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Sombetzki ESL Home
Nahfeld-Elektrostat Sombetzki ESL Home; ab 7985 Euro (Foto: J. Schröder)

Test Nahfeld-Elektrostat Sombetzki ESL Home – Musik beflügelt

Der im folgenden vorgestellte Lautsprecher Sombetzki ESL Home zählt ohne Frage zu den wohl außergewöhnlichsten Schallwandlern überhaupt. Allein schon durch seine Formgebung ist ihm höchste Aufmerksamkeit gewiß. Bloßes optisches Auffallen war jedoch definitiv nicht der Grund für die Erschaffung des Sombetzki ESL Home. Vielmehr lautet seine Prämisse „Anders aus Prinzip“ – was er denn auch in jeglicher Hinsicht konsequent umsetzt.

Will man die Wiedergabequalität von Lautsprechern wirklich vorantreiben, bieten sich zwei besonders vielversprechende Stoßrichtungen an – die sich sogar gegenseitig hervorragend ergänzen. Der heutzutage in den meisten Fällen eingeschlagene Weg verfolgt dabei die Optimierung des Lautsprechers an sich. Antriebskonzept, Membranmaterial, Gehäusestabilität – all das lässt sich in kleinen Schritten immer weiter vervollkommnen.

Deutlich weniger populär, aber sehr effizient ist hingegen die Methode, das akustische Konzept von Lautsprechern zu optimieren. Hier stellt sich vor allem die Frage: Wie werkgetreu gelingt denn eigentlich die „Tramsmission“ des elektrischen Musiksignales in entsprechende Schalldruckänderungen am Trommelfell des Zuhörers? Schließlich müssen die von den Lautsprechermembranen erzeugten Schallwellen bis hin zum Ohr einen je nach Raum äußerst kollisionsgefährdeten, akustischen Hindernislauf überstehen. Und das in ihrer feinen Struktur möglichst unbehelligt, versteht sich.

Sombetzki ESL Home
Schall strahlt der Sombetzki ESL Home nur über die beiden Paneele ab. Im Sockel befinden sich die Hochspannungsaufbereitung, der Step-Up-Transformator sowie das Entzerrungs-Netzwerk (Foto: Sombetzki Elektrostaten)

Der Sombetzki ESL Home gehört zu den eher raren Lautsprechern, die das eine tun, ohne das andere zu lassen. So kommt als kompromisslos audiophiler Schallwandler je Lautsprecher (von „Box“ kann bei ihm ja nun wirklich keine Rede sein) ein im eigenen Hause hergestellter Vollbereichs-Elektrostat zum Einsatz – dazu später mehr im übernächsten Kapitel.

Mindestens ebenso „spannend“ wie sein Wandlerprinzip ist jedoch auch das akustische Konzept des Sombetzki ESL Home. Vereinfacht gesagt lautete das Ziel bei seiner Entwicklung, die akustischen Raumeinflüsse bei der Musikwiedergabe so gering wie möglich zu halten.

Tatsächlich lässt sich auf diese Weise elegant erreichen, wovon im Grunde genommen alle Lautprecherboxen träumen: die weitestgehend unverfälschte Reproduktion aller musikalischen Inhalte, so wie sie im Tonstudio von Produzent und Musikern eingespielt, gemischt und auch „abgesegnet“ wurden.

Sombetzki ESL Home: Direktschall statt Raumreflexionen

Zunächst mal ist es ein akustisch geschickter Schachzug, einen Direktschall-orientierten Lautsprecher wie den Sombetzki ESL Home mit elektrostatischen Panels zu realisieren. Diese arbeiten als Dipolstrahler, was eine Abstrahlcharateristik in Form einer liegenden Acht bewirkt.

Damit erzeugen sie bereits von Haus aus etwa 4 Dezibel weniger Raumreflexionen als übliche, (mehr oder weniger) omnidirektionale Schallwandler. Hinzu kommt, dass der Sombetzki ESL Home als Vollbereichselektrostat seine Dipolcharakteristik bis hin zu sehr tiefen Frequenzen kontinuierlich beibehält. Das wirkt der Anregung allfälliger Raumresonanzen entgegen.

Die effizienteste Methode, von der Membran abgestrahlte Schallwellen gar nicht erst von Raumreflexionen torpedieren zu lassen, ist das Hören im Nahfeld. Kopfhörer sind hier prinzipbedingt im Vorteil; was sie aber noch lang nicht von anderen akustischen Eigenheiten befreit.

Als erstes zu nennen wäre da ihre ziemlich klangkritische Frequenzgang-Entzerrung, die das eigentlich für Lautsprecherwiedergabe gedachte Musiksignal zur direkten Ohrankopplung zunächst mal passend zurechtbiegen muss. Das jedoch gelingt nicht ohne Kompromisse – mehr zu diesem spannenden Thema verrät der Ratgeber Kopfhörer-Equalizing.

ESL Panels
Die beiden Panels des Sombetzki ESL Home werden direkt auf den Hörplatz ausgerichtet. Der Hörabstand beträgt dabei weniger als 1 Meter (Foto: Sombetzki Elektrostaten)

Genau an diesem Punkt setzt der ESL an. Durch seine Direktschall-betonte Arbeitsweise bleiben die akustischen Eigenschaften am Aufstellort weitestgehend außen vor. Bedingt durch die frontale Platzierung vor dem Zuhörer bezieht er jedoch die richtungsabhängigen Filtereigenschaften des Gehörs in vollem Umfang mit ein.

Darum kann er im Gegensatz zu Kopfhörern auf eine spezielle Frequenzgang-Entzerrung verzichten. Der Sombetzki ESL Home vereint somit das Beste aus zwei Welten – salopp ausgedrückt, handelt es sich bei ihm um einen Bügel-freien Frontal-Kopfhörer mit nativem Head Tracking.

