Von unseren Antipoden in Down Under, genauer gesagt in Neuseeland, kommen nur wenige, dafür aber fast durchgehend sehr edle HiFi-Komponenten. So auch von der kleinen, aber feinen Hightech-Schmiede mit dem passenden Namen Antipodes. Seit gut zehn Jahren stellen hier, auf der anderen Seite der Welt, passionierte Highender passionierte Musikserver her – und zwar mit einem unbedingt audiophilen Ansatz. So wird beispielsweise der Antipodes CX Music Server von einem kleinen, gut zwei Dutzend Leute umfassenden Ingenieursteam entwickelt und produziert. Man ist dabei durchaus elitär: Zutritt zu dem erlesenen Antipodes-Zirkel haben ausschließlich Ingenieure und Akademiker…
Auf den ersten Blick könnte man meinen, es handele sich um das gleiche technische Konzept wie beim kürzlich getesteten Silent Angel Rhein Z1: Ein kompakter, lautloser Roon-Server mit USB-Audio-Ausgang. Was aber erklärt dann die immense Preisdifferenz von 6.000 Euro? Das wird sich im Laufe dieses Tests zeigen.
Im Grunde handelt es sich beim Antipodes CX um den Kernbaustein einer ganzen Infrastruktur. Er ist der zentrale Punkt eines modularen Systems, das sich baukastenartig erweitern lässt. Es gibt als erste Erweiterung eine Gerätebasis namens P1 (890 Euro), die zum einen ein CD-Laufwerk zum Rippen der guten alten Silberlinge beinhaltet, zum anderen als vibrationshemmender Fuß gedacht ist. Eine zweite Gerätebasis namens P2 (1.790 Euro) dient ebenfalls als entkoppelnder Fuß und integriert eine Femto Clock zur Minderung von Jitter. Ebenfalls an Bord: eine Digitalaudio-Bridge, die USB-Audio auf AES/EBU (XLR), SPDIF auf Cinch sowie BNC umsetzt und I²S via konfigurierbarem HDMI-Stecker anbietet.
Zu guter Letzt gibt es einen Antipodes Music Server EX (5.000 Euro). Der kann autark wie der Bruder CX verwendet werden, aber ist primär als Renderer gedacht. Dazu wird er mittels ultrakurzer, separater und direkter Netzwerkleitung mit dem CX gekoppelt. Alle vier gestapelt sollen maximale audiophile Ergebnisse liefern. Doch konzentrieren wir uns in diesem Test auf den Kern, den Antipodes CX.
Die Hardware des Antipodes CX
Vorn auf dem Server gibt es nur eine große, runde Taste zum Starten; der CX bootet übrigens in rekordverdächtigem Tempo. Die Rückseite offenbart immerhin vier USB-3.0 Anschlüsse für externe Festplatten – oder eben ein CD-Laufwerk zum Rippen. Ungewöhnlich ist die Spezialisierung der zweiten Netzwerkbuchse, die eben nicht für die Hausvernetzung gedacht ist, sondern für das schon erwähnte Antipodes EX. WLAN, Bluetooth oder sonstige Funkverbindungen vermeiden die Neuseeländer zur Vermeidung von Hochfrequenz-Störungen schon aus Prinzip.
Und dieses Prinzip zieht sich durch die gesamte Konstruktion. Daher gibt es auch den USB-Audio-Ausgang mit und ohne Versorgungsspannung. Es wird dringend geraten, den Anschluss “ohne” zu verwenden, wenn der angeschlossene Wandler die Betriebsspannung nicht unbedingt erfordert.
Der Blick ins Innere erfordert zuerst einen feinen Innen-Sechskant und Feingefühl zum Lösen der gut ein Dutzend Maschinenschrauben. Alles wirkt sauber, passgenau und – ja genau: ingenieursmäßig. Das Gehäuse besteht aus komplexen, aus dem Vollen gefrästen Aluminiumplatten. Einzig offen im äußeren Gehäuse findet man das massive Netzteil. Separiert davon sind die Festplatten-Einschübe, deren dicke Grundplatte den Deckel des (inneren) zweiten Gehäuses bildet, in dem der eigentliche Computer des Servers steckt.
