Die meisten HiFi-Freunde werden es wohl wissen: Die deutsche Lautsprecherschmiede Backes & Müller, früher schon mit überlegener Aktivtechnik auf Testsieg und Referenzstatus abonniert, ist eng verzahnt mit dem Studio-Spezialisten KSdigital, kurz: KSD. Das liegt in erster Linie an Johannes Siegler, der für beide Firmen den Geschäftsführer und den Entwicklungsleiter gibt. Wie kaum ein anderer in der Branche verbindet er die audiophile mit der Profi-Welt. Und weil Siegler viel im Austausch mit deutschen Universitäten ist, bleibt die Technik von Backes & Müller als auch die von KSD immer auf neuestem Stand.
Da wurden wir natürlich hellhörig, als Siegler kürzlich den Stapellauf eines neuen Koax-Monitors ankündigte. Auch der KSD C100 Reference arbeitet mit der speziellen, sogar patentierten, Entzerrung für Hoch- und Tieftöner. In diesem Falle profitiert ein stattlicher 10 Zoll- (25 Zentimeter-) Tiefmittel-Hochton-Koax von der firmeneigenen (FIRTEC-) Technik. Und wir konnten uns über mehrere Wochen von den Qualitäten eines Monitors überzeugen, der zwar erkennbar für das Studio konzipiert wurde, aber ohne Mühe auch als HiFi-Lautsprecher oder in ambitionierten Mehrkanalanwendungen beste Dienste leisten kann.
Johannes Siegler selbst hat keine Präferenzen für seine Aktiv-Monitore: In der Frage, ob Koax oder klassische Mehrwege-Anwendungen, gibt es für ihn nur das beste Ergebnis, nicht das beste Konzept. Von der Tonmeistertagung 2022, auf der er den C100 Reference das erste Mal zeigte, kam Siegler mit folgender Erkenntnis: “Die Hälfte der Tonmeister sagt: Koax geht gar nicht, die andere Hälfte meint, es ginge nur mit Koax.”
Sicher ist nur, dass sich die Kundschaft von KSD im Laufe der letzten Jahre änderte. Auch bei den sehr jungen Musikproduzenten haben sich die Qualitäten der KSdigital-Monitore mittlerweile herumgesprochen. Und mit diesem Wechsel in der Kundschaft ändert sich in meinen Ohren auch die Klangabstimmung der KSD-Monitore mehr in Richtung satter Sound. Wir kommen noch dazu.
Die Besonderheiten des KSD C100 Reference
Der C100 Reference ist für den Midfield-Einsatz im Studio gebaut. Oder in einer klassischen Stereo-Konfiguration. Oder als Teil einer ambitionierten Immersive Audio-Anwendung. Auf die letzte Funktion kommt man nicht sofort. Ich persönlich hatte KSD in solchen Konfigurationen noch nicht gesehen oder gehört. Aber bei genauer Betrachtung liegt eine solche Anwendung natürlich auf der Hand. In den von uns hoch geschätzten und häufig beschriebenen AIA-Kinos verwendet Ascendo ja ebenfalls aktive Studio/Beschallungstechnik für seinen beeindruckenden 3D-Sound. Und Siegler hatte gleich mehrere, höchst ambitionierte Projekte vorzuweisen. Die Hochschule Saarbrücken etwa arbeitet mit einem 32-Kanal-System – selbstredend KSD bestückt. Aber auch die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) bekam ein KSD-32-Kanal-System.
Auch nach vielen Jahren immer noch ungewöhnlich ist das Stahlgehäuse, mit dem sich viele KSD-Speaker von ihrem Konkurrenz-Umfeld abheben. Das ist nur wenige Millimeter stark und ergibt dadurch viel mehr Volumen wie gleichgroße Holzgehäuse mit ihren üblichen Wandstärken um 20 Millimeter. Zudem ist das Metall sehr viel härter. Nicht nur für Profis ist es ja gut zu wissen, dass diese Gehäuse quasi unkaputtbar sind. Und damit sie nicht metallisch klingen, bekleben die KSD-Macher die Gehäuse inwendig mit Antidröhnplatten (Bitumen/Bleigranulat) aus dem Autobau. Bei KSD hat man natürlich jeden Schritt messen lassen und ist mit dem derzeitigen Ergebnis hochzufrieden. Siegler: “Gemessen am Resonanzverhalten klassischer HiFi-Lautsprecher liegen wir hier sehr viel besser.”
