Der Manger-Wandler ist ein bisschen wie der Wankel-Motor der Lautsprecherszene. Jeder HiFi-Fan hat seine eigene Geschichte dazu und jeder Interessierte weiß irgendeinen Vor- oder Nachteil zu erzählen. Aber man spricht stets mit Hochachtung von ihm. Fakt ist aber auch: Die meisten haben ihn – aus Mangel an Gelegenheit – noch nicht spielen hören. Was schade ist. Denn bei allen Besonderheiten dieses Treibers bleibt festzuhalten, dass er einen über die Maßen natürlichen Ton produzieren kann. So natürlich, dass für den “audiophilen” Tonmeister David Chesky überhaupt kein anderes Schallwandlungsprinzip zum Abhören und Mischen in Frage kommt. Die derzeit günstige Form, um an einen Manger zu kommen, ist der sympathische Onwall-Speaker Manger w1. Wir hatten den passiven Flachmann über einige Wochen im Test.
Bevor wir uns aber dem w1 widmen, will ich hier zunächst noch einmal auf das Konzept des Manger eingehen. Zunächst einmal ist der Manger ein Breitbandtreiber, der anstandslos von 100 Hertz bis 30 Kilohertz spielt. Das ist – wenn man seine Membran anfasst – gar nicht zu erwarten. Die besteht nämlich aus einer hoch gedämpften, Gummi-ähnlich elastischen und planen Fläche.
Doch anders als klassische Breitbänder, die von einer Schwingspule zu einem kolbenförmigen Hub getrieben werden und womöglich mit einem sogenannten Schwirrkonus (allein das Wort klingt schon komisch) einen irgendwie gearteten Hochtonbereich zu realisieren versuchen, schwingen beim Manger einzelne Areale: Biegewellen-Schallwandler nennt man so etwas. Das Modell von der Manger-Website zeigt, wo die einzelnen Frequenzbereiche entstehen.

Und anders als bei klassischen Breitbänder-Membranen, die möglichst leicht sind und parziell länger nachschwingen, sorgt die hohe Dämpfung des Mangers für kürzeste Ein- und Ausschwingvorgänge. Schickt man beispielsweise ein Rechteck-Messsignal auf den Manger, wird es vom Manger kaum verzerrt; bei den meisten klassischen HiFi-Boxen kommt das Rechteck dagegen ziemlich schief…

Die sternförmige Bedämfung der Membran hilft bei dieser parziellen Verteilung. Josef Wilhelm Manger, der 2016 verstorbene Firmengründer und Mastermind hinter diesem Konzept, hat einen speziellen Kunststoff für die Membran entworfen, damit diese möglichst keine Energie speichert.

Eine weitere Besonderheit ist die Kombination gleich zweier (sehr leichter) Schwingspulen, die beide auf dem gleichen Schwingspulenträger sitzen. Da der Manger über keinen klassischen Spider verfügt, sollen die zwei untereinander sitzenden Spulen ein Taumeln im Magnetspalt verhindern.

Die vier, nur 0.1mm feinen Schwingspulen-Zuleitungen auf der Vorderseite der Membran sind aus reinem Kupfer und werden – wie sonst? – in Handarbeit mit den Wicklungen der beiden 0,4 Gramm leichten Aluminiumschwingspulen verlötet (Foto: Manger)
Das Besondere am Manger w1
Innerhalb des Manger Portfolios ist der w1 eine Ausnahme: Wird der Diskus-große Wandler normalerweise von einem Tieftöner unterstützt, haben wir es hier quasi mit Manger “pur” zu tun: Lediglich einer der Biegewellenschwinger sitzt in einer Box, die mit ihren Abmessungen von 44 Zentimetern Höhe, einer Breite von 26 Zentimetern und einer maximalen Tiefe von 14 Zentimeter (verjüngt sich auf sieben Zentimeter) gar nicht groß ist und so auch keinen sonderlich imposanten Tiefbass erwarten lässt.

