Im Juni letzten Jahres stellten wir einen höchst interessanten Lautsprecher vor: die Perlisten S5m. Diese gar nicht so kleine Kompaktbox erwies sich als ungemein vielseitig und hoch dynamisch. Kein Wunder, wurde sie doch mit dem derzeit höchsten THX Label (Dominus) geadelt. Weil sie aber so groß ist, dass sie fast zwangsweise einen Ständer benötigt, stellte sich die Frage, warum es keine nächstgrößere Standbox gab. “Abwarten”, sagte dazu Mansour Mamaghani, der Chef des hiesigen Perlisten Vertriebs (Audio Reference) – um kurz danach eine Sonderversion der S5m für seinen Vertriebsbereich vorzustellen: die Perlisten S5t (“t” für Tower). Und nicht überraschend überzeugte auch sie mit brutaler Impulsivität – wenngleich mit durchaus anderer tonaler Abstimmung.
Perlisten ist ja durchaus noch als junges Unternehmen zu sehen. Erst 2016 hoben die beiden Dänen Daniel Roemer und Lars Johansen das Unternehmen aus der Taufe. Die beiden kennen sich im HiFi/Heimkino-Bereich bestens aus und besetzen eine Nische, an die sich bislang noch keiner getraut hat: Sie wollen Lautsprecher bauen, die für HiFi wie Heimkino gleichermaßen hochklassig funktionieren. Und mit der kompakten S5m haben sie bereits bewiesen, dass sie diesen Spagat souverän beherrschen.
Das Besondere an der Perlisten S5t
Man muss die Standbox nur versuchen anzuheben, um eine Idee von der Perlisten-Qualität zu bekommen: Da ist nicht nur die perfekte Verarbeitung mit den großzügigen Verrundungen auf der Front, da kommen auch stattliche 43,2 Kilo auf die Waage. Das Gewicht erstaunt, ist doch die S5t im Grunde “nur” eine langgezogene S5m (Gewicht: 19 Kilo, Höhe: 60 Zentimeter) und arbeitet mit der gleichen Bestückung, also mit zwei 18 Zentimeter Tiefmitteltönern und dem DCP Mittelhochton-Array. 52 Zentimeter mehr Bauhöhe bringen hier also mehr als das Doppelte an Gewicht. Von dieser Art Qualität dürfen sich Mitbewerber ruhig eine Scheibe abschneiden…
Das schon erwähnte DCP-(Directivity Pattern Control-) Mittelhochton-Array ist – außer bei den Subwoofern natürlich – sozusagen das Herz und das Erkennungs-Merkmal aller Perlisten-Schallwandler. Durch die seltene und eigenwillige Kombination dreier Hochtöner, die in der Vertikalen übereinandersitzen, bekommen die Dänen einen hoch dynamischen Hochtonbereich, der eine nach ihren Vorstellungen ideale Abstrahlung für das heimische Wohnzimmer bietet. Unsere kleine Slideshow erzählt die ganze Geschichte:
Dass dieses Array bereits ab 800 Hertz zum Einsatz kommt, nötigt dem Kenner einen ordentlichen Respekt ab. Zeigt es doch, dass alle drei Hochtöner ungewöhnlich hoch belastbar sind. Normalerweise kommen Hochtöner ab 2.500 oder 3.000 Hertz zum Einsatz – also fast zwei Oktaven höher. Ungewöhnlich ist auch, dass die beiden äußeren Hochtöner nur zwischen 800 – 4.000 Hertz laufen – also ein Bereich, in dem man eigentlich Mitteltöner verwenden würde.
Natürlich machen Roemer und Johansen eine solche technische Kapriole mit Hintersinn: Die Anordnung (und Beschaltung) der Hochtöner erzeugt Auslöschungen, die ab etwa 1.000 Hertz zu einer kontrolliert-eingeschränkten (also gerichteten) Abstrahlung in Richtung Boden und Decke führt. Die Simulationen zeigen, wie das Abstrahlverhalten der S5t im Idealfall aussehen sollen: in der Vertikalen recht eng, in der Horizontalen breit. Wir kennen so ein Verhalten von den Array-Lautsprechern der T+A-Solitaire-Serie oder den großen McIntosh-Schallwandlern.
Durch die Schallbündelung entsteht annährungsweise eine Zylinderwelle, die den Schall weiterträgt als klassische Mehrwege-Konzepte. Das ist beim Einsatz in Mehrkanalsystemen sinnvoll. Aber auch in Hörsituationen, bei denen der Hörplatz deutlich oberhalb der 3-Meter-Distanz von den Lautsprechern entfernt ist. Komplettiert wird die Bestückung durch zwei parallel geschaltete Tieftöner mit extrem reißfestem, aber leichtem TexTreme-Kohlefaser.