Als Kraftwerk dient ein imposanter R-Core-Transformator. Der zeigt ein kleineres magnetisches Streufeld als die gängigen Ringkerne und ist sogar nochmals mit einem Schirmblech umgeben.
Im zweiten inneren Gehäuse arbeitet der Computer des Servers mit einer fetten Intel i7 CPU – leistungsfähig genug, um damit eine Grafik-Workstation zu betreiben. Das genau ist aber das Konzept: Zur Vermeidung elektromagnetischer Interferenzen wird der Prozessor praktisch nur im Standgas zu betrieben. Hier passt der Vergleich zu einem klassischen Roll-Royce. Der hat traditionell einen 6¾ Liter V8-Motor, den man aber primär zum seidig Dahingleiten verwendet. Diese “Ruhe” durch schiere Überdimensionierung versuchen die Ingenieure von Antipodes auch mit ihrem Prozessor zu erreichen.
Daher verzichten sie auch auf eine aktive Kühlung und vertrauen auf klassische Heatpipes, die man als Kupferrohre erkennt. Deren Wärmetauscher sind mit ihren dezent ins Design integrierten Kühlrippen integraler Bestandteil des Gehäuses. Das ist alles schon gut durchdacht und ziemlich chic gelöst.
Allerdings: Die Kühlung ist für den Betrieb des CX als Musik Server ausgelegt. Wer den i7 Prozessor aus der Reserve lockt, etwa um das Analysieren einer größeren Musiksammlung durch den Roon Core zu beschleunigen, der gelangt in kürzester Zeit an die thermischen Grenzen des Systems und erleidet gegebenenfalls eine Kernschmelze.
Die Software
Die Bedienung erfolgt wie heute üblich über einen Webbrowser. Eine App gibt es nicht. Dienst tut hier, wie in den meisten Resourcen-schonenden Geräten, ein abgespecktes Linux aus hauseigener Programmierung. Die Bedienung ist, wie das gesamte Konzept, auf das absolut Notwendige konzentriert. Ab Werk kamen die Apps für Roon Server- und Player-Aufgaben, der CD-Import (Ripping) und die Statusanzeige der eingebauten SSD Festplatte und ein Backup-Programm dafür. Fertig.
Ein kleiner App-Store erlaubt es, den Funktionsumfang zu erweitern oder zu modifizieren. Antipodes ist dabei keineswegs auf Roon beschränkt. Per App beherrscht der CX auch Squeezelite, HQPlayer, Minimserver, BubbleUPnP, Shairport, Spotify Connect, SONOS, Plex Media und kann einen auf Upsampling spezialisierten MPD Renderer verwenden.
Im ersten Moment ungewöhnlich ist die dringende Empfehlung für Roon-User, bei Musik von einem Netzwerklaufwerk (Network Attached Storage – NAS) die Adresse des Datenservers nicht via Roon zu regeln, wie das gemeinhin gängig ist. Dafür haben die Neuseeländer extra eine Laufwerksanmeldung ins Betriebssystem integriert, in der man dann quasi global für den CX die Datenquelle anmeldet.
Das genau ist bei mir der Fall, denn die hauseigene Synology NAS dient als zentraler Datensafe mit mehrfacher Ausfall-Sicherung. Die über Jahre gesammelte digitale Musik wäre nur sehr schwer und ziemlich teuer zu ersetzen. Ich kann auch jedem nur dringend empfehlen, mindestens eine komplette Festplatte als Redundanz in einem Raid-Level-1/5/6-System zu konfigurieren – plus einer guten Backup-Strategie auf einem separaten Laufwerk. Und eine unterbrechungsfreie Stromversorgung sollte der HiFi-Haushalt ebenfalls aufweisen, um das kulturelle Gut von Musik bis hin zu unwiederbringlichen Familienfotos sicher aufgehoben zu wissen.
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