de
Eine von 6 wunderbaren Box-Sets zum Jahresende: Fleetwood Mac: 50 Years Dont Stop (Foto: C. Dick)

Die besten Compilations 2018 Teil 2: die Klassiker

Immer zur Weihnachtszeit holen die großen Musikanbieter Pretiosen aus ihren Archivkellern. Das sind dann kostbare Re-Issues oder einfach nur Bekanntes neu zusammengestellt und manchmal ergänzt um seltene Aufnahmen. Vieles ist fragwürdig, manches enthält aber auch echte Schmakerl für die Fans. In den besten Compilations 2018 Teil 2 widmen wir uns den Klassikern – alten Hasen mit wunderbar remasterten Vermächtnissen. Als da wären:

– Phil Collins

– Bob Dylan

– Fleetwood Mac/ Lindsey Buckingham

– The Kinks

– The Rolling Stones

 

Die besten Compilations 2018 Teil 2: Phil Collins Plays Well With Others

4-CD-Box-Set, Rhino (Warner)

(Foto: C. Dick)

Der humorige Tausendsassa gilt als Multitalent: Phil Collins brillierte als Schauspieler, Produzent, Komponist, Texter und natürlich als Schlagzeuger und Drummer – bei Genesis und solo. Seine Repertoire-Bandbreite reicht vom Kuschel-Pop bis anspruchsvollem Avantgarde-Rock. Zudem spielte und jammte der Brite über rund vier Dekaden hinweg auch immer wieder mit Kollegen. Nomen est omen, die vier CDs von Plays Well With Others zeigen 59 dieser illustren Teamworks im Studio oder live – mit vielen prominenten Namen: Peter Banks, Brian Eno, John Cale, Brand X, Robert Fripp, John Martyn, Frida, Peter Gabriel, Al Di Meola, Philip Bailey, Band Aid, Eric Clapton, Chaka Khan, Paul McCartney, The Bee Gees, Tears For Fears, Quincy Jones, Laura Pausini, George Martin, George Harrison, Annie Lennox, Bryan Adams oder Joe Cocker. Und das sind nicht mal alle. Angesichts der Bandbreite tönen die Songs auf recht hohem Niveau, die jüngeren Tracks feiner, wie zum Beispiel „Hero“ mit David Crosby. Beeindruckend spacig mit sakralem Sound-Outfit startet Disc 1 mit „Guide Me Orion“ und Flaming Youth. „Over Fire Island“ mit Brian Eno hebt dann mit funky Grooves und psychedelisch angelegten Raum-Effekten ab. „Intruder“ mit Peter Gabriel nährt sich von knallharten, trockenen Drums, während Robert Plant auf „Pledge Pin“ rockigen Charme versprüht. George Martin lässt Streicher sanft wiegen („Golden Slumbers / Carry That Weight / The End“) und Quincy Jones setzt in „Do Nothin’ Till You Hear From Me“ auf smoothe Sax-Einsätze.

Fazit: Keine lapidare Best-Of-Compilation, sondern eine liebevoll ausgewählte Zusammenstellung, die viele musikalische Überraschungs- und Glücksmomente birgt – viel Collins fürs Geld!

LowBeats Bewertung Phil Collins Plays well with others

Die besten Compilations 2018 Teil 2: Bob Dylan

More Blood, More Tracks: The Bootleg Series Vol.14, Columbia-Legacy (Sony Music)
Deluxe Edition-6-Box-Set; auch erhältlich als Einzel-Sampler (CD) mit zehn Tracks oder als Doppel-LP.

(Foto: C. Dick)

Sechs Studiosessions umfassen die Aufnahmen zu Bob Dylans legendärem Album Blood On The Tracks, einem seiner besten Werke. Die „Bootleg Series“ vereint unter „Vol. 14“ und der gewitzten Titelabwandlung More Blood, More Tracks unterschiedlich viele alternative oder ergänzende Versionen von Songs. Um eines gleich vorwegzunehmen: Gemessen am Alter klingen viele der Stücke beinahe sensationell – mit feiner Auflösung, behutsam ausbalancierten Klangfarben und verzerrungsarm, sodass man beherzt am Lautstärkeregler nach rechts drehen und Bob so raumgreifend und authentisch wie selten hören kann. Dies leistet bereits die Einzel-CD mit elf Songs. Darunter glänzt der Opener „Tangled Up In Blue“, eingespielt am 19. September 1974, als „Take 3, Remake 3) mit sechseinhalb Minuten Spieldauer – die Gitarren des Folk-Songs besitzen Körper, der Grundton wärmt sonor und Bobs Stimme kann sich fein artikulieren.

