Meistens sehen außergewöhnliche HiFi-Komponenten auch außergewöhnlich aus. Eine Finkteam Borg mit ihrer Stealth-ähnlichen Schallwand etwa. Oder ein Atoll IN 400ES mit seiner sich nach oben verjüngenden Front. Oder ein Technics SL 1000R mit seinen vielen Schichten präzise geschliffenen Metalls. Die Lautsprecher von Optimum Audio (firmiert unter: audio.ruhr) sind das genaue Gegenteil – sie sind absolut unauffällig gestaltet. Nehmen wir die hier vorgestellten Audio Optimum FS62E, die in Form, Bestückung und Verarbeitung nicht sofort erkennen lassen, dass man sich hier in der 11.000 Euro-Liga bewegt. Und doch sind sie randvoll mit schlauen Detaillösungen. Und sie klingen außergewöhnlich gut…
Doch schon beim zweiten Blick mehren sich die Anzeichen, dass diese Lautsprecher so simpel nicht sein können: Neben den schlanken Lautsprechern steht jeweils ein kleines Holzwürfelchen. Hier sind pro Kanal drei Endstufen und die Aktivweiche für die FS62E untergebracht, es ist quasi die Schatztruhe des Systems. Und das Kästchen provoziert auch gleich die erste Frage an Audio Optimum -Entwickler und -Besitzer Stefan Wehmeier: Warum bringen Sie die Elektronik nicht elegant im Lautsprechergehäuse unter? “Wegen der Mikrofonie”, sagt Wehmeier.”Ist die Elektronik ausgelagert, klingt es viel besser.”
Zum ersten, aber keineswegs zum letzten Mal kommt hier die ernsthafte Konsequenz Wehmeiers zum Ausdruck. Sieht besser aus? Ist besser umzusetzen? Interessiert nicht. Der Klang ist wichtig. Wehmeier kommt ursprünglich aus dem Car-HiFi Bereich, da hat er alle Untiefen der Übertragung von Musik kennengelernt. Nach einigen Jahren Car-HiFi nahm er sich eine Zen-mäßige, knapp zehn Jahre anhaltende Auszeit im Labor. Zentrale Fragestellung: Welche Umstände müssen erfüllt sein, damit eine perfekte Lautsprecher-Übertragung möglich wird?
Als er die Laborzeit für beendet erklärte, hatte er die meisten Fragen geklärt. Die wichtigste: In einem idealen Lautsprecher müssen Tief-, Mittel- und Hochtöner mit mathematisch exakter Phasenparallelität arbeiten. Das geht nur mit aktiver Technik. Dazu hat Wehmeier noch einige Lautsprecher-Konzepte entwickelt und nebenbei ein Patent auf eine besondere Form der PWM-Endstufen bekommen. Denn die eingebauten Endstufen müssen nach Wehmeiers Vorstellung extrem rauscharm, verzerrungsarm und hoch effizient sein. Seine eigenen PWM-Module leisten 200 Watt, werden gerade mal handwarm und haben eine Effizienz von etwa 97%. Zielvorgabe erfüllt, könnte man sagen.
In High-End-Kreisen gib es immer noch Vorbehalte gegen die PWM-Digitalendstufen. Zu Unrecht. Es gibt schon etliche audiophile Umsetzungen. Und auch Wehmeier hat dafür kein Verständnis: “Ich haben die PWMs eingesetzt, weil sie besser klingen, nicht um Kühlkörper einzusparen. Diese Endstufen klingen unter allen Belastungs-Umständen extrem stressarm.”
Der Aufbau der Audio Optimum FS62E
Schon mit der Bezeichnung erfahren wir, mit welcher Art Lautsprecher wir es hier zu tun haben: einer Standbox (engl. Floorstanding =FS) mit zwei Sechszoll-Tiefmitteltönern (=62) und externer Elektronik (=E). Drei Treiber sehen wir auf der Front: die beiden schon erwähnten 6-Zöller sowie eine Gewebekalotte in einer 2,5-Wege Kombination. 2,5 heißt: Der untere Tiefmitteltöner arbeitet nur im Tiefbassbereich (bis etwa 200 Hertz). Wehmeier: “Eigentlich ist die 2,5-Wege Konstruktion die perfekte Bauform. Man hat die Homogenität eines 2-Wege-Systems und im Bass die doppelte Fläche.”
Das würde die Mehrzahl aller Lautsprecher-Entwickler sicherlich unterschreiben. Allerdings wird das Konzept selten so konsequent umgesetzt wie bei Audio Optimum. Denn in passiven Lautsprechern verschieben die eingesetzten Frequenzweichenbauteile die Phase des unteren Tieftöners gegenüber dem anderen. Es gibt also einen Zeitversatz. Je steiler und effektiver diese Abkopplung des unteren Basses ausfällt, umso deftiger fällt dieser Zeitversatz aus. Für feine Ohren ist das ist hörbar.
Wehmeier: “Für mich ist die Frequenzweiche der wichtigste Bestandteil eines Lautsprechers. Und mit einem Aktivkonzept habe ich unendlich mehr Möglichkeiten.” Er arbeitet mit einer extrem steilflankigen Weiche, bei der das Übertragungsverhalten der Treiber mit einberechnet wird und mit der er das Phasenverhalten von jedem Zweig anpassen kann. Dementsprechend aufwendig ist die Weiche der Audio Optimum FS62E geraten…
Eine normale Weiche hätte nun die Aufgabe, den Arbeitsbereich des unteren Tieftöners zu begrenzen und die Arbeitsbereiche des oberen Tieftöners und des Hochtöners sauber auseinanderzuhalten. Die Aktivweiche der Audio Optimum FS62E macht einiges mehr.
Alle drei Treiber werden mit 24 dB pro Oktave (Linkwitz/Riley-Typ) steilflankig getrennt und elektronisch in die optimale Phasenlage verschoben. Die Übergangsfrequenzen liegen dabei recht tief: Der untere Bass beendet seine Arbeit bereits bei 200 Hertz, der Hochtöner beginnt schon bei 1.400 Hertz seine Übertragung.
1.400 Hertz sind für einen klassischen Hochtöner sehr tief (üblich sind Übergangsfrequenzen zwischen 2,5 – 3,5 KHz) und keineswegs mit jedem Modell am Markt zu machen. Wehmeier fand beim skandinavisch/chinesischen Anbieter Wavecor ein geeignetes Modell, welches seinen Vorgaben exakt entsprach.
Wehmeier: “Der 30 mm Kalottenhochtöner von Wavecor ist einzigartig. Mit der Aktivweiche kann ich die Übergangsfrequenz auf 1.400 Hertz legen. Das ist wichtig für eine homogene Abstrahlung über die Winkel. Nur bei einer so tiefen Übergangsfrequenz arbeiten der Tiefmitteltöner und der Hochtöner homogen in die gleiche Abstrahlkeule.”
Das Stichwort ist gefallen: “Homogenität”. Mit dem Konzept der Audio Optimum FS62E verspricht Wehmeier also nicht nur die absolut phasengleiche Einheit aller Treiber, sondern auch, dass die Abstrahlung der Treiber über die Winkel keine Einbrüche hat. Das erinnert an das Verhalten guter Breitbandlautsprecher – und macht Appetit aufs Hören…
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