Mit den sehr überzeugenden Modellen Green, Blue und Black hat der deutsche, stark analog ausgerichtete TAD Audio-Vertrieb seine hauseigene Excalibur-Tonabnehmerserie begründet. Nun legen die Bayern nach. Mit Excalibur Platinum, Gold und Red bringen sie drei wirklich musikalische und vielseitige MC-Systeme, die auch preislich im angenehmen Rahmen bleiben. Genauer: das High Out MC Excalibur Red kostet 700 Euro, die beiden Low Output MCs Gold und Platin kosten 1.000 beziehungsweise 1.300 Euro.
Ursprünglich waren die Excalibur-Tonabnehmer ja nur als – böses Wort – “Lückenfüller” im Programm von TAD Audio gedacht. Oder besser als Headshell-Füller für die ebenfalls von TAD betreuten Rega-Laufwerke. Diesen fabelhaften Spielern fehlte es lange Zeit an wirklich maßgeschneiderten Tonabnehmern gehobener Qualität, preislich angesiedelt zwischen den Rega-MMs, die bis etwas über 400 Euro reichen und dem zunächst einzigen MC-System Apheta, das schon in seiner ersten Generation bei 1.500 Euro lag.
Man beauftragte also den Industriedesigner und Analogspezialisten Helmut Thiele mit dem Entwurf eines Systemkorpus, der so absolut formschlüssig unter das Rega-Headshell passt, dass sich beim Einbau jegliche Überhang-Justage erübrigt. Bei einem nach Werksvorgaben korrekt montierten Rega-Arm egal welchen Modells muss man also tatsächlich nur das System lose anschrauben und dann so ausrichten, dass der Korpus und die (je nach Arm-Modell schwarz lackierte oder blank polierte) Headshell exakt fluchten.
Von diesem Rezept abzuweichen braucht man nur, wenn der Arm-Tellerlager-Abstand falsch ist (kommt mitunter bei Fremdspielern vor, die mit OEM-Rega-Armen ausgeliefert werden), oder wenn man bewusst einen anderen Spurfehlwinkel-Verlauf anstrebt als den von Rega gemäß der Stevenson-Geometrie gewählten, der wie jedes Detail der Plattenwiedergabe natürlich auch wieder nur eine von mehreren durchaus diskutierbaren Möglichkeiten darstellt.
Excalibur Platinum, Gold und Red: erfolgreich nicht nur in Rega-Armen
Da es zu den Einbaumaßen von Abtastsystemen – etwa dem Abstand der Befestigungsschrauben voneinander und zur Nadelspitze – zwar keine verbindlichen Normen, wohl aber etablierte internationale Konventionen gibt (12,7mm respektive ca. 9mm), passen die Excalibur-Systeme auch in beliebige andere Tonarme. Das gilt sowohl für die drei bereits bei LowBeats getesteten Modelle Green, Blue und Black, die sich mit Preisen zwischen 500 und 700 Euro markenübergreifend großer Beliebtheit erfreuen, als auch für die drei später hinzugekommenen Farben Red, Gold und Platinum, um die es in dieser Geschichte geht.
Die Farbe unterscheidet sich von Modell zu Modell, Gehäuseform und -aufbau gleichen sich jedoch bei allen sechs Excaliburs: Die Bodys bestehen aus ABS-Kunststoff und werden im Spritzgussverfahren hergestellt. Die Vereinheitlichung senkt die Kosten für die Gussformen – diesen Effekt nutzen auch andere Hersteller wie Ortofon und Audio-Technica, die oft jeweils fünf- bis sechsköpfige Systemfamilien mit gleicher Karosserie, aber unterschiedlicher Technik anbieten.
Der ABS-Kunststoff für die Excalibur-Bodys ist in der jeweiligen Farbe durchgefärbt. Nur bei den beiden Topmodellen ist das Plastik neutral-grau und an der Oberfläche gold- beziehungsweise platinfarben metallisiert. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Oberflächenbehandlung die Korpusse auch mechanisch ganz leicht verändert, zumal es sich auch bei dem Grundmaterial um eine geringfügig andere Kunststoff-Rezeptur handeln soll. Wobei „geringfügig“ bei einem Messgerät für Mikrovibrationen (denn das ist ein Tonabnehmer letztlich) durchaus relevant sein kann – ein Sachverhalt, der auch auf die genaue innere Formgebung des Systembodys zutrifft, wo sich mit ganz unscheinbaren Änderungen an Wandstärken, Verstrebungen und der genauen Form der internen Hohlräume mitunter erstaunliche Klangunterschiede bewirken lassen.
Helmut Thiele jedenfalls ist überzeugt, mit viel Experimentieren schon recht nah an das mit Kunststoffgehäusen Mögliche herangekommen zu sein. Der nächste Schritt ginge dann hin zu anderen Materialien für die Grund-Tragestrukturen – etwa Keramik oder Metall – und womöglich bis zum gänzlichen Verzicht auf ein schützendes Gehäuse, wie es etwa Lyra vorexerziert. Aber nicht jeder schätzt das Handling nackter Systeme, und nicht jeder ist bereit, den für den größeren Aufwand fälligen Mehrpreis zu zahlen.
