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Spendor Classic 2/3 Paar
Die Classic 2/3 ist die größte Kompaktbox im Programm von Spendor – und ihren BBC-Ahnen vielleicht am ähnlichsten. Der Preis: 5.300 Euro pro Paar (Foto. Spendor)

Test Kompaktbox Spendor Classic 2/3

Spendor. Allein schon bei dem Namen läuft den Freunden des britischen HiFi das Wasser im Munde zusammen. Schaut man auf die Modellpalette des 1969 gegründeten Unternehmens, ist es fast so, als blicke man noch einmal in die Entwicklungsabteilung der BBC, die in den 1960er und 1970er Jahren des vorigen Jahrhunderts die HiFi-Szene belebte und inspirierte wie keine andere Institution. Und wollte man noch einen draufsetzen: Die hier vorgestellte Spendor Classic 2/3 ist vielleicht sogar jener Lautsprecher im Programm, der mit seinem Aufbau den damaligen Ikonen noch am nächsten kommt.

Spendor Classic 2/3 im LowBeats Hörraum
Die Spendor Classic 2/3 ist eine große 2-Wege Bassreflexbox – hier auf dem entsprechenden Ständer (Foto: H. Biermann)

Die Besonderheiten der Spendor Classic 2/3…

…ist natürlich ihre Verwandtschaft zu den BBC-Monitoren, an denen Spendor-Firmengründer Spencer Hughes entwicklungstechnisch noch direkt beteiligt war. Also: Wir sprechen von einem großen 2-Wege Kompaktmonitor (knapp 50 Liter Innenvolumen), dessen Tiefmitteltöner mit 21 Zentimetern Durchmesser vergleichsweise groß und die Hochtonkalotte mit einem Durchmesser von 22 Millimetern ungewöhnlich klein ist. Dabei setzt das heutige Mastermind von Spendor, Philip Swift, nach alter Väter Sitte auf hochdämpfende Materialien: eine Polymer-Membran für den Tiefmitteltöner, Seide für den Hochtöner. Das war damals und ist heute fast immer die Gewähr für einen natürlichen, niemals aufdringlichen Klang.

Spendor Classic 2/3 Bestückung
Die Hochtonkalotte ist mit 19 mm ungewöhnlich klein, ist aber von einer breiten Sicke eingespannt – die vergrößert die Fläche auf insgesamt 22 mm. Die Membran des Tiefmitteltöners ist ebenfalls hochdämpfend und erinnert in seiner Beschaffenheit ein bisschen an das Bextren der Vorgänger-Serien (Foto: H. Biermann)

Spendor baut übrigens etliche der eingesetzten Treiber im heimischen Sussex selbst. So haben die Briten den Tiefmitteltöner in vielen Jahrzehnten exakt auf ihre Klang-Philosophie hin optimiert. Das heißt: Die Antriebe werden immer verzerrungsärmer, die Membranen immer fester und dennoch ohne Eigenklang. Und weil man bei Spendor diese lange Zeit Erfahrung hat, kann man heute – anders als in den seligen BBC-Zeiten – Treiber entwickeln, die keiner allzu harte Filterung durch die Frequenzweiche bedürfen. Den relativ großen Tiefmitteltöner jedenfalls lassen die Briten über sechseinhalb Oktaven bis 3,5 KHz laufen – ohne größere Linearisierungen. Das spricht für eine erfreulich resonanzarme (Membran-) Konstruktion.

Spendor Classic 2/3 Frequenzweiche
Das Bild zeigt die Frequenzweichenplatine der Spendor Classic 2/3 auf der Rückwand der Box: Die Spulen sitzen möglichst weit voneinander entfernt, die Qualität der Bauteile ist klassengerecht hoch. Rechts neben der Weiche sieht man eine der innen aufgeklebten Dämpfungsplatten (Foto: H. Biermann)

Auch die Gehäuse entstehen bei Spendor selbst – es geht das Gerücht, dass die Traditionsfirma für andere, namhafte Anbieter ebenfalls fertigt. Es gibt jedenfalls ausreichend tischlerische Kompetenz, um die sehr speziellen Ansätze, die seinerzeit unter anderem von Spencer Hughes für die BBC-Monitore entwickelt wurden, umzusetzen. Denn anders als die absolute Mehrheit der Lautsprecher-Anbieter verwendet Spendor verhältnismäßig dünne Gehäusewände. Genauer: Die Schall- und die Rückwand sind 18 mm, die Seitenwände plus Deckel und Boden aber nur 9 mm stark, beziehungsweise dünn. Die Idee dahinter ist einfach: Dünne Wände lassen Vibrationsenergie sehr viel schneller wieder ausklingen als dicke.

