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Chord QUTEST von vorn
Klein, aber klanglich ein ganz Großer: Der Chord QUTEST für 1.549 Euro (Foto: F. Borowski)

Test Chord QUTEST: sweet little High End DAC

Im digitalen High End ist die Größe der Komponenten nicht mehr entscheidend. Die britische Audio-Manufaktur Chord Electronics hat sich quasi auf besonders feine, aber kleine DACs spezialisiert und mit dem Chord QUTEST im Frühjahr 2018 einen weiteren Top-Wandler im Mini-Format aufgelegt. LowBeats hatte den Kleinen exklusiv im Test.

Die Digitalisierung von Informationen hat uns ja zahlreiche Vorteile beschert. Von der damit einhergehenden Computer-Revolution ganz abgesehen, ist inzwischen auch die Musikwelt fast ausnahmslos durchdigitalisiert, was unter anderem praktisch verlustfreie Bearbeitung, Übertragung und absolute Verschleißfreiheit garantiert. Binäre Daten lassen sich beliebig vervielfältigen, ohne Kopierverluste befürchten zu müssen (dass dies auch Probleme wie Raubkopien birgt, steht auf einem anderen Blatt). Beinahe alle Aufnahmen wandern auf kürzestem Wege in einen Analog/Digital-Wandler, womit die „Vibes“ der Musik fortan nur noch in Form von Nullen und Einsen existieren. Solange, bis sie am Ende für den Hörer unumgänglich wieder in analoge Schwingungen versetzt werden müssen.

Chord QUTEST Schreibtisch2
Den zieht so schnell kein Kabel vom Tisch (Foto: F. Borowski)

Diese Aufgabe der Rückverwandlung in die analoge Domäne übernehmen sogenannte DAC, also „Digital to Analogue Converter“. Die Prozesse der Umwandlung, sowohl von Analog nach Digital als auch umgekehrt, sind allerdings heikel und keineswegs so perfekt, wie die Welt der Mathematik und Theoreme suggeriert. Trotzdem glauben noch immer sehr viele Menschen, dass jede Form der Weiterentwicklung von digitaler Audiotechnik vergebene Liebesmüh ist, weil seit der CD die Musikwiedergabe für das menschliche Gehör nicht weiter verbessert werden kann, wie beispielsweise von Nyquist-Shannon bewiesen, denn sie konnten nicht widerlegt werden. Doch nur weil eine Beweiskette schlüssig ist, heißt das nicht, dass das Wissen damit vollständig ist und dass keine darüber hinaus gehenden Erkenntnisse erlangt werden können.

Diese Situation ist schon manchmal etwas frustrierend. Wie Sie als LowBeats Leser sicherlich aus eigener Hörerfahrung wissen, kann nicht alles eine Sinnestäuschung oder Selbstlüge sein. Aber beweisen kann man es den Zweiflern auch nicht so ohne Weiteres, weil Höreindrücke nun mal subjektiver Wahrnehmung entspringen und die kann man nicht einfach so in Formeln packen oder via Facebook teilen. Zwar gibt es inzwischen durchaus einige nachweisbare (messbare) Erkenntnisse über Phänomene, die den Mythos der Perfektion digitaler Signalübertragung merklich ankratzen (wie beispielsweise der inzwischen gut bekannte Jitter), aber vieles ist noch unerforscht. Dazu gehört nach Ansicht einiger Digital-Experten, wie Robert Watts von Chord Electronics, dass sich bisherige Forschungen zu sehr auf die Frequenzdomäne konzentriert haben, dabei aber den Zeitfaktor (oder das Timing) außer Acht lassen. Auch Nyquist-Shannon lässt diesen Punkt im Prinzip unberücksichtigt, dabei ist er für die Physiologie des Hörens sehr entscheidend.

Nun kann ich hier nicht die Arbeit eines Robert Watts aus den letzten 30 Jahren im Detail analysieren. Dazu fehlt mir erstens die nötige Fachkompetenz und zweitens würde es den Rahmen bei weitem sprengen. Was ich aber versuchen kann, ist in möglichst wenigen Sätzen zu erklären, was die Chord-DACs von Rob Watts von anderen unterscheidet.

Der wohl wesentlichste Unterschied zu allen anderen mir bekannten DACs (außer einigen Ladder- oder R2R-DACs) bei Chord ist, dass sie keine DAC-Chips von der Stange einsetzen. Stattdessen nutzt Watts sogenannte FPGAs. Die Abkürzung steht für „Field Programmable Gate Array“ und bedeutet, dass man diese speziellen 64-bit-DSP-Chips für besondere Aufgaben programmieren kann. So lassen sich FPGAs zu einem Computer-Prozessor machen oder eben auch zu einem DAC. Gegenüber herkömmlichen DAC-Chips sollen die von Chord eingesetzten FPGAs erheblich mehr Rechenleistung aufweisen, wodurch auch der nachgeschaltete Taktgenerator mit viel höherer Frequenz (und damit Genauigkeit) als in anderen DACs betrieben werden kann. Und dank des in langen Jahren selbst entwickelten WTA-Filters (Watts Transient Aligned) soll vor allem das Timing und die Transientenwiedergabe verbessert werden, weil der Rekonstruktionsfilter mit viel feineren Abtastschritten als üblich arbeitet. Im folgenden englischsprachigen Video wird das verdeutlicht. Eine genauere Erklärung des WTA-Filters und anderer Besonderheiten bietet Chord hier an.

