick auf schlichte Daten wie Bandbreite oder Linearität überholt sind, aber, um es einmal zu untertreiben, verblüffende Ergebnisse zu Gehör bringen können und deshalb völlig zu Recht Kultstatus besitzen. Mit sieben Volt Gleichspannung und einem guten Ampère Strom zählt die Feldspule des Line Magnetics 597 sogar noch zu den anspruchslosen Antrieben, was man freilich damals, als das Chassis erschien, so nicht behaupten konnte.

Nachbau des WE597: Line Magnetics 597
Der Line Magnetics 597 ist eine Replik des WE597 (Foto: R. Kraft)

In den Anfängen der Elektrotechnik war es nämlich weit mühsamer als heute, aus einem Wechselspannungs-Versorgungsnetz kräftigen Gleichstrom bei geringer elektrischer Spannung zu erzeugen. Von unseren modernen (Silizium-) Gleichrichter-Dioden konnten die damaligen Entwickler nicht einmal träumen, große Siebkapazitäten (Kondensatoren) waren ebenfalls ein teures Problem.

Man war zunächst auf Röhren-Dioden angewiesen; tatsächlich wurden dazu einfach die ersten größeren (Verstärker-) Trioden benutzt, deren Gitter unbeschaltet blieb. Doch diese konnten nur wenig Strom bei relativ hohen Betriebsspannungen liefern. Und man stelle sich nur vor, höhere Spannungen über diverse Meter Baumwoll-isolierten, damit feuchteempfindlichen Kupferdraht zu transportieren (die Frühzeit der Elektrotechnik zeichnete sich nicht nur durch rasend schnelle Entwicklung, sondern auch durch zahlreiche Strom-Unfälle aus).

Doch zurück zu den Gleichrichtern, die auch in Form von gasgefüllten Röhren oder sogar mithilfe elektrolytischer Flüssigkeiten gebaut wurden. Zwischendurch existierten auch zahlreiche experimentelle Varianten, die teils schnell wieder in der Versenkung verschwanden. Recht früh wurde sogar schon mit halbleitenden Materialien herumexperimentiert, doch deren Funktion konnte damals noch nicht vollständig wissenschaftlich ergründet werden.

Line Magnetics 597: Quecksilberdampf oder Selen?

Eine sehr erfolgreiche Entwicklung war dagegen der 1902 patentierte Quecksilberdampfgleichrichter, der dem Verstärker-Afficionado heute noch in Form von intensiv blau leuchtenden Gleichrichterröhren in Röhrenverstärkern (Beispiel: 866A) eine wahre Freude ist; solche Gleichrichter wurden für spezielle Zwecke tatsächlich bis in die 1970er Jahre hinein verwendet und bei hohem Strombedarf zu beeindruckender Größe getrieben.

Erst Jahrzehnte nach der Erfindung des „Queckies“ (wie Röhrenfreaks die Dinger nennen) begann der Siegeszug der Halbleiter-Gleichrichter in Gestalt von Selen- und Kupferoxydul-Gleichrichtern, die damals noch unter dem Oberbegriff „Trockengleichrichter“ liefen.

Übrigens kommt die unter alten Elektrotechnikern geläufige Bezeichung „Gleich riecht er“ genau von diesen Trockengleichrichtern, die unter Überlast einen typischen, Merettich- oder auch Knoblauch-artigen Geruch entwickeln, bevor sie sich ins ewige RAM verabschieden. Heute sind Selen-Gleichrichter bis auf ganz wenige Anwendungen kein großes Thema mehr, aber womöglich – wie wir gleich sehen werden – für durchgeknallte HiFi-Bastler doch wieder interessant …

Es hat nämlich einen Grund, warum ich hier – wo es uns doch eigentlich um eine Stromversorgung für den Line Magnetics 597 oder andere „Fremderregte“ geht – so auf den Gleichrichtern herumreite. Sie sind nämlich klanglich durchaus relevant, wenn man den Spezialisten auf diesem Gebiet Glauben schenken will.

Sicherlich gibt es zu der an sich simplen Versorgung der Spule eines Elektromagneten mit einfacher Gleichspannung verschiedene Meinungen, einschließlich jener, dass es keine technischen Anhaltspunkte dafür gebe, warum so ein Treiber mit verschiedenartigen Stromversorgungen unterschiedlich klingen könnte.

Abgesehen von der Feldspannung, versteht sich, denn würde man diese regelbar machen, ändert sich ebenfalls die Stärke des Magnetfelds an der Schwingspule. Das ist de facto klanglich sehr wirksam und birgt etwa die Möglichkeit, die Effizienz des Treibers zurück zu fahren. Doch Eingeweihte schwören Stein und Bein, dass auch die Bauweise der Feldspulen-Versorgung gewaltig viel ausmachen würde!

Highend oder Do-it-Yourself?

Wie immer unter HiFi-Freaks ist man sich zwar schnell einig, dass einfach alles klangliche Auswirkungen haben muss, doch die jeweiligen Schlussfolgerungen unterscheiden sich – wie immer – stark. Die wohl beliebteste Methode ist uns allen hinlänglich bekannt, erspart anstrengende Überlegungen und lautet: Viel hilft viel.

Wer dieser Religion anhängt, würde sich mit dem entfernten Gedanken an sieben Volt und zwei Ampere (also zwei Treiber) einen Zehn-Kilo-Netztrafo besorgen, das Ungetüm mit daumendicken Hochleistungsdioden ergänzen, eine zwei Meter lange Bank mit riesigen Superspezial-Siebkondensatoren anschliessen, dazu dick vergoldete Polklemmen kaufen und das Machwerk schließlich mit goldgefassten Fräs-Buchstaben stolz „Field Coil Power Supply Colossus Alpha High Power Mk. II“ taufen!

