In-Ear-Kopfhörer mit Bluetooth an Bord versprechen potentes, kabelloses Musikvergnügen. Da gibt es jede Menge ambitionierter Newcomer, aber halt auch etablierte Marken, die hier ihren Hut in den Ring werfen. Die wiederbelebte HiFi-Vorzeige-Schmiede Technics ist ebenfalls im Rennen: Und der neue Technics EAH-AZ80 hat durchaus Ambitionen in der 300-Euro-Klasse. Doch wie schlägt er sich gegen die Platzhirsche von Apple, Bose & Co.?
Kabellose In-Ear-Kopfhörer als mobile Entertainer sind längst im Mainstream angekommen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit Fliegengewicht und allerlei hilfreichen Bedienungs-Features konkurrieren sie selbstbewusst smart und platzsparend unterwegs mit On- und Over-Ear-Modellen, die deutlich mehr Raum beanspruchen. Als „True-Wireless“-Modelle verzichten sie sogar auf jegliche Art von Strippen ziehen.
Neben fraglos besonderen 1.000-Euro-HighEnd-Modellen wie jenen von Beyerdynamic tummeln sich in der hart umkämpften Oberklasse bereits ziemlich patente In-Ears, wie die jüngsten Knubbel von Apple (AirPods3), die Bose QuietComfort Earbuds II oder Sennheisers Momentum True Wireless 3.
Die Besonderheiten des Technics EAH-AZ80
Natürlich haben die Entwickler und Ingenieure bei Technics eine lange Erfahrung – siehe LowBeats History zu 55 Jahre Technics. Klar ist aber auch, dass sich die Traditions-Company aus Japan mit ihren In-Ear-Speakern auf ein Terrain wagt, das für Technics recht neu ist und das auch von Milliarden-schweren Unternehmen bespielt wird. Man muss also was bieten. Der EAH-AZ80 ist das Spitzenmodell der Japaner und verschafft sich sein Entrée schon einmal mit einer recht opulenten, quaderförmigen, stabilen Kartonbox selbstbewusst Aufmerksamkeit.
Drinnen finden Kopfhörer und Zubehör sauber und passgenau ihren Liege- und Ankerplatz. In einer kleinen, schick gestylten Metallbox können die In-Ears ausruhen – und geladen werden. Mit dabei nämlich: ein Energiespender im Untertassenformat und USB-Anschluss für kabelloses Laden, ein kurzes USB-C-Ladekabel sowie ein kleiner Accessoire-Karton mit sieben verschiedenen Silikon-Passstücken für die individuelle Ohr-Anpassung. Ein kleines, schwarzes Softcase mit Klickverschluss schützt die Aufbewahrungs-/Ladebox zudem unterwegs.
Also: Zunächst mal den „Qi“-Ladeteller an den Laptop andocken, dann die Schatulle mit den Ohrstöpseln einfach draufstellen – fertig. Eine Mikro-LED wechselt dabei von Blau auf Grün, das Kästchen ebenso auf Grün: In diesem Modus saugen sich die „leeren“ Stöpsel innerhalb von rund drei Stunden mit Energie voll – was für einen Spielbetrieb zwischen sieben und siebeneinhalb Stunden reichen soll, je nachdem ob das aktive Noise-Cancelling (ANC) aktiviert ist oder nicht. Denn der Unterschied ist eklatant: Mit eingeschaltetem ANC schafft die EAH-AZ80 bis zu 7,5 Stunden, ohne ANC bis zu 25 Stunden.
Das Aufladen ist einfach und schnell: Die Ladedauer in der verkabelten Ladestation dauert etwa drei Stunden.Mit Ladestation, aber ohne Kabel etwa 3,5 Stunden und in der Schnellladefunktion etwa 15 Minuten (reicht dann für 70 Minuten Wiedergabe).
Zurück zum Active Noise Cancelling, mit dem lästige Umweltgeräusche unterdrückt werden sollen: Über die Gratis-App „Technics Audio Connect“ lässt sich dieser Modus nämlich nach Gusto stufenlos über das Smartphone einstellen. Bravo an dieser Stelle schon einmal für die Idee. Da die App eine Fülle an Einstellmöglichkeiten bietet, laden wir sie gleich mal runter. Die Vielfalt beeindruckt: Vom Akkuladezustand über einen 5-Band-Equalizer bis zu diversen individuell belegbaren Touch-Modi der Hörkapseln bleiben keine Wünsche offen.
