Es gibt ihn mehrfach. Technics hat den SL-1200 in unterschiedlichen Versionen aufgelegt. Bereits ausverkauft ist die limitierte Edition des Luxusmodells GAE. Immer noch im Programm ist der SL-1200G mit einem Tonarm aus Magnesium und einem schweren Plattenteller. Zum Test haben wir uns für das allseits verfügbare Modell Technics SL-1200GR entschieden, das rund 1.000 Euro unter dem Spitzenmodell liegt. Auf Fotos könnte man die drei leicht verwechseln. Das Design und das Erscheinungsbild sind identisch. Und um die Verwirrung komplett zu machen, gibt es das Ding auch in schwarz.
Vor allem die Fraktion der DJs jubelte dem SL-1200 zu – er ist Kult und zudem leicht in Pitch wie Drehzahl zu steuern. Als Direktantriebler kommt er schnell auf seine Tourenzahl. Zudem lässt es sich mit ihm wunderbar scratchen.
Was ihn allerdings für HiFi-Enthusiasten schnell in eine Ecke schob: Das war eben ein Spielzeug für DJs, das sich rustikal für non-HiFi-Dinge missbrauchen ließ. Womit man dem SL-1200 Unrecht widerfahren lässt. Dieser Plattenspieler kann auch wunderbar die Feinheiten der Vinylscheiben wiedergeben.
Vor allem aber freut es, dass er wieder zum Leben erweckt wurde. Denn Panasonic, der Mutterkonzern von Technics hatte den 1200er überraschend und brachial aus dem Katalog entschwinden lassen. Nun ist er wieder da, und nicht nur bei mir ist die Freude groß.
Mit dem Technics SL-1200GR stehen wir vor einem Ur-Typ, einem Archaiker. Es gibt viele Dinge, die man lieben muss. Beispielsweise die Pitch-Beleuchtung des Plattentellers. Über ein kleines Blaulicht kann man stets sehen, ob der 1200er souverän seine Runden zieht.
Zudem hat Technics ein kleines, ausfahrbares Licht für das Absenken des Tonabnehmers eingebaut. Dieser Plattenspieler ist tatsächlich für dunkle Nächte in Diskotheken entwickelt worden. Jeder Handgriff sitzt. An konventionellen Plattenspielern hingegen würde man sich im Dunkeln leicht verirren.
Nochmals: Wir haben uns für diesen Test für die günstigste Bauweise des 1200 entschieden, das Modell mit der Endung „GR“. Statt eines Tonarms aus Magnesium muss man sich hier mit einem Aluminium-Modell anfreunden. Kein wirkliches Problem. Was Technics jedoch spendiert: Es gibt einen Direktantriebsmotor, der ohne Eisenkern auskommt. Was das berühmt-berüchtigte Polruckeln eliminieren soll. Die Zeichnung zeigt den hohen Aufwand.
Der Plattenteller selbst besteht aus Aluminium. Auf der Unterseite wird er mit Gummi ausgekleidet. Was mit den passenden Verstärkungsrippen doppelt so gut sein soll wie beim Ur-Typ, dem SL-1200MK5.
Ebenso auf Schwingungsarmut und Steifigkeit ist auch das Chassis selbst ausgelegt. Es ruht auf einem sogenannten Bulk Moulding Compound in Verbindung mit einem Aluminium-Druckguss-Gehäuse. Auch bei den Füßen hat Technics Fachwissen walten lassen. Der komplette Plattenspieler ruht auf Dämpfungsfüßen aus Silikonkautschuk.
Ein wichtiges Detail fehlt jedoch: Der Technics SL-1200GR wird ohne Tonabnehmer geliefert. König Kunde muss sich selbst auf die Suche nach einem idealen Mitspieler machen. Wir haben experimentiert und uns schließlich für ein Modell von Audio-Technica entschlossen. Ein MM-System mit dem Kürzel VM740ML. Der Straßenpreis liegt bei 330 Euro – was sehr sinnig mit dem Gesamtpreis des SL-1200GR (1.500 Euro) harmoniert. Das VM740ML hatten wir schon im Audio-Technica Familientest der neuen VM Tonabnehmer-Serie. Da machte es einen exzellenten Eindruck – siehe Test.