So praktisch und akustisch sinnvoll sie ist, so richtig hübsch ist diese Metall-Lösung nicht. Deshalb machen die KSD-Designer ein Zugeständnis in Form der (Kirsch-) hölzernen Schallwand, die die Front verstärkt sowie besser bedämpft und zudem ein markantes Gesicht gibt. Das Gehäuse aus Metall erlaubt zudem das Anbringen eines originellen Fußes, der auch aus Wandhalter fungieren kann. Eben weil die Wände aus Metall sind, halten die Befestigungen des Fußes – trotz des hohen C100-Gewichts von 15 Kilo – bombenfest.
Der Koax
Der Koax stammt vom spanischen Treiber-Spezialisten Beyma. Aber natürlich ist er nichts von der Stange. Schon seit vielen Jahren hat Siegler eine Kooperation mit den Spaniern und entlockt ihnen immer wieder feinste Sondermodelle. So auch diesen 10 Zoll (25 Zentimeter-) Koax mit 1-Zoll (2,54 cm) großem Hochton-Horntreiber. Dank seiner leichten Papiermembran ist der Tiefmitteltöner vergleichsweise wirkungsgradstark – das Horn natürlich sowieso.
Das Hochtonhorn, dessen Austrittsöffnung ein gutes Stück vor der Tiefmittelton-Membran sitzt, soll eine stärkere Modulierung der Hochton-Schallwellen vermeiden. Und seine spezielle (konische) Ausformung soll eine Hochton-Schallausbreitung von linear 70 Grad ermöglichen. Das ist im Studio relativ wichtig. Aber auch HiFi-Freunde, die im Sweetspot eine perfekte Abbildung hören wollen, werden damit glücklich.
Der hohe Wirkungsgrad des Koax reduziert die Verzerrungen und würde auch mit leistungsschwächeren Endstufen funktionieren. Gleichwohl bringen die eingebauten PWM-Endstufen immerhin mehr als 250 Watt Musikleistung: eine stattliche Gewähr für enorm hohe Pegel. Und weil die PWM-Endstufen prinzipbedingt so wenig Abwärme erzeugen, ist selbst eine Wandeinbaumontage kein Problem – auch als kleiner Hinweis für die Heimkino-Nutzung.
Praxis
Über den hohen Wirkungsgrad haben wir schon gesprochen. Damit einher geht ein erfreulich hoher Maximalpegel. Das LowBeats Messlabor ermittelte Werte von genau 100 Dezibel. Für einen (auf 35 Hertz im Tiefton entzerrten) Monitor dieser Größe ist das schon recht stattlich und erklärt, warum Siegler den C100 so unbedingt sinnvoll für Mehrkanal- beziehungsweise Kino-Anwendungen ansieht. KSD gibt an dieser Stelle sogar einen Wert von 118 dB an. Auch das ist sicherlich machbar. Aber die LowBeats Messungen weisen bei der Hochpegelmessung (2. Diagramm) einen schmalbandigen Verzerrungs-Peak bei 2 KHz aus, der von unserem Messsystem als zu hoch bewertet wurde und deshalb einen niedrigeren Wert attestierte.
Gleichwohl lassen sich mit dem C100 brachiale Pegel fahren. Ich kann mich nicht entsinnen, im kleinen LowBeats Hörraum bislang überhaupt mal so laut gehört zu haben. Mir selbst war es gar nicht so bewusst. Aber als mein Nachbar im Büro (der tagsüber Trompete übt und dabei selbst nicht leise ist), unwirsch aus dem Fenster zu uns herüberschaute, weil er solche Pegel von uns gar nicht gewohnt ist, war mir klar, dass ich hier wohl etwas herunterpegeln muss.
