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Sennheiser AMBEO Smart Headset
3D-Mikro-In-Ear-Kombi Sennheiser AMBEO Smart Headset; 299 Euro (Foto: Sennheiser)

Test Sennheiser Ambeo Smart Headset In-Ear-Mikro – 3D-Ton to go

Smartphone-Videos sind eine tolle Sache, jedoch fällt ihre Ton- gegenüber der Bildqualität zumeist deutlich ab. Der Grund: Im Frequenzspektrum recht eingeschränkt und zudem auch nur monofon, ermöglichen integrierte Smartphone-Mikrofone allenfalls eindimensionalen Doku-Charakter. Genau diese Lücke will das Sennheiser Ambeo Smart Headset jetzt schließen: Es nutzt alle Grundprinzipien, auf denen das räumliche Hörvermögen des Menschen basiert – und will damit in Sachen Raumabbildung sogar speziellen Stereo-Mikrofonen fürs Smartphone überlegen sein.

Mit seiner binauralen Arbeitsweise verspricht das Sennheiser Headset beeindruckend dreidimensionale, akustische Erlebniswelten. Man denke nur an die Live-Atmosphäre im Stadion bei einem Fußball- oder Eishockey-Match, Auto- oder Motorradrennen, die ausschweifende Pool-Party, das Live-Konzert in der Fabrikhalle oder andere spannende, urbane Geräuschkulissen wie etwa die heranbrausende U-Bahn, das Nebelhorn im Hafen oder die virtuose Handpanspielerin in der Fußgängerzone. All das kommt mit dreidimensionalem Raumeindruck noch viel authentischer rüber – der Phantasie für eindrucksvolle, akustische Schnappschüsse sind mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset kaum Grenzen gesetzt.

Das liest sich in der Tat für jeden Smartphone-Aficionado ausgesprochen verlockend, doch müssen sich Android-User an dieser Stelle noch ein wenig in Geduld üben: Aktuell ist das Sennheiser Ambeo Smart Headset nur in der iPad/iPhone-Ausführung erhältlich – die Android-Version ist jedoch bereits in Arbeit.

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Sennheiser Ambeo Smart Headset in Weiß
Das Sennheiser Ambeo Smart Headset integriert die Mikrofonkapseln absolut unauffällig in die beiden Ohrbügel (Foto: Sennheiser)
Sennheiser Ambeo Smart Headset in Schwarz
Die schwarze Ausführung des Smart Headset ist aktuell nur im Apple Store erhältlich. Sie kostet ebenfalls 299 Euro (Foto: Sennheiser)
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Das Sennheiser Ambeo Smart Headset ist allerdings nicht bloß Mikrofon, sondern auch In-Ear-Hörer – beide Funktionen sind sogar gleichzeitig nutzbar. Praktisch dabei: Sitzen die In-Ear-Wandler erst mal optimal im Gehörgang, nehmen auch die Mikrofone automatisch ihren richtigen Platz ein.

Mit dem iPhone verbindet sich das Sennheiser Ambeo Smart Headset per Lightning-Stecker über ein einziges Kabel. Der Trick dabei: Die bidirektionale Lightning-Schnittstelle kann die Mikrofonsignale entgegennehmen und dabei gleichzeitig die Kopfhörersignale ausspielen (Duplex-Betrieb).

Bedienung und Konfiguration erfolgen beim Sennheiser Ambeo Smart Headset auf zwei Ebenen: Die wichtigsten Funktionen wie etwa Anrufannahme, Titelsprung oder die Lautstärkepegel-Einstellung für den In-Ear-Hörer übernimmt die kompakte Kabelfernbedienung. Das Setup für die nicht ständig benötigten Optionen erfolgt hingegen über die kostenlose App Sennheiser Smart Headset.

