Viele HiFi-Freunde kennen Elac ja “nur” als Lautsprecherspezialisten. Doch die Norddeutschen haben sich längst zu einem veritablen HiFi-Vollsortimenter entwickelt. Der Streamer Elac DS-S101-G und der DAC-Vollverstärker Elac EA101EQ-G haben bereits überragende Testergebnisse bei LowBeats eingefahren. Und Elac baut mittlerweile wieder hervorragende Plattenspieler. Der kleinere Miracord 70 ist noch nicht ausgeliefert, aber der größere Elac Miracord 90 gilt als eines der besten Angebote seiner Klasse. Analog-Spezialist und LowBeats Autor Andreas Günther ging der Sache auf den Grund. Nach einigen langen Testtagen steht sein Urteil fest: Der Elac Miracord 90 ist in seiner Preisklasse tatsächlich herausragend gut. Hier ist sein Bericht.
Eine Ikone kehrt zurück. So ruft es Elac aus. Tatsächlich stimmt das so nicht. Denn die Plattenspieler mit dem Namen Miracord sahen dramatisch anders aus. Was aber nichts daran ändert, dass die Kieler mit dem Elac Miracord 90 eine Großtat der Wiederkehr vollbringt.
Die Nummer 90 im Namen spielt auf das Alter der Company an: Seit über 90 Jahren ist die Kieler Company auf dem Markt vertreten. In den goldenen Sechziger Jahren hatte sich Elac den Plattenspieler-Markt mit Thorens faktisch aufgeteilt. Die Umsatzzahlen waren enorm.
Während Thorens am Plattenspieler festhielt, haben sich die Kieler in den Achtziger CD-Jahren komplett aus dem Markt zurückgezogen. Der Miracord 90 entstammt also einem vollkommenen Neuanfang.
Der wunderbar gelungen ist. Elac spart nicht an feinem Material. Im Gegenteil – das ist fast eine Orgie des gehobenen Plattenspielerbaus. Nur eines passt nicht. Der Preis ist mit 2.500 Euro erstaunlich gering. Alle möglichen Konkurrenten würden so ein edles Laufwerk deutlich teurer einpreisen.
Die Basis bildet ein Chassis aus MDF, insgesamt 5,5 Kilo schwer. Dieses Chassis ist ein aus dem Vollen gefräster Block mit Aussparungen für das Lager, den Motor und den Tonarm. Hier ein blau lackiertes Beispielmuster.
Das Ganze steht aus Füßen aus Silikon. Noch ein paar Gramm mehr legt der Aluminiumteller auf – insgesamt 6,2 Kilogramm. Damit er dauerhaft ruhig und stabil rotieren kann, legt ihn Elac über eine gehärtete Stahlachse auf eine Rubinkugel.
Das Ganze wird von einer Buchse aus Sinterbronze umschlossen. Der Plattenteller des Elac Miracord 90 wird von einem Riemen angetrieben, der überaus groß ausgefallen ist. Er erhält seinen Schwung über einen doppelt entkoppelten Motor, der vom einem externen Netzteil mit 18 Volt versorgt wird.
Als Basis gibt es eine Gummidämpfung, dazu noch ein Konzept wie aus dem Lautsprecherbau: Der Motor sitzt im Zentrum einer Gewebezentrierung.
Der Elac Miracord 90 ist ein klassischer Riementriebler, der allerdings einige Besonderheiten aufweist. Zum einen ist die Kopplung zwischen Motorachse und Plattenteller extrem stark, weil der Riemen sehr breit und sehr fest ist.
Schaltet man den Elac an, braucht er wegen der großen Schwungmasse recht lange, bis er auf Sollgeschwindigkeit ist. Die wird übrigens am Ein-/Ausschalter signalisiert. Stimmt sie, leuchtet die LED grün.
Der angetriebene Aluminium-Plattenteller wird über verschiedene Maßnahmen wirkungsvoll bedämpft – siehe Slideshow:
Der passende Tonarm besteht in seinem Rohr aus Karbon, den MM-Tonabnehmer kauft Elac bei Audio-Technica an und versieht ihm mit dem eigenen Markennamen. Alles wird im Werk Kiel zusammengebaut, König Kunde braucht nur wenige Minuten bis zum ersten Vinyl-Takt.
Der Elac Miracord 90 im Hörtest
Was man dann erleben kann, ist ein Fest des Vinyl-Klangs. Der Elac Miracord 90 wuchtete einen wunderbar dynamischen, lebendigen Klang an die Ohren.
Zuerst legten wir mit einem scheinbar guten, alten bekannten los: Sgt. Pepper’s von den Beatles. Aber nicht eine alte, verstaubte Aufnahme aus den 60er Jahren, sondern die Neupressung der ebenfalls neu abgemischten Version von 2017.
Zum 50. Jubiläum der Beatles-Großtat durfte Giles Martin frisch an die Masterbänder. Sein Vater, der legendäre Produzent George Martin, hatte damals, 1967 primär die Mono-Version verantwortet.
