Mit dem Sony VPL-VW760ES wird der Traum aller Heimkino-Anwender ein ganzes Stück realistischer – so jedenfalls versprechen es die Katalogdaten des brandneunen Laser-Beamers: ein knackscharfes Bild, extrem kontrastreich von sattem Schwarz bis gleißend hellem Weiss, ein riesiger Farbraum für satte Farben in Kombination mit High-Dynamic-Range. Und das Ganze fast lautlos und ohne den Nachteil, dass der Besitzer stetig Münzen in das Lampen-Sparschwein werfen müsste – es ist ja ein Laser.
Obwohl die Karrosserie bisherigen Modellen äußerlich ähnlich aussieht, baut der Sony VW760ES nur in etwa auf dem gleichen Chassis der kleineren 4K-SXRD-Geschwister auf wie dem des schon getesteten Sony VPL-VW360ES. Tatsächlich ist der VW760ES eine Chimäre aus den Highend Lasermodellen VPL-VW5000ES, der je nach Objektiv deutlich jenseits der 60.000 Euro kostet, und den kleineren 4K-Projektoren mit konventioneller Projektorlampe.
Schwere und dicke Brummer sind sie alle, die 4K-Projektoren von Sony. Doch dieser ist noch etwas breiter und gewichtiger als die kleinen, wenn auch nicht viel. Trotzdem: Wer eine Deckenhalterung benötigt, sollte für die 20 Kilo Kampfgewicht des Sony VPL-VW760ES etwas Robustes wählen und für die unfallfreie Montage schon mal einen zweiten Mann bestellen…
Der prinzipielle Aufbau gleicht allen anderen Sony-Frontprojektoren – und das ist gut so. Er saugt seine Kühlluft durch Gitter rückseitig ein und bläst die warme Abluft vorne neben dem Objektiv wieder aus. Das ermöglicht, ihn quasi direkt an der Rückwand zu platzieren, ohne Gefahr eines Hitzestaus.
Die Montage erfolgt über eingelassene Messing-Buchsen, denen man vertrauensvoll die immerhin 20 Kilogramm überlassen kann. Dass der Schwerpunkt ziemlich genau in der Mitte liegt, erleichtert die Ausrichtung auf die Leinwand. Und da das Objektiv sich ebenfalls in der Mitte befindet, kann man auch seine Halterung genau zentriert vor die Leinwand platzieren.
Wie von anderen Sony-Modellen gewohnt, liegen alle Anschlüsse tief in das Gehäuse nach innen versetzt. Das erleichtert zwar eine verdeckte Kabelzuführung, das Verkabeln selbst erfordert aber, insbesondere wenn die Maschine auf einem Regal steht, schlanke Hände und etwas Fingerakrobatik.
Peinlich dagegen ist Sonys Objektivschutz: Der Staubschutzdeckel ist derselbe wie bei den preiswerten Modellen, er wirkt billig und ist mit seinen an sich gut gedachten Widerhaken nur schwer vom Objektiv zu lösen; ganz davon abgesehen, dass sich kein anderer Hersteller jenseits der 5.000-Euro-Preisklasse traut, einen losen Deckel zu liefern. Epson und JVC bieten da längst motorisierte Klappen.
Die Handhabung mit Fernbedienung und Menüstruktur sind wie seit vielen Jahren bei allen Sony-Projektoren identisch. Der Handgeber wirkt ergonomisch und lässt sich in sattem Blau hinterleuchten.
Neu in diesem Modell ist die Lichtquelle. Die entstammt den edlen Ultra-Kurzdistanz-Modellen und verwendet, wie heute gängig, ein Cluster aus blauen Lasern, die gleichzeitig als Grundfarbe Blau dienen und ein Phosphor-Rad zum Leuchten anregen. Dieses erzeugt ein breitbandiges, intensives Gelb, welches klassisch wie bei der Hochdrucklampe mittels dichroitischen Spiegeln auf dem Weg zu den SXRD-LCoS-Panels für Rot und Grün in genau diese Farben zerlegt wird. Die LowBeats Messung des Spektrums mit dem hochauflösenden Spektrometer belegt diese Arbeitsweise.
Bis zu 20.000 Stunden Lebensdauer gibt Sony an. Diese Art Laser-Hybrid-Lichtquelle dunkelt am Ende ihres langen Lebens weniger nach als konventionelle Lampen; man hat also wirklich sehr, sehr lange etwas von dem guten Lichtstrom.
Dass Sony nur den Laser als Lichtquelle angibt, ist reines Marketing, wenngleich in den Grundzügen technisch richtig. Doch ohne das Phosphor-Rad als sekundäres Licht käme kein Weiß aus dem Objektiv.
