Nicht einen, nein, gleich fünf neue MM-Tonabnehmer bringt Audio-Technica in den Markt. Die gemeinsame Basis hört auf das Kürzel VM95 – durch unterschiedliche Einschübe wird ein Fest daraus. Und im gleichem Atemzug wird der Superseller AT95E zum alten Eisen degradiert. Und wie fast immer bei Tonabnehmertests hat LowBeats auch die neuen Audio-Technica VM95 Modelle im Klang Orakel aufgenommen. Wer Spaß dran hat und über einen brauchbaren Kopfhörer verfügt, kann also in aller Ruhe unsere Testergebnisse nachhören. Doch dazu später mehr.
Packen wir erst einmal den Superlativ aus: Es gibt kein Tonabnehmersystem, das häufiger verkauft wurde als das AT95 von Audio-Technica. Und zwar weltweit. Die japanische Muttercompany wird Millionen davon abgesetzt haben. Seit 1962 ist man im Geschäft mit handgefertigten Tondosen. Das AT95 gibt es seit 38 Jahren. Das Erkennungszeichen: Ein grüner Nadeleinschub an der Spitze. Oft und gern wurde dieser Tonabnehmer in der Einstiegsklasse in den Plattenspielern vieler Hersteller vormontiert. Wir sind also faktisch damit aufgewachsen.
Aber das AT95 wurde nun zum alten Eisen erklärt, die Bauform läuft aus. Hier und da werden im Internet noch Restexemplare angeboten, unter 40 Euro. Es lohnt sich, ein neues Kürzel zu lernen – VM95. Audio Technica hat hier einen neuen Body entwickelt. Eine komplette Neukonstruktion. Natürlich in der Moving-Magnet-Architektur, dies aber gleich mit einer doppelten Wicklung – also ein Dual-Moving-Magnet. Das Ziel: ein besseres Impulsverhalten, kombiniert mit einem höheren Ausgangspegel. Dieses fünf Modelle hatten wir im Test:
- Audio-Technica VM95 C: Dual Moving Magnet Stereo-Tonabnehmer mit konischem Schliff (34 Euro)
- Audio-Technica VM95 E: Dual Moving Magnet Stereo-Tonabnehmer mit elliptischem Schliff (49 Euro)
- Audio-Technica VM95 EN: Dual Moving Magnet Stereo-Tonabnehmer mit elliptischem Schliff (119 Euro)
- Audio-Technica VM95 ML: Dual Moving Magnet Stereo-Tonabnehmer mit MicroLine Schliff (169 Euro)
- Audio-Technica VM95 SH: Dual Moving Magnet Stereo-Tonabnehmer mit Shibata Schliff (199 Euro)
Vieles ist besser bei den neuen Audio-Technica VM95
Schon beim Auspacken kam Freude auf. Die alten AT95 verlangten eine nervenaufreibende Justage. Hier lagen an den beiden Seiten Öffnungen, durch welche die Schrauben gesteckt und auf der Gegenseite mit einer Mutter befestigt werden mussten. Ein Spiel für feine Finger und starkes Gemüt. Denn oft verweigerten sich die winzigen Muttern dem nötigen Halt. Nun ist alles einfacher. Denn Audio Technica hat dem VM95 ein integriertes Gewinde spendiert. Die Fassung wurde in den Korpus eingelassen. Zwei unterschiedliche Längen an Schrauben liegen bei, je nach Dicke der Headshell. In der Kür packt Audio-Technica noch einen Miniatur-Schraubenzieher bei. Also einfach kaufen, auspacken und montieren – kein weiteres Werkzeug ist nötig. So bindet und erfreut man Kunden – großes Kompliment bereits an dieser Stelle.
