Die “Mitteldeutsche HiFi Tage 2022” fand dieses Jahr etwas früher statt als gewohnt. Das aber änderte nichts am Zuspruch. Die kleinste der großen deutschen HiFi-Messen (die ja seit einigen Jahren im Gebäude des Leipziger Auberbach Verlags stattfindet) war wieder einmal voll bis unters Dach: 2.500 Besucher haben die Veranstalter gezählt – was angesichts der ja gar nicht so riesigen Ausstellungsmöglichkeiten ein großer Erfolg ist. Hier hat das Team um Verlagsleiter Stefan Goedecke offenkundig einiges richtig gemacht.
Das Auerbach-Verlagshaus (die ehemalige Alte Handelsdruckerei zu Leipzig in der Oststraße 40-44) ist zwar für einen Verlag recht großzügig, für eine Messe indes muss man schon fast alle Räume für den Zweck umgestalten. So sind hier etliche Zimmer fast so klein wie im Stuttgarter Holiday Inn (Süddeutsche HiFi Tage), die bislang in meiner Wahrnehmung den Mindestflächenrekord halten.
Der herzlich-familiären Stimmung tat das wie immer keinen Abbruch; die konnte nicht besser sein. Zumal es ja auch deutlich größere Räume und ein ausgewachsenes Kino gibt. Doch dazu später mehr.
Mitteldeutsche HiFi-Tage 2022: Impressionen
Der Vorteil solch überschaubarer Masse ist: Man kann sich wirklich alles anhören – was mir auch fast gelang…
Die Höreindrücke der Mitteldeutsche HiFi Tage 2022
Audio Physic hatte ja schon vor einigen Wochen eine Kooperation mit Cambridge Audio bekannt gegeben: Es gibt Bundle-Preise und auch auf Messen scheint man zusammenarbeiten zu wollen. In Leipzig spielte deshalb die Audio Physic Codex an der auch bei LowBeats bestens beleumdeten Vor-/Endstufen-Kombination Edge NQ + Edge M. Das Klangbild war nicht spektakulär-flirrend, aber unglaublich souverän, mit großartigen Klangfarben und weiter Ausleuchtung der Raumtiefe als auch des Basskellers.
B&W gibt sich ja nie mit kleinen Räumen zufrieden – warum auch? Die Briten füllen immer ganze Säle. Auch in Leipzig hatte man den größten Raum gemietet und der Messe-bewährte B&W-Senior Product Manager Ulf Soldan zeigte an einem Rotel Vollverstärker Michi X5 warum die 804 aus der aktuellen D4-Serie unter Preis-/Leistungs-Aspekten fraglos die Beste ist. Der Bass ist unglaublich fest, Neutralität und Pegelfestigkeit enorm hoch und die Raumabbildung exzellent.
Armin Kern vom Cabasse-Vertrieb ATR demonstrierte die Vorzüge der “smarten” Kugeln, bei denen Endstufen und DSP im ebenfalls runden Subwoofer stecken. Wir hatten ja auch schon einige dieser Systeme im Test. Die Einmessung funktioniert recht gut. Im akustisch gar nicht so optimalen ATR-Demoraum jedenfalls spielten die kleinen Kugeln als wären es ausgewachsene Standboxen – nur, dass man fast keinen Lautsprecher sah. Dass Kern hier auch ein System vorführte, das um die 2.000 Euro kostet, machte fraglos Werbung für diese Art Lautsprecher.
Auch Focal/Naim vertraute in ihrer Demo auf Bewährtes, nicht allzu Großes. Hier spielte in dem recht großen Raum eine Focal Kanta No1 an einem Naim Uniti Streaming-Amp. Die Kombination funktioniert so gut wie immer. Das passt einfach zusammen und dürfte für den Musikfreund, der gut 10.000 Euro ausgeben möchte, immer eine ernsthafte Alternative sein.
Aus welchen Gründen auch immer haben wir aktuell nicht so viel mit den Lautsprechern von ME Geithain zu tun. Warum eigentlich, musste ich mich während der Demo fragen. Denn der Auftritt der ME 150 (Preis 5.600 Euro) an einer Exposure-Kette (XM7 Pre + 2 x XM9 Mono) war echt beeindruckend. Hier klang es so offen, so frei, so präzise und grob- wie feindynamisch so überzeugend, dass ich gleich am nächsten Tag noch einmal für längere Zeit kam. Das ist echt High End mit Augenmaß. Vor allem unter dem Aspekt “Preis/Klang” war dies mein “Best Sound Of The Show”.