Sennheiser Ambeo Smart Headset: Technik

Auch wenn das Sennheiser Ambeo Smart Headset konzeptionell spontan einleuchtend daherkommt – hinter seinem smarten Auftritt verbirgt sich eine Menge Knowhow. Das beginnt bereits beim akustischen Konzept, mit dem Sennheiser allerdings kein unternehmerisches Neuland betritt. Bereits in den ausklingenden 70ern des letzten Jahrhunderts präsentierten die Hannoveraner ein ungewöhnliches Mikrofon namens MKE 2002 – eine clevere Bügelkonstruktion, die beim Einhängen in die Ohrmuscheln zwei qualitativ hochwertige Elektret-Kapseln in exakt definierte Positionen brachte. In der Tat war das Batterie-betriebene Sennheiser MKE 2002 das erste binaurale Mikrofon für den mobilen, nichtkommerziellen Einsatz.

Sennheiser MKE 2002 manual – www.manualscenter.com
Auszug aus der Bedienungsanleitung des Sennheiser MKE 2002 – optional war auch ein passender Kunstkopf erhältlich, in dessen Ohren sich das MKE 2002 einhängen ließ (Grafik: ManualsCenter.com)

Dieses Konzept greift das Sennheiser Ambeo Smart Headset nun erneut auf, um es fast vier Jahrzehnte später auf ebenso clevere wie smarte Weise zeitgemäß zu interpretieren. Wie schon das altehrwürdige MKE 2002 ist auch das Ambeo Smart Headset ein sogenanntes True-Head-Mikrofon, das zum Aufnehmen die akustische Wirkung der eigenen Ohrmuscheln nutzt. Zur „Entpersonalisierung“ nimmt es jedoch einige geschickt umgesetzte, akustische Verallgemeinerungen vor. Beispielsweise befinden sich die Mikrofonkapseln nicht wie damals beim MKE 2002 an der Pforte zum Gehörgang, sondern nach außen weisend in den Wandlergehäusen. Diese füllen die Ohreingangstrichter (Cavum Conchae) beinahe vollständig aus, was ihrem typischen, kräftigen Resonanzbuckel zwischen 2 und 4 Kilohertz spürbar entgegenwirkt – und damit die sonst erforderliche, recht komplexe Entzerrung weitestgehend überflüssig macht.

Sennheiser Ambeo Smart Headset Ohrbügel mit Mikro und Schallwandler
Die elastischen Ohrbügel des Sennheiser vereinen auf engstem Raum Elektret-Mikrofonkapsel und In-Ear-Schallwandler (Foto: Sennheiser)

Mit solchen akustischen Tricks erreicht das Sennheiser Ambeo Smart Headset prinzipbedingt zwar nicht die räumliche Auflösung professioneller Kunstkopfmikrofone, jedoch können die damit erstellten Aufnahmen von beliebigen Personen ohne merkliche Qualitätseinbußen in Sachen räumlicher Abbildung angehört werden.

Da das Sennheiser Ambeo Smart Headset In-Ear-Hörer und Mikrofon im gleichen Gehäuse vereint, konnten seine Entwickler elegant gleich noch zwei andere Features integrieren. Als Erstes zu nennen ist da sicherlich die zuschaltbare Noise-Cancelling-Funktion. Wie üblich empfängt diese per Mikrofon den von außen einwirkenden Schall, um ihn als gegenphasigen Anteil auf den In-Ear-Hörer zu geben – exakt so viel, dass er den auf akustischem Wege eindringenden Störschall kompensiert.

Weniger populär hingegen ist die zweite Einrichtung, welche auf die etwas holperige Bezeichnung „Situational Awareness“ hört. Die wiederum bewirkt genau das Gegenteil von Noise Cancelling: Situational Awareness ermöglicht nämlich, die vom Mikrofon empfangene, äußere Geräuschkulisse in dreistufig wählbarer Dosierung dem aktuellen Kopfhörersignal hinzuzumischen. Diese „Transparent Hearing“ getaufte Betriebsart hilft, den akustischen Kontakt zur Außenwelt zu bewahren – was im urbanen Großstadt-Dschungel durchaus eine Art Lebensversicherung darstellen kann.

