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Spring Air Chef Marc Zalokowski-Bous vor Dynaudio Arbiter
Spring Air Chef Marc Zalokowski-Bous vor einem seiner raren Schätzchen: Der Akku-getriebenen Vorstufe Dynaudio Arbiter für knapp 40.000 Euro (Foto: H. Biermann)

Spring Air – das Eldorado für Vintage HiFi Fans

Niederzissen in der Eifel. Schlechter Handy-Empfang, viele Berge, die direkte Nähe zur Autobahn. Man kommt nicht drauf. Aber hier liegt das Eldorado für alle Vintage-HiFi-Fans: die Verkauf- und Ausstellungsräume von Spring Air, Deutschlands unumstrittenem Marktführer in Sachen Vintage-HiFi.

Nun könnte der nüchterne Industriebau an der Waldorfer Straße 20 noch Zweifel nähren. Doch sobald man eingetreten ist, kann man sich dem Zauber nicht mehr entziehen: dem Zauber leckerster HiFi-Technik der letzten 40 Jahre.

Dabei kommt im großen Ausstellungsraum von Spring Air an keiner Stelle musealer Muff auf. Alles ist nett eingerichtet – so nett, wie man eben einen Raum mit einigen hundert Geräten aus den verschiedensten HiFi-Epochen machen kann. Mit angenehmem Licht und viel Holz.

Aber der hohe Wohlfühlfaktor kommt natürlich auch von den Geräten selbst, die vom Spring Air Team bei ihrer Aufnahme ins Sortiment nicht nur technisch, sondern auch optisch geprüft und aufgemöbelt werden. Ergänzt wird der große Showroom von Spring Air von einem Bereich mit LPs und einem Demo-Raum.

Allein das ist ja schon ein Hammer: Wo sonst kann man beispielsweise eine Quadral Titan mit einem Quad ESL 55 oder einer Apogee vergleichen? Ich bin begeistert.

Carver Amazing im Spring Air Demoraum
Im Demoraum aufgebaute Carver Amazing: High End Dipol Lautsprecher in Hochglanz Schwarz mit grauer Bespannung. Bändchen im Hoch- und Mitteltonbereich. Maße je ca. 86x168x27 cm (BxHxT). Preis: 2.690 Euro. Hinten links die äußerst seltenen Endstufen Dynaudio Arbiter. Bei Spring Air kostet das Pärchen knapp 80.000 Euro (Foto: H. Biermann)

Spring Air wurde bereits 1993 gegründet. Seit 2002 residiert das Unternehmen in Niederzissen mit acht Mitarbeitern und hat hier mit 2.000 Quadratmetern ausreichend Platz für Ausstellung, Demo, Büros, Lager – und Logistik. Denn Spring Air ist in erster Linie ein Versandhandel.

Chef und Mastermind des Ganzen ist Marc Zakolowski-Bous, der uns einige Stunden lang Rede und Antwort stand. Zum Beispiel auf diese Fragen:

Spring Air ist eigentlich ein Online-Händler. Nutzen die Kunden Ihren Demoraum überhaupt?

Zum vorher Anhören kommen nur ganz wenige. Bei uns ist der Kunde in der Regel vorinformiert.

Online-Handel war lange Zeit auf handliche Geräte beschränkt. Sie aber verschicken sogar eine Quadral Titan…

Das ist für Hobby-Händler vielleicht ein Problem. Für uns ist es egal, ob wir eine Schallplatte oder zentnerschwere Lautsprecher versenden. Das machen wir ja schon seit vielen Jahren.

Nun läuft der Vintage HiFi-Markt ja nicht unbedingt parallel zum klassischen HiFi-Handel. Wie sehen denn bei Ihnen die Trends aus?

Schallplatten und Schallplattenspieler stehen nach wie vor hoch im Kurs. Genauso Tonbandmaschinen. Was mich selbst ein bisschen wundert, ist das wieder gestiegene Interesse an Cassettenrecordern – hier vor allem die größeren Modelle.

Im klassischen HiFi-Handel stellt sich im High End ja oft die Frage: Accuphase oder McIntosh. Wie entscheiden sich Ihre Kunden diesbezüglich?

Bei uns ist die Sache eindeutig: McIntosh läuft besser als Accuphase. Da ist auch das Angebot sehr viel größer.