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Dass übrigens sonst kaum jemand auf FPGAs anstatt auf fertige DAC-Chips setzt, liegt laut Watts daran, dass es unglaublich komplex und zeitaufwändig ist, auf diese Weise einen DAC nachzubilden. Nach eigenem Bekunden hat es ihn gut 30 Jahre gekostet, dahin zu gelangen, wo er jetzt mit seinen FPGA-DACs steht.

Chord QUTEST – klein und puristisch, aber oho

Mit der langjährigen Erfahrung des Firmengründers in der digitalen Audiotechnik ist es kein Wunder, dass Chord neben CD-Playern und anderer Elektronik inzwischen auch ein recht breit gefächertes Portfolio an DACs im Sortiment hat. Der neue Chord QUTEST, dessen Name sich vom englischen „Cute“ (dt: goldig, süß, herzig, knuffig …) ableitet und die Steigerungsform darstellt (der Süßeste), kann als Nachfolger des 2QUTE angesehen werden, der nicht länger produziert wird. Die aktuelle Preisliste führt den QUTEST für 1.549 Euro als bislang einziges Gerät unter der Überschrift „Chordette System“, was darauf hindeuten könnte, dass es weitere Geräte dieser Serie geben wird. Aber welche könnten das sein? Dazu komme ich noch.

Der Chord QUTEST wird in einer schicken Schachtel geliefert. Die Schublade beherbergt einen Beutel mit dem Zubehör (Foto: F. Borowski)

Der Chord QUTEST erfüllt im Gegensatz zu seinen Geschwistern wie dem MOJO, HUGO TT oder auch dem Referenz-Wandler DAVE nur eine einzige Aufgabe: D/A-Wandlung. Er hat weder einen regelbaren Vorstufenausgang, noch einen integrierten Kopfhörerverstärker und auch keinerlei Quellenfunktion. Nur ein analoger Line-Level Cinch-Ausgang ist vorhanden, um ihn mit Vor-/Vollverstärkern oder Aktivlautsprechern mit eigener Lautstärkeregelung zu verbinden.

Das mitgelieferte Zubehör beschränkt sich auf ein Steckernetzteil und ein einfaches USB-Kabel.
(Foto: F. Borowski)

Auch eingangsseitig gibt sich der QUTEST recht spartanisch. Neben USB und TOSLINK sind zwei BNC-Buchsen vorhanden, die im Parallelbetrieb bis 768 kHz PCM erlauben und zum Anschluss an einen Chord BLU Mk.2 Upscaling CD Transport gedacht sind. So wie ich das sehe, ist der Chord QUTEST aber in erster Linie für Computeraudiophile gedacht, die einen kompakten und leistungsstarken Desktop-DAC suchen. Seine USB-Buchse erlaubt die Fütterung von Daten bis 32-bit/768 kHz PCM oder natives DSD bis 512-fach (22,4 MHz). Letzteres aber nur an einem PC mit ASIO-Treiber. An Macs ist derzeit lediglich DSD256 DoP (DSD over PCM) möglich. Der optische TOSLINK-Anschluss verarbeitet im Chord Samplingfrequenzen bis 192 kHz, obwohl der TOSLINK-Standard eigentlich maximal 96 kHz vorsieht.

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Anschlüsse: Neben den Eingängen USB, 2x BNC und TOSLINK ist an der Rückseite lediglich ein unsymmetrischer Stereo Cinch-Ausgang und der Netzteilanschluss zu finden (Foto: F. Borowski)

Auffällig im Vergleich zu seinen mobilen Brüdern MOJO und HUGO 2 ist das Fehlen der beiden Spezialanschlüsse für externe Streamer wie den Poly. Das deutet darauf hin, dass Chord für den QUTEST keine solche Streamer-Funktion plant und unterstreicht seinen Zweck als Desktop-DAC. Denn wer den DAC an seinem Computer betreibt, dem stehen darüber sämtliche digitalen Wiedergabeoptionen zur Verfügung, womit ein dedizierter Streamer weitgehend überflüssig wäre.

Chord QUTEST Handvoll
Don’t touch my HiFi: Das matte Alu-Gehäuse ist zwar nicht extrem fingerabdruckempfindlich, doch auch nicht völlig immun dagegen. Weiße Handschuhe liegen nicht bei – reine Vorsichtsmaßnahme des Autors (Foto: F. Borowski)

Im Inneren des Chord QUTEST werkelt ein XILINX Artix-7 FPGA in der weiter oben beschriebenen Funktion als DAC-Chip, sowie eine diskret aufgebaute analoge Ausgangsstufe. Deren Ausgangsspannung lässt sich in drei Stufen umschalten (1V, 2V und 3V), um den Pegel an den angeschlossenen Verstärker anpassen zu können. Leider geht das nur „global“, also nicht individuell pro Eingang. In meinem Test-Setup wäre eine getrennte Anpassung praktisch gewesen, denn mein TV über TOSLINK ist um einige dB leiser als die Wiedergabe vom Computer über USB. Die Umschaltung der Ausgangsspannung muss während der ca. 16-sekündigen Einschaltphase durch Drücken der beiden Tasten vorgenommen werden. „Einschalten“ bedeutet hier übrigens: Stecker in die Steckdose stecken…

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Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.