Kabeldongle mit Bedienelementen
Im Kabel-Dongle des Sennheiser Ambeo Smart Headset findet die gesamte Elektronik Platz – einschließlich aller Bedienelemente. Der sogenannte Funktionsbutton (rechts) lässt sich über die Sennheiser Headset App mit verschiedenen Funktionen belegen (Foto: Sennheiser)

Auch in elektrischer Hinsicht ist das Sennheiser Ambeo Smart Headset ein durchaus bemerkenswertes Device. Schließlich bringt es in seinem recht kompakten Kabel-Dongle Mikrofon- und Kopfhörer-Verstärker, A/D- und D/A-Wandler, Signalprozessor sowie eine MFi-zertifizierte Lightning-Schnittstelle unter. Eine derart hochkomplexe Elektronik erfordert natürlich einen in dieser Hinsicht kompetenten Partner: Mit dem amerikanischen Digitalaudio-Spezialisten Apogee Electronics traf Sennheiser hier genau die richtige Wahl.

Das Sennheiser Ambeo Smart Headset in der Praxis

Meine ersten Aufnahmen mit dem Sennheiser MKE 2002 machte ich seinerzeit noch auf CompactCassette mit einem Uher CR 240; später dann mit dem robusteren Sony TC-D5M. Das (nicht wenige) Geld für ein gutes Aufnahmemedium kann man sich heutzutage sparen – diese Aufgabe übernimmt nun ebenfalls das Smartphone.

Dazu braucht’s natürlich entsprechend gute Apps, was speziell auch fürs Aufnehmen mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset gilt. Meine klaren Empfehlungen hierfür lauten: Filmic Pro für Video inklusive Ton sowie der Apogee Meta Recorder für Nur-Ton-Aufnahmen – letzterer unterstützt sogar das Broadcast Wave Format (BWF) und ist für Smart Headset Besitzer als Single-Vollversion zudem kostenlos. Selbstverständlich arbeitet das Sennheiser Ambeo Smart Headset ohne Einschränkungen auch mit der iOS-internen Kamera-App zusammen. Die gibt sich in Sachen individueller Einstellmöglichkeiten jedoch deutlich bescheidener als Filmic Pro.

Im Nu einsatzbereit und unkompliziert im Handling, lassen sich mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset ad hoc unwiederbringliche Aufnahmen machen. Dennoch oder gerade deswegen sollte man sich vorm Drücken des Record-Buttons einige wichtige „Spielregeln“ ins Bewusstsein rufen, dass es nicht hinterher heißt: Hätte, hätte – Fahrradkette.

Die wohl wichtigste Spielregel gilt fürs Aufnehmen mit der App Filmic Pro. Hier nämlich muss man das gewünschte Mikrofon im Audio-Menü auswählen. Nach einer App-Aktualisierung kann es jedoch vorkommen, dass die gewählte Option einem Reset zu Opfer fiel – mit dem Ergebnis, dass die neue Aufnahme nun nicht mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset, sondern mit dem iPhone internen Mikrofon erfolgt. Daher gilt: vorm Aufnehmen mit Filmic Pro stets das Audio-Menü checken.

Filmic-Setup für Sennheiser Ambeo Smart Headset
Vor dem Aufnehmen mit der App Filmic Pro sollte man im Audio-Menü stets nachschauen, ob das Sennheiser Ambeo Smart Headset als aktives Mikro ausgewählt ist (Screenshot: J. Schröder)

Für die Kameraführung beim Aufnehmen mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset lautet die Regel: Immer der Nase nach. Die nämlich gibt die Ausrichtung des dreidimensionalen, akustischen Bildes vor. Das optische Bild muss diesem natürlich entsprechen, ansonsten wirkt’s unnatürlich. Es ist daher ratsam, bei Kopfbewegungen die Kamera stets im gleichen Maße mitzudrehen.

Das Sennheiser Headset ist dazu gedacht, akustische Umgebungen authentisch einzufangen – es ist jedoch kein Mikrofon für Interviews. Zur Not kann man diese als Szene mit Moderator und Interviewpartner aufnehmen – aber definitiv nicht als Ansager: Selber Sprechen bei laufender Aufnahme taugt allenfalls als dramaturgisches Stilmittel, weil es ein unangenehm drückendes Im-Kopf-Gefühl beim Zuhörer erzeugt.