Mit seiner Nahfeld-Arbeitsweise ist der Sombetzki ESL Home in erster Linie zum alleinigen Musikhören gedacht. Doch auch das ist Bestandteil seines akustischen Konzepts, das man durchaus mit „personal audio“ bezeichnen könnte.

So lässt sich mit ihm dank des kurzen Hörabstandes relativ laut hören, während die Wandler aufgrund ihrer Dipolcharakteristik zum Wohnraum hin überraschend wenig Schall emmitieren – empfindliche Nachbarn bleiben also auch bei nächtlichem Hörern ungestört.

Und wie für alle Flächenstrahler gilt natürlich auch für den Sombetzki ESL Home: Wo keine Box ist, kann nichts nach „Kiste“ klingen.

Elektrostatisches

Mal abgesehen von seinem akustischen Konzept als Dipolstrahler: Der ESL wäre nicht von Sombetzki, würde er keinen elektrostatischen Wandler aus hauseigener Fertigung einsetzen. Schließlich steht der Name Sombetzki wie kaum ein anderer für dieses Schallwandlerprinzip.

Bereits im Jahre 1987 überraschte Michael Sombetzki in der (zumindest für Audio-Freaks) legendären Elektronikzeitschrift Elrad mit dem Beitrag „Brettgeflüster“. In diesem für heutige Verhältnisse schier unglaublichen Projekt stellte er einen elektrostatischen Dipolstrahler zum Selberbauen vor.

Um drei Jahrzehte Erfahrungen reicher, ist Michael Sombetzki in Sachen Elektrostaten mittlerweile mit allen Wasssern gewaschen – einschließlich einschlägiger Reparatur- und Restaurierungsarbeiten an jeglichen Schallwandlern, die ihre Membran mittels elektrostatischer Kraftwirkung zum Schwingen bringen.

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ESL Pro panel mainframe
Elektrostatisch arbeitendes Panel aus dem professionellen Schwestermodell Sombetzki ESL Pro. Gut zu erkennen die nur 1,5 Mikrometer dünne Membranfolie, die hochohmig leitfähig beschichtet ist (Foto: Sombetzki Elektrostaten)
ESL Pro panel mainframe
Elektrostatisches Panel des Sombetzki ESL Pro: Der Mainframe aus Kunststoff trägt die isolierten Statordrähte, die manuell mit den Streben verklebt werden. Die Membranfolie ist hier noch nicht aufgezogen (Foto: Sombetzki Elektrostaten)
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Ein Blick ins Datenblatt des ESL Home belegt denn auch, welchen Entwicklungssprung  elektrostatische Wandler zwischenzeitlich machten. Im Vergleich zum Elrad-Modell anno 1987 arbeitet der Sombetzki ESL Home bei mehr als doppelt so hoher Polarisationsspannung von 6000 Volt mit einer beinahe achtmal dünneren Folie von nur 1,5 Mikrometern Dicke. Bei einer Panelfläche von jeweils 50 x 30 Zentimetern pro Kanal kann man daher fast schon von einem „masselosen“ Schallwandler sprechern.

Sombetzki ESL Home
Im Sockel des Sombetzki ESL Home befinden sich der Ringkern-Autotrafo für das Tiefton-Entzerrungsnetzwerk (links oben) sowie die beiden Step-Up-Transformatoren (schwarze Blöcke) zum Speisen der Statoren. Rechts oben im Bild neben dem Schacht für das Trägerrohr befindet sich die Spannungsvervielfacher-Schaltung mit Dioden und Folienkondensatoren (Foto: Sombetzki Elektrostaten)

Das gilt jedoch nur für die Membran, denn mit 21 Kilogramm pro Lautsprecher ist der eher zierlich wirkende Sombetzki ESL Home nicht gerade ein Leichtgewicht. Die Ursache hierfür offenbart sich beim Blick in die Basiseinheiten. Mit jeweils einem 300-VA-Ringkern-Autotrafo sowie zwei kräftigen Schnittbandkern-Step-Up-Übertragern ist hier reichlich „Eisen“ verbaut.

Die Transformatoren lässt Michael Sombetzki nach eigenen Spezifikationen fertigen. An entsprechendem Knowhow mangelt es nicht, schließlich fertigt man bei Sombetzki neben elektrostatischen Lautsprechern auch hochwertige Röhrenverstärker.

Sombetzki ESL Home – Praxis

Vollbereichs-Dipolstrahler wie der ESL Home erfordern im Tieftonbereich eine Frequenzgangkorrektur (Entzerrung). Sie dient dazu, den prinzipbedingten, durch akustischen Kurzschluss verursachten Schalldruckabfall bei tiefen Frequenzen auszugleichen.

Um den hierdurch zunehmenden Membranhub klangfördernd unter Konntrolle zu halten, setzt der Sombetzki ESL Home auf ein arbeitsteiliges Konzept. Sprich: Ein Teil der Entzerrungarbeit erfolgt im Lautsprecher auf elektrischem, der andere auf akustischem Wege durch geeignete Aufstellung im Wohnraum.

Hierbei nutzt der Sombetzki den Tiefton-verstärkenden Grenzflächeneffekt bei wandnaher Platzierung. Wie auf dem Beitragsbild zu diesem Test gezeigt, empfiehlt Sombetzki das Aufstellen beider Lautsprecher beispielsweise gegenüber der Raumrückwand. Eine mögliche Alternative ist die Position mit in eine Raumecke weisenden Panels. Der Zuhörer sitzt also stets „mit dem Rücken zur Wand“.

Seite 1 Sombetzki ESL Home: Konzept, Technik
Seite 2 ESL Home: Aufstellung, Hörtest, Fazit, Bewertung

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.