Mit den beschriebenen Maßnahmen sind die Möglichkeiten der Aktivweiche aber noch nicht ausgereizt. Eine schlaue Hochpassfilterung schiebt die untere Grenzfrequenz des Bassreflex-Tieftonsystems auf 33 Hertz. Das ist für einen Lautsprecher dieser Größe sensationell niedrig. Zugleich schützt die aktive Hochpassfilterung das System vor zu tiefen Bässen – und damit vor Überlastung. Die LowBeats Messungen zeigen die Effizienz der Hochpassfilterung:
Vorinstalliert ist auf der Weiche auch ein parametrischer 6-Band Equalizer, der aber vom Kunden nicht zu bedienen ist: Wehmeier will die Deutungshoheit über den Klang seiner Speaker behalten. Der Kunde kann jedoch eine präzise Raumeinmessung und eine entsprechende EQ-Anpassung mitbuchen. Die kostet 3.500 Euro Aufpreis und ist in schwierigen Raumakustiken sicherlich sinnvoll. Prinzipiell aber gehören die FS62E zu der raren Sorte Lautsprecher, die im Bass sehr wenig zum Dröhnen neigt.
Obwohl Räume ihr eigenes akustisches Leben haben und an Stellen dröhnen, wo nun einmal – abhängig von den Raumabmessungen – die stärksten Raummoden sind, gibt es Schallwandler, die diese Raummoden stärker oder weniger stark anregen – unabhängig von ihrem Tiefgang. Und da haben Aktivkonzepte mit ihrer sehr harten Kopplung an die Endstufe sicherlich Vorteile. Mit den Audio Optimum hatten wir jedenfalls im LowBeats Hörraum an keiner (sinnvollen) Position Schwierigkeiten bei der Aufstellung.
Gehäuse & Verkabelung der Audio Optimum FS62E
Die Gehäuse sind – wie schon erwähnt – eher nüchtern gestaltet. Eine geradlinige Säulenform, aufgebaut aus 22 mm starkem MDF, mit sauber gerundeten Kanten und präzisen Ausfräsungen für die Treiber. Unser Testmodell hatte einen makellosen Strukturlack (weiß), aber für faire 300 Euro Aufpreis pro Paar kann man die FS62E auch in jeder andere RAL Farbe bekommen.
Die Schreinerei und die Lackiererei sind übrigens bei Audio Optimum im Haus und Teil der Produktion. So behält Wehmeier jederzeit die Kontrolle über die Qualität. Ausgelagert ist lediglich die SMD-Bestückung der Elektronik; das muss man den Spezialisten mit den entsprechenden Bestückungsmaschinen überlassen.
Auch das Kabel wird bei Audio Optimum konfektioniert und mit einem Basaltschlauch überzogen – was wohl eine Heidenarbeit ist. Basalt ist für sensible Hände ähnlich unangenehm wie Glaswolle und deshalb ebenso schwer zu verarbeiten wie zu vermarkten. Wehmeier stand vor dem Dilemma: besserer Klang oder eingeschränkte Praxisfreundlichkeit? Er entschied sich – natürlich – für den besseren Klang. „Man fasst die Kabel ja auch nicht ständig an“, konterte er meinen Einwand. Der leidgeprüfte Redakteur könnte dazu einiges sagen, belässt es aber dabei, Wehmeier in dem anderen Punkt Recht zu geben: Dieses Kabel klingt wirklich über die Maßen gut. Ich habe alle XLR-Strippen aus dem LowBeats Hörraum zum Vergleich herangezogen und fand keines, das ähnlich substanziell und offen spielte. Klanglich eine dicke Empfehlung!
Hier scheint das Thema „Ableitung“ eine große Rolle zu spielen. Wehmeier: „Die üblichen Ummantelungen verschmieren den Klang durch Aufladungen. Basalt hat eine gewisse Abschirmwirkung gegen HF.“
Das könnte gut sein. Denn die Basiskabel, die er verwendet, sind zwar solide & gut, aber nichts Außergewöhnliches. Das Besondere im Klang erklärt sich einzig durch das etwas sperrige Basalt, von dem auch Wehmeier meint, die Ummantelung sei ein gewaltiger Schritt nach vorn gewesen. Und den nutzt er für alle Kabel im System:
Die Audio Optimum FS62E im Hörtest
Wir hatten ja schon verschiedene, hoch ambitionierte Aktiv-Konzepte im LowBeats Hörraum stehen: Ascendo Live 15, Bohne Audio BB-10, Quadral Aurum Gamma, Layravox Karlos… Sie alle waren absolut überzeugend, zogen aber auch einen großen Vorteil daraus, dass sie auf den Raum angepasst wurden. Das wäre mit der Audio Optimum FS62E mit Abstrichen ebenfalls möglich gewesen, aber Wehmeier verzichtete darauf: Es war einfach nicht nötig.
Die FS62E klingt – auch gerade im Vergleich zu den oben genannten Aktiv-Konzepten, die alle sehr dynamisch spielen – eher zurückhaltend. Aber schon beim zweiten Hinhören wird ihre Tiefgründigkeit deutlich. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Touch, das vielleicht beste Album von Yello-Klangtüftler Boris Blank, klingt auf den meisten Lautsprechern beeindruckend, über die FS62E atemberaubend. Weil sie die Tiefe mit einer Genauigkeit zeichnet wie kaum eine andere Box. Mit einer Monitor-haften Genauigkeit fächert sie dem Zuhörer die verschiedenen, klar abgegrenzten und hintereinander geschachtelten Ebenen auf, die Boris Blank hier aufgeschichtet hat. Das ist sensationell.