Haben Sie ein Lieblingsgerät, das Sie nie verkaufen werden?

Ja. Den Thorens Reference. Der ist unverkäuflich.

Spring Air ist Deutschlands größter Vintage HiFi Händler

Zwischen 5.000 und 10.000 Geräte durchlaufen Spring Air jährlich. Das vermittelt eine Idee, wie groß diese Firma mittlerweile ist. Neben den Geräten warten auch immer mehrere zehntausend Tonträger und ähnlich viele Original-Bedienungsanleitungen, Zeitschriften oder Kataloge auf ihren Versand. Alle Geräte werden genauestens geprüft und bekommen eine Garantie von sechs Monaten. Und natürlich gilt auch hier das im Versandhandel übliche Rücknahme-Angebot.

Aufgrund der hohen technischen Kompetenz im Bereich Vintage bietet Zakolowski auch Reparaturen für Geräte an, die nicht bei Spring Air gekauft wurden. MZB: „Aber das ist nicht unser Kerngeschäft.“

Die hohe Kompetenz ist bei Spring Air überall spürbar. Obwohl ich mich ganz gut auskenne, kontert Zakolowski jeden meiner Versuche, ihn aufs Glatteis zu führen, mit immensem Wissen und Hintergrundgeschichten, von denen ich vorher noch nie gehört hatte. Zakolowski ist trotz seiner erst 45 Lenze ein wandelndes Vintage-Lexikon. Abermals bin ich beeindruckt.

Im Vorfeld des Besuchs bei Spring Air war ich oft auf der Website, um ein Gefühl für das Angebot und für die Preise zu bekommen. Meine Einschätzung: Deutschlands größter Versandhandel für Vintage-HiFi ist nicht unbedingt billig, aber überwiegend günstig.

Wer sich auskennt, findet etliche gute Angebote, zumal alle angebotenen Geräte in einem optisch wie technisch sehr brauchbaren Zustand sind. Echte Schnäppchen sind allerdings rar, dazu ist Zakolowski dann doch zu aufgeweckt.

Im Ausstellungsraum steht beispielsweise ein Technics SP-10 in der seltenen MK III Version. Spring Air ruft dafür 15.990 Euro auf. Das ist nicht eben billig. Aber dieser SP-10 sieht in seiner Zarge aus wie gerade aus dem Karton gepellt – mehr oder minder wie neu. Irgendwann kommt sicher ein Sammler, dem genau dieser SP-10 MK III noch fehlt. Dann sind auch die knapp 16.000 Euro kein Problem.