Praxis
Kommen wir zunächst auf einen Punkt zu sprechen, den ich oben kurz angedeutet habe: die S5t ist THX zertifiziert. Das ist für eine HiFi-Box äußerst selten. Doch selbst unter den ausgewiesenen Heimkino-Systemen haben bislang nur ganz wenige das bis lang größte THX “Dominus” Zertifikat, welches den Lautsprechern eine ordnungsgemäße Beschallung von Räumen bis etwa 75 Quadratmetern (THX-Spezifikation: 184 Kubikmeter) und einer Hör-Distanz von bis zu sechs Metern attestiert. Und spätestens hier versteht man, warum der ganze Aufwand mit dem DCP-Modul betrieben wird. Und man ahnt, dass dieser Lautsprecher sehr pegelfest sein muss…
Natürlich haben wir nachgemessen: Schon die kleine S5m kam ja auch einen stattlichen Maximalpegel von 105 dB Dauer- und 117 dB kurzfristigen Spitzenpegel. Die Standbox S5t legte – trotz identischer Technik – sogar noch ein Dezibelchen obendrauf.
Wie auch vor der kleineren S5m muss man hier den Hut ziehen. So viel Pegelfestigkeit aus einem 2-Wege-System schaffen sonst nur Lautsprecher mit Hochtonhörnern. Doch wenn sich S5m und S5t zwangsweise sehr ähnlich sind, so gibt es doch auch Unterschiede – die aber allesamt für die S5t sprechen. Das zusätzliche Volumen der Standbox tut dem Bassbereich einfach gut und sorgt nicht nur für den tieferen, sondern auch für den knackigeren Bass. Auch elektrisch zeigt sich die Standbox etwas gutmütiger am angeschlossenen Verstärker. Ich habe zum Vergleich die Impedanz-Messungen der beiden Schwestern in die Slideshow gepackt. Also: Wer findet den Unterschied?
Richtig: Der Unterschied manifestiert sich nur im so genannten EPDR-Wert (graue Kurve), der sich aus der Impedanz und der Phase ergibt und der aufzeigt, wie stark das Verstärkernetzteil belastet wird. Diesbezüglich ist die hier getestete S5t im Bereich der Übergangsfrequenz (800 Hertz) etwas freundlicher zu den angeschlossenen Amps. Was aber nicht heißt, dass hier schwächliche Verstärker oder Endstufen angeschlossen werden wollten. Im Gegenteil: Auch die Standbox braucht extrem stabile Verstärker. Dazu noch zwei Zahlen: Um ihren Maximalpegel zu erreichen, nimmt die S5t trotz ihres hohen Wirkungsgrades (89,2 dB) mindestens 250 Watt pro Kanal (an 4 Ohm).
Und noch ein Unterschied: Die kleine S5m ist im Bass recht füllig abgestimmt; im LowBeats Hörraum bekamen wir den sehr satten Tiefton erst in den Griff, nachdem wir mit den beigelegten Schaumstoff-Pfropfen die Bassreflex-Öffnungen auf der Unterseite verschlossen hatten.
Durch diesen Trick bleibt die Bassreflexkonstruktion, die normalerweise für einen deutlichen Schub am unteren Übertragungsbereich sorgt, ohne Wirkung. Der Lautsprecher verhält sich dann – auch im Impedanzverlauf – fast wie eine geschlossene Box. Viele Hersteller legen ihren Modellen einen solchen Bassreflex-Verschluss mit bei. Und in vielen Situationen klingt es damit echt besser…
Auch die Standbox S5t bietet diese Tuning-Möglichkeit, aber man wird sie nicht nutzen. Die Standbox klingt von Haus aus derart präzise und trocken, dass man zunächst erst einmal etwas überrascht ist. Dann beginnt man die S5t weiter zurückzuschieben – in Richtung Rückwand. Um dann irgendwann festzustellen, dass wir es hier mit einem der wenigen Lautsprecher zu tun haben, die tatsächlich dicht vor der Rückwand am besten klingen. Solche Modelle sind leider viel zu selten. Denn normalerweise will man sie ja genau dort platzieren. Es verbietet sich meist nur wegen zu fettem Bass. Es wird sicherlich einige Musikfreunde geben, denen die Standbox etwas zu schlank klingt …
Hörtest
Der erste Eindruck: minimal hell, sehr direkt, sehr offen, extrem präzise. Die S5t kommt sofort zur Sache und zieht den Zuhörer umgehend in die Aufnahme. Elementarer Grundstein dafür ist – wie auch bei der kleineren S5m – das Mittelhochton-Array, das für eine gleichermaßen glockenklar-präzise wie offene Spielweise sorgt. Ein schlankes Dynamikwunder also, mit dem es außerordentlich viel Spaß machen wird, impulsive Percussions-getriebene Musik zu hören.