Die Stereo-LP entstand quasi als Nebenprodukt, ohne besondere Aufmerksamkeit. Bis sich nun Giles Martin wieder den Aufnahmen zuwandte. Herausgekommen ist ein Wunderwerk. Nie klangen die Beatles besser und präsenter.
Die CD ist gut, die LP deutlich besser. Wenn der Plattenspieler mitspielt. Und das tat der Miracord 90. Das hatte vom ersten Ton an eine herrschaftliche Präsenz. Das löste sich ultra-dynamisch von den Lautsprechermembranen.
In „Lucy in the Sky with Diamonds“ beispielsweise – da experimentierte John Lennon mit psychedelischen Momenten. Wundervoll, wie der Miracord das feine Schweben zwischen den Lautsprechern zum Leben erweckte. Da stimmte alles, die Klangfarben, der Antritt und nicht zuletzt die Feindynamik.
Diese Wert-Kombination wollten wir natürlich auch in großformatiger Klassik überprüfen. Als Testscheibe wählten wir die Einspielung von Mahlers 9. Symphonie mit dem Chicago Symphony Orchestra und Carlo Maria Giulini als Taktgeber. Die Aufnahme hat etliche Preise abgeräumt und klingt heute noch so frisch wie am Aufnahmetag.
Schon mit den ersten Takten wird die Größe des Aufnahmeraums abgesteckt – der Miracord konnte das auf den Kubikmeter genau nachvollziehen. Dann der Einsatz der tiefen Streicher – das hatte Präsenz und Format, jede Phrasierung, die Carlo Maria Giulini vorgab, vermochte der Miracord nachzuzeichnen.
Genau hier liegt die tiefere Kunst: Den musikalischen Inhalt in seinen Strukturen und seinen Sub-Strukturen wiedergeben – das vermochte der Elac mit herrlicher Leichtigkeit.
Bei den Klangfarben zeigt sich der Elac absolut natürlich-neutral, so wie es sein muss. Auch die Hochtonauflösung stimmt – hier beweist der Miracord 90 ein ganz feines Händchen. Vor allem aber seine Dynamik ist berauschend: da beherrscht der Elac alle Stufen souverän.
Wir haben den Elac Miracord 90 im Vergleich zu zwei ebenfalls hochgelobten Plattenspielern gehört: dem Technics SL 1210 GR (mit MM-Abtaster Audio-Technica VM 740) und dem Rega Planar 6 (mit MC-Tonabnehmer Rega Ania).
Im Vergleich zum Rega lag der Elac in etwa gleichauf. Das Rega Ania ist sicherlich der bessere Abtaster, der noch mehr Feinheiten und noch feinere Dynamikabstufungen aufzeigt; den neutraleren Auftritt hat dennoch der Elac Miracord 90.
Der sicherlich bekannteste Plattenspieler dieses Vergleichs, der Technics SL 1210 GR, konnte nicht in diesem Maße überzeugen. Obwohl von uns mit einem adäquaten Audio Technica MM-Abtaster bestückt und in seinem Klangbild ebenfalls sehr neutral und mit schönen Klangfarben ausgestattet, blieb sein Auftritt im dynamischen Bereich recht zurückhaltend. Da war der mitreißend-kernige Antritt des Elac sehr viel beeindruckender.
Fazit Elac Miracord 90
Schon der Anblick weckt Vertrauen: Der Elac Miracord 90 ist ein überaus wertiger, wuchtiger Plattenspieler. Er bringt 17 Kilo auf die Waage und klingt doch herrlich leicht und dynamisch.
Der MM-Tonabnehmer passt perfekt – gemeinsam holt das Duo auch feine Informationen aus der Rille. Wie musikalisch kann ein Plattenspieler sein? Enorm musikalisch – hier wird es zum Erlebnis.
Oder anders herum: Wer von seinem Plattenspieler neben optimalem Klang auch noch eine höchst solide Verarbeitung und eine effektive Entkopplung vom Boden erwartet, ist beim Miracord 90 goldrichtig.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Extrem natürlich-dynamischer Klang |
| Mit MM-Abtaster fertig ab Werk |
| Herausragend gute Verarbeitung |
| Sehr gute, mitgelieferte Kabel |
Vertrieb:
Elac Electroacustic GmbH
Fraunhoferstraße 16
24118 Kiel
www.elac.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Elac Miracord 90: 2.500 Euro
Mehr zu Elac:
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Test DAC-Vollverstärker Elac EA101EQ-G
Test Netzwerkspieler-Controller Elac Discovery DS-S101-G
Die Gegenspieler im Test:
Test Technics SL-1210 GR: Neuauflage der Direktantriebs-Legende
Test Rega Planar 6: Der Sprinter unter den Oberklasse-Laufwerken
Die erwähnten Tonabnehmer:
MM-Abtaster Audio-Technica VM 740
Test MC-Tonabnehmer Rega Ania