Laser haben den Vorteil, optisch einen maximalen Wirkungsgrad zu erzielen. Schließlich landet die gesamte Energie auf einer einzelnen Frequenz. Elektrisch haben sie allerdings einen ganz miesen Wirkungsgrad. Für die paar hundert Milliwatt optischer Leistung muss dieser Projektor bis zu 430 Watt Energie aus der Steckdose saugen. Das erzeugt eine Menge Abwärme, die von mehreren Ventilatoren aus dem Gehäuse gedrückt werden. Das machen sie erstaunlich unauffällig – selbst bei maximaler Leistung.
Lensmemory ist ein Thema, das bei highendigeren Projektoren mittlerweile weit verbreitet ist. Darunter versteht man ein in Zoom, Fokus und Bildlage elektrisch verstellbares Objektiv, das sich verschiedene Einstellungen merken und auf Knopfdruck immer wieder anfahren kann. Gebräuchlich ist diess vor allem in Kombination mit Leinwänden im CinemaScope-Format. Für 4:3 und 16:9 nutzt man die mittleren zwei Drittel der Leinwand. Spielt man einen CinemaScope-Film, dann zoomt man das Bild auf volle Breite und nutzt die gesamte Fläche. Nützlich ist das auch für das neuerlich bei TV-Serien zunehmend verwendete 2,0:1-Format, für das man gerade so weit aufzoomt, dass die nutzlosen schwarzen Balken verschwinden.
Der Sony VPL-VW760ES findet diese einmal gespeicherten Positionen tatsächlich rasant schnell und vergleichsweise präzise, wie das obige Video belegt. Leider verliert er aber hin und wieder seine genaue Bildlage. Das kann JVC konstanter halten, arbeitet im Vergleich dazu aber im Zeitlupentempo.
Tatsächlich ist der VW760ES für 15.000 Euro Sonys preiswertester Projektor, der alle aktuellen Signalarten und Auflösungen, die von UHD-Blu-ray oder Spielekonsolen kommen können, auch mit ganzer Bandbreite wiedergibt. Wer das alles preiswerter braucht, muss aktuell JVC kaufen, die bieten das als einzige für deutlich unter 10.000 Euro.
Immerhin kann der Sony VPL-VW760ES in Sachen HDR die relevanten Standards und zwar richtig gut. In aller Regel sollten Zuspieler und Projektor im automatischen Modus einander korrekt einigen. Das klappte in den Tests reibungsfrei. Das galt für HDR10 (PQ ST.2084 EOTF), HDR-Refererenz ist ebenfalls HDR10 mit einem fix eingestellten Clipping ab 1.000Nit sowie Hybrid Log-Gamma (HLG) für künftige HDR-TV-Sendungen.
Auch die Umschaltung zwischen den zwei nunmehr gängigen Farbräumen BT.709 und BT.2020 klappte stressfrei. Schade nur, dass im DCI-P3-Bereich des BT.2020-Farbraums (was für HDR-Filme heute am gebräuchlisten ist) maximal gesättigtes Grün arg in Richtung Gelb driftete.
Im traditionellen Videostandard machte der Projektor seine Arbeit vorschriftsmäßig gut. Es war nur wenig Feineinstellung in den Presets Referenz oder Benutzer notwendig, um ein homogenes, leuchtkräftiges Bild zu bekommen. Kleine Schönheitsfehler waren die beim Testgerät nicht korrigierbaren übersättigten mittleren Rot- und Grüntöne.
Ein größerer Schönheitsfehler ist das bei HDR-Wiedergabe zu tiefe Schwarz und zu weit aussteuernde Weiß. Erst nach deutlicher Korrektur erschienen Schattendetails aus dem satten Schwarz und eine Differenzierung jenseits 1.000Nit braucht auch keiner wirklich; letzere ist leicht mittels “Kontrast-HDR”-Regler zu erreichen.
Dann macht der Laser ein sehr vorschriftsmäßiges Bild, welches aber für Projektion eigentlich nicht gut ist, denn die Norm ist für TVs in einem beleuchteten Zimmer gedacht. Hier lässt sich mit der Funktion “Kontrastverstärkung”nachhelfen, die mittlere Tonwerte in drei Stufen anhebt. Das funktionierte prima, ich hatte mich im Laufe der Tests auf die mittlere Stufe eingeschossen. Das zauberte – trotz 3,5m CinemaScope mit Gain-schwacher, akustisch transparenter Leinwand und auf 100% Leistung eingestelltem Laser – noch so viel Farbenpracht und Strahlkraft ins Kino, dass ich mir ein zufriedenes Grinsen nicht verdrücken konnte.