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Thorens Prestige und Acapella Violon bei Spring Air
Auch in der Ausstellung: A Capella Violon mit Ionenhochtöner (mit eigener Endstufe) und Reinsilberverkabelung. Das seltene Schätzchen kostet 7.800 Euro. Links daneben der Thorens Prestige, einer der besten Subchassis- Plattenspieler überhaupt. Mit Tonarm SME 3012 rg gold limited. Preis: 29.900 Euro (Foto: H. Biermann)
Receiver Sansui G701 und Laufwerk Micro Seiki BL 101 bei Spring Air
Sansui G-701: Schwerer großer Receiver mit 2 x 85 Watt Leistung mit titanfarbener Front und Holzgehäuse. Analoges Tunerteil mit grüner Illumination. Anschlüsse für 2 x Tape, 1 x Line, 2 x Phono MM, Kopfhörer. Equalizer, Quadroadapter. Preis: 879 Euro. Links daneben das beeindruckende Laufwerk Micro Seiki BL 101 mit Messingteller. Preis: 4.500 Euro (Foto: H. Biermann)
Yamaha FX-3 bei Spring Air
Yamaha FX-3: Mit die größten, je von Yamaha gebauten Lautsprecher. Maße: 59 x 87 x 45 cm (BxHxT). Gewicht je 62 kg. 3-Wege System mit Beryliumkalotten im Hoch- und Mitteltonbereich. Preis: 3.590 Euro (Foto: H. Biermann)
Infinity Kappa 9 bei Spring Air
Infinity Kappa 9: Legendärer 5-Wege-Lautsprecher, kalifornische Eiche, Maße: 54 x 152 x 20 cm (BxHxT). Mit Bi-Wiring-Terminals und abnehmbaren Frontabdeckungen. Benötigen strompotente Verstärker. Mittlerweile selten. Preis: 2.890,00 Euro (Foto: H. Biermann)
Standbox Spendor SP 9/1 bei Spring Air
Auch der Softwarebereich ist Ausstellungsfläche für Lautsprecher. Beispielsweise für die Spendor SP 9/1: der legendäre 3-Wege Lautsprecher mit Tri-Wiring Anschlüssen steht hier in Nussbaum. Maße ca. 37 x 110 x 45 cm (BxHxT). Recht hoher Wirkungsgrad. Preis: 2.990 Euro (Foto: H. Biermann)
Tannoy Windsor bei Spring Air
Tannoy Windsor: Superseltene Tannoy 3-Wege Lautsprecher. Nussbaum Echtholzfurnier. Maße: 28 x 81 x 40 cm (BxHxT). Sehr hoher Wirkungsgrad, ideal für Röhrenverstärker. Preis: 3.990 Euro (Foto: H. Biermann)
Monoblöcke Mark Levinson ML-2 bei Spring Air
Mark Levinson ML-2 : Legendäre High End rein Class A Monoblöcke mit 2 x 25 Watt Leistung an 8 Ohm, 2 x 50 Watt an 4 Ohm und 2 x 100 Watt an 2 Ohm. Eingänge in XLR und Camac. Preis: 6.790 Euro (Foto: H. Biermann)
Ausstellungsraum Spring Air mit Lowther Audiovector System
Alles voller HiFi-Legenden. Am Ende des Raumes erkennt man die Lowther Audiovector Symphonic. Das sind Hornlautsprecher mit sehr hohem Wirkungsgrad und in diesem Falle mit aktivem ATS Eckhorn Subwoofer. Maße der Lowther ca. 68,5 x 118 x 50 cm. Der Preis liegt bei 6.800 Euro (Foto: H. Biermann)
Quadro Receiver Marantz 4400 bei Spring Air
Marantz 4400 in Silber mit wunderschönem, hochglanzschwarzem Holzgehäuse, Quadrogerät mit SQA-2 Quadroadapter und Oszilloskop, Leistung 4 x 50 bzw. 2 x 125 W, analoger FM/AM-Tuner mit Gyrotouch, Anschlüsse für Phono MM, 1 x Line (4-Kanal-Eingang. Preis: 3.790 Euro (Foto: H. Biermann)
Technics SP-10 MK III + SH10B5 Zarge + Exact Type 2 Tonarm
Auch wenn es so scheint: Außer der ähnlichen Optik hat der SP-10 MK3 mit dem deutlich weiter verbreiteten SP-10 MK II nahezu nichts gemeinsam. Der Teller wiegt fast so viel wie ein ganzer SP-10 MK II, der Antrieb ist deutlich stärker (mit 16 kg/cm rund zweieinhalbmal so stark wie der Antrieb des Technics SP-10 MK2) und basiert auf dem Antrieb der Technics SP-02M Plattenschneidemaschine, etc. Äußerst seltenes Modell mit original Technics SH-10 B5 Zarge aus Obsidianstein, Abdeckhaube und dem ebenfalls sehr seltenen magnetgelagerten Exact Type 2 Tonarm und externem Motorsteuerteil. Preis: 15.990 Euro (Foto: H. Biermann)
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Das Angebot von Spring Air ist umfangreich und die Website www.springair.de gut geordnet.

Trotzdem lautet mein Tipp: Unbedingt hinfahren. Wer sich je für HiFi begeistert hat, der bekommt hier glänzende Augen.

Nachtrag

Während meines Besuchs bei Spring Air war ich wirklich sehr angetan und finde einen solchen Vintage-HiFi-Tempel nach wie vor absolut faszinierend. Mittlerweile aber hat die Redaktion viele Zuschriften bekommen, in denen sich Käufer bitterlich beklagten – und entsprechende Bewertungen auf der Website hinterließen.

Prinzipiell ist Vintage HiFi eine komplexe Sache und kaum jemand kann beurteilen, wie gut und wie lange eine HiFi-Komponente nach 30 oder 40 Jahren noch spielt. Die Häufung von Spring-Air-Beanstandungen, von denen allein wir etwas mitbekommen haben, ist zumindest ungewöhnlich…

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.