Beim praktischen Arbeiten mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset offenbart sich einmal mehr ein wichtiger Sachverhalt – nämlich, dass Mikrofone anders „hören“ als das menschliche Ohr. Das betrifft jedoch keineswegs nur das Sennheiser Ambeo Smart Headset, sondern Mikrofone jeglicher Art.

Die unterschiedliche „Wahrnehmung“ von Mikrofonen äußert sich in vielerlei Hinsicht – an dieser Stelle interessiert jedoch speziell die subjektiv empfundene Lautstärke der Aufnahmen. Das menschliche Ohr verfügt über eine Art Lautstärke-Normalisierung: Übliche Geräusche oder normale Sprache werden dadurch als angenehme, gut verständliche Lautstärke empfunden. Plauscht man beispielsweise auf der Straße mit dem Nachbarn und wird dabei plötzlich von einem dieser entsetzlich laut klappernden Autotransporter-LKWs überrascht, so reagiert das menschliche Ohr darauf mit einer kurzzeitigen, recht kräftigen Pegelkompression.

Mikrofone hingegen besitzen diese gehörphysiologische Eigenschaft nicht: Klappert der Autotransporter auf der Straße um 40 Dezibel lauter als der Nachbar auf dem Gehweg spricht, dann liefert das Mikrofon bei seiner Vorbeifahrt auch 40 Dezibel (Faktor 100) mehr Pegel. Um nicht zu verzerren, darf diese Pegelspitze bei digitaler Aufzeichnung die 0dBFS-Genze nicht überschreiten – entsprechend niedrig muss man den Aufnahmepegel daher wählen.

Beim Anhören der Aufnahme zeigt sich, dass der vorbeipolternde Autotransporter tatsächlich unverzerrt aufgezeichnet ist – das Gespräch mit dem Nachbarn auf dem Gehweg ist allerdings nur sehr leise zu hören. Zunächst mal stellt das kein Problem dar, denn nach Aufdrehen des Lautstärkestellers ist das Gespräch wieder einwandfrei zu verstehen.

Problematisch wird es jedoch dann, will man solche Aufnahmen mit hoher Programmdynamik (im Beispiel sind’s 40 dB) unbearbeitet auf Portale wie YouTube oder Facebook stellen. Die meisten der hier lancierten Clips sind mit hoher Durchschnittslautstärke auf maximales Durchsetzungsvermögen getrimmt – schon allein deshalb, um auf mobilen Endgeräten möglichst gut rüberzukommen. Das hier beschriebene Hörbeispiel wird daher im Kontext mit anderen YouTube-Clips in Sachen Lautstärke eher „untergehen“ – vom Part mit dem vorbeipolternden Autotransporter mal abgesehen. Das Musikbusiness kennt sogar einen Namen für dieses Phänomen: Loudness War.

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Sennheiser App Hauptmenü
Hauptmenü der Sennheiser Headset App: Hier erfolgen die Grundeinstellungen für das Ambeo Smart Headset (Screenshot: J. Schröder)
Sennheiser App Konfiguration Funktionsbutton
Der Funktionsbutton des Ambeo Headset, Smart Slider genannt, lässt sich über die Headset App mit unterschiedlichen Funktionen belegen (Screenshot: J. Schröder)
Sennheiser App Einstellung Transparent Hearing
Im App-Menü „Situational Awareness“ lässt sich sowohl das Noise Cancelling System aktivieren als auch der Lautstärkepegel vorwählen, mit dem Außengeräusche auf den In-Ear-Hörer gegeben werden (Transparent Hearing) (Screenshot: J. Schröder)
Sennheiser App Equalizer
Der semi-parametrische 3-Band-Equalizer beim Sennheiser Ambeo Smart Headset erlaubt recht feinfühliges Einstellen von Mittenfrequenz und Pegel (Screenshot: J. Schröder)
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Damit kommen wir wieder zurück zum Smart Headset. Um einen größeren Pegelbereich abzudecken, lässt sich bei ihm der Aufnahmepegel zweistufig umschalten: „Natural Recording Level“ ist für normallaute Umgebungen gedacht, während sich „Reduced Recording Level“ für Aufnahmen bei hohen Pegeln, beispielsweise Rockkonzerten, empfiehlt.