Aber wir sind ja hier nicht bei den Highendern, sondern bei den Do-it-Yourselfern. Die wissen genau, dass man heutzutage sieben Volt bei zwei Ampere mithilfe eines streichholzschachtelkleinen, geregelten Schaltnetzteils erledigen kann, welches ungefähr 15 Euro kostet. Doch das wäre natürlich höchst profan und würde dem überlegenen Intellekt eines gut ausgerüsteten Selbermachers (der sich nach dem Ende der Zivilisation immer zu helfen weiss und deshalb überlebt) keinesfalls gerecht.

Unsere Do-it-Yourselfer teilen wir jetzt der Einfachheit halber einmal in zwei verschiedene Charaktäre ein: Entwickler A gelangt zu dem Schluss, dass nur die totale Kontrolle aller womöglich wirksamen Faktoren zu besserem Klang verhelfen könnte. Dann entwirft er ein Netzteil, das besagte sieben Volt mit einer Toleranz von 0,03 Prozent sklavisch einhält.

Dazu baut A eine ausgefuchste Serien- und Parallel-Regelung, die auf einer stickstoffgekühlten Referenz-Spannungsquelle basiert und allein zum Hochfahren fünf Minuten sowie 3.000 Zeilen Software benötigt. Bei dem folgenden dreiminütigen Hörtest beschließt A außerdem, dass mit seiner fremd erregten Installation nunmehr klanglich alles in Ordnung ist und dass es jetzt höchste Zeit wird, endlich das lang ersehnte Präzisions-Netzteil für die Plattenspieler-Halogenleuchte zu bauen.

Line Magnetics 597: Recherche

Entwickler B sieht die Dinge nicht ganz so komplex, ist sogar widerstrebend bereit, die Erfahrungen anderer Mitglieder seiner Spezies anzuerkennen und recherchiert zunächst ausführlich.

Dabei lernt er, dass seine Probleme andernorts schon mehrfach diskutiert, gelöst und wieder diskutiert wurden; außerdem erfährt er, dass die seltsamen Feldspulen bei Erwärmung natürlich ihren elektrischen Widerstand verändern und eine vernünftige Stromversorgung für seinen kapriziösen Line Magnetics 597 regelbar sein sollte. Von elektronisch aufwändig stabilisierten Spannungsversorgungen raten die Gurus aber ab, denn diese Technik scheint dem Klang nicht gerade zuträglich zu sein …

Außerdem wird deutlich, dass die antiken Treiber wohl mit Feldspulen-Netzteilen, wie sie anno dunnemal gebaut wurden, klanglich wohl am zufriedensten sind; schöne Vorschläge dazu offenbaren nicht nur mit Liebe zusammengeleimte Holzgehäuse, sondern auch die bevorzugte Verwendung von Queckies oder altertümlichen Selen-Gleichrichtern.

Dazu kommen die schon bekannten Ölpapier-Siebkapazitäten sowie riesige regelbare Draht-Widerstände plus (schon seltener) ein paar simple Schmelzsicherungen, um den oder die wertvollen Treiber zu schützen, falls die Erregerspannung zu hoch werden sollte.

B beschließt für sich, dass das alles gut und schön ist, dass jedoch in seiner Kondensatoren-Vorratskiste noch ein paar dicke Elkos herumlungern, die von einer vor Jahrzehnten umgebauten Hiraga-Class-A-Endstufe übrig blieben.

Und solche Schätze lässt ein mutiger Elektro-Samurai doch nicht liegen! Ausserdem haben dicke Elkos ja noch nie geschadet und – autsch, schon sind wir wieder bei den Highendern gelandet! Nichts wie weg!

Field Coil Power Supply KlarTon
Wie immer bei mir, ist die Stromversorgung für den Line Magnetics 597 „offen“ gebaut (Foto: R. Kraft)

Reboot & Reset

Nach einem gründlichen persönlichen Reset mithilfe eines im Hochspannungsbereich angesiedelten geistigen Getränks verpasst B (Sie ahnen, um wen es sich handelt), seiner Stromversorgung einen neuen Selen-Gleichrichter, einen dicken Ölpapier-Siebkondensator sowie eine fette Siebspule, fügt noch ein kräftiges Vorbelastungs-Lämpchen in den Stromkreis ein und dimensioniert den regelbaren, mit einer Montageplatte gekühlten Drahtwiderstand sowie seine Vorwiderstände auf 50 Watt Belastbarkeit.

Die beiden dicken alten Hiraga-Kondis kommen ebenfalls noch zum Einsatz (man weiß ja nie) und als Verbindungskabel zu den Feldspulen wird eine flexible Koax-Leitung benutzt.

Über einen Shunt wird dann noch ein riesiges, altes Rundinstrument auf einen neuen Messbereich eingestellt, um präzise die Erregerspannung auch vom Hörplatz aus ablesen zu können.

Zum Schluss landet das New-Old-Stock-Konstrukt wieder in einer meiner Holz- „Wände“, die diesmal grün gestrichen wird. Oha – die Farbe fiel etwas giftig aus, aber was soll’s.

Der fremd erregte Line Magnetics 597 scheint jedenfalls mit dieser Art von antiquiertem Strom-Futter höchst zufrieden zu sein und dankt es mit (für ein Horn!) ungewohnt seidigem Klang.

Ein halbes Volt weniger als die Nenn-Erregerspannung kommt bei dem Hochtöner mit seinen weit über 100 Dezibel Wirkungsgrad in der Kombination mit der Rondo von Auditorium 23 ebenfalls gut an. Und, wichtig, entsprechende Dimensionierung der Bauteile einmal vorausgesetzt, zeigt sich diese Feldspulen-Stromversorgung auch sehr spannungsstabil.

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