Befestigt werden Excalibur Platinum und Gold mit M2,5-Inbusschrauben, die den Systemen in zwei unterschiedlichen Längen beiliegen. Muttern dazu braucht man nicht, da die Systeme mit fest eingegossenen Messing-Gewindebuchsen ausgestattet sind. Zwei Dinge gibt es dabei zu beachten: Erstens kamen die Testsysteme mit unterschiedlichen Gewindenormen: Gold und Platinum mit M2,5-Gewinden, Red und auch alle früher getesteten Modelle mit 3/32 Zoll, was ca. 2,4 Millimetern entspricht.
Wenn bei der Montage die Schraube durchrutscht oder noch vor der ersten Umdrehung klemmt, hat man wahrscheinlich das falsche Kaliber erwischt. Dann also nicht wundern, und auch nicht mit Gewalt versuchen, sondern nachmessen. Denn optisch sind die beiden Stärken kaum zu unterscheiden. Natürlich liegen einem neuen System zunächst stets die richtigen Schrauben bei. Wer aber wie der Autor öfter mal umbaut und die Schrauben gerne in diversen Kästchen zwischenlagert, sollte diesen Sachverhalt im Hinterkopf behalten. Und zweitens halten die in Kunststoff eingebetteten Metallgewinde keine rohe Gewalt aus. Den auf knackige 0,4 Newtonmeter kalibrierten Drehmomentschlüssel, mit dem Rega-Spezialisten ihren Systemen zu Leibe rücken, würde der Autor beim Einbau der Excaliburs jedenfalls besser im Werkzeugkasten lassen.
Allen Excaliburs gemein ist ihr relativ niedriges Eigengewicht von 5,2 bis 5,4 Gramm. Zusammen mit ihrer für MC-Verhältnisse eher etwas höheren Nadelnachgiebigkeit eignen sich die Systeme gut für den Betrieb in klassisch mittelschweren, modernen Tonarmen bis etwa 15 Gramm effektiver Masse. Auch Arme unter 10 Gramm kann man mit etwas zusätzlichem Ballast am Headshell bedenkenlos verwenden – die Eigenresonanz der Systeme ist gut bedämpft und nicht sehr ausgeprägt. Verwindungssteif, spielfrei und präzise gelagert sollte der Tonarm sein, aber das ist generell eine Grundvoraussetzung, wenn teure Abtaster ihren Anschaffungspreis auch klanglich wert sein sollen.
Excalibur Red für 700 Euro: High End mit High Output
Auch wenn es etwas verzögert auf den Markt kam, ist das Excalibur Red das direkte Parallelmodell zum Black: gleicher Preis, gleicher Nadelträger aus Aluminium und gleiche Nadel: Ein quadratisches Naturdiamant-Stäbchen mit Shibata-Schliff.
Der einzige Unterschied findet sich, von außen unsichtbar, am hinteren Ende des Nadelträgers: Das Spulenpaket des Red ist zwar immer noch winzig, aber deutlich dicker als beim Black. Am Gleichstromwiderstand von 130Ω laut Datenblatt lässt sich ablesen, dass die Mitarbeiter des japanischen Fertigungsbetriebs dem Red rund viermal so viele Kupferdraht-Windungen auf den kreuzförmigen Spulenträger packen. Das verspricht bei ansonsten gleicher Konstruktion viermal soviel Ausgangsspannung als beim Black – die das Red dann auch liefert: 2 Millivolt statt 0,5 Millivolt. In der LowBeats-Messung liegen beide Werte etwas höher, weil wir eine andere Messnorm verwenden. Der Faktor 4 vom Black zum Red bleibt aber erhalten.
Das Excalibur Red ist damit also ein High-Output-MC, das direkt am MM-Eingang betrieben werden kann. Zumindest sofern dieser rauscharm genug ist. Denn gegenüber einem „richtigen“ MM mit typischerweise eher 5 bis 6 Millivolt Ausgangsspannung ist das Red immer noch leise. Genau richtig für den überragenden KECES-Phonovorverstärker SPhono, dessen Verstärkungsfaktor sich per Kippschalter um 6dB anheben lässt. Unabhängig vom Ausgangspegel des angeschlossenen Systems, ganz gleich ob MM oder MC, rauscht er schlicht gar nicht und öffnet der Musik einen sehr weiten, klaren Dynamik- und Farbenraum.
Wie weit ein System diesen nutzen und ausfüllen kann, hängt natürlich nicht nur vom System selbst, sondern sehr stark auch von Arm und Laufwerk ab. Weshalb wir zu vergleichende Systeme stets in baugleichen Armen hören, die abwechselnd auf demselben Laufwerk Platz nehmen: Entweder in zwei Linn Ekos I auf dem Linn LP12, oder in zwei SME 309 auf dem SME Model 10. Zusätzlich – weil die Excaliburs ja gezielt dafür entwickelt wurden – kam noch ein Rega P8 mit seinem serienmäßigen Arm RB808 ins Spiel.
