Die Dänen haben den Dreh heraus. Sie können Design, sie können High-End – und sie lassen sich dieses Doppel normalerweise teuer bezahlen. Doch einer bricht aus: Argon Audio gehört zum mächtigen Verbund von HiFi Klubben. Also: Mit dem Argon Audio TT-4 kommt ein perfekter Aufsteiger-Plattenspieler zum erfreulich bescheidenen Preis.
Keine Geheimnisse, gleich heraus mit der Wahrheit: Ich erinnere mich noch an mein nachdrückliches Erstaunen beim Erlebnis dieses Plattenspielers – und beim Blick auf das Preisetikett. Dass es möglich ist, zu dieser humanen Finanzsumme einen so klangstarken, schlauen, gut-ausgestatteten Plattenspieler zu bauen, sollte auch andere Anbieter inspirieren.
Sie merken: Wir nehmen Kurs auf einen Jubeltest. Aber zuerst die Frage: Wer, bitte, ist Argon Audio? Den Namen haben nur ein paar Kenner auf dem Radar. Schade. Denn das ist eine Weltmarke mit stattlichen Verkaufszahlen. Die Masterminds sitzen in Dänemark. Vor 20 Jahren ertönte der Startschuss für die Marke. Heute agiert sie vor allem unter dem Schirm von HiFi Klubben, das ist die größte (HiFi-) Händlergruppe, die auch Deutschland nach und nach erobern will – mit Stores und einer Online-Plattform. Der Auftritt ist jung-modern, die Preise potenziell günstig. Das sorgt für hohe Stückzahlen. Viel hilft in diesem Falle auch viel.
Argon Audio Plattenspieler TT-4: Technik und Finish
Katze aus dem Sack: unser Held heißt TT-4, er ist das größte Modell im Fundus von Argon Audio und kostet finanzierbare 650 Euro. Ich entreiße ihn dem Versandkarton und staune. Das ist eine überaus hochwertige Verarbeitung. Allein die wuchtigen Füße machen schon etwas her – hier sparen die meisten Mitbewerber, dann wird es traurig für die Augen und Finger. Doch der TT-4 zeigt klar, dass hier jemand den Aufstieg sucht. Vier Farben stehen zur Wahl. Natürlich gibt es glänzendes Schwarz und Weiß, dazu aber so leckere Holzfinishs wie Walnuss und Mahagoni.
Doch die Dänen fangen mit diesen Details gerade erst an. Da wird noch ein Feuerwerk gezündet. So gibt es einen eingebauten Phonoamp für MM-Abtaster, natürlich abschaltbar. Es ist dazu einfach ein kleiner Schalter auf der Rückseite umzulegen. Doch bleiben wir noch bei mechanischen Freuden. Der Plattenteller besteht aus massivem Aluminium, der Antriebsriemen liegt bereits über dem Innenteller und muss nur über den Antriebspulley des Motors gestrippt werden. Gelingt in Sekunden.
Der Teller selbst wiegt 1,4 Kilogramm, nicht wirklich viel, doch mitunter weit mehr, was so manche Konkurrenten aufbieten. Zur Bedämpfung muss eine Gummimatte herhalten, das funktioniert sehr gut.
Die Dramaturgie will, dass wir uns die beiden Pralinen zum Schluss aufheben. Gaumenfreude eins: ein hauseigener Tonarm aus Kohlefaser und Aluminium. Das macht was her, schon optisch. Der Tonabnehmer wird über eine Headshell mit Bajonettverschluss zugeschraubt. Alles sehr praktisch. Das Auflagegewicht ist schnell eingestellt, über eine Skala direkt am Gegengewicht. Simpel auch die Vorgabe des Antiskatings über ein Drehrad (endlich mal nicht diese nervige Justage über hauchdünnen Faden und winziges Gegengewicht).
Wieder der Vergleich: Die meisten Hersteller würden diesen Plattenspieler elegant kalkulieren und ein kleines MM-System aus Fernost aufschrauben. Doch Argon Audio gönnt sich ein ausgewachsenes Ortofon 2M Red. Nur für den Hinterkopf: der Straßenpreis für diesen höchst anspruchsvollen Abnehmer liegt bei round about 100 Euro, das ist ambitioniert.
Und die Kenner von Argon Audio legen nach: Auf ihrer Webseite empfehlen sie den sinnigen Aufstieg zu einem 2M Blue, wozu es einfach die zusteckbare Nadel braucht (150 Euro). Wo liegt die Engstelle? Wie weit kann ein Tonabnehmer den Klang bestimmen? Mich haben die Basis, das Laufwerk und der Arm fasziniert. Da lässt sich durchaus vorstellen, dass man bis in die Liga der günstigeren MC-Systeme vorstoßen kann. Dazu ganz einfach den internen Phonoamp ausschalten und über einen externen Phonoverstärker gehen.