Der Technics SL-1200GR im Hörtest
Als erste Scheibe kam eine meiner Lieblingsaufnahmen auf den Plattenteller: Christian Kjellvander singt eigene Songs live und phantastisch audiophil. Das feine Label Stockfisch war für die Live-Aufnahme des Konzerts verantwortlich. Das ist wunderbar feine Musik, auf CD klingt es gut, auf LP noch besser. Ein guter Plattenspieler muss das Maximum an Informationen aus der Rille lesen können. Hier war der SL-1200GR ganz groß in seinem Geschäft. Die angerissenen Saiten hatten Drive und lösten sich vorbildlich leicht aus der Boxenachse. Dazu die präzise Abbildung der Singstimme. Was jedoch auffiel: Mit der Räumlichkeit ging der SL-1200GR nicht ganz so präzise um, wie ich die Aufnahme kenne.
Da musste ich tiefer hineinlauschen und wählte eine Prachtaufnahme der Klassik: Karajan dirigiert die Wiener Symphoniker, an den Tasten sitzt Sviatoslav Richter – gemeinsam gehen die Superstars das erste Klavierkonzert von Tschaikowsky an. Das sollte jeder kennen. Die Tontechniker der Deutschen Grammophon breiten einen äußerst weiten Streicherteppich aus. Ein Vinyldreher muss Dynamik und Abbildung vereinen können. Hier überzeugte uns der SL-1200GR abermals. Alles schien ihm leicht zu fallen. Insbesondere fiel uns die große Ruhe im Zusammenspiel auf. Das hatte nie der Hauch der Hektik, des Überhasteten. Stattdessen herrschte feine Gediegenheit. Was aber auch den Umkehrschluss zulässt: Alle, die einen brillanten, auf Dynamik fixierten Plattenspieler suchen, sind hier fehl am Platz. So sehr der SL-1200 auch im DJ-Geschäft berühmt wurde – er fühlt sich nicht der Dynamik verpflichtet.
Zeitgleich zum Test des Technics SL-1200GR hatten wir auch den Elac Miracord 90 und den Rega Planar 6 im Test. Das sind ja ebenfalls zwei ernsthafte Bewerber um die Krone der Plattenspieler um 2.000 Euro. Beide spielen dynamischer, wirken lebendiger und etwas offener. Im Klartext: Unter rein audiophilen Gesichtspunkten kommt man mit dem Rega P6 deutlich weiter zum Ziel.
Weshalb der Technics SL-1200GR in unserer Hochachtung aber nicht abstürzt. Er ist eine Legende, ein Archetyp der Branche und so etwas wie der Rolls Royce seiner Klasse – nicht der klanglich beste, aber einer, der für ein richtig gutes Gefühl sorgt.
Fazit Technics SL-1200GR
Da ist er wieder: Technics hat den 1200er mit neuem Leben erfüllt. Wir hatten uns mit dem SL-1200GR für die günstigste Spielart entschlossen. Dabei ist das Modell alles andere als abgespeckt: Das ist ein feiner Plattenspieler, der nicht nur in der DJ-Welt etwas zu suchen hat. Was erstaunt: Direkttrieblern wird immer ein sehr kerniger, “direkter” Auftritt nachgesagt. Das gilt nicht für den Technics SL-1200GR. Was gefällt: die enorme Ruhe der Wiedergabe, dazu ein starker, souveräner Antrieb. Selbst bei hohen Pegeln wurde der SL-1200GR nicht scharf oder böse. Es herrscht elegante Gediegenheit. Wer hatte da etwas von Rolls Royce gesagt?
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Wunderbar ruhiges, ausgewogenes Klangbild |
| Solides Verarbeitung |
| Schnelle Hochlaufzeit |
| Klingt etwas undynamisch |
Vertrieb:
Technics
Winsbergring 15
22525 Hamburg
www.technics.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Technics SL 1200GR: 1.500 Euro
Im Beitrag erwähnt:
Tonabnehmer-Familientest Audio-Technica VM-Serie
Test MM-Tonabnehmer Audio-Technica VM740ML
Die Gegenspieler im Test:
Test Elac Miracord 90 – ein Plattenspieler wie eine Burg
Test Rega Planar 6: Der Sprinter unter den Oberklasse-Laufwerken
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