Allerdings nutzt das Sennheiser Ambeo Smart Headset selbst bei „Natural Recording Level“ den gegebenen Dynamikbereich eher vorsichtig aus, sodass noch reichlich Headroom für eventuelle Pegelspitzen verbleibt. Technisch betrachtet, ist das vollkommen korrekt – lieber eine leisere, unverzerrte Aufnahme als eine lautere mit knackenden Dynamikspitzen. (Für Profis: Bei einem effektiven Lautstärkepegel von 73 dBspl am Aufnahmeort erzeugte das Testmuster in Stellung „Natural Recording Level“ einen digitalen Spitzenpegel von -26dBFS. Digitale Vollausteuerung (0 dBFS) wird damit bei einem effektiven Schalldruckpegel von 99 dBspl erreicht. Die Stellung „Reduced Recording Level“ reduziert die Empfindlichkeit um 10 dB, womit das Sennheiser Ambeo Smart Headset hier nunmehr bei einem effektiven Lautstärkepegel von 109 dBspl die 0dBFS-Marke erreicht.)

Die Kehrseite der Medaille: Die native, durchschnittliche Lautstärke der mit dem Sennheiser Headset gemachten Aufnahmen ist gemessen an aktuellen Clips eher zurückhaltend. Wer’s für YouTube & Co ordentlich laut braucht, muss deshalb nachhelfen – sprich im Audio- oder Video-Editor mit Dynamikbegrenzern die Lautheit erhöhen: Pump up the Volume.

Der Hörtest

Anders als bei „passiven“, weil wiedergebenden HiFi-Komponenten, hängen bei Mikrofonaufnahmen die klanglichen Ergebnisse wesentlich vom „Händchen“ des Anwenders hinsichtlich der Platzierung der Mikrophone ab. Das gilt natürlich auch für das Smart Headset. Dennoch besitzt es typische Charakterzüge – der wohl wichtigste geht dabei auf das Konto „Convenience“: Um seinem Anwender das Tragen eines Windschutzes zu ersparen (Wer will das schon bei einem Action-tauglichen Mikro?), zeigt sich das Sennheiser Ambeo Smart Headset zur Vermeidung störender Windgeräusche in den tieferen Lagen unterhalb etwa 120 Hertz eher schlank abgestimmt. Hinzu kommt eine leichte Betonung im Frequenzbereich von etwa 800 Hz bis 2 Kilohertz (oberer Formant-Bereich bei weiblichem Gesang), sodass Aufnahmen mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset tendenziell ein präsentes, lebendiges Klangbild vermitteln. Diese Abstimmung ist zum Einfangen lebhafter Geräuschkulissen natürlich genau richtig, für anspruchsvolle HiFi-Aufnahmen jedoch meist zu vordergründig.

Wie kaum anders zu erwarten, zeichnen sich die mit dem Sennheiser Ambeo Smart Headset gemachten Aufnahmen durch einen sehr guten Raumeindruck aus. Das gilt sowohl für Outdoor-Geräuschkulissen von großer Ausdehnung als auch für normale, geschlossene Räume: Stets aufs Neue überraschend ist hier die akustische Selbstverständlichkeit, fährt beispielsweise draußen ein Auto vorbei: erst beim Anhalten der Aufnahme stellt man fest, dass dieses Geräusch aufgezeichnet und kein aktuelles Ereignis ist.

