Wer Roon nicht kennt der hat’s verpennt! Der clevere Streamingserver stellt immer noch das Maximum in Sachen Streaming-Komfort und Klangqualität für zu Hause dar. Und seit dem 2.0-Update kann man diesen Dienst auch unterwegs nutzen. Wer es noch nicht selbst probiert hat, sollte sich den LowBeats-Workshop mit der Video-Reihe anschauen, um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Ich kann es an dieser Stelle nur noch einmal unterstreichen: Roon ist nicht günstig, aber genial. Allerdings hat auch Roon seine Grenzen und scheint in sich geschlossen – bis auf die beiden Musikdienste Tidal und Qobuz, die sich integrieren lassen.
Doch der Schein trügt. Roon bietet Schnittstellen, die bisher nur viel zu wenige Anbieter und Anwender nutzen. Denn eigentlich ist das System erstaunlich offen. Die universellste Erweiterung dürfte wohl rooExtend darstellen. Was mal als Projekt für die Raspberry-Pi Bastelcomputer angefangen hat, gibt es mittlerweile als professionelles Hardware- und Software-Produkt. rooExtend Extension Box heißt die Hardware und ist für 398 Euro im Handel erhältlich. Darin steckt nun aber kein Raspie mehr, sondern ein professioneller Mini-Industrie-PC, den ein komplett passiv gekühltes Ganzmetallgehäuse kleidet und der extrem sparsam arbeitet. Er braucht nur etwa 2 Watt im Betrieb.
Was also macht rooExtend möglich? Die Box lässt sich als Roon Extension (Erweiterung) anmelden und sorgt fortan für alle nur erdenklichen Funktionen, die sich einzeln per Software-Lizenz freischalten lassen. Beispiel: Mittels rooUPnP lassen sich alle Geräte in hoher Auflösung mit Musik beschicken, die nur diese generische Streaming-Funktion nach UPnP/DLNA Standard erlauben – das sind in der Regel ältere oder simpler gestrickte Geräte. CD-Laufwerke lassen sich anschließen. Aber auch – man glaubt es nicht – Schallplatten können via Roon mit der smarten kleinen Hardware wiedergeben werden. Fast noch verrückter: Spotify, oder andere Streamingdienste lassen sich vom iPhone aus in Roon verwenden und können dann per iOS direkt Audio übertragen. Schließlich gibt es eine Reihe komfortabler Lautstärke und Abspiel-Controller, um Lautstärke, Pause oder Titelsprung direkt und ohne die Roon-App zu steuern. Per rooWatch lässt sich Roon sogar komplett via Apple Watch steuern.
In der Packung findet man die rooExtend Box nebst USB-C-Stromkabel und die Bluetooth-Antenne mit USB-Anschluss. Aber leider kein Netzteil. Beim tatsächlichen Strombedarf stellt es sicherlich kein Problem dar, ein altes Smartphone-Ladegerät zu finden, mit dem man starten kann. Das Fehlen des Netzteils ist zwar irgendwie ärgerlich, aber das Fehlen ermuntert den User gleich ein gutes Linearnetzteil zu besorgen – als Tuningmaßnahme quasi.
Der integrierte Switch bietet einen WAN- und einen LAN-Anschluss, also einen für den Kontakt zum Internet (WAN – Wide Area Network) und einen für die lokale Seite für Audio-optimierte Netzwerkverteilung (LAN – Local Area Network). Seitlich – wobei es technisch eigentlich egal ist, wie herum man das Kästchen aufstellt – gibt es einen USB-A-Anschluss für die Antenne oder als Digitalaudio-USB-Eingang, Wenn man mehrere Buchsen benötigt, verträgt sich der Anschluss problemlos mit einem USB-Hub. Auch ein externes CD-Laufwerk lässt sich hier anschließen: Empfohlen und getestet ist das Apple Superdrive.
Ist das Böxchen erst mit Strom und Netzwerk versorgt, geht es an die Konfiguration. Die geschieht komplett in Roon. rooExtend meldet sich als Erweiterung an und lässt sich dann modular mit den gewünschten Funktionen und Geräten im Detail konfigurieren. Die Softwareversionen der einzelnen Funktionsmodule werden angezeigt und bei einiger Peripherie sogar der Ladestand der Akkus. Zum Start bietet rooExtend zunächst 60 Tage freies Testen für alle Funktionen, bevor für die verschiedenen Funktionen eine Lizenzgebühr zu entrichten ist. Schauen wir uns die verschiedenen Lösungen einmal an:
Lautstärke und Abspielen kontrollieren
Eigentlich ist das Microsoft Surface Dial als Ergänzung zu Maus und Stift für die Surface Laptops gedacht, wo es sich als universeller Dreh/Drück-Regler konfigurieren lässt. rooExtend steuert es mit dem Modul rooDial als Lautstärkeregler. Die Kommunikation läuft via Bluetooth. Dazu lässt sich per Druck auf den Regler die Musik pausieren oder zum nächsten Titel springen. Funktioniert in der Praxis echt angenehm, die Lautstärke lässt sich fein dosieren. Zudem lässt sich das Surface Dial dort platzieren, wo man die Musik öfter mal regeln möchte, ohne dass immer erst in die Roon App einsteigen zu müssen. Microsoft Surface Dial gibt es dort, wo es auch die Surface-Laptops gibt, und es kostet um die 100 Euro.