Spendor Classic 2/3 Schallwand
Die Schallwand der Spendor Classic 2/3: Perfekt ausgefrästes und furniertes MDF in der Stärke von 18 Millimetern. Zwischen Tiefmitteltöner und Bassreflexkanal ist eine Verstrebung zu erkennen (Foto: H. Biermann)

Die Nachteile aber liegen ebenfalls auf der Hand: Sie lassen sich schneller zum Vibrieren anregen und sind schalldurchlässiger als dickere Wände. Doch in diesen beiden Punkten will Philip Swift deutlich vorangekommen sein: Zum einen durch Computer-berechnete Versteifungen an Resonanz-kritischen Stellen, vor allem aber durch das Aufbringen moderner, dauerelastischer und hochdämpfender Platten im Inneren – wie sie auch in der Automobil-Industrie verwendet werden. Durch diesen Trick meinen die Briten, bei ihrem Idealaufbau mit dünnen Wänden bleiben zu können und trotzdem klanglich sehr viel weiterzukommen als die ähnlich aufgebauten, ehrwürdigen Monitore der großen BBC-Zeit.

Praxis

Eine schöne Tradition hat Sperndor bei der Classic 2/3 in jedem Fall beibehalten: eine eher hochohmige Impedanz (nominal 8 Ohm) – im Falle der Classic 2/3 mit einem Impedanz-Minimum von 5 Ohm. Und weil Impedanz und Phase – ebenfalls ein Ideal bei Spendor – keine wilden Sprünge machen, und weil der Wirkungsgrad trotz hoher Impedanz bei über 86 Dezibel liegt, eignet sich dieser große Monitor auch für die Kombination mit schwächlicheren Röhren-Amps. Wie üblich haben wir versuchsweise unseren Redaktions-Liebling Mira Ceti von Fezz Audio (knapp neun 300B-Watt pro Kanal) angeschlossen. Das klang erwartungsgemäß: bezaubernd natürlich und sehr fein. Aber es fehlte ein bisschen der Biss, weshalb wir anschließend bei feiner Transistor-Elektronik blieben: Rotel RA-6000 und Soulnote A-1.

Spendor Classic 2/3 Anschluss
„Designed und manufactured in the UK“ – das gilt beileibe nicht für alle britischen Traditions-Lautsprecher. Der Anschluss ist als Bi-Wiring ausgeführt, die Verbindungskabel auf dem Bild sind die hervorragenden Signature Jumper von Chord (Foto: H. Biermann)

Den Bi-Wiring-Anschluss nutzen erfahrungsgemäß nur wenige Musikfreunde. Spendor setzt als Brücke Metallstifte ein. Die sind zwar besser als die klassischen Blechbrücken, aber immer noch ein Nadelöhr. Der Spendor-Vertrieb (HHH Vertrieb in Hamburg) legte deshalb noch ein Päckchen mit speziellen Bi-Wiring-Jumpern von Chord (Preis: 300 Euro) bei. Weil ich gerade parallel an einer Bi-Wiring-Geschichte arbeite, konnte ich die Qualität der Chord-Brücken gut einschätzen: Sie ist wirklich hoch und fast schon eine Empfehlung, die Verkabelung komplett mit Chord Signature zu machen. Aber leider sind auch die nicht ganz billig…

Das Bild ganz oben zeigt die Spendor Classic 2/3 auf den passenden Ständern. Ehrlich gesagt gehört sie auch genau dorthin. Denn für eine klassische „Regalbox“ ist sie einfach zu groß und gehört qua Qualität sowieso nicht an diese Stelle. Aber auch auf dem Sideboard wirkt sie wegen der Größe unpassend. Die Ständer sind akustisch/optisch gut gemacht und bringen den Monitor auf die exakt richtige Höhe – kosten allerdings noch einmal fast 700 Euro pro Stück. Das ist ganz schön happig. Denn der Gesamtpreis addiert sich mit ihnen auf 6.700 Euro.

Aber der Ständer versetzt den Musikfreund in die Lage, die Spendors perfekt aufzustellen: Mit etwa 50 Zentimeter Abstand zur Rückwand ergab sich im kleinen LowBeats Hörraum die beste Balance aus sattem Tiefbass und Kontrolle. In verschiedenen Tests der 2/3 hatte ich gelesen, dass man den großen Monitor auch direkt an die Rückwand stellen könne. Davon würde ich nach meinen Erfahrungen abraten, denn an der Wand wird sie womöglich zu kräftig im Bass.

In der Ausrichtung auf den Hörplatz zeigte sich die Spendor erfreulich unkompliziert. Die Befürchtung, dass der relativ große Tiefmitteltöner wegen der hohen Übergangsfrequenz hörbar bündelt und man sie deshalb exakt auf den Hörplatz einwinkeln muss, erwies sich als unbegründet

Der Hörtest…

…birgt für Spendor-Kenner keinerlei Überraschungen. Die Classic 2/3 tönt genauso natürlich vollmundig und dabei so fein durchhörbar wie man es sich von Lautsprechern dieser (BBC-) Herkunft und von klassisch-britischen Lautsprechern wünscht. Allerdings strahlt die sehr kleine Hochtonkalotte Prinzip- und Größen-bedingt die Hochtonenergie noch etwas breiter in den Raum ab als die üblichen 25-, 29- oder gar 35-Millimeter Kalotten und setzt somit eine sehr feine und luftige Hochtonwiedergabe obendrauf. Das ist bei diesen klassischen, BBC-angelehnten Monitoren ja nicht immer der Fall…

Mit der Spendor jedenfalls lässt sich prima hören. Schon nach wenigen Takten schaffte es dieser Lautsprecher, uns aus dem Testmodus herauszuholen und einfach Musik hören zu lassen. Man merkt das immer daran, dass die Unterhaltung von „das kann sie gut oder eben nicht so gut“ hin zu „welche Musik spielen wir als nächstes?“ wechselt.

