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Musik im Netz Vol.5 hat es in sich: Vor allem das Konzert der Jazzpianistin Shuteen Erdenebaatar im Studio 2 des BR ist bildlich und klanglich überragend...

Musik im Netz Vol. 5: Joe Jackson, Shuteen Erdenebaatar, CATQ

Die Covid-Pandemie hat viel bewegt: Auf einmal konnten sich Künstler nur noch im kleinen Umfeld darstellen und nutzten dafür mehr und mehr das World Wide Web als Plattform. Heute hat Covid-19 seinen Schrecken weitgehend verloren, aber das Web als Plattform blieb. LowBeats präsentiert deshalb jetzt regelmäßig neben audiophilen und künstlerisch wertvollen Musik-Tipps auf CD oder LP auch spannende, vielfältige Musikthemen, die online auf Musikfreunde warten. Das verspricht gleich mehrfaches Musikvergnügen – wie etliche Vorgänger-Geschichten zu Musik im Netz zeigten: Denn diese Highlights gibt’s so meistens nicht auf Tonträger, sondern in dieser Form nur im Netz, es ist fast immer ein Video hinterlegt und das Ganze ist auch noch gratis…

Selbstredend lassen sich die Online-Quellen nicht mit HighEnd-HiRes-Maßstäben messen. Aber: Streaming-/Netzwerk-Player, Streaming-fähige „smarte“ Lautsprecher wie die von Canton, Inklang und KEF oder clevere DAC-Tools in USB-Sticks für unterwegs werten die Musik aus dem Internet kräftig auf.

Unser Anspruch ist damit klar: Die Faszination von vielfältigen Musikthemen im Netz Musik- und HiFi-Freunden näher zu bringen. Darunter gibt’s Videoclips, Live-Sessions bei verschiedenen Gastgebern, Konzerte, Interviews oder Streaming-Tipps. Als Extra kommen noch Links zum aktuellen Album oder zu Archiv-Highlights dazu.

Natürlich bewerten wir diese Angebote mit dem VU-Meter von LowBeats. Bei jedem Tipp vergeben wir folgende Bewertungen: Musik/Bild/Klang/Fit für die Festplatte (im Sinne des Repertoirewerts) sowie eine Gesamtwertung. Also: Ab ins Netz!

Unsere Funde zur Musik im Netz Vol.5

♦ Christine and the Queens mit einer fantastischen Choreografie: Der/die französische nichtbinäre KünstlerIn bringt Elektro-Pop-TripHop-R&B-Dance-Cocktail in eine uralte normannische Kirche bei Nacht.

♦ Feincremiger Piano-Jazz von der jungen Jazzpianistin und Komponistin Shuteen Erdenebaatar, abendfüllend live im Funkhaus des Bayerischen Rundfunks in München in der Reihe „BR-Klassik“ eingefangen. Das Debütalbum der 25-Jährigen ist seit kurzem erhältlich.

♦ Joe Jackson im Live-Rausch – vor 40 Jahren im „Rockpalast“: Der britische Singer-Songwriter durchwirbelte damals die Grugahalle in Essen mit seinen famosen Crossover-Rhythmen. Zudem gibt’s in Bälde ein neues Album.

Starten wir in der Normandie im elften Jahrhundert: Vor rund zehn Jahren startete der Bretone Héloïse Letissier als Dance-affiner Singer-Songwriter durch – der Name Christine and the Queens steht dabei für seine queere, nichtbinäre Geschlechteridendität.

Gleich das Debüt „Chaleur Humaine“ lockte damals mit präzisen, künstlerisch ästhetisch-musikalisch umgesetzten Themen im Spannungsfeld zwischen Liebe, Angst, Reflexionen und Träumen. Als Botenstoff dient eine charmante Liaison zwischen Indie-Elektropop, TripHop und Dance-Performance. Diese Leidenschaft teilen Christine and the Queens auch mit KollegInnen wie Caroline Polacheck – siehe Online-Tipp Vol.4:

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Und genau die zaubert Christine and the Queens in die uralten Gemäuer der ehrwürdigen Kirche Saint-Pierre de Thaon in der Normandie – und verzaubert mit hin- und mitreißenden Choreografien, Vokaleinlagen, packenden Rhythmen und einer außergewöhnlich, teils mystischen bis sakralen Optik. Bild und Ton sind für YouTube–Verhältnisse erstaunlich gut…

Bewertung

Shuteen Erdenebaatar „Live@ Funkhaus des BR“

Von Ulan Bator in der Mongolei ins bayerische München: Kein Clash of cultures, sondern eine fruchtbare Folge des ungewöhnlichen Talents der Pianistin und Komponistin Shuteen Erdenebaatar. Ihre Liebe zur Musik entflammte ein Projekt des Goethe Instituts in ihrer Heimat, das „Goethe Musiklabor Ulan Bator“. 2014 kamen dazu einige internationale Jazz-Promis für Workshops und durch den Münchner Bassisten Martin Zenker etablierte sich zwei Jahre später der Studiengang Jazz am mongolischen Staatskonservatorium – der Beginn von Shuteens Musikkarriere. Für die junge, talentierte Frau öffneten sich durch die Improvisationsmöglichkeiten des Genres ungeahnte Möglichkeiten des Ausdrucks.

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Und das hört man. Die Liveaufnahme aus dem Studio 2 des BR inszeniert die Pianistin mit ihrem Hardbop-Quintett als feingliedrig-lyrischen Musikflow zwischen Bläsern, Bass, Schlagzeug und Klavier.
Bastien Rieser (Trompete, Flügelhorn), Maxim Frischmann (Saxofon), Nils Kugelmann (Bass) und Sebastian Wolfgruber (Schlagzeug) formen schillernde Harmoniefolgen, pastellig schattiert von Shuteens pointiertem Pianospiel. Aufnahmetechnisch: typisch Öffentlich-Rechtlich klasse. Sehr feiner, transparenter Ton, tolles Bild. Auch hier gilt: Für YouTube schon außergewöhnlich gut…

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Joe Jackson „Live im Rockpalast 1983“

Gleich vorneweg: Dieser Tipp stellt die künstlerische Qualität und den historischen Event in den Vordergrund. Der Klang geht mit noch recht guter Auflösung und Raumempfinden in Ordnung, das Bild ist weniger optisch ansprechend. Dennoch funkt’s so richtig bei der hitzigen Performance des damals jungen britischen Pop-Aufwieglers: Fantastisch wie Joe Jackson sein früheres Studium der Komposition an der Royal Academy Of Music in London im kreativen Stil-Reigen mit scheinbar harmlosem Bubigesicht live wachküsst.

Vor seiner Solokarriere spielte David Ian Jackson in der Band Edward Bear, mit Zweitnamen Arms and Legs. Er langte auch beim Tanztee in kleinen Cafés und Schuppen in die Tasten. Dann, nach Wave-Album-Krachern wie „Look Sharp!“ bewies er ein außergewöhnliches Händchen für einen erfrischenden Mix aus Pop-Latin-Rock-Jazz-Elementen.

Und den prägt das Rockpalast-Konzert anno 1983 in der grauen Vorzeit von Internet, Live-Streams oder sogar DVD- oder Blu-ray-Qualität. „Steppin’ Out“ knallt mit kralligem Pianosound rein, ebenso wie „Another World“ oder „Beat Crazy“. Insgesamt 20 Songs stehen auf der Setlist an diesem schweißtreibenden Abend, an dem Joe mit fünf patenten KollegInnen begleitet wird: Graham Maby (Vocals, Bass), Larry Tolfree (Drums), Joy Askew (Vocals, Keyboards), Sue Hadjopoulos (Percussion) und Ed Rynesdal (Vocals, Keyboards und Violine).

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Dieser Tage erscheint übrigens sein neues Album: „Mr. Joe Jackson presents Max Champion in: What A Racket!“ Sein Album „Fool“ hatten wir ja schon in der Rezension…

Bewertung
Joe Jackson „Live im Rockpalast 1983“
2023/11
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
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Musik
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Fit For Festplatte

Gesamt

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Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.