Die aufgeladenen In-Ears lassen sich wie Konfekt aus ihrem Ruhekästchen pflücken und sich dank klarer Links-/Rechtskennzeichnung problemlos in die äußeren Gehörgänge an-, respektive eindocken. Die In-Ears sitzen dann angenehm und druckfrei in den Gehörgängen, ohne bei Kopfdrehern ins Wackeln zu geraten. Das deutet auf praxisgerechte Langzeittauglich hin, die sich nach vielen Sessions bestätigen sollte.
Die Anfass- und Verarbeitungsqualität? Klasse, zumal für die Preisklasse, mit einem wertigen Mix aus Metall und Kunststoff. Das fühlt sich sauber und gut an, nicht zu leicht, nicht zu schwer. Obwohl die Knubbel relativ üppig dimensioniert wirken. Unglaublich überhaupt, welch geballte Ladung miniaturisierter Elektronik in den winzigen Kapseln werkelt, darunter Bluetooth 5.3 sowie die HiRes-Technologie „LDAC“, die zum Wohle des Klangs Datenströme bis zu 96kHz/990Kbit/s ermöglicht. Spritzwassergeschützt sind die Kopfhörer-Sessions übrigens auch, gemäß „IPX4“.
Praxis
Sprechen wir über das Sprechen, also die Headset-Funktion des Technics EAH-AZ80. Es gibt gleich vier Mikrofone pro Seite: „Feedforward“- und „Feedback“-Mikrofone für die Analyse von Eigen- und Umgebungsgeräuschen, die via „JustMyVoice“-Technologie während Telefonaten zu klarer Stimm-Artikulation verhelfen. Die Stimmerkennungs-Mikrofone erfassen und isolieren die eigene Stimme, Umgebungsgeräusche werden ordentlich verbannt. Funkt jemand an, einfach einmal auf die linke oder rechte Muschel tippen und schon kann man das Gespräch annehmen – im Praxischeck klangen die Stimmen der Anrufer recht deutlich, die eigene Stimme kam gut artikuliert beim Gegenüber an – selbst bei starkem Umgebungsgeräusch.
Das liegt womöglich an der von Technics eingebauten „Dual Hybrid Active Noise Cancelling-Technologie“. Die will durch die Kombination eines digitalen Softwarefilters und eines Feedforward-Mikrofons störende Geräusche auch während des Telefonats effizient eliminieren.
Zudem lassen sich im Modus „Natürliche Umgebung“ wichtige Umgebungsgeräusche aktiv transparent ins Gesprächs- oder Musikgeschehen einfließen – zum Beispiel, um wichtige Durchsagen im Zug nicht zu verpassen. Umweltgeräusche soll das aktive Noise Cancelling (ANC) eindämmen. Beides funktionierte im Alltag prima, zum Beispiel im IC, im City-Autoverkehr oder auf dem Balkon mit nachbarschaftlichem Stimmengemurmel. Allerdings könnte das ANC hier und da noch etwas vehementer akustisch abschotten. Das kenne ich vom Bose QuietComfort Earbuds II besser.
Nach dem Einchecken in die Ohren gibt es wie üblich bei Kopfhörern dieser Klasse ein akustisches Feedback: „pairing“, „connected“. Das geht sehr reibungslos mit dem Smartphone respektive iPhone. Da die Technics-In-Ears mit bis zu drei Bluetooth-Geräten Kontakt aufnehmen können, machen wir das Basis-Pairing gleich noch mit Laptop und iMac komplett – auch hier hat das nahtlose Wechseln zwischen den Geräten prima funktioniert. Lorbeeren für die Praxis – gefolgt von weiteren: Die Bluetooth-Funkreichweite endete erst nach über zehn Metern und zwei hintereinander liegenden Räumen. Fein.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Bedienung über die kleinen Außenflächen der Hörkapseln. Das bedarf einiger Übung und eventuell Nerven, ehe man sicher und zielgerichtet mit dem Berühr-Tippen Regie führen kann. Wisch you were here, wie teils bei anderen Konkurrenten z.B. bei Apple, gibt’s nicht. Nach etwas Eingewöhnungszeit hat man die Bedienung im Wortsinn im Griff. Bei Pausen hilft übrigens eine praktische Automatik Energie und Nerven zu sparen: Auf Wunsch schalten sich die Knubbel beim Herausnehmen aus den Ohren selbstständig ab.
Für hifidelen Wohlklang spendierten die erfahrenen Home-HiFi-Ingenieure von Technics ihren In-Ears eine Zehn-Millimeter-Membran aus Aluminium (steif, leicht) sowie akustische Kammern, um den Luftstrom zu optimieren. Hier einige Impressionen:
Näher lassen sich die Japaner nicht in die Karten gucken. Macht nichts, kommen wir einfach zum praktischen Maß aller Dinge: dem Hörtest.
