Der beyerdynamic DT 1990 Pro ist der neueste Hörer mit Tesla-Wandlertechnik des Schallwandler-Spezialisten aus Heilbronn. Von seiner Produktplatzierung her wendet sich der offene Over-Ear-Hörer primär an Tonschaffende im Tonstudio- und Mastering-Bereich: Entsprechend robust fällt seine Mechanik aus – auch eventuelle Stürze vom Regietisch dürfte der DT 1990 Pro mit seinem stabilen Stahlbügel im wahrsten Wortsinn kaum krummnehmen.
Das heißt aber keineswegs, dass er sich nur fürs Grobe eignet: Wie schon einige der neueren Hörer von beyerdynamic, beispielsweise die Modelle T 1 und T 5 p 2. Generation, besticht auch der DT 1990 Pro durch außergewöhnliche Verarbeitungsqualität und perfektes Finish. Vom optischen Auftritt her spricht also nichts gegen seinen Einsatz in gepflegter Wohnumgebung.
Zum Lieferumfang des rund 600 Euro teuren Schmuckstücks gehört eine stabile Transportbox aus griffsympathischem Kunststoff.
Sie bietet nicht nur Platz für den Hörer, sondern versteckt geschickt in einem Täschchen zwei unterschiedliche Anschlusskabel: Das 3 Meter lange, glatte fällt sehr stabil aus, sodass man zur Not auch mal mit dem Regiestuhl darüberrollen darf. Als Alternative ist eine gewendelte, bis zu 5 Meter streckbare Ausführung beigepackt.
Der Anschluss an den Hörer erfolgt linksseitig über eine robuste Mini-XLR-Armatur – auch da kann mechanisch also kaum etwas schiefgehen. Tonquellenseitig weisen beide Anschlusskabel die heute gängige Kombination mit 3,5-Millimeter-Klinkenstecker plus aufschraubbarem Adapter für 6,5-Millimeter-Klinkenbuchsen auf.
So lässt sich der DT 1990 Pro durchaus auch an mobile Gerätschaften anschließen, obwohl er als mittelohmiger Hörer mit 250 Ohm Kapselimpedanz dafür eigentlich nicht primär vorgesehen ist. Dank seines guten Kennschalldruckpegels von 102 dB/1 Milliwatt entwickelt er aber dennoch auch an iPhone & Co. hinreichende Lautstärken.
Ebenfalls zum Lieferumfang des DT 1990 Pro gehören zwei unterschiedliche Sätze Velourpolster: Im Auslieferungszustand ist die Version EDT 1990 B mit leichter Bassanhebung aufgezogen – als Alternative liegt die “neutrale” Version EDT 1990 A bei.
Ein echter Geniestreich ist der Befestigungsmechanismus zum Auswechseln der Ohrpolster, was bei vielen anderen Hörern häufig zur nervigen Fummelarbeit ausartet: Beim DT 1990 hingegen lassen sie sich mittels einer geschickt gestalteten Kerbe einfach “aufschrauben.” – darauf muss man erst mal kommen.
Der beyerdynamic DT 1990 Pro – warum es ihn gibt
Im Tonstudio-Bereich kommen Kopfhörer überwiegend beim Aufnehmen zum Einsatz. In der Regel gilt es, den Musikern im Aufnahmeraum den Click-Track und/oder die bereits aufgenommenen Spuren als Guide für ihre Darbietung zuzuspielen.
Für solche Anwendungen sind offene Kopfhörer kaum geeignet – ihr nach außen dringendes Signal würde unweigerlich in die empfindlichen Mikrofone spratzeln (was man bei einigen Titeln sogar hören kann). Drum kommen fürs Monitoring fast ausnahmslos geschlossene Typen zum Einsatz – beispielsweise der beyerdynamic DT 1770 Pro, der eigens für diesen Zweck geschaffen wurde.
Im Regieraum jedoch waren Kopfhörer bislang eher selten anzutreffen: Hier wird fast ausschließlich über Lautsprecher gearbeitet, weil das Mischen über Kopfhörer aus tontechnischer Sicht nicht ganz unkritisch ist.