Ein Blick auf die Rückseite des C100 zeigt: So viele Einflussmöglichkeiten hat der User an der Box nicht. Und das war zunächst auch mein Problem. Denn im kleinen LowBeats Hörraum machte mir der C100 zwischen 50 – 100 Hertz entschieden zu viel Bass – da half auch der Bassregler auf dem Anschlussfeld nur bedingt. Der C100 Reference hat in der Grundeinstellung – so meine Einschätzung – in Hinblick auf die neue, auf moderne Pop-Musik ausgerichtete Kundschaft bei KSD – eine ordentlich Portion Extrabass. Als jemand, der es immer lieber etwas schlanker hat, war mir ein wenig zu “phat”. Natürlich kann man mit dem Bassregler schon einiges verbessern, aber optimal klang das bei den ersten Versuchen nicht.
Doch ein solches System wie der C100 Reference bietet natürlich weit mehr. Dazu bedarf es allerdings der Fernbedienung KSD RC. Das Ding hat ein adrettes Kunststein-Gehäuse und könnte qua Gewicht, Größe und Haptik durchaus der berühmt-berüchtigte “stumpfe Gegenstand” aus hunderten Krimis sein. Anders als die meisten Fernbedienungen arbeitet die KSD RC mit Kabeln, die der User mit dem C100 Reference verbinden. Über diesen Weg lassen sich dann bis zu sechs Equalizer an verschiedenen Einsatzfrequenzen und mit unterschiedlichen Güten setzen. Wer will, kann hier ganz gezielt Anhebungen oder Auslöschungen von bis zu 12 Dezibel einstellen. 12 Dezibel sind eine Menge und mehr ist so gut wie nie sinnvoll.
Mit Hilfe der “RC” gelangt mir ein am Ende höchst überzeugender Klangcharakter mit keinerlei Überhöhungen im Bass, sondern einem wunderbar substanziellen “schnellen” Tiefton. Zudem kann die “RC” echte Kunststücke. So kann man beispielsweise nur die Seiten-Informationen herausfiltern: Die Mono-Mitte geht weg und es bleiben die reinen Links/Rechts-Informationen, der Hall und so weiter… Eher etwas für den Toningenieur, aber trotzdem spannend.
Der Lautsprecher merkt sich die Einstellung; die RC kann also nach der Einrichtung wieder abgenabelt werden. Was eine gute Botschaft ist. Denn der FPGA-Controller kostet 900 Euro extra und als “reiner” Musikfan braucht man ihn in der Regel nur einmal: nämlich bei der Einrichtung. Klugerweise bietet KSD die Möglichkeit, die RC gegen eine kleine Gebühr auszuleihen.
Hörtest
Nach der optimalen Einstellung per “RC”, die ich mittels eines kleinen Analysers, vor allem aber mit den Ohren vornahm, klang die neue KSD überzeugend homogen. Vor allem Stimmen und akustische Instrumente hatten einen wunderbar natürlichen Ton. Erstaunlich dabei waren die wirklich substanziellen Bässe, die deutlich tiefer zu reichen schienen als die vorgegebenen 35 Hertz.
Die einzige Studiobox, die dauerhaft im LowBeats Referenzregal steht, die HEDD 07 Mk2, bot zwar in den Mitten die etwas leichtfüßigere, offenere Wiedergabe. Hier hat so ein großer Koax prinzipbedingt einfach Nachteile. Allerdings hatte die HEDD der KSD in Bezug auf Bassdruck und Tiefgang nur wenig entgegenzusetzen. Kunststück, werden da die wohlinformierten Leser sagen: Die HEDD kostet mit ihrem Paarpreis von 1.800 Euro ja nicht einmal die Hälfte. Stimmt. Aber die 07 Mk2 ist nun einmal einer der klangstärksten Monitore dieser Klasse und stellt auch viele Modelle aus deutlich teureren Preisregionen vor ernsthafte Probleme.