Mit der Verwendung des Nuimo vom Berliner Hersteller Senic wurde rooExtend vor ein paar Jahren bekannt. Der Nuimo war eigentlich ein Controller für Sonos Musikstreaming. Leider ist er nur noch gebraucht zu bekommen. Mit der Erweiterung rooNuimo lässt sich beim Drehen des äußeren Rings die Lautstärke regeln. Das Drücken und in die vier Himmelsrichtungen drüber-streichen lässt sich weiträumig frei belegen – etwa mit Springen, Suchlauf und so weiter. Sehr edel, wird aber leider eben nicht mehr hergestellt. Gebraucht findet ist das Nuimo aber gelegentlich noch zu finden.
Die SpaceMouse Wireless von 3dConnexion ist ähnlich des Microsoft Surface Dials eigentlich für als Ergänzung für Maus und Stifteingabe für Computer gedacht und primär für 3D-Konstruktions- und Grafikprogramme entwickelt. Das gummierte obere Bedienelement ist nicht etwa ein Drehregler, sondern funktioniert eher wie ein elastisch gelagerter Joystick, der sich in alle Richtungen drehen, drücken und ziehen lässt. Dazu kommen seitliche Tasten an der Basis. Mit Hilfe von roo6D lässt sich hier nicht nur die Lautstärke regeln, sondern auch pausieren, Titel überspringen und vieles mehr mit einer Drehung, Bewegung oder einem Druck auf die Space Mouse. Beim Ausprobieren wirkte das wirklich komfortabel. Gerade die Lautstärke ließ sich angenehm dosieren, weil der Hebel dynamisch reagiert, also ein sanfte von starker Bewegung unterscheidet. Die 3dConnexion SpaceMouse Wireless ist für rund 150 Euro erhältlich.
Wer eine Apple Watch trägt, dem erlaubt rooWatch in Kombination mit der gleichnamigen App auf der Uhr die volle Kontrolle mit Anzeige von Titel, Künstler, Spielzeit und so weiter. Das Krönchen an der Seite der Watch wird zum Lautstärkeregler für die Musik, die in der Anlage spielt. Wohl bemerkt: Die Apple Watch wird zur Steuerung von Roon, nicht zum Abspieler. Der Knaller: Mit rooWatch lässt sich Roon nun per Siri Sprachsteuerung steuern, inklusive Albumsuche und so weiter: “Hey Siri, spiele das Album Dark side of the Moon”.
Nichtkompatible Geräte verwenden
Roon spricht viele Geräte an. Neben den Roon Ready zertifizierten Abspielern, die das klangoptimierte RAAT Protokoll verwenden, sind als “Roon Tested” auch Squeezebox und Sonos-Produkte mit deren Übertragungsstandards verwendbar. Hinzu kommt seit einiger Zeit auch Apples Airplay 2 und Googles Chromecast. Dummerweise verweigert sich Roon aber dem gebräuchlichsten Standard UPnP/DLNA, den selbst steinalte Player und Streamer beherrschen. Dazu zählen viele Geräte, an die man im ersten Moment gar nicht denkt, beispielsweise Blu-ray-Player oder die altbekannten Highend-Streaming-Komponenten von Linn oder Naim und viele andere. Um diese Geräte verwenden zu können, nutzt rooExtend einen Trick: rooUPnP meldet sich als Squeezebox-Gerät an. Dann einfach das tatsächliche Gerät zuordnen und konfigurieren, bis zu welcher Samplingrate (bis 192kHz) und Auflösung (bis 24 Bit) übertragen werden soll. Als Formate stehen MP3, FLAC und PCM zur Wahl.
Roon spielt nun im Squeezebox-Protokoll in die rooExtend Box, die das Signal in UPnP/DLNA konvertiert und dieses verlustfrei an den DLNA-Spieler sendet. Das klappte im Test mit Oppo-Blu-ray-Player und Trinnov Altitude 32 ganz wunderbar. Beide Geräte beherrschen Roon Ready und DLNA und erlaubten daher einen direkten Vergleich. Das klang exakt so, wie der Unterschied zwischen Roon (RAAT) und DLNA per nativer DLNA-Software. Nur hat man mit rooUPnP den vollen Komfort von Roon und gegebenenfalls eben auch alle Signalverarbeitung in Roon-Qualität, etwa eine DSD-Konvertierung, eine DSP-Raumentzerrung oder schlicht die audiophile Samplerate-Konvertierung. Und nicht zuletzt auch die direkte 24-Bit-Dekodierung von MP3.
