Alle Welt spricht von HDR, also High Dynamic Range, und damit einem größeren als mit herkömmlicher Technik erreichbaren Kontrastumfang. Doch das ist mit einer Projektion im Heimkino oft nur schwer erreichbar, wenn die Leinwand in einem Wohnzimmer hängt. Daher kommen gerade jetzt Spezialtücher in Mode, die das Umgebungslicht schlucken, aber dennoch das Bild des Projektors reflektieren. Wir haben uns die neueste Hightech-Entwicklung des renommierten Herstellers Stewart namens Stewart Filmscreen Phantom HALR angeschaut. Der Zusatz “HALR” steht dabei für “High Ambient Light Rejection” – also hohe Umgebungslicht-Unterdrückung. Und das genau ist das Thema.
Den größtmöglichen Kontrast von sattem Schwarz bis zu glanzvollem Weiß möchte man natürlich unabhängig vom Signal und seiner Auflösung auf der Leinwand sehen. Dazu soll im Idealfall der Projektor die einzige Lichtquelle sein und nur die Leinwand sollte dieses Licht reflektieren; der Raum und alles darin sollte daher eigentlich matt schwarz sein.
Wer einen eigenen Kinoraum bauen kann, könnte diesem Ideal sehr nahe kommen: Solch ein Fenster in die Fantasiewelt des Films berührt den Zuschauer und zieht ihn auch emotional mit ins Abenteuer, ins Musik-Konzert oder wonach ihm gerade der Sinn steht. Wer aber gerne noch einen Rest Licht hat, um etwa sein Getränk auf dem Tisch wieder zu finden oder schlimmer noch gar kein Extra-Zimmer fürs Kino zur Verfügung hat, kommt um Kompromisse nicht herum.
Die meisten Heimkinoprojektionen befinden sich in Wohnzimmern. Damit diese wohnlich bleiben, kann man sie nicht komplett schwarz gestalten. Aber alles Licht, das vom Zimmer – Möbeln, Boden, Decke, Wänden, Teppichen et cetera – reflektiert wird, landet auch wieder auf der Leinwand und bleicht dort dunkle Stellen und satte Farben aus. Noch schlimmer wirkt direktes Licht vom Lampen oder Fenstern. Das Bild leidet. Genial wäre also eine Leinwand, die primär das Licht des Projektors Richtung Zuschauer reflektiert und all das gesamte (ungewollte) Umgebungslicht schluckt.
Genau das vollbringt das Phantom HALR Material – wie auf dem Diagramm zu erkennen ist. Es bietet einen Gain von 1,0, erzeugt also aus einer rechtwinkligen Betrachter-Position ein Bild, das gleich hell ist wie eine matt-weiße, diffus reflektierende Leinwand.
Unter leichtem Winkel fällt die Helligkeit kaum ab. Wenn Licht in einem Winkel von mehr als 30 Grad seitlich auf die Leinwand trifft, etwa von einer Deckenleuchte kommend oder einem Fenster oder schlicht als Reflexion von den Wänden des Zimmers, gelangt weniger als die Hälfte davon zum Zuschauer.
Statistisch erreichen nur 18 Prozent des Umgebungslichts den Betrachter, der Kontrast steigt damit auf über das Fünffache! Das merkt man schon, wenn man auf das blanke Leinwand-Tuch der Phantom HALR schaut, es wirkt dunkelgrau, statt wie gewöhnliche Projektionstücher strahlend weiß. Der Farbton des Tuchs ist dabei perfekt neutral grau, wie auch unsere Spektralmessung belegt.
Zum Testen kam Ralf Lulay vom deutschen Vertrieb Screen Professional ins LowBeats Testkino und brachte eine Stewart Filmscreen Phantom HALR als Rahmenleinwand mit. Der Standard-Rahmen zum Aufstellen oder Aufhängen trägt den etwas ungelenken Namen “Stewart Filmscreen Luxus Deluxe Screenwall”.
Der präzise gefertigte und robuste Alu-Rahmen wird zur Montage nur gesteckt und mit wenigen Schrauben fixiert. Die sichtbaren Seiten und alle Stoßkanten sind mit einem ungewöhnlich stark Licht schluckenden Samt beflockt, um einen gut kontrastierten Bildrand zu bieten.
Die Testleinwand in 16:9 (1,78:1) war mit 2,7 Metern Bildbreite nur 4cm breiter als die im LowBeats Testkino fest installierte CinemaScope-Leinwand, deren 16:9-Ausschnitt 2,66 Meter misst.
Die Montage der Phantom HALR in Bildern:
Fertig installiert, konnten wir uns an die Bildtests machen. Als Lichtquelle diente der bewährte 4K-Projektor Sony VPL-VW300ES. Der Raum ist zum Ausprobieren einer Umgebungslicht-mindernden Leinwand wie der Stewart Filmscreen Phantom HALR praktisch ideal, denn er ist als Kino gut, aber wegen seiner weißen Wände und Decke plus hellbraunem Laminat-Boden kein Kontrastwunder.
Da mir die andere Hälfte des Raums als Büro dient, ist er aber nicht schwarz gestaltbar – wenn ich nicht an Depressionen erkranken möchte. Gut ist er trotzdem aufgrund seiner Größe, denn alle reflektierenden Grenzflächen sind jeweils wenigstens 0,8 Meter entfernt und damit nur geringer störend als direkt benachbarte Flächen, weil sich Streulicht an matten Flächen quadratisch im Verhältnis zur Entfernung verringert. Trotzdem: maximalen Kontrast gibt es nur in schwarzen Räumen.
Stewart Filmscreen Phantom HALR: der Fortschritt ist sichtbar
Nach wenigen Szenen diverser Filme war subjektiv sofort klar: Die kann was, die Leinwand! Gegenüber dem sonst verwendeten akustisch transparenten Gewebe-Tuch mit Gain 0,8 (ein nicht mehr erhältliches Vevo2) wirkte das Bild heller, knackiger und strahlender, vor allem tiefer und plastischer.
Ralf Lulay hatte allerlei Leinwandmuster zum Vergleichstest mitgebracht. Wir testeten an einem kontrastreichen Bild, das ich mal mit Teleobjektiv vom lieben alten Mond geschossen hatte, wie sich die unterschiedlichen Tuchcharakteristika im Vergleich zum Phantom HALR auswirken, indem er die Muster mit ins Bild hielt.
Hier drei Vergleiche:
Man sieht auf der Bildfolge klar, selbst das Stewart Filmscreen FireHawk G4, der bisherige Platzhirsch unter den kontraststeigernden Leinwand-Materialien, liefert nur beinahe das gleiche Schwarz wie das neue Phantom-Material. Dabei basiert Phantom HALR auf dem FireHawk-Material-Sandwich. Allerdings hat das HALR eine weitere, spezielle Diffusor-Schicht, die ursprünglich für Rückprojektions-Leinwände entwickelt wurde.
Diese zusätzliche Diffusion bewirkt eine weitere Unterdrückung des Streulichts und verbessert damit nochmals den Kontrast. Kristallklar ist der Unterschied zu rein-weißen Leinwänden, wie hier gegenüber dem Referenzmaterial Stewart Filmscreen StudioTek 130, das zwar 30 Prozent heller zurück leuchtete, aber ein merklich graueres Schwarz zeigte.
Gibt es auch Nachteile? Klar. Die Winkelabhängigkeit, die den Kontrast so schön verbessert, schränkt gleichzeitig den Projektions- und den Betrachtungswinkel ein. Das Phantom HALR eignet sich für Projektoren mit leichtem Teleobjektiv, empfohlen wird ein Mindest-Projektions-Abstand von 1,8-facher Bildbreite. Das entsprach genau dem Verhältnis im LowBeats Testkino.
Auch sollte man das Bild nicht von stark seitlich betrachten, denn schon bei einem Blickwinkel von ±30 Grad hat das Bild ja nur noch die halbe Helligkeit. Subjektiv waren aber von allen Plätzen des großen Dreier-Sofas, das bei LowBeats unter dem Projektor zum Filmgenuss einlädt, keine Einschränkungen auszumachen.
Entgegen anderer kontraststeigernder Materialen trat bei der Phantom HALR der gefürchtete hässliche “Hotspot”, eine erkennbar hellere Stelle im Bild, nicht einmal ansatzweise auf. Hier zeigte sich, dass Stewart Filmscreen nicht zu Unrecht den Ruf hat, die besten Leinwände zu fertigen. Schließlich gehören sie auch zu den ganz Wenigen, die ihre Folien wirklich selbst herstellen und ein eigenes Entwicklungslabor unterhalten.
Fazit: Wohnzimmerkino mit Mega-Kontrast dank Stewart Filmscreen Phantom HALR
Der kontrastreichste Projektor nützt nichts, wenn Raum und Leinwand den Kontrast nicht widerspiegeln können. Im Grunde kommt man, wenn man in wohnlicher Umgebung projizieren möchte, um eine das Umgebungs- und Streulicht mindernde Leinwand eigentlich nicht herum.
Nach meiner Erfahrung ist die Stewart Filmscreen Phantom HALR das Beste, was ich bislang ausprobieren konnte. Sie ist farbneutral, erzeugt keinerlei Hotspot und ist sogar mikroperforiert akustisch transparent lieferbar. Trotz einer gewissen Steifigkeit gibt es sie außer für Rahmenmontage im Luxus Deluxe Screenwall auch in allen Rollo-Varianten.
Die Bildwirkung ist in jedem Falle umwerfend. Sicher, sie ist vergleichsweise teuer, aber oft eine sinnvollere Investition als ein kontrastreicherer Projektor – und langlebiger als der Bildgeber ist sie sowieso.
Stewart Filmscreen Phantom HALR | 2017/04 |
Überragend |
Bewertungen
BildPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Sensationelle Kontraststeigerung |
| Absolut farbneutral |
| Homogenes Bild ohne Hotspot |
| Einschränkungen für Weitwinkel und seitliche Betrachtung |
Vertrieb:
Screen Professional GmbH
Zweibrückenstr. 39
91301 Forchheim
www.screenprofessional.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Stewart Filmscreen Phantom HALR: ab circa 5.000 Euro
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