Der Klang des Technics EAH-AZ80 True Wireless
Bereits im Vorfeld, beim Checken der Tools und des ANC, entpuppte sich letztere im aktiven Modus als akustischer Enabler, will heißen: Das Klangbild wirkte insgesamt stimmiger, körperhafter und ausgewogener. Die Hörchecks liefen deshalb in diesem Modus ab. Dafür lieferten Quellen wie Amazon Music, Qobuz sowie Musik von der Festplatte Futter.
Als zum Beispiel Kate Stables, der britischen Band This Is The Kit, während ihrer Sessions in den „Old Granada Studios“ in Manchester ihre Stimme zum wunderbaren „Bullet Proof“ anhob, begleitet von Drums, Bass, Gitarre und ihrem Banjo, dann strahlte die Stimme, die polternden Drums drangen prägnant und vollmundig an die Ohren. Einfach sympathisch und authentisch und dynamisch und packend, in komplexen Passagen jedoch nicht perfekt aufgefächert.
Audiophile Musik von der Festplatte, wie vom Würzburger Duo Carolin No, punktete mit feinem Raumambiente und Durchhörbarkeit, gepaart mit stimmiger Tonalität. Hier fand übrigens ein bereits erwähnter Bluetooth-Gerätewechsel vom iPhone auf das MacBookPro statt: smart und mit Bravour.
Die Soul-/R&B-Sängerin Arlo Parks gefiel ebenfalls tonal prima. Gitarrenmusik von Meistern wie Al Di Meola, ging feindynamisch zur Sache. Die Klassikabteilung bestritten unter anderem Sol Gabetta und Hélène Grimaud mit einer Brahmseinspielung: vehement, mit schöner Körperhaftigkeit. Das Klangbild strahlte, ich war rundum zufrieden.
Aber wie schlagen sich die In-Ears der vergleichsweise „kleinen“ Marke Technics gegen Riesen wie Apple und Bose? Erstaunlich gut. Die Bose QuietComfort Earbuds II klingen insgesamt satter, aber auch zahmer und weniger mitreißend. Den Boses allerdings ist zugute zu halten, dass ihr Noise Cancelling wohl das derzeit beste dieser Klasse ist.
Im Vergleich zu Apples AirPods 3 kann man klangliche Ähnlichkeiten attestieren – mit in meinen Ohren leichten Vorteilen für die Technics, die noch einen Hauch agiler wirbeln. In der selbstverständlichen Bedienung allerdings liegt Apple ja immer – und das gilt nicht nur für den Technics – ein Stückweit vorn.
Fazit Technics EAH-AZ80
Das In-Ear-Pärchen spielte seine Klangtrümpfe ohne schwerwiegende Schwächen aus. Der Klangeindruck ist offen, mit angenehmer Präsenz und Auflösung sowie mit schönem Raumgefühl und prima Tieftondruck. Der Sound ist so charakterstark und ausgewogen, dass sich die Technics In-Ears auch gegen die großen Platzhirsche eindrucksvoll behaupten können. Und die Service-Abteilung via App leistet zudem erfreulich weitreichende Hilfe.
Technics EAH-AZ80 | 2023/07 |
 | |
SEHR GUT | |
Bewertung
Klang (mit ANC)PraxisVerarbeitungGesamt |
| Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| | Klares, ausgewogenes, recht räumliches, langzeittaugliches Klangbild |
| | Gute Telefon-Sprachqualität |
| | Vielfältige Einstell- und Individualisierungs-Möglichkeiten über die App |
| | ANC könnte noch vehementer agieren |
Vertrieb:
Technics
Winsbergring 15
22525 Hamburg
www.technics.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Technics EAH-AZ80 True Wireless: 299 Euro
Ausführungen: Schwarz und Silber
Technische Daten
| Technics EAH-AZ80 | |
|---|---|
| Konzept: | In-Ear Kopfhörer mit Bluetooth und ANC |
| Bestückung: | 10 mm Aluminium-Membran |
| Übertragungsbereich: | 20 – 40.000 Hz |
| Besonderheit: | Multipoint-Verbindung bis zu 3 Geräte |
| Akku-Laufzeit: | bis 25 Stunden ohne ANC |
| Zubehör: | USB-C-Ladekabel, Aufbewahrungs-/Ladebox, Lade-Teller mit USB-Kabel fürs kabellose Laden |
| Gewicht: | 7,0 Gramm pro Kapsel |
| Alle technischen Daten | |
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