Das war hier auch nicht die Idee. Im Gegenteil: Firmenchefin und -Entwicklerin Daniela Manger beschneidet den Onwall-Speaker zusätzlich mit einem großen Kondensator im Signalweg. Der Kondensator bewirkt hier einen sanften (6 dB/Oktave) Abfall unterhalb 200 Hertz. Den Bass muss ein möglichst guter Subwoofer zuliefern, der idealerweise stufenlos bis mindestens 150 Hertz einstellbar ist. Wer jetzt nachrechnet, kommt auf ein “Loch” zwischen 150 und 200 Hertz.
Doch keine Bange: Weil der w1 ja direkt an der Wand sitzt, sorgt die umgebende Fläche für eine entsprechende “Auffütterung” der Senke. In den meisten Fällen wird man die Übergangsfrequenz des Subwoofers sogar noch etwas herunterdrehen, weil es dann etwas schlanker und präziser klingt. Daniela Manger selbst gibt keine konkreten Empfehlungen für Subwoofer ab. Aber auf den Mitteldeutschen HiFi-Tagen führte sie mit einem Martin Logan der Dynamo-Serie (1600X) vor. Das klang sehr überzeugend…

Das Gehäuse ist – wie der gesamte Lautsprecher – Made in Germany. Der Manger-Wandler wird natürlich im heimischen Mellrichstadt aufgebaut, seine Membran (gemixt nach immer noch geheimem Rezept) entsteht unter echten Reinraum-Bedingungen. Nur so, sagt Daniela Manger, sind die enormen Qualitätsanforderungen umzusetzen.
Und wie es sich für eine so kleine Manufaktur gehört, kann man Kundenwünsche flexibel umsetzen. So ist das Finish in allen RAL und NCS-Farben erhältlich. Auch gut zu wissen.
Praxis
Was dem Wankel-Motor der hohe Verbrauch, ist dem Manger Wandler die vergleichsweise starke Bündelung. Deshalb ist man klug beraten, den w1 einigermaßen genau auf den Hörplatz auszurichten. Der “eingebaute” 16° Winkel ist dabei hilfreich – auch, wenn man den w1 als Center-Speaker einsetzt.

Durch die Bank erfreulich ist das elektrische Verhalten des Manger: Sein Wirkungsgrad liegt mit 89 dB (1Watt / 1 Meter) so hoch, dass auch kleinere Verstärker mühelos mit ihm klarkommen: Ein so lineares Verhalten von Impedanz, Phase und EPDR ist selbst für kleine Röhren-Amps optimal.

Neben dem hohen Wirkungsgrad erstaunt der w1 aber auch mit einem stattlichen Maximalpegel: 96 dB (Dauer) und 108 dB kurzfristig lassen ihn auch in einem ausgewachsenen Mehrkanal-Heimkino eine gute Rolle spielen.
Apropos Mehrkanal: Der Manger besticht ja durch seine hohe Homogenität. Fünf oder gar sieben w1 in einem Mehrkanalsystem sind bezüglich Stimmigkeit kaum zu toppen.
Wie oben schon angedeutet (und wie aus den Messungen ersichtlich), lässt Daniela Manger den w1 mittels eines Kondensators im Signalweg unterhalb 200 Hertz sanft auslaufen. Das erfordert zwingend einen zusätzlichen Subwoofer. Wir nutzten im Hörtest den vorzüglichen Inklang Ayers Sub, der dank Impuls-korrigierten Aufbaus (zwei Bässe arbeiten Phasen-verdreht gegeneinander und korrigieren sich so) einen sehr präzisen Tiefton verspricht.