Am spannendsten für mich war die Vorführung von KEF. Der Vertrieb machte hier einen Vergleichstest zwischen LSX II, LS 50 Meta und der neuen Standbox LS 60.Die beiden Kompaktboxen LSX und LS 50 wurden dabei vom Subwoofer KC 62 unterstützt. Die LS 60 braucht keinen Subwoofer; die hat ausreichend Bassenergie eingebaut.
LSX und LS 50 klangen so, wie ich es kannte: sehr harmonisch, detailreich, räumlich glaubhaft und dank Subwoofer auch untenrum enorm habhaft. Doch die LS 60 spielte noch einmal so viel anders, am Ende besser, wie ich es nicht gedacht hätte. Der Bass der LS 60 kam druckvoller, dabei homogener und die Räumlichkeit wurde mit ihr sehr viel großzügiger. Da freue ich mich schon jetzt auf den bald anstehenden Test…
Die Kombination aus Manger und der Elektronik von SPL ist auf dutzenden von Messen bewährt. Beide Firmen sprechen von einem “perfect match”. Und tatsächlich spielte die Kombination aus Manger w1 (5.600 Euro) dem Vorverstärker Director II und der ebenso genialen Stereo-Endstufe s1200 (beide bei LowBeats Referenz) wie aus einem Guss: detailreich und dabei völlig unangestrengt. Das klang so gut, dass wir umgehend ein Pärchen w1 geordert haben.
PMC ist ja seit neuestem im AVM-Vertrieb und hat sich mit den Vertrieb-Profis Harald Feld und Michael Stolz verstärkt. Da hat man also einiges vor. In Leipzig spielte der Vertrieb die PMC twenty5 22i an einer AVM-Kette. Die kleinen Transmissionline-Speaker sind ja eh für ihre – vergleichsweise – tiefen Bässe bekannt. Für mich war es dennoch verwunderlich, wie souverän die Kleine den doch recht großen Raum zu füllen wusste. Als Elektronik kam hier der Streaming CD-Receiver AVM Evolution CS 5.3 zum Einsatz – der allerdings mit seinen 7.500 Euro deutlich über dem Einstiegspreis der PMC tewnty5 22i (Paarpreis: 4.400 Euro) liegt.
Das Highlight der Messe: Heimkino mit JVC, Perlisten & Yamaha
Ich habe selbst in mehreren großen Verlagshäusern gearbeitet, aber so ein Kino wie bei den Kollegen von Auerbach stand mir nie zur Verfügung; da darf man durchaus neidisch werden. Ein großer Raum mit über 20 Kinosesseln auf einer treppenförmigen Empore. Das ist schon mal große Klasse. Die Mannen vom Audio Reference Vertrieb haben dann in schweißtreibender Arbeit die ursprünglichen Lautsprecher gegen die klangstarken Modelle von Perlisten ausgetauscht, denen auch LowBeats höchste HiFi- und Kino-Tauglichkeit aussprach. Unterstützt wurde das Ganze im Subbereich – wir sind bei Audio Reference – vom größten Subwoofer aus dem Velodyne-Programm. Das klingt schon auf dem Papier gut.
Es wird aber noch besser. Elektronikseitig kam der große Yamaha RX-A8A 11-Kanal AVR zum Einsatz, der durch eine Krell Chorus 5200 XD 5-Kanal Endstufe unterstützt wurde. Bildseitig machten eine Screen-Professional-Leinwand und der Beamer JVC DLA-NZ9 deutlich, was heute schon im Heimkino möglich ist. Übrigens: JVC-Urgestein Peter Hess ist der festen Meinung, dass der NZ9 der aktuell beste Projektor am Markt ist. Der Mann muss es wissen.
Es war also angerichtet. Nun war der Klang natürlich nicht überall gleichgut. Aber ich hatte die Möglichkeit, einen Durchgang auf einem optimalen Platz in der Mitte (auf den das System eingemessen war) zu machen. Das war großartig. Weil die Perlisten Speaker so wunderbar dynamisch und präzise agieren, saß ich quasi im Geschehen und die Schüsse, die James Bond galten, flogen authentisch um mich herum.
Noch besser ist so ein fast perfektes System für die Wiedergabe mit Musik. Wenn die Abmischung richtig gut ist, lässt sie den Zuhörer noch viel tiefer in die Aufnahme eintauchen als es mit klassischen Stereo möglich ist. Wichtig dabei ist allerdings das Bild, das die Hörerfahrung maßgeblich stützt und sogar verstärkt. Auch in diesem Punkt war das Messe-Kino erstklassig.
Das Kino war das Highlight einer durchweg gelungenen Messe, die ihrem Ruf als “netteste” Messe der Republik wieder einmal voll gerecht wurde.
Weitere Messeberichte 2022:
Norddeutsche HiFi-Tage 2022: der Messebericht
Endlich wieder Messe: Rückblick auf die HIGH END 2022