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Technics Ottava SC-C70
Eines der attraktivsten und besten Tischradios unter 1.000 Euro: die Technics Ottava SC-C70 (Foto: Technics)

Test Technics Ottava SC-C70: die All-in-One Schönheit

Die Komplettanlage Technics Ottava SC-C70 ist Teil eines japanischen Märchens: Nachdem Mutter Panasonic der verschmähten Tochter Technics kurz vor dem Exitus wieder neues Leben eingehaucht hat, erblüht diese in frischer, unverhoffter Schönheit.

Technics ist für die Leser dieser Seiten keine Unbekannte, weshalb sich hier der gern zitierte Bezug zum einst letzten, bekannten Technics-Mohikaner, dem Vinyl-Dauerläufer SL-1200/1210, im Grunde erübrigt.

Die traditionsreiche HiFi-Marke aus Osaka hat mehr Historie zu bieten als nur einen Plattenspieler, der aber ­– und zumindest das sollte dann doch erwähnt werden – nicht ganz unschuldig daran ist, dass die Schallplatte auch im heimischen Wohnzimmer erneut ihre Runden drehen darf.

Denn die „scratchenden“ Discjockeys und deren Lieblingswerkzeug, eben dieser Direkttriebler, haben vor dem Retro-Hype zum Analogen die Scheibe lange am Leben erhalten. Technics ist also wieder da, auch mit neuen Drehern, aber eben nicht ausschließlich.

Der Technics SL 1200 GR
Der Technics SL 1200 GR führt die Tradition des 1200ers fort (Foto: Technics)

Nicht ganz unschuldig daran ist Michiko Ogawa, Chefin von Technics. Sie steht einer Schar von mehr als vier Dutzend (männlichen) Ingenieuren vor, kann auf eine erfolgreiche Karriere im Mutterhaus zurückblicken und zeichnet unter anderem für die Entwicklung der in der Wiener Staatsoper verwendeten Lautsprecher Technics SB-AFP1000 verantwortlich. 1988, zu einer Zeit, als es noch Technics-Kataloge gab, war dieser 320 Kilo schwere und 75.000 D-Mark teure Lautsprecher das Premiummodell der Marke.

Längst nicht so kostspielig und weit weniger platzraubend ist das neueste Produkt aus Ogawas Entwicklungsabteilung: Das „Kompaktsystem de luxe“, so die Hersteller-Metapher für die All-In-One HiFi-Anlage Technics Ottava SC-C70.

Dahinter steckt ein so genanntes Tischradio – was für ein hässlicher Begriff – mit eingebautem CD-Player, Radio- und allen heute üblichen Digitalquellen-Optionen. Der Begriff Ottava hat natürlich etwas mit Musik zu tun und bedeutet auf Italienisch Oktave.

Eine amüsante Anekdote ist in diesem Zusammenhang, dass die Technics Markenbotschafterin eine Münchner Pianistin ist, die den Namen Alice Sara Ott trägt. Frau Ott und Frau Ogawa und die neue Anlage Ottava. Nun ja, Zufall.

Die Technics Ottava SC-C70 von schräg oben
Total chic: die Komplettanlage Technics Ottava SC-C70 (Foto: Technics)

Gewollt ist aber mit Sicherheit die Ähnlichkeit der Technics Ottava SC-C70 zur „großen“ Schwester SC-C500. Beide haben eine Oberfläche aus feinem, gebürstetem Aluminium und sind über Sensortasten zu bedienen.

Ein besonderer Eyecatcher ist der von oben zu bestückende CD-Spieler, der den Laser erst frei gibt, wenn ein bullaugenförmiger Plexiglasdeckel zur Seite geschoben wird.

Augenfälligster Unterschied zwischen den beiden ist, dass die „Große“ zwei separate Lautsprecher ansteuert, während bei der C70 die Schallwandler ins Gehäuse integriert sind. Somit ist die „Kleine“ vollkommen eigenständig.

Die moderne MusiktruheTechnics Ottava SC-C70
Die vielseitige Technics Ottava SC-C70 ist ein legitimer Nachfolger der schönen, alten Musiktruhen – hier etwa die Nordmende Exquisit im LowBeats Büro (Foto: H. Biermann)

Aufgrund der eingebetteten Boxen – pro Kanal ein 2-Wege-System mit 8 cm Tieftöner und 20 mm Hochtonkalotte – plus einem Downfire-Subwoofer muss sich die kleine Ottava nicht an die üblichen HiFi-Komponentenmaße halten: das Alu-beplankte Holzgehäuse ist 45 Zentimeter breit.

Dadurch wird auch das Alleinstellungsmerkmal, im Sinne von „allein stellen“, dieser Anlage deutlich. Auf einem Sideboard oder Regal platziert, soll sie ohne weitere Nebenspieler für den richtigen Sound in der Bude sorgen. Und das macht sie, so viel sei schon verraten, überraschend druckvoll und harmonisch.