Da ich kurz zuvor auch die Inklang Ayers Wall im Test hatte (im Paket mit diesem Subwoofer), war die optimale Aufstellung im Raum bereits gefunden und wir konnten schon einige Erfahrung im Zusammenspiel dieses Subwoofers mit kleinen Satelliten sammeln.
Ich muss es an dieser Stelle noch einmal unterstreichen: Die Kombination mit einem Subwoofer (beziehungsweise dessen Ein- und Aufstellung) im Raum ist nichts für Anfänger – oder für Menschen, die keinerlei Messmöglichkeiten haben. Für uns ist es relativ simpel, mit den entsprechenden Messmöglichkeiten auf ein perfektes Ergebnis zu kommen. Wer den Subwoofer (welchen auch immer) lediglich mit dem Ohr einstellen will, ist verloren. Das Klügste ist, den Händler zu bemühen. Auch der sollte über ein entsprechendes Equipment und entsprechende Erfahrung verfügen. Oder man tastet sich mit (mittlerweile für kleines Geld zu beziehendem) Mess-Equipment an das beste Ergebnis heran…
Hörtest
Wir hatten den w1 in beiden Münchener Hörraumen: Im Kleinen (15 Quadratmeter) hören wir normalerweise die günstigeren Elektronik-Komponenten und die Kompaktboxen. Er ist deshalb stark bedämpft. Der w1 deutete schon hier sein hohes Potenzial an: Es klang auch dank des exzellenten Subwoofers ungemein souverän und breitbandig. Das Klangbild kam gleichermaßen ausgewogen wie richtig, dazu enorm abbildungsstark, aber auch ein bisschen matt. Ich hatte es oben schon angedeutet: Weil der Manger realativ stark bündelt, ist er in stark bedämpften Räumen womöglich nicht so gut aufgehoben. Im kleinen LowBeats Hörraum jedenfalls wollte der Funke nicht so recht überspringen.
Das änderte sich im großen Hörraum, der wegen vieler Diffusoren insgesamt sehr viel lebendiger klingt. Hier, wo auch die aktive Manger S1 brillieren konnte (siehe Test), klang der w1 um einiges spielfreudiger, offener und auch der Oberbass kam federnder. Aber ich fremdelte immer noch ein wenig mit dem Manger, der mich immer noch nicht richtig mitriss. Aber über die Tage gewöhnte ich mich mehr und mehr an den Manger und ließ nebenher ein Album nach dem anderen laufen.
Und plötzlich hatte mich das w1-Trio. Bachs “Wohltemperiertes Klavier”, eingespielt von Vladimir Ashkenazy, transportierte der Dreier bestürzend echt in den Hörraum. Jeder einzelne Anschlag kam wohldosiert, hatte genau das richtige Maß an Kraft und Energie. Jeder Ton saß und auch die innere Dynamik war schlichtweg überragend. Ich habe diese Aufnahme schon oft und gern gehört, aber noch nie so schlüssig und “richtig”.
Denn obendrein schob die Kombination auch die tiefen Register mit großem Verve in den Hörraum. Und sie bildete die Ausmaße des Flügels ungemein glaubhaft ab. Der Manger w1 ist sicherlich nicht der mitreißendste Lautsprecher, den ich kenne. Doch wenn man sich erst einmal auf ihn einlässt, bietet er eine Stimmigkeit und innere Homogenität, wie sie kaum ein anderer Schallwandler am Markt bietet.

Fazit Manger w1
Der Manger-Wandler ist auf seine Art außergewöhnlich: Alles, was er macht, ist sehr natürlich, er trifft den Ton absolut genau. Dies ist ein Lautsprecher für erwachsene Hörer, der nicht durch knallige Mitten oder flirrende Höhen überzeugt, sondern – wenn er richtig ein- und aufgestellt ist – genauso natürlich wie plastisch klingt und nur das zeigt, was auf der Aufnahme ist. Er ist das Gegenteil von einem Blender, der allerdings vor allem in akustisch lebendigen Räumen auflebt.
Der w1 ist nicht wirklich günstig. Ab 6.000 Euro kostet das Paar und dann muss noch ein Subwoofer gekauft und eingebunden werden. Auf der Habenseite aber hat er seine tolle Verarbeitung und seine elektrische Gutmütigkeit, die ihn auch mit kleineren Verstärkern wunderbar natürlich, aber auch erfreulich laut klingen lässt. Und als “lauter” Punktschallquellen-Wandler ist der w1 wie gemacht für eine Mehrkanal-Wiedergabe. Das wird dann zwar richtig teuer, dürfte aber für eine einzigartige Homogenität des dreidimensionalen Klangbilds sorgen…
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Präziser, sehr homogener und natürlicher Klang |
| Erfreulich Wirkungsgrad-stark. Problemlos auch für kleine Verstärker |
| Gute Verarbeitung, flexibel einsetzbar auch in Mehrkanalsystemen |
| Reagiert im Mittelhochtonbereich recht sensibel auf ungünstige Raumakustik |
Vertrieb:
Manger Audio
Hendunger Strasse 53
97638 Mellrichstadt
www.mangeraudio.com
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Manger W1: ab 6.000 Euro
Die technischen Daten
Manger w1 | |
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Technisches Konzept: | Passiver 1-Weg On-Wall Lautsprecher |
Übertragungsbereich: | 150 Hz – 30 kHz |
Wirkungsgrad: | 89 Dezibel |
Maximaler Schalldruck (Dauer / kurzfristig): | 96 / 110 Dezibel |
Mindestleistung für Max-Pegel: | >11 Watt |
Neigungswinkel | 16° |
Abmessungen (B x H x T): | 26,4 x 43,6 x 71/136 mm |
Gewicht: | 6,0 kg |
Alle technischen Daten |