Wie überhaupt nach meinem Geschmack das Nadelöhr dieses Plattenspielers die interne etwas kompromissbehaftete Phonostufe ist.
Wer bei HiFi Klubben kauft, bekommt das 2M perfekt vormontiert. Und auch was es nicht gibt, kommunizieren die Dänen recht offen auf ihrer Webseite: nix Automatik, nix Digital-Ausgang. Was uns nicht ankratzt. Gerade so wie er ist, wirkt der TT-4 wunderbar puristisch.
Klangtest
Mehr gibt es technisch wie politisch nicht zu sagen. Schwenken wir also auf den Klangtest um. Altes oder neues Vinyl? Ich wähle den Spagat. „Sgt. Pepper“ im neusten Remastering und in der neusten 180-Gramm-Pressung. Die Publikumsgeräusche, dann der Schub der Gitarren – kennt jeder. Toll, wie der Argon Audio diese Dramaturgie aufbaut. Dazu eine erstaunliche Präsenz. Das ist nicht die luftig, hochauflösende Räumlichkeit, aber genau der richtige Antritt für den schönen Druck auf die Lungen. Dann „Lucy in the Sky with Diamonds“ – im neuen Mix fliegt das „Pling“ über unsere Köpfe und dreht im Stereodreieck seine Runden. Das bildet der TT-4 minutiös ab. Das ist schönster Vinyl-Charme, dafür liebt man sein Hobby.
Was die Beatles für den Pop sind, war Herbert von Karajan für die Klassik. Und die Deutsche Grammophon presst ihn noch immer in Vinyl. Unser Klangtipp: „Scheherazade“ von Rimski-Korsakow. Die symphonische Dichtung hat der Meister 1967 mit den Berliner Philharmonikern eingespielt. Damals war er noch nicht so sehr auf den Cinemascope-Sound versessen, alles klingt direkt, mit Punch und blendend aufgelegten Blechbläsern. Wieder zeigt der TT-4 seine Vorliebe an einem Klangideal, das zugleich samtig wie druckvoll ist. Im Finale wird einem heiß, unbedingt laut hören!
Wie einsortieren? Welche Konkurrenten schwimmen im Haifischbecken? Wir greifen bewusst in eine höhere Preisklasse. Wir haben noch den „The Classic EVO“ von Pro-Ject in unserem Fundus. Nahezu doppelt so teuer, jedoch verwandt in Auftritt. Aber Pro-Ject protzt hier in vielen Details, vor allem beim Tonabnehmer. Hier tastet ein MC Quintet Red für 350 Euro die Rille ab. Da mussten wir nicht lange hören: der Classic EVO gebiert sich klar als der bessere Plattenspieler. Das wirkte aufgeräumter, mit mehr Luft und Raumgefühl. Aber dieser schöne Vinyl-Punch war dem Pro-Ject fremd. Wer wirklich im Schwarzen-Scheiben-Charme schwimmen will, für den ist der Argon Audio die bessere Wahl.
Fazit Argon Audio TT4
Ein großartiger Plattenspieler. Durchdacht, anspruchsvoll gemacht. Wuchtiger Auftritt im Rack, tolles Finish. Wer keine externe Phonobox will, kann ganz einfach den internen Amp anwerfen. Der Klang ist maximal auf das wohlige Vinyl-Gefühl zugeschnitten, aber mit schönem Druck aus der Boxen-Ebene. Der Preis ist so klein, dass man versucht ist, einen Haken zu finden. Allein: es gibt keinen.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Lustvoll, zupackendes Musizieren |
| Erstaunlich hohe Verarbeitungsqualität |
| Praxisgerechte Anschlüsse |
| Ausgezeichnetes Klang/Preis-Verhältnis |
Vertrieb:
HiFi Klubben Deutschland GmbH
Große Bergstraße 223
22767 Hamburg
Telefon: 0800 / 0004670
https://argonaudio.de/
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Argon Audio TT-4: 649 Euro
Technische Daten
Argon Audio TT-4 | |
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Konzept: | Plattenspieler mit Riemenantrieb |
Tonarm | 8,8 Zoll Kohlefaser |
vormontierter Tonabnehmer: | Ortofon 2 M Red (MM) |
Besonderheiten: | eingebaute MM-Phono-Vorstufe (abschaltbar) |
Gewicht: | 9,0 kg (inklusive Karton) |
Abmessungen (B x H x T): | 42,0 x 14,2 x 35,5 cm |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Ortofon 2M Familie – der Übersichtstest
Ortofon 2M Blue: MM-System zum Toppreis
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