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Marshall Woburn III
Die Blutooth-Box Marshall Woburn III kostet 570 Euro. Aber der geniale Vintage-Look und der extrem souveräne Bass bieten einen schönen Gegenwert (Foto: Marshall)

Bluetooth-Box Marshall Woburn III im Test: moderner als er aussieht

Marshall hat sein Programm im Sommer zu großen Teilen renoviert. Die dickste Neuheit ist der Marshall Woburn III. Der rund 7,5 Kilo schwere Lautsprecher fährt 120 Watt Gesamtleistung auf. Aber das ist nicht neu. Neu ist, was ihm die Produktentwickler beigebracht haben. Er bekam eine HDMI-Buchse, die ihn zum Soundbar macht, sofern man verhindert, dass er den Bildschirm wie ein schwarzer Balken verdeckt. Und die Marshall Bluetooth App ermöglicht jetzt Over The Air Updates.

Die Besonderheiten des Marshall Woburn III

Ansonsten bleibt es bei einem Cinch-Hochpegel-Eingang auf der Rückseite und einem leicht erreichbaren 3,5-mm-Klnken-Eingang oben am Bedienfeld, das nicht nur metallisch glänzt, sondern aus einer Messing-farbenen Metall-Legierung besteht. Das fördert natürlich in Verbindung mit den nostalgischen, satt in der Hand liegenden Drehreglern die Verbindung zu den legendären Gitarrenverstärkern der traditionsreichen englischen Marke.

Allerdings handelt es sich bei den Reglern für Lautstärke, Bass und Höhen nicht um mechanische Drehpotentiometer. Es sind elektronische, gleichwohl satt laufende Knöpfe, die sich endlos drehen lassen. Dadurch kann man auch die Lautstärkeregelung für besseren Komfort mit der des Smartphones synchronisieren. Ebenfalls auf der Bedieninsel finden sich der Drücker für die Quellenumschaltung und ein in vier Richtungen bewegbarer Button zur Wiedergabesteuerung. Das An- und Ausschalten übernimmt ein nostalgischer Kippschalter aus Metall. Das hat schon was. Stilistisch passend dazu besteht die Oberfläche des Lautsprecher-Gehäuses aus Kunststoff mit Lederprägung. Ein Zitat in Richtung Gitarrenverstärker, bei dem, wie Marshall betont, viel Recycling-Kunststoff zum Einsatz kommt.

Marshall Woburn III
Nostalgie-Gefühle: Hochwertiger Kippschalter zum An- und Ausschalten des Woburn III (Foto: Marshall)

Insgesamt ist die Machart für eine Bluetooth-Box sehr hochwertig. Im Innern tat sich auch einiges, die Treiber erfuhren ein Upgrade. Das 3-Wege-System verwendet zwei 20 Millimeter Hochtonkalotten mit einem neuen Waveguide, dazu zwei 5,5 Zentimeter durchmessende Mitteltöner sowie einen 17 Zentimeter großen Bass. Zudem bekam die Retrobox den Bluetooth-Standard 5.2 eingepflanzt. In Zukunft will Marshall über diesen Weg Firmware-Updates vom Smartphone drahtlos auf den Lautsprecher beamen. Ebenso sind Vernetzungs-Features geplant. Was man vom Start schon spüren soll, ist eine stabile, rund 10 Meter reichende Drahtlosverbindung.

Marshall hat auch die passende App parat, mit der sich die beiden Klangregler fernsteuern lassen. Sehr nützlich und für Laien leicht zu bedienen, ist die Raum-Kompensation. Durch Auswahl verschiedener Aufstellungen wird dem Woburn III mitgeteilt, was beim Frequenzgang zu berücksichtigen ist, damit es möglichst sauber und doch satt klingt. Es gibt die Marshall Bluetooth Software gratis für iOS und Android.

Marshall Woburn III
Die Drehknöpfe sind elektronisch, zitieren aber die alten Drehpotenziometer der Marshall Amps. (Foto: Marshall)

Hörtest: Das rockt gewaltig

Im Hörtest weckten die stattlichen Abmessungen gepaart mit den ersten Eindrücken einiger kleinerer Marshalls aus der neuen Serie doch recht hohe Erwartungen. Die stattlichen Abmessungen und das hohe Gewicht trugen ein übriges zur Steigerung der Erwartungshaltung bei. Und der Marhall lieferte. Wie kein anderes Mitglied der Bluetooth-Lautsprecher-Serie schlug er nicht nur vom Look, sondern auch akustisch eine Brücke zu den Bühnenverstärkern, welche die Marke bekannt machten.

Nicht, dass der Woburn III mit Höhen geizen würde. Im Gegenteil. Er brachte sie bei aller Frische sehr souverän, also keinesfalls gepresst oder gar stählern zu Gehör. Hi-Hats klangen sehr schön nach Messing und auch Stimmen kamen klar und mit dem angestammten Timbre zu Gehör. Doch über allem stand da dieser Monster-Bass. Hinter dem müssen sich nicht nur so ziemlich alle One-Box-Bluetooth-Speaker verstecken. Auch manche deutlich größeren HiFi-Boxen dürften damit gewissermaßen unter Rechtfertigungsdruck kommen.

Wer Rap, Hip Hop oder Electro zelebrieren möchte, wird sich allenfalls ärgern, dass der Marshall keinen Akku hat und auch nicht gegen Sand oder Wasser geschützt ist. Sonst wäre er der Star einer jeden Strandparty. Wer von den Beats nie genug kriegen kann, wird hier bestens bedient. Aber mit „seiner“ Musik aus den Anfängen der 1962 von Jim Marshall gegründeten Marke, legt er noch mal