Das Original-Album zählt zu den meistverkauften von Robert Allen Zimmerman alias Bob Dylan aus Minnesota, der mittlerweile 77 Lenze zählt. Es stürmte auf Platz 1 des „Billboard 200“ und wurde 2015 in die „Grammy Hall Of Fame“ aufgenommen. Ursprünglich sah Dylan vier Studiotage bei A&R in New York im September 1974 vor. Einige der Aufnahmen gefielen ihm nicht so ganz, und so setzte er weitere Sessions für den Dezember im „Studio 80“ in Minneapolis an, wo er ein paar der Albumtracks neu einspielte. Das 6-teilige Box-Set dokumentiert minutiös und detailverliebt die Entstehung des Klasse-Albums inklusive vieler Outtakes der New Yorker Sessions sowie die Minneapolis-Tracks remastert. Wunderbar für Fans: das Hardcover-Foto-Buch mit Liner-Notes von Journalist Jeff Slate plus eine Reproduktion des 57-seitigen handschriftlichen Notebooks, ein Zeitdokument über die Entstehung der Texte.

 LowBeats Bewertung Bob Dylan More Blood, More Tracks

Die besten Compilations 2018 Teil 2: Fleetwood Mac

50 Years – Don’t Stop, Rhino (Warner)
3-CD-Box-Set; auch erhältlich als Einzel-CD mit 20 Tracks oder 5-LP-Set

(Foto: C. Dick)

Genauer betrachtet fokussiert 50 Years … lediglich 45 Erfolgsjahre der britischen Band, nämlich von 1968 bis 2013. Die Zahl „50“ stimmt dann wieder bei den 50 Songs, die das 3-CD-Set vereint.

Die britische Band mit kalifornischem Westcoast-Appeal frönte einst dem Blues-(Rock); insofern widmet sich Disc 1 dieser Ära mit Songs wie dem zackigen „Black Magic Woman“, dem verträumten „Albatross“, einer Ur-Version des schrulligen „Oh Well“, oder „Spare Me A Little Of Your Love“ und „Heroes Are Hard To Find“ in der Single-Version. Die Zeit als Chart-toppende Hitlieferanten zwischen 1975 und 1980 belegen Songs wie das pop-rockige „Monday Morning“, das schillernd-schöne „Rhiannon (Will You Ever Win)“, „Dreams“, „Go Your Own Way“ oder „Tusk“ und „Sara“ sowie „Never Going Back Again“ in einer Live-Version. Die späteren, eher süßlich-poppigeren Jahre glänzen auf Disc 3 mit Stücken wie „Gypsy“, „Little Lies“ sowie „Say You Will“ nebst einer Gänsehaut erzeugenden Live-Version von „Silver Springs“, die obendrein fast audiophil tönt.

Die Zeitspanne prägten teils sehr unterschiedlich agierende Band-Mitglieder wie Peter Green, Bob Welch, Rick Vito oder Dave Mason mit eigenständigem Input – und natürlich das langjährige Line-Up Mick Fleetwood, John McVie, Stevie Nicks, Christine McVie und Lindsey Buckingham.

LowBeats Bewertung Fleetwood Mac 50 Years Dont Stop

Übrigens veröffentlichte eben dieser Big-Mac Lindsey beinahe zeitgleich eine eigene Retrospektive namens Solo Anthology – The Best Of Lindsey Buckingham (Rhino / Warner).

Solo Anthology – The Best Of Lindsey Buckingham
Gibt es auch als 6-LP-Box: Lindsey Buckinghams Solo Anthology

Der 69-jährige Gitarrist und Sänger zeigt auf drei CDs, dass er auch alleine klasse Songs auf dem Kasten hatte – die Compilation vereint 53 von ihm ausgewählte Stücke, darunter rares Liedgut und Live-Tracks.

LowBeats Bewertung Lindsey Buckingham

Die besten Compilations 2018 Teil 2: The Kinks

The Kinks: The Kinks Are The Village Green Preservation Society, BMG Rights Management / Warner
Deluxe-2-CD-Ausgabe mit opulentem Booklet; ebenso erhältlich als Super Deluxe Box-Set (mit elf Tonträgern: 5 CDs, Doppel-LP, LP, 3 Singles plus Buch) sowie als CD und LP

(Foto: C. Dick)

Ray Davies schrieb außergewöhnliche Songs; Stücke, die sich durchaus neben vielen der Beatles einreihen dürfen. Zusammen mit seinem Bruder Dave Davies prägten die Briten zudem andere Musiker – zu Beispiel mit diesem Meisterwerk aus dem Jahr 1968, nun opulent wieder aufbereitet und mit erweitertem Song-Spektrum erhältlich. „Ich denke, das Album ist ein sehr persönlicher Blick auf eine Lebensphase“, meint Ray Davies. „In meinem imaginären Dorf ist es das Ende unserer Unschuld, unserer Jugend. Manche Leute sind zwar ziemlich alt, aber in Village Green darf man nie erwachsen werden. Ich sehe das Projekt selbst als Teil eines Lebenszyklus.“