Das Gehäuse der Technics Ottava SC-C70
Sorgt für Nachdruck bei den tiefen Frequenzen: der 12 cm große Subwoofer auf der Unterseite der SC-C70 (Foto: H. Biermann)

Das macht die Technics Ottava SC-C70 richtig gut

Man merkt sofort, dass die Ingenieure nicht bei „A“ anfangen mussten, um kleine, aber kraftvolle Lautsprecher für ein Kompaktsystem zu konstruieren. Technics hat in Sachen Klangwiedergabe eindeutig nichts verlernt. Auch nicht, wie man mit selbst kreierten Fachbegriffen protzt.

Bereits anno 1979 gab der Hersteller gern Angaben wie „Eimerketten-Verzögerungsschaltung“ (Lautsprecherlegende SB-10000) oder „CPB-Netzteil“ (Vollverstärker SU-8099K) zum Besten. So wartet die Technics Ottava SC-C70 mit einer JENO Digital Engine, LAPC und Space Tune auf.

Im Einzelnen steckt hinter JENO die Ausschaltung von leichten Genauigkeitsschwankungen (Jitter) bei der Übertragung von digitalen Signalen und eine Verbesserung der Rauschformung (besser bekannt als Noise Shaping). Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich, wenn man dazu ein altes Sprichwort bemühen möchte.

Interessant ist der Einsatz von LAPC (Load Adaptive Phase Calibration), welches die Phasen- und Impedanz-Eigenschaften der angeschlossenen Lautsprecher misst und aufgrund der Messergebnisse die Wiedergabequalität optimiert.

Das ist in diesem besonderen Fall nicht wegen der technischen Eigenschaften interessant, sondern weil man gar keine anderen Lautsprecher an das System anschließen kann. Wird also eher langweilig für LAPC … Nun, es schadet ja auch nicht, wie andere Tests von Technics Geräten mit dem gleichen Feature ergeben haben.

Space Tune hingegen erscheint durchaus sinnvoll, es passt laut Technics die Klangqualität an die örtlichen Gegebenheiten an – siehe Slideshow:

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Space Tune 1 Technics Ottava SC-C70
Klangoptimierung: Mit dem Kalibrierungsprogramm Space Tune ist die Auswahl unterschiedlicher Aufstellungsorte der Anlage möglich. Auch ein neues Einmessen ist vorgesehen (Measured) (Foto: A. Weber)
Space Tune 2 Technics Ottava SC-C70
Haltung: Während der Einmess-Prozedur muss das iPad in Richtung der SC-C70 gehalten werden. Zudem sollte es im Raum absolut ruhig sein, damit das Ganze auch funktioniert (Foto: A. Weber)
Space Tune 3 Technics Ottava SC-C70
Schöne Kurven: Hat die Kalibrierung geklappt, wird ein Messergebnis angezeigt. Tatsächlich lässt sich nach dem Verfahren eine Klangverbesserung feststellen. (Foto: A. Weber)
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Bei unserem Test haben wir eine eindeutige Verbesserung des Sounds feststellen können. Gemessen an seiner kompakten Größe kann sich die Technics Ottava SC-C70 sowieso gut hören lassen.

Das Klangbild ist eher warm und harmonisch, ohne dass es zu langweilig wird: Die kleine Schöne ist sehr wohl in der Lage, auf feine Details aus der Aufnahme herauszuarbeiten.

Gemessen an der „Mutter aller Tischradios“, dem Bose Wave Radio (heute: Wave® Music System IV) spielt die Technics souveräner und gleichsam offener und luftiger.

Stimmen wie die von Tori Amos (Album: Native Invader) sind gut verständlich und auch bei Großorchester-Passagen (Mahler V, Abbado, Berliner Phil.) geht ihr die Puste erstaunlich spät aus. Wohlbemerkt: Wir reden hier von gehobenem Zimmerlautstärke-Niveau.

Die Naim Audio Mu-so (1.200 Euro), ebenfalls eine hoch interessante All-in-One Anlage dieser Größen- und Gewichtsklasse, klingt noch etwas druckvoller und präziser in den Mitten; ihr fehlt allerdings der wunderschöne, eingebaute CD-Player.

Das Gehäuse
Der CD-Player ist von oben zu bedienen. Das Laufwerk liegt unter einer adretten Plexiglas-Scheibe (Foto: Technics)

Wir haben die Technics Ottava SC-C70 in verschiedenen Räumen ausprobiert. Unterm Strich war die Performance der SC-C70 durchweg überzeugend. Für den Einsatz im Büro, im hübsch gestalteten Wohn- oder Schlafzimmer ist sie wie gemacht.

In Räumen jenseits der 40 Quadratmeter allerdings tut sie sich mit ihren kleinen Treibern und der kleinen Endstufe (2 x 30 Watt) doch etwas schwer – dafür ist sie einfach nicht vorgesehen.