Nicht aber den C100 Reference in seiner Parade-Disziplin, der beeindruckend dreidimensionalen Abbildung des Klanggeschehens. Donny Hathaways grandiose Live-Aufnahme von “The Ghetto”, aufgenommen 1972 im The Bitter End in Greenwich Village, Manhattan, zauberte die KSD derart plastisch in den Raum, dass es uns mitten in die begeisternd klatschenden und tanzenden Menschen vor der Bühne versetzte. Alles groovte, vibrierte, lebte und hatte eine solche Körperhaftigkeit…
Der gleiche Effekt bei James Blood Ulmers “Crying”, das ja im Keller des Bayerischen Hofs in München eingespielt wurde. Obwohl bei dieser Location ein gewisses snobistisches Publikum vorausgesetzt werden kann, gingen die Leute doch voll mit. Und mit jedem Rechtsdreh am Lautstärkeregler wurde die kleine Bühne größer und größer, aber kein Deut weniger genau abgezirkelt. Das war einfach sensationell gut. Johannes Siegler sagt dazu: „Wir schaffen mit unserem System halt Phasenrichtigkeit auch bei hohem Pegel.“ Da hat der Mann uneingeschränkt Recht.
Sicherlich ist der C100 ein tolles Werkzeug für Toningenieure. Aber er ist auch ein echt mitreißender Erlebnis-Speaker. Und deshalb kann ich mir diesen stählernen Monitor auch bestens in klassischen Stereo- und in ambitionierten Mehrkanal-Anlagen wie im Bild unten vorstellen. So ein 7 + X Set mit den KSDs ist sicherlich kein billiger Spaß, weil ja auch noch Subwoofer zum Set addiert werden müssen. Doch weil der C100 die Balance aus pegelfester Präzision und unaufdringlicher Mittenpräsenz so meisterlich beherrscht, dürfte das Ergebnis überragend sein.
Fazit KSD C100 Reference
Der Auftritt des C100 wirkt wegen seines Stahlgehäuses und seines mächtigen Basses zunächst etwas rustikal. Das Klangbild aber bekommt man spätestens mit einem Leih-Einsatz der KSD RC sehr feinfühlig eingestellt. Und dann offenbart dieser Monitor ganz wunderbare, musikalische Qualitäten, die in einem außergewöhnlich stabil-dreidimensionalen Klangbild münden, das auch bei sehr hohen Pegeln nicht einbricht. Wer sich an der Optik nicht stört, bekommt hier mit dem C100 (vor allem räumliche) Einblicke in die Aufnahmen, die klassische HiFi-Boxen in der Regel nicht bieten (können).
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Breitbandig-dynamischer, bassstarker Klang |
| Exakte Abbildung, für die Größe enorm pegelfest |
| Praxisfreundliche Ausstattung, vor allem mit Fernbedienung |
| Rustikale Optik / Verarbeitung |
Vertrieb:
KSdigital
Altenkesselerstr. 17/D1
66115 Saarbrücken
www.ksd-audio.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
KSdigital C100 Reference: 4.400.Euro
KSdigital RC: 900.Euro
Die technischen Daten
KSD C100 Reference | |
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Technisches Konzept: | 2-Wege Koax-Aktivbox |
Treiber: | 10 Zoll Koax mit 1 Zoll Hochtontreiber |
Endstufenleistung (PWM): | 2 x 200 Watt (Peak) |
Eingänge: | 1 x digital (AES/EBU), 1 x analog (XLR) |
Ausgänge: | 1 x Subwoofer Out |
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig): | 100 dB / 112 dB |
Besonderheiten: | Limiter, 6 x User-EQ, High-& Lowshelving, Delay |
Abmessungen (B x H x T): | 28,5 x 35,0 x 35,0 cm |
Gewicht: | 15,0 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test Aktivmonitor HEDD Type 07 Mk2 – der audiophile Profi
Test Hochvolt DAC/Vorverstärker SPL Director Mk2