Die Band stand damals kurz vor dem Aus, als sie dieses Konzeptalbum über das Älterwerden dennoch bravourös meisterten. Anfangs verschmäht, hatte das Musikwerk später einen Riesen-Run: Zurecht, denn Ray Davies brilliert als exzellenter Songschreiber, bewiesen durch Songs wie dem Rabauken „Johnny Thunder“, der Prostituierten „Monica“ oder „Wicked Annabella“. Bruder Dave Davies zeigte sich als kongenialer Saiten-Springer. Poppig, mit ziepiger Orgel glänzt der Titelsong, „Do You Remember Walter?“ kommt als knackige Top-Pop-Rock-Nummer und Zugaben wie „Polly“ begeistern mit grollendem Piano- und Spaghetti-Western-Ambiente.

Bereits die Doppel-CD birgt insgesamt 49 Songs, darunter 34 unveröffentlichte oder alternative Versionen, teils in Mono. Mit dabei „Time Song“, den die Kinks 1973 im „Theatre Royal“, in Dury Lane zu Großbritanniens Beitritt zur EG spielten – in Zeiten des Brexit eine bedenkenswerte Ergänzung. „Als wir 1973 das Konzert in Dury Lane spielten, um den Eintritt in den gemeinsamen Markt zu feiern, beschloss ich, das Lied als Warnung zu benutzen, dass die Zeit für das alte britische Empire knapp wird“, erklärt Ray. „Dieses Lied wurde ein paar Wochen später aufgenommen, aber nie fertiggestellt.“ Dies holte Ray Davies dann Anfang 2018 nach und packte den Song auf die „50th Anniversary Edition“ als Doppel-CD- und Box-Set-Version. Der „Monitor Mix – Stereo“ des Songs glänzt mit feiner Auflösung und Plastizität, was auch für einige andere – aber nicht alle Stücke gilt, beispielsweise das „Medley: Picture Book / People Take Pictures Of Each Other“ im Stereomix der „Preservation Version“.

Insofern dürfte die Doppel-CD Fans eigentlich dicke genügen; eingefleischte Kinks-Kenner kommen dennoch mit dem ultra-opulenten „Super Deluxe Box-Set“ noch stärker auf ihre Kosten.

Die besten Compilations 2018 Teil 2: The Rolling Stones

Voodoo Lounge Uncut, Eagle Vision
2-CD-/Blu-ray-Set, 2-CD-/DVD-Set, DVD, Blu-ray, 3-LP-Set oder „limited Red Vinyl)-3-LP-Set

Rolling_Stones_Voodoo_Lounge_Uncut

Die Tour zum rockig-knackigen Album Voodoo Lounge im Jahr 1994 zogen die Stones erstmals ohne ihren langjährigen Bassisten Bill Wyman durch – mit rund 100 Konzerten um den Globus. Das Live-Film-Epos, eingefangen am 25. November 1994 im „Joe Robbie Stadium“ in Miami wurde restauriert, neu gemixt und remastert, heißt’s von der Plattenfirma – und zudem ergänzt um zehn bislang unveröffentlichte Tracks. Denn der Film ist in den 90ern schon mal mit lediglich 90 Minuten Laufzeit erschienen. Die Blu-ray des Box-Sets zeigt die rüstigen Rocker in Miami in potenter Form – schon zu Beginn tänzelt ein juvenil-knackiger Jagger im blutroten Vampirmantel scheinbar berauscht auf die Bühne. Die „Uncut“-Version toppt die Ur-DVD neben den zehn Extra-Songs und fünf Takes eines Konzerts in New Jersey, inklusive „Shattered“ oder „Happy“. Das aufbereitete Material punktet mit ausbalancierter Tonalität, guter Auflösung und breiter Stereobasis. Das 4:3-Bild kann optisch mit teils flauem Ambiente nicht so ganz mithalten. Macht aber nix: Denn diese „Uncut“-Version macht als wichtiges Kapitel der Stones-Geschichte einfach mächtig Spaß.

LowBeats Bewertung Rolling Stones Voodoo Lounge UncutWeitere gelungene Box-Sets:
Die besten Compilations 2018 Teil 1: Chris Cornell, The Cranberries, John Lennon, Tom Petty
Udo Lindenberg Das Vermächtnis der Nachtigall

Ähnliche Beiträge:
Das größte Werk der Beatles: das Weiße Album
Ein Blick zurück auf R.E.M.: Best Of R.E.M. At BBC

Autor: Claus Dick

Avatar-Foto
Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.