Seit dem Aufkommen des Home-Recording und den damit einhergehenden Umwälzungen in der Tonstudio-Branche zeichnet sich jedoch ein Wandel ab: Nicht jeder Musikschaffende mit eigener Aufnahmetechnik verfügt über geeignete Räumlichkeiten oder aber das Budget, sich großvolumige Abhörlautsprecher zuzulegen.
Unterstützt wird diese Entwicklung durch die zunehmende Integration der kompletten Aufnahme- und Mischtechnik in leistungsfähige Laptops: Das macht es möglich, mobil und “in the box” zu arbeiten.
Aus diesen Gründen wird der Kopfhörer als “Abhörinstrument” zunehmend interessanter. Normale HiFi-Kopfhörer mit ihren meist geschmäcklerischen oder trendigen Klangabstimmungen sind für solche Zwecke jedoch praktisch nicht verwendbar – zu groß ist die Gefahr, sich klanglich total zu “verlaufen”.
Nicht umsonst also gibt es Unternehmen wie beispielsweise sonarworks, die spezielle Equalizer-Plug-Ins mit Presets zur Klangkorrektur bekannter HiFi-Kopfhörer anbieten – hier stellt sich allerdings die Frage, nach welcher messtechnischen Grundlage die entsprechenden Frequenzgangkorrekturen ermittelt wurden.
An diese Stelle kommt der beyerdynamic DT 1990 Pro ins Spiel: Seine Entwickler wollten ihm bereits von Haus aus eine Abstimmung mitgeben, die ihn in solch klangkritischen Anwendungen zum verlässlicher Partner macht.
Und genau das machte mich so neugierig auf den neuen beyerdynamic, denn bislang gibt es für mich nur sehr wenige Hörer, mit denen man bei tontechnischen Arbeiten die richtigen Entscheidungen treffen kann – allen voran der mehr als doppelt so teure Sennheiser HD 800 S.
Hörtest – ehrliche Haut mit Charisma
Zweifellos war es bereits ein irgendwie erhabenes Gefühl, den gediegenen Heilbronner aus seiner Verpackung zu holen – doch dabei blieb es nicht. Schon nach wenigen Takten dachte ich mir “Hoppla, der klingt ja mal richtig, richtig gut!” – um diese frohe Botschaft spontan an Kollege Holger Biermann weiterzuleiten.
Und es war auch ganz klar, dass ein Vergleichshören ohne Umwege in der ersten Liga stattzufinden hatte – nämlich mit dem bereits erwähnten Sennheiser HD 800 S.
Ganz im Sinne der professionellen Bestimmung des beyerdynamic DT 1990 Pro wählte ich als Antriebsquelle ebenfalls einen Profi – das Audio-Interface RME Fireface UFX aus unserem Messgerätepark: Das UFX verfügt über zwei hervorragende, unabhängig einpegelbare Kopfhörer-Ausgänge und eignet sich damit ideal fürs Vergleichshören.
Daraus wurde denn auch ein langer, äußerst vergnüglicher Hörabend, an dem alle Beteiligten inklusive der Hörer viel Spaß hatten.
Denn eigentlich gab es nur Gewinner. So behauptete der Sennheiser seine Führungsrolle, weil er in den Mitten etwas substanzieller, souveräner daherkam, was beispielsweise Snare-Drums zu etwas mehr Body verhalf.
Aber das sollte den wirklich phänomenalen Auftritt des beyerdynamic nicht schmälern: Denn der beyerdynamic DT 1990 Pro begeisterte bei insgesamt sehr ausgewogenem Charakter durch enorme Transparenz, Agilität und Strahlkraft. Mit gefühlten ein, zwei Dezibel “Make Up” im Bereich von 2500 bis 5000 Hertz spielte er tendenziell eher frischwärts als gedeckt zurückhaltend – aber er klang dabei niemals vordergründig, sondern packend, direkt und schlichtweg großartig.