Oder Stimmen. Ich nehme zum Boxentesten immer gern Sean Rowes Album New Lore, weil die Stimme des Sängers so vielfältig ist. Und obwohl die FS62E erst einmal so unspektakulär wirkt, kann ich mich nicht erinnern, diese sonor-brüchige Stimme schon einmal mit so viel Ausdruck und innerer Stimmigkeit gehört zu haben. Ein befreundeter Kollege von den HiFi-IFAs deutet bei so einer Gelegenheit immer auf seinen Unterarm und sagt „Gänsehaut“. Genau die hatte ich ungewohnt oft, weil die Audio Optimum mit guten Aufnahmen so echt klingt. Ein Tritt gegen die Bassdrum kommt mit der FS62E nicht nur einfach schnell oder wuchtig, sondern beides. Sie zeigt die ganze Vielfalt an Klangfarben, die auch in einem solchen Trommelfell stecken. Und dabei steigt sie erstaunlich tief in den Basskeller.
Ihre Verzerrungsarmut und die hohe Klarheit in den Mitten provoziert dabei ständig, den Pegel noch ein bisschen höher zu ziehen. Das geht lange Zeit gut: vom Pegel und Tiefgang her leistet die FS62E durchaus Erstaunliches. Aber es ist halt eine zierliche Standbox mit zwei vergleichsweise kleinen Bässen. Da setzt die Physik Grenzen – schlaue Hochpassfilterung hin oder her. Dreht man zu laut, klingt es, als würde sich die FS62E verschlucken. Dann brauchen die Endstufen eine kurze Verschnaufpause zum Reset – bis es unverzerrt weitergehen kann.
Ein Punkt ist hier noch unerwähnt. Nachdem ich die FS62E schon einige Abende laufen ließ und dieses & jenes ausprobiert hatte, packte mich dann doch die Neugier und ich hörte mich querbeet durch die bekannten Hörtest-Aufnahmen. Davon einmal abgesehen, dass ich dabei erstaunlich oft Dinge hörte, die ich vorher noch nie wahrgenommen hatte: Selbst nach knapp fünf Stunden des Hörens fühlte ich mich überhaupt nicht müde. Dieser Lautsprecher zeigt so viel, aber er stresst nicht. Gar nicht. Die TAD Evolution One EX, ein Lautsprecher, der vor kurzer Zeit Gast im Hörraum war und ein meisterhafter Entdecker ungehörter Details ist, war diesbezüglich um einiges anstrengender.
Es gibt viele Lautsprecher am Markt, die besser auflösen (wie die TAD) oder dynamischer sind, mehr Tiefbass bringen oder schlicht lauter spielen können. Es gibt sicher auch viele Lautsprecher, die vom Start weg mehr begeistern. Doch während der Testphase hatten wir (wie so oft) viele Besucher im Hörraum, darunter auch solche, die mit HiFi eigentlich gar nichts zu tun haben. Bei meiner Frage, welche der vorgeführten Lautsprecher denn wohl am „echtesten“ klänge, waren sich die HiFi-Jünger und die noch nicht Infizierten aber fast immer einig: die Audio Optimum. Ein starkes Votum – auch, weil die Marke ja noch so gut wie unbekannt ist.
Fazit Audio Optimum FS62E
Mit gutem Rotwein geht es mir manchmal ähnlich: Ich trinke ihn, denke: „Och, irgendwie lecker“, probiere dann aber den nächsten. Und erst Stunden später fällt mir auf, wie großartig dieser eine wirklich war und dass ich in den letzten Jahren kaum Besseres hatte. Mit der FS62E ging es mir ähnlich. Dieser Lautsprecher ist beim ersten Hören so unspektakulär, dass erst einmal wenig hängen bleibt. Nach und nach aber zeigt er, was er besser kann als fast jeder andere Schallwandler am Markt: nämlich absolut natürlich und sensationell abbildungsgenau zu spielen.
Nur selten geben wir in der LowBeats Klang-Bewertung volle 5 von 5 Sternen. Bei der Audio Optimum FS62E war es unumgänglich. Hier hat mal jemand die Aktivtechnik richtig ausgereizt. Kein Glimmer, keine Show. Keine feinst-auflösenden Höhen und keine wärmelnd-schwammige „Musikalität“ in den Mitten: dieser Lautsprecher klingt spektakulär unspektakulär und im besten Sinne des Wortes natürlich und präzise. Wer Wert auf tonale Ausgewogenheit, Homogenität und Zeitrichtigkeit legt, wird sich schwertun, im Preisbereich um 10.000 Euro Besseres zu finden. Ein großer Wurf.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Extrem natürlicher und stimmiger Klang |
| Sehr glaubhafte Räumlichkeit, erstaunliche Basstiefe |
| Große Farbpalette (alle RAL-Farben) im Angebot |
| Raumanpassung nur gegen Aufpreis, Kabel sind wenig hautfreundlich |
Vertrieb:
G8 & friends GmbH
Ferdinand-Poggel-Straße
59065 Hamm
www.g8friends.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Audio Optimum FS62E: 11.000 Euro
Aufpreis RAL-Farbe: 300 Euro (Paar)
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