Ein Vorteil des Shibata-Schliffs gegenüber vielen seiner moderneren, noch schlanker geschliffenen Nachfolger fiel gleich beim ersten Einbau und der gehörmäßigen Feinjustage des Excalibur Red in einem Linn Ekos auf: Der Klang erreicht recht schnell einen sehr stimmigen Gesamteindruck. Das schrittweise Spiel mit der Tonarmhöhe zum Auffinden des richtigen vertikalen Abtastwinkels ist hier relativ schnell beendet: Man beginnt mit optisch perfekt parallelem Arm, weicht dann vielleicht zwei Millimeter jeweils nach oben und unten ab und sucht den Punkt mit der optimalen Abbildungstiefe, wo Vorder- und Hintergrund am stabilsten separiert erscheinen. Dramatisches tut sich dabei nicht, weil die Kontaktfläche des Shibata-Diamanten nach heutigen Maßstäben nicht allzu weit Richtung Rillengrund reicht, in der Vertikalen noch nicht so langgestreckt ist wie spätere, radikalere Geometrien. Mit anderen Worten: Das Excalibur Red ist kaum justagekritischer als ein gewöhnlicher elliptischer Abtaster und bleibt mit Platten unterschiedlichster Epochen, Mastering-Schulen, Musikstile und Presswerke tonal sehr berechenbar.
Trotz seiner unkritischen Reaktion auf feine Geometrie-Veränderungen (Mühe geben sollte man sich beim Einbau trotzdem!) bietet das Red ein Klangspektrum, welches das preiswertere Excalibur Green (das abgesehen von der Nadel identisch spezifiziert ist) deutlich distanziert: Unangestrengter, glatter, zugleich detailreicher musiziert das Red, und die 200 Euro Preisdifferenz zum Green wirken mit jeder Plattenseite besser investiert.
Der Vergleich zum Black fällt naturgemäß kleiner aus. Sind die Umstände (Phonostufe) optimal, ist das Black sicherlich den einen Hauch besser. In einer Welt, in der die meisten Verstärker nur mit MM-Stufen aufwarten, aber punktet das Red mit seiner hohen Ausgangsspannung…
Als familienfremdes Vergleichs-System zum Red wählten wir das Ortofon 2M Black, ein klassisches, lautes Magnetsystem, das wie das Excalibur mit einem Shibata-Diamanten im Alu-Nadelträger abtastet. Sauberkeit und Verzerrungsarmut waren dann auch auf vergleichbar hohem Niveau: Korrekt justiert schrecken diese Systeme auch vor schwierigen Platten nicht zurück. Hoch ausgesteuerte Sibilanten werden allenfalls etwas diffus, nie jedoch aggressiv zischelig, das Timbre insgesamt bleibt auch in stressigsten Passagen samtig, ganzheitlich-ausgewogen und ganz oben vielleicht ein klein wenig romantisch abgetönt.
Dennoch setzen Ortofon und Excalibur unterschiedliche, für ihre Bauprinzipien nicht untypische Schwerpunkte: Das Ortofon gibt ganz unten mehr Gas, liefert einen donnernden Tiefbass und ein recht stämmiges Klangbild, während das Excalibur zwischen Tiefbass, Grund- und Mittelton mehr Ausgewogenheit bewahrt. Dies gibt Stimmen und Soloinstrumenten mehr Unmittelbarkeit, zumal auch die Klangfarben mit dem High-Output-MC zwar etwas nüchterner, aber auch klarer definiert und facettenreicher leuchteten.
Die ursprüngliche Raison d‘Être des Shibata-Nadelschliffs war seine Fähigkeit, mit seinen schlanken Flanken auch den engsten Hochton-Kurven zu folgen und damit eine saubere – und vor allem zerstörungsfreie – Abtastung von CD4-Quadro-LPs zu ermöglichen. Denn da war ein Teil des Nutzsignals auf einen 40kHz-Trägerton aufmoduliert, den klassische konisch oder elliptisch geschliffene Nadeln einfach abfräsen.
Auch mit klassischen Stereo-LPs, die allenfalls bis 20kHz reichen, und mit gereiften Ohren (die nochmals deutlich früher begrenzen) schätzt man die Shibata-Nadeln heute für ihre inhärente Verzerrungsarmut, ihre Unerschrockenheit gegenüber hoch ausgesteuerten Mittelhochton-Signalen am Ende der Plattenseite, wo der Platz für die analogen Wellen wegen des geringeren Umfangs immer knapper wird. Die hier drohenden inner groove distortions (IGD) pariert ein Shibata-benadeltes System erfahrungsgemäß viel souveräner als eines mit elliptischem Diamanten.
Seinen Platz hat das Red überall da, wo ein rauscharmer MM-Eingang vorhanden ist und ein eher niedriger Ausgangspegel nicht stört, sondern vielleicht sogar erwünscht ist.
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