“Was, der läuft noch? Sonst gehen die immer hoch. Na dann viel Spaß damit.” Mit diesen Worten überließ mir Stan Curtis, der damalige Vertriebsleiter des englischen CD-Pioniers Cambridge Audio, unser Testgerät, als wir es nach ein oder zwei Jahren im Testbetrieb zurückschicken wollten. Ich übernahm den unscheinbaren schwarzen Metallkasten von der Redaktion, bei der ich Ende der 80er-Jahre das CD-Player-Ressort betreute.
Englische HiFi-Geräte fand ich bereits als Rookie total cool und dieses Exemplar verkörperte auch noch einen Meilenstein. Durch die hohen Samplingraten brauchte der Analogfilter im Ausgang nicht so steilflankig oberhalb des bis 20 kHz reichenden Übertragungsbereichs einzugreifen. Das bekam der Phase des Musiksignals gut, verschlang aber gleich vier meiner damaligen Lieblings-D/A-Wandler vom Typ Philips TDA 1541, die dank DEM (Dynamic Element Matching) ohne manuelle Justage eine für ihre Zeit exzellente Wandler-Linearität boten.
Doch mit den klassischen Multi-Bit-Wandlern und deren Leiternetzwerken von Widerständen verschwand auch dieser Fachbegriff vollständig von der Bildfläche, weil die heute verbreiteten Sigma-Delta-Konverter (oft auch als 1-Bit-Wandler bezeichnet) diese spezifischen Verzerrungsprobleme mit leisen Signalen nicht mehr kennen.
Die Tasten und die Fernbedienung waren übersichtlich und schlicht gehalten, die rote Digitalanzeige erst recht. Aber dafür hatte er eine LED, um Disc-Errors auf der Frontplatte anzuzeigen.
Was neben dem Wandler in meinen Augen beziehungsweise Ohren für den Cambridge CD2 sprach, war sein grundsolides Philips-CD-Laufwerk mit linear angetriebenem Schwenkarm. Der hielt viel länger durch als die meisten mit einem Schneckengetriebe aus Plastik bewegten Laserschlitten der japanischen Laufwerke und lieferte sehr gute Fehlerkorrektur-Ergebnisse.
Das Philips CDM-2/10 bestand aus robustem, resonanzarmem Kunststoff-Verbundwerkstoff (es gab davon sogar eine weiße Variante aus Resinharz), der von den damaligen Kollegen abfällig als Plastik abgetan wurde. Nachdem ich das in zahlreichen Testberichten aufgegriffen hatte, wurde den Philips-Antrieben dann auch in anderen Fachzeitschriften mit mehr Respekt begegnet. Schwarmintelligenz gab es also offenbar schon vor dem Internetzeitalter.
Der Cambridge Vintage CD-Player ging doch noch hoch
Wie Recht der Vertrieb mit seiner kritischen Einschätzung haben sollte, äußerte sich dann viele Jahre später, als wirklich irgendwas im Netzteil hochging. Fortan brummte der Engländer aus seinem Cinch-Ausgang, dessen Buchsen für High-End-Stecker übrigens viel zu dicht zusammen saßen. Der Radiohändler ums Eck konnte das Erinnerungsstück tatsächlich mit ein paar neuen Kondensatoren reparieren.
Der Cambridge CD2 wurde im Betrieb sehr heiß und klang lange nicht so gut wie meine anderen CD-Player, weshalb er immer der Ersatzspieler blieb oder in gewissen Wohnsituationen mit der Beschallung von Nebenräumen vertraut wurde. Es mangelte ihm im Vergleich zu meinen anderen Playern ein wenig an Auflösung, Bassfundament und Dynamik.
Dennoch war ich neugierig, nach Jahren in der Versenkung, wie das Souvenir aus meinen Anfängen als HiFi-Tester aus heutiger Sicht klingen würde – beziehungsweise ob er überhaupt noch laufen würde. Ich hatte den CD2 nämlich nach meinem lange zurückliegenden Umzug nach Stuttgart nie ausgepackt. Bis heute schlummerte der vor dem Einpacken top erhaltene exotische Vintage CD-Player in seiner Originalverpackung im Keller.
Beim Öffnen war ich schon sehr gespannt, was mich im sehr gut erhaltenen Karton erwarten würde. Zum Vorschein kam ein CD-Player, an dem die beinahe 30 Jahre fast spurlos vorüber gegangen sind. Was dann kam, war Plug&Play wie bei einem nagelneuen Gerät aus dem Fachhandel. Zum Glück fand sich noch ein Plätzchen im Tripod-Regal zwischen der Vor- und der Endstufe vom Hamburger Lieferanten meines Vertrauens.
Sogar die roten Leuchtsegmente passen perfekt zusammen. Wow, das geht aber ab! So frisch und plastisch mit strammem Bass. Und der Bass wird sogar mit fortschreitender Spieldauer konturierter – der Hammer. Der bleibt jetzt hier oben!
Mit Scheiben aus den 80ern wie von den Dire Straits gefüttert, spielte der Oldtimer locker und flockig wie am ersten Tag. Solche Momente sind auch für den Besitzer eine kleine Zeitreise. Muss doch mal sehen, ob ich im Archiv die HIFI VISION-Ausgabe mit dem Testbericht von damals finde. Oder gar das Gruppenfoto, wo ich das Teil unterm Arm hatte, denn Außenseiter faszinierten mich schon immer. Bin dann mal kurz weg…
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