Aus der Musikredaktion jedenfalls hatte uns gerade erst wieder ein audiophiler Tipp erreicht, der unbedingt gehört werden wollte: „Lom“ vom Multitalent Olaf Taranczewski. Eine hervorragende Jazz-Aufnahme, in der das ganze Klangbild wunderbar frei und präzise ist: Die Becken glänzen und die einzelnen Klavieranschläge sind präzise auseinanderzuhalten.

Taranczewski „Lom“ Cover
Taranczewski mit „Lom“ erscheint bei Hey!blau Records als CD oder online, zum Beispiel auf qobuz.de

Die Spendor schaffte es, diese Aufnahme so packend darzustellen, dass man die Wischer auf der Snare mit dem Besen fast spüren konnte. Das Piano und der begleitende Bass hatten Kraft und Kontur. Alles kam irgendwie sehr selbstverständlich – wie auch die völlige Loslösung der Musik von den Lautsprechern.

Aber das war längst noch nicht alles. Vor allem Stimmen sind mit der Spendor ein Fest. Adele’s „We wont go“ (Album: 21) startet ganz dezent mit Piano und Snare-Drum. Dann setzt Adeles Stimme ein und der Spendor gelang das Kunststück, diese gleichermaßen so kraftvolle wie auch irgendwie zerbrechliche Stimme mit all ihren Facetten absolut authentisch wiederzugeben und die Sängerin plastisch in den Raum zu stellen.

Die zum Vergleich herangezogene Dynaudio Heritage Special, immerhin Kompaktboxen-Referenz bei LowBeats ging die Wiedergabe etwas impulsiver, auch ein Stückweit detailverliebter an und schob im Bass – trotz der geringeren Größe – noch kraftvoller nach vorn. Und in Sachen Maximalpegel liegen beide in etwa auf einem Niveau.

Spendor Classic 2/3 versus Dynaudio Heritage Special
Schon der optische Vergleich zur Dynaudio Heritage Special macht deutlich, dass es sich bei der Classic 2/3 um eine wirklich ausgewachsene Kompaktbox handelt…  (Foto: H. Biermann)

Insgesamt wirkte die Spendor etwas zurückhaltender – man könnte sagen: „relaxter“ als die Dynaudio – was ihrer Faszination jedoch keinen Abbruch tat. Denn diese herrlich natürliche Mitten- und Stimmwiedergabe ist das, was mitreißend, aber alles andere als aufdringlich ist. Ein Lautsprecher für lange Hörabende.

Fazit Spendor Classic 2/3

Der einzige Nachteil der Spendor liegt in ihrer Größe. Nicht nur der Vergleich mit der Dynaudio bewies, dass man heute ähnlich hohe Pegel und ähnlich tiefe Bässe auch aus kleineren Gehäusen zaubern kann. Allerdings sind die Gehäuse ja wirklich hübsch gemacht und darüber hinaus lassen sich keine Schwächen erkennen: Ein ordentlicher Wirkungsgrad, eine Röhren-taugliche Impedanz und ein wunderbar unaufdringlicher wie faszinierend natürlicher Klang machen die 2/3 nicht nur zum idealen Partner für ausgiebige Hörabende, sondern zu einem Schallwandler, der wahrscheinlich lange bleiben wird…

Spendor Classic 2/3
2024/06
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Breitbandige, natürliche und sehr räumliche Wiedergabe
Zurückhaltende, dennoch offen und feine Mitten
Hohe, stabile Impedanz. Röhren-tauglich
ungewöhnlich groß, Ständer sind recht teuer

Vertrieb:
DREI H Vertriebs GMBH
Kedenburgstraße 44 / Haus D
22041 Hamburg
Telefon: 040 375 075 15
3-h.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Spendor Classic 2/3: 5.300 Euro
Ständer für Classic 2/3: 1.400 Euro
Chord Bi-Wiring-Jumper: 300 Euro

Technische Daten

Spendor Classic 2/3
Konzept:2-Wege Kompaktbox, Bassreflex
Wandler-Bestückung:HT: 1 x 22 mm, TMT: 1 x 21 cm
Wirkungsgrad (2,83 V/m):86,5 dB
Nominelle Impedanz:8 Ohm (Minimum: 5 Ohm)
Besonderheiten:Gehäusekonstruktion nach BBC-Idealen
Farben:
Kirsche und Walnuss
Abmessungen (B x H x T):27,3 x 54,3 x 33,8 cm
Gewicht:15,2 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Dynaudio Heritage Special: in der Tradition der großen Sondermodelle
Test 300B-Röhrenverstärker Fezz Audio Mira Ceti
Test Vollverstärker Soulnote A-1

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.