Mit an Bord hat auch der Sony VPL-VW760ES die cleveren Bildverbesserer von Sony. Da wäre zum Beispiel der Scaler mit seiner sehr Artefakt-armen Nachschärfung “Realismus”, der etwa bei Zuspielung von Full-HD-Signalen mit richtiger Dosierung derart knackige Details mit feinstem Pinselstrich zeichnet, dass sich echte 4K/UHD-Signale schon anstrengen müssen, um real mehr Information zu zeigen.
Im Gegensatz dazu dient “Weiche Übergänge” zum Ausbügeln von stufigen Verläufen (Banding, Solarisation), die durch zu geringe Quantisierung mit nur 8 Bit bei konventionellem Video und Fernsehen entstehen. Das sieht anschließend aus wie mit 9 oder 10 Bit aufgelöst. Diese Funktion steht erstmals auch bei 3D zur Verfügung. Toll. Auch beherrscht der Sony VPL-VW760ES im Gegensatz zu den kleineren Modellen die beliebte Zwischenbildberechnung in allen Auflösungen, selbt mit 4k/UHD-Signalen.
Der Sony VPL-VW760ES im Testvergleich
Im Februar habe ich die betagte Referenz Sony VPL-VW300 gegen den getesteten JVC DLA-X7900 getauscht, der nun auch alle Signalarten und Auflösungen beherrscht und vom Datenblatt her dem VW760ES gar nicht unähnlich ist. Nur bei unbewegten Fotos konnte man einen klaren Schärfevorteil für den nativ 4K auflösenden Sony gegen die e-Shift-Technik des JVC ausmachen. Im bewegten Filmbild merkt man davon nichts.
Ein klarer Vorteil geht an die Laserlichtquelle des Sonys, nicht nur wegen der Lebensdauer und längeren Helligkeit, sondern vor allem in Sachen Bildruhe. Das fällt vor allem bei großen hellen Flächen auf, die vom Sony wie auf die Leinwand gemalt wirkten und bei denen der JVC im Kontrast dazu merklich flackerte. Die Ruhe und gute Glättung kam beim Sony auch bei der 3D-Wiedergabe zur Geltung. Nur zeigt sich das 3D-Bild vergleichsweise dunkel, wie bei allen Sony 4K-Modellen. Dafür halten sich die Geisterkonturen in Grenzen. Macht insgesamt einen ausgewogenen, plastischen 3D-Eindruck.
Ein Punkt geht an den JVC was das native Schwarz angeht, wobei der Sony kaum schlechter war. Die Spitzenhelligkeit geht knapp an den Sony, auch erneut mit dem Hinweis, dass diese länger erhalten bleibt. Und dank des genialen Scalers geht auch der Vergleich bei nativer Zuspielung von Satelliten-TV mit 720p oder 1080i sowie Blu-ray Disc mit 1080p kristallklar in Sachen Bildschärfe zu Gunsten des Sonys aus.
Fazit: Laserpower mit knackscharfem Bild
Ein Schnäppchen ist der Sony VPL-VW760ES für knapp 15.000 Euro sicher nicht. Aber er bietet auf höchstem Niveau ein angenehm ausgewogenes Paket aus wichtigen Eigenschaften. Die Laser-Lichtquelle ist ausdauernd und lichtstark, gleichzeitig angenehm ruhig und garantiert entspannte Augen. Die 4K-Panels liefern in Kombination mit dem scharfen Objektiv und der cleveren Signalverarbeitung (Stichwort “Realismus”) knackscharfe, leuchtstarke Bilder und tiefes Schwarz. Der Sony ist der perfekte Projektor für Vielgucker, die ihr Kino auch zum täglichen Fernsehen verwenden und maximale Qualität genießen wollen, ohne stetig auf den Lampentimer zu schielen. Ein Allrounder auf Highend-Niveau.
Sony VPL-VW760ES | 2018/03 |
ÜBERRAGEND |
Bewertungen:
BildPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| echtes 4K-Bild, sehr gute Bildruhe |
| Laser bis 20.000h Lebensdauer |
| Gute HDR und HLG Integration |
| Werkseinstellung für HDR |
Vertrieb:
Sony Europe Limited
Zweigniederlassung Deutschland
Kemperplatz 1
D-10785 Berlin
www.sony.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Sony VPL-VW760ES: 14.990 Euro
Sony TDG-BT500A (3D-Brille): 60 Euro
Weitere Projektoren:
Test: Highend-4K-HDR-Projektor JVC DLA-X7900
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