Aber aufgepasst: Das Anschlussfeld auf der Rückseite ist nicht markiert – die Kontaktpins sind nicht mit Farbringen unterlegt. Hier hilft der Blick in die Bedienungsanleitung, wo die Details zu weiß, rot, blau und grün aufgelistet sind. Ebenfalls wichtig zu wissen: Alle Tonabnehmer sind recht leicht und die mitgelieferten Alu-Schrauben erhöhen die Masse kaum. Weil deshalb das Gegengewicht des Arms nun näher zum Lager hin sitzt, verringert sich auch die dynamische Masse des Tonarms ein wenig. Unser Referenz-Tonarm Rega RB 1000 kam so auf 10,8 Gramm. Sonst liegt er meist bei leicht über 11 Gramm.
Wichtig für alle Kaufüberlegungen: “Das eine” VM95 gibt es nicht. Audio-Technica bedient sich hier einer Plattform, die erst durch unterschiedliche Nadeleinschübe zum vollwertigen Tonabnehmer aufsteigt. Sechs Modelle sind verfügbar, darunter sogar ein Wandler für Schellack-Platten mit 78 Umdrehungen: das Audio Technica VM95 SP für knapp 80 Euro. Wir haben es fotografiert, aber auf Messungen und Hörtest haben wir an dieser Stelle verzichtet.
Die Messwerte der neuen VM95 Familie
Die einzelnen Modelle der neuen Audio-Technica VM95 Serie sind sich sehr ähnlich. Im Aufbau sowieso, aber auch bei den technischen Daten, beziehungsweise bei den von LowBeats ermittelten Messwerten:
Die messtechnischen und klanglichen Unterschiede liegen vor allem in den unterschiedlichen Nadel-Schliffen begründet. Audio-Technica hat uns dankenswerter Weise eine Übersicht zur Verfügung gestellt.
LowBeats Messlabor-Experte Peter Schüller hat die unterschiedlichen Nadeltypen mit einer Spezialkamera aufgenommen:
Prinzipell kann man sagen, dass die neuen Audio-Technicas alle mit erfreulich praxisnahen Werten überzeugen. Vor allem die Abtastfähigkeit der günstigen Modelle ist aller Ehren wert…
Wir haben gemessen und gehört. Auf der nächsten Seite haben wir die Hörtests zusammengefasst und waren über die Ergebnisse der neuen VM95-Serie mehr als angetan. Und dank unseres einmaligen LowBeats Klang Orakel können Sie diese Ergebnisse nachhören – was wir dringlichst empfehlen. Mehr dazu auf der nächsten Seite.
Hörtest Audio Technica VM95 C
Preislich geht es überraschend klein los: Das AT-VM95 C liegt offiziell bei 34 Euro. Faszinierend, dass man für diesen Preis überhaupt einen Tonabnehmer entwickeln kann. Das “C” steht für einen konischen Nadelschliff – auf einem Nadelträger aus Aluminium montiert, eigentlich eine simple Rundung, einfach zu bewerkstelligen und deshalb günstig. Erkennungszeichen des Nadeleinschubs: blau.
Das Labor sagt: Die Tiefenabtastfähigkeit ist mit knapp 90 Mikrometer völlig ausreichend. Nur die Abtastverzerrungen könnten niedriger sein. Bedeutet: Das Audio-Technica VM95 C holt die Informationen aus der Rille, aber die große Vinylkunst ist begrenzt. Genau unser Klangeindruck. Ich hatte eine Edelpressung der Deutschen Grammophon aufgelegt: Herbert von Karajan dirigiert die Berliner Philharmoniker in Bartoks “Konzert für Orchester”. Hier ist jede Klanginformation vertreten, vom doppelten Piano bis zum berstenden Fortissimo. Jede Orchestergruppe darf ihre Stärken zeigen, flirrend die hohen Streicher, solistisch die Holzbläser, mitunter brachial die Blechbläser.
Das VM95 C ließ den Charme der guten Pressung aufleben. Da herrschten Drive und smarter Charme. Doch die höchste Auflösung blieb verwehrt. Wer nur Pop/Rock hört, kann mit diesem Tonabnehmer glücklich werden, wer die Feininformationen sucht, sollte aufstocken.
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