Auf Sennheisers Homepage zum Ambeo Smart Headset findet sich gleich eine ganze Reihe von Soundbeispielen aus verschiedenen Lebensbereichen – allerdings vermute ich mal aufgrund ihrer hohen Lautheit, dass viele von ihnen in puncto Dynamik nachgearbeitet sind. Sehr authentisch und absolut deckungsgleich mit meinen Erfahrungen sind jedoch die akustischen Stillleben „Morning Coffee“, „Exploring Portsmouth“, „Dubai“ sowie „Walk Down Vegas“. (Binauraler Ton – bitte mit Kopfhörern anhören)

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Mit seiner cleveren und zudem elastischen Ohrbügel-Konstruktion trägt sich das Smart Headset ausgesprochen angenehm und ist zudem ruckzuck passend eingesetzt. Allein schon deshalb könnte man es als In-Ear-Hörer in Betracht ziehen, selbst wenn man das Mikrofon gar nicht braucht. Das wäre zwar nicht ganz billig, aber definitiv kein Fehlkauf, wie der Hörvergleich mit dem Sennheiser Momentum In-Ear bestätigte: Natürlich zeigte sich hier eine Art Familienklang – man könnte fast meinen, beide Sennheisers seien mit den gleichen Schallwandlern bestückt. Allerdings spielte der Momentum In-Ear untenherum schon beinahe eine Spur zu füllig und im Bereich von 10 Kilohertz etwas resonanter. Nach mehreren Stunden Einspielzeit und etlichen Hörvergleichen würde ich daher mittlerweile das Sennheiser Ambeo Smart Headset vorziehen – speziell dann, wenn man mit dem recht feinfühlig arbeitenden Equalizer der Sennheiser Headset-App behutsam nachhilft (bei 800Hz = -3dB; bei 3,6 kHz = -2dB).

Keine Wunder sollte man hingegen vom integrierten Noise-Cancelling-System erwarten: Seine Außengeräuschdämpfung fällt mit geschätzten 6 Dezibel eher gering aus. Das ist jedoch kein Beinbruch, unterdrückt doch das Ambeo Smart Headset mit den passenden Ohranpassungsmanschetten von außen kommenden Störschall bereits von Haus aus relativ gut.

Fazit

In Zeiten von 3D und Virtual Reality gelingt Sennheiser mit dem Ambeo Smart Headset ein absolut zeitgemäßes Produkt, mit dem sich der Mikrofon- und Kopfhörerspezialist aus Hannover quasi neu „erfindet“. Einfach in der Handhabung und smart im Auftritt, ist es meilenweit entfernt vom institutionellen Habitus, der speziell Mikrofonen nach wie vor anhängt.

Anders als sein 40 Jahre alter Vorläufer MKE 2002 spricht das Sennheiser Ambeo Smart Headset nunmehr multimedial orientierte Nutzer an, die eine leicht beherrschbare, aber dennoch überzeugende Technik erwarten. Der hierfür stets erforderliche Kompromiss gelingt dem Sennheiser Ambeo Smart Headset erstaunlich gut: Erwartungsgemäß kann es zwar nicht mit professionellen Ergebnissen glänzen – dafür findet sich Passenderes im Sennheiser/Neumann-Programm, beispielsweise das Sennheiser Ambeo VR Mic. Jedoch bietet es insgesamt eine sehr ordentliche Aufnahmequalität, die sich geschickt am gedachten Einsatzbereich orientiert.

Gemessen an all dem Gebotenen, lockt das Sennheiser Ambeo Smart Headset nicht zuletzt mit einem äußerst attraktiven Preis. Damit besitzt es das Potential, das Thema Outdoor- und Fieldrecording als kreatives Hobby einem großen Anwenderkreis zu erschließen.

Sennheiser Ambeo Smart Headset
2018/03
Test-Ergebnis: 4,4
Sehr gut
Bewertungen
Klang:
Praxis:
Verarbeitung:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Schnell einsatzbereit
Einfache Bedienung
Natürliches, dreidimensionales Klangbild
Guter In-Ear-Hörer inklusive

Vertrieb:
Sennheiser GmbH & Co. KG
Am Labor 1
D-30900 Wedemark
www.sennheiser.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Sennheiser Ambeo Smart Headset: 299 Euro

Weitere Sennheiser Highlights:

Test Sennheiser Ambeo Mikro VR Mic: das Profi Raumklang-Mikro
Test Sennheiser Momentum In-Ear: der große Klang für 100 Euro
Test Sennheiser HD 800 S: der Referenz-Over-Ear-Kopfhörer

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.