Das war sehr gut zu hören bei Tracks, die von Transparenz und strahlenden Klangfarben leben – wie das folgende Late In The Night von Jane Maximova.
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Tatsächlich verursachten die Velour-Polster mit Bassanhebung eine leichte Betonung im Bereich von etwa 100 bis 150 Hertz. Doch die ließ sich durch Wechseln auf die A-Polster perfekt ausbügeln.
Das Ergebnis war ein tiefreichender, praller, sehr definierter Bass, mit dem sich problemlos auch durch komplexe Bass-Synthie-Arrangements hindurchhören ließ. Das darf, wenn erforderlich, auch mal richtig laut sein (wenn der Kopfhöreramp es denn kann): Erst bei Schalldruckpegeln deutlich oberhalb der 120-Dezibel-Marke kommt der DT 1990 Pro an seine Verzerrungsgrenzen.
Zweifellos hat der beyerdynamic DT 1990 Pro Charakter – doch ist er definitiv kein Blender: Denn auch nach mehrtägigem intensivem Testhören konnte ich bei ihm nicht eine wirkliche, klangliche Schwachstelle ausmachen.
Ich lasse mich nur ungern zu absoluten Aussagen hinreißen, aber ich kenne derzeit keinen Hörer in dieser Preisklasse, der dem DT 1990 Pro klanglich das Wasser reichen kann.
Fazit: Der Profi, der auch ambitionierte HiFi-Fans begeistert
Der neue beyerdynamic DT 1990 Pro ist mit seiner ausgewogenen Klangabstimmung in erster Linie ein Werkzeug für Tonschaffende und Musiker, die eine verlässliche Instanz für ihre tägliche Arbeit benötigen.
Diese Aufgabe erfüllt er voll und ganz – und das sogar im Hinblick auf zukünftige Anwendungen: Für all diejenigen, die “in the box” mit zunehmend auf den Markt drängenden Lautsprecher-Virtualisierungs-Plug-Ins à la Waves Nx arbeiten wollen, sind Kopfhörer mit ausgeglichenem Frequenzgang nämlich Pflicht.
Denn nur sie können die in die Software eingearbeiteten Außenohr-Übertragungsfunktionen korrekt übermitteln, was für den gewünschten, authentischen Raumeindruck absolut notwendig ist.
Doch nicht nur das zeichnet den DTX 1990 Pro aus: Er stellt nämlich auch eine perfekte Alternative für anspruchsvolle Musikliebhaber dar, die der allzu häufig auf psychoakustischen Tricks beruhenden Klangabstimmung der meisten HiFi-Hörer nichts abgewinnen können.
Diese Gratwanderung gelingt dem DT 1990 Pro perfekt: Bei aller Neutralität sorgt er mit seinem offenen, detailreichen, aber niemals überpointierten Klang für ein sehr intensives Musikerlebnis, wodurch er auch unter den HiFi-Enthusiasten definitiv viele Freunde finden wird.
Beim beyerdynamic DT 1990 Pro stimmt einfach alles: Verarbeitungsqualität, Finish, Klang, Tragekomfort – und das Ganze auch noch zu einem äußerst attraktiven Preis.
Dafür gibt’s von LowBeats volle 5 Sterne plus eine ganz dicke Empfehlung als “Redaktionsreferenz bis 1.000 Euro”. Mit dem DT 1990 Pro platziert beyerdynamic ein echtes Highlight in einer längst überfälligen Marktlücke. Gratulation nach Heilbronn!
Bewertung
Bewertungen:Klang:Praxis:Verarbeitung:Gesamt: |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Neutraler, lebendiger Klang mit vollem, präzisem Bassfundament |
| hoher Tragekomfort |
| robuste Mechanik und herausragende Verarbeitung |
| nützliches Zubehör beigepackt |
Vertrieb:
beyerdynamic GmbH & Co. KG
Theresienstr. 8
74072 Heilbronn
www.beyerdynamic.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
beyerdynamic DT 1990 Pro: 599 Euro
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