Analoge Geräte in Roon integrieren
Analoge Quellen in Roon wiedergaben? Wie bitte? Doch, das macht Sinn, speziell wenn man Roon auch als Raum- oder Kopfhörer-Entzerrung verwendet. Oder man möchte auch mal seine LPs oder Cassetten im Office oder in der Küche hören. Stichwort Multiroom. Hierfür gibt es das Modul rooPlay, das allerdings noch viel mehr kann. Beispielsweise ein fast beliebiges USB-Audio-Signal in die rooExtension Box füttern – etwa von einem Plattenspieler oder einem Phonoentzerrer mit entsprechendem Ausgang. Auch ein Analog/Digital-Wandler, an dem eine Quelle (etwa ein schönes Vintage Cassettendeck oder eine Bandmaschine) angeschlossen ist und auf diese Weise USB-Audio bereitstellen. Externe CD-Laufwerke wie das Apple Superdrive können direkt angeschlossen werden, um CDs abzuspielen. Dabei steht allerdings nur lineares Abspielen und rudimentäres Navigieren auf dem Programm. Titelfolgen programmieren oder Ähnliches geht nicht. Kleine Lästigkeit dabei: Führt man manuell einen Titelsprung aus, gönnt sich Roon zunächst 10 Sekunden Pause für den Puffer. Das war es aber schon fast mit den Nachteilen.
Zum Ausprobieren hat mir der Vertrieb von Audio Trade netter Weise eine Pro-Ject Record Box E (129 Euro) mitgegeben. Das ist ein externer Phono-Vorverstärker, der MM und MC umschaltbar ist und neben einem Analogausgang auch einen USB-Audio-Ausgang anbietet. Leider ist letzterer aus Platzgründen als Mini-USB-Buchse ausgeführt. Weil aber die rooExtend Box nur USB-A Eingänge anbietet, galt also ein wenig zu adaptern. Doch das funktionierte in der Praxis absolut klaglos.
Aber wie erscheint das alles nun in Roon? Trickreich: rooPlay emuliert einfach eine Internet-Radiostation; netterweise bietet die rooExtend Community sogar passende Icons zum Dowload an. Auch die Qualität der Wandlung ist einstellbar und in diesem Falle waren die 48kHz Abtastrate (bei 16 Bit Quantisierung) der Pro-Ject Record Box E absolut ausreichend, um dem Phono-Signal zu schmeicheln. In Roon wählt man also eine emulierte Live Radio Station als endlos streamende Quelle aus und legt dann die LP auf. Nun kann jeder Roon-Player die Schallplatten wiedergeben. Entsprechende A/D-Wandler mit USB-Audio-Ausgang, die es in allen Qualitäts- und Preisstufen gibt, bieten hier den entsprechenden Zugang: Von Behringers UFO 202 USB für 25 Euro bis zu professionellen, audiophilen Studio-Wandlern wie dem RME ADI-2 Pro für 1.800 Euro ist die Auswahl riesig
Das gleiche Plugin rooPlay ermöglicht auch ein Erscheinen von Roon in iOS-Geräten als Abspieler. Per Mac-Computer, iPhone oder iPad kann man nun direkt Musik in Roon hinein spielen, wo es – wie beschrieben – als emulierte Radiostation wiedergegeben wird. Das ist eine wirklich kluge Lösung, weil sich dadurch alle Audioquellen etwa eines iPhone nutzen lassen – also auch an sich inkompatible Streamingdienste wie Spotify oder Apple Music.
Fazit: rooExtend Box zaubert Roon neue Fähigkeiten
Ich bin nicht allein mit der Ansicht, dass Roon die aktuell beste Musikwiedergabe bietet. Und zwar klanglich, aber auch in Sachen Komfort. Doch manch ein cooles Feature fehlt. rooExtend schließt viele dieser Lücken, weil es die vorhandenen Funktionen und Schnittstellen nutzt, um komfortable Hardware-Lautstärkeregler, Kontrolle per Apple Watch inklusive Sprachassistent, Zuspielung von CD und sogar Phono et cetera zu erweitern. Was einst als Community-Lösung entwickelt wurde, ist heute zu einem gestandenen Produkt gewachsen und funktioniert tadellos wie zuverlässig. Die Verwaltung mit den einzelnen Apps ist clever und die Kosten für die jeweiligen Lizenzen erscheinen mir fair, weil nur bezahlt, das zu bezahlen ist, was man verwendet.
rooExtend Box | 2023/01 |
Überragend |
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Modulare Funktionserweiterung |
| sehr geringer Energieverbrauch |
| lautlos weil passiv gekühlt |
| 60 Tage lizenzfreier Test für alles |
Vertrieb:
AUDIO-TRADE Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
D-45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
rooextend Box: 398 Euro
Apps: 12-75 USD, wahlweise Jahres- oder Volllizenz
rooExtend: Apps – Funktion | |
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rooDial : | Microsoft Surface Dial für Lautstärke, Pause, … |
roo6D: | 3dConnexion SpaceMouse Wireless für Lautstärke, Pause, … |
rooNuimo: | Senic Nuimo für Lautstärke, Pause, … |
rooWatch: | Apple Watch für Lautstärke, Siri Steuerung, Titelanzeige, … |
rooUPnP: | Roon-Wiedergabe für UPnP/DLNA |
rooPlay: | CD-Wiedergabe, USB-Audio (auch Phono), Zuspielung von Apple-Geräten |
Alle technischen Daten |