Die Bedienung …

…ist ebenfalls an den meisten Stellen gut durchdacht. Das können die Technics Leute einfach gut. Gleich, ob Steuerung per App, das Erstellen von Playlists, das Einbinden von PC oder NAS oder auch das Akustik-Tuning – das alles funktionierte beim Testmodell intuitiv einfach und erforderte auch kein längeres Studium der Bedienungsanleitung.

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Server-Anbindung
Anschluss: Eine im Netzwerk vorhandene und freigegebene NAS oder ein PC lassen sich leicht ins Technics System einbinden (Foto: A. Weber)
Playlist Einrichtung
Praktisch: Wiedergabelisten lassen sich auch aus unterschiedlichen Quellen erstellen, zum Beispiel lokal auf dem Tablet gespeicherte Stücke und von einem NAS. Eine CD lässt sich nicht einbinden (Foto: A. Weber)
Playlist bearbeiten
Weg damit: Die Playlist lässt sich sehr einfach bearbeiten. Titel können einzeln gelöscht oder komplette Listen entfernt werden (Foto: A. Weber)
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Die Anschlussmöglichkeiten sind naturgemäß nicht so vielfältig – die Technics Ottava SC-C70 hat ja schon CD-Player, Radio, Streaming und Bluetooth eingebaut. So viel muss also gar nicht angeschlossen werden.

Die Eingänge der Technics Ottava SC-C70
Netzwerkzugang, optischer Digitalanschluss und ein analoger Aux-Eingang, erstaunlicherweise in Form eines 3,5 mm Klinkensteckers: das sind die Eingänge der SC-C70 (Foto: H. Biermann)

Das macht die Ottava SC-C70 nicht so gut

Die oben gelobte, sehr gute Bedienfreundlichkeit wird allerdings durch eine restriktive Auslegung des DLNA-Standards beeinträchtigt. So zickte das Testmuster bei der Akzeptanz von USB-Sticks, die mit nicht DLNA-konformen Daten wie MPEG-Audio bestückt waren.

Wird ein Stick erkannt, werden Musiktitel nicht angezeigt. Bei DRM-behafteten, gekauften AAC-Dateien aus dem Apple Music-Store verweigerte das Gerät ebenfalls partout die Wiedergabe.

Die zum Vergleich herangezogene (und ähnlich teure) Yamaha Pianocraft MusicCast MCR-N870 (900 Euro) hingegen akzeptierte jeden von uns angebotenen USB-Stick und spielte auch alle von der SC-C70 verweigerten Musikstücke klaglos ab.

Auch über ein NAS ließ sich die Technics-Anlage nicht überreden, eine Wiedergabe war unmöglich. Merkwürdig auch, dass die Bedienung des Radioteils via App nicht möglich ist.

Zudem ist die App nicht hundertprozentig an die SC-C70 angepasst. Im Menü taucht immer wieder eine Aufforderung nach Einstellungen für das ST-G30 auf – ein ganz anderes System von Technics.

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Technics Ottava SC-C70: ST-G30
Verwirrend und unnötig: Die Technics-App kann auch einen ST-G30 Musikserver steuern. Eher unwahrscheinlich, dass dieses 4.000 Euro-Teil jemals Anschluss an eine SC-C70 findet (Foto: A. Weber)
Technics Ottava SC-C70: DRM
Wählerisch: Gekaufte Titel aus dem Apple Music-Store von 2009 oder älter lassen sich nicht abspielen. Ebenfalls Files, die nicht dem DLNA-Standard entsprechen (Foto: A. Weber)
App-Optionen des Technics Ottava SC-C70
Was du willst: Steuerung der Quellen via App. Wie zu erkennen ist, fehlen DAB+ und UKW-Radio in der Auswahl (Foto: A.Weber)
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Fazit

Es gibt diese Nickligkeiten bei der Bedienung, die einen kleinen Schatten auf die gebürstete Oberfläche der Technics Ottava SC-C70 werfen. Doch im Großen und Ganzen ist die Anlage gelungen.

Sie klingt gut und lässt sich leicht bedienen, die Einbindung ins vorhandene WLAN-Netz funktioniert einfach, der von oben zu bestückende CD-Player ist schön anzuschauen, so wie das Gerät insgesamt.

Wer nur nach dem DLNA-Standard kompatible Daten sein Eigen nennt und nicht allzu hohe Pegel braucht, wird mit dieser Anlage fraglos glücklich.

Technics Ottava SC-C70
2017/12
Test-Ergebnis: 4,0
SEHR GUT
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ausgewogenes, sattes Klangbild
Einfache Bedienung
Vielseitige Ausstattung
Restriktive Umsetzung des DLNA-Standards

Vertrieb:
Technics
Winsbergring 15
22525 Hamburg
www.technics.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Technics Ottava SC-C70: 900 Euro

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