Um aber nicht gleich in die Vollen zu gehen, legte ich erst einmal meinen Lieblingssong von Elton John auf: den wunderbaren und ganz ruhig gehaltenen “Love Song”. Die S5t machte auch aus diesem Stück ein Erlebnis – einfach, weil man so viel hört. Details hier, Details dort, wo ich bislang noch gar nicht gehört hatte. Und wie sie die intime Nähe des Meisters zum Mikro herstellt und ihn körperlich vor den Zuhörer zaubert – das ist echt klasse. Hier wird auch eine weitere Fähigkeit der S5t deutlich: ihre nicht sehr große, aber enorm plastische Abbildung. Das hat mir sehr gut gefallen.
Noch mehr verfängt die Transparenz der Dänin natürlich bei Aufnahmen, die vor feinen Details nur so flirren. Zappa ist für solche komplexen Klangstrukturen ja immer zu haben. Ich habe sein “Cosmik Debris” (Album: The Crux Of The Biscuit), ein Stück, das ich seit über 40 Jahren kenne und viel gehört habe, mehrfach nacheinander gehört, weil die S5t aufzeigt, wie viel da eigentlich passiert. Allein wie sie den charakteristischen Metallton des Glockenspiels zelebriert und die Vibration ausschwingen lässt…
Nach einigen Tagen des Hörens habe ich dann auch die visuelle Komponente hinzugeholt und einige Blu-rays über die Perlisten gehört. Zum Beispiel das “How To Be A Megastar Live!”- Konzert der Blue Man Group. Das ist schlicht spektakulär. Zum einen, weil man fast beliebig laut machen kann, bevor die Lautsprecher verzerrungstechnisch murren, zum anderen, weil die Impulsivität und Knackigkeit der S5t schon ziemlich dicht am realen Erlebnis ist. Bei “Drumbone” interagieren die Blaumänner mit dem Publikum. Die S5t schafft es nicht nur den Zuhörer zwischen Bühne und Livepublikum zu setzen, man meint sogar die eigenwilligen Plastik-Perkussions-Instrumente anfassen zu können. Alles kommt genau auf den Punkt.
Gemessen an der etwas günstigeren Kompaktbox S5m spielt die Standbox einen Hauch schlanker und damit einen Tick weniger charmant. Doch diese höhere Präzision passt eigentlich besser zu dem offenen und “schnellen” Charakter der S5t.
Die preislich sehr ähnliche Burmester B28, die wir ebenfalls einige Wochen im Hörraum hatten, bietet ebenfalls etwas mehr Grundton und gibt sich in den Mitten einen Tick feiner, eleganter. Und auch sie spielt schön dynamisch und offen. Doch diese brachiale Impulsivität der Perlisten erreicht sie nicht ganz. Da merkt man halt die Heimkino-Gene der S5t…
Fazit Perlisten Audio S5t
Das Fazit, das ich für die kompakte S5m zog, gilt auch für die S5t: Es gibt kaum Lautsprecher am Markt, die HiFi und Heimkino gleichermaßen so souverän beherrschen. Das liegt an der tollen Dynamik, der besonderen, klug eingeschränkten Abstrahlung und einer selten hohen Pegelfestigkeit, die mit einer ebenso großen Verzerrungsarmut einhergeht.
Aber auch das gehört zur Wahrheit eines solchen, konsequent auf den schnellen Impuls gezüchteten Schallwandlers: Wer überwiegend Singersongwriter bei kleinen und mittleren Lautstärken hört, ist mit einem mehr auf Musikalität getrimmten Lautsprecher vom Schlage Graham, Harbeth oder Spendor wahrscheinlich besser bedient.
Für andere Musikfreunde indes könnte die S5t ein echter Problemlöser sein – eben, weil sie so vielfältig einsetzbar ist. Nämlich als hochklassige Stereobox oder als Teil eines ambitionierten Mehrkanal-Systems, als Lautsprecher auch in sehr großen Räumen aber eben auch als Schallwandler, den man direkt an die Rückwand stellen kann – beziehungsweise sogar stellen sollte.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Hoch-agiler, präzis-schlanker und offener Klang |
| Sehr hoher Maximalpegel |
| Ideal für HiFi wie für Filmwiedergabe geeignet |
| Erfordert stabile Verstärker |
Vertrieb:
Audio Reference GmbH
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg
www.audio-reference.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Perlisten Audio S5t: 13.990 Euro
Technische Daten
Perlisten S5M | |
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Konzept: | passive 2,5-Wege-Standbox, BR |
Bestückung: | 2 x 18 cm Bass, DPC-Array mit 3 x 28 mm Hochtöner |
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig): | 106 / 118 Dezibel |
Max. empf. Raumgröße: | 75 Quadratmeter |
Wirkungsgrad (2,83 V / 1m): | 89,2 dB |
Leistung für maximalen Pegel: | >250 Watt pro Kanal |
Besonderheiten: | THX Dominus Zertifizierung |
Abmessungen (H xB x T): | 111,9 x 24,0 x 40,0 cm |
Gewicht: | 43,2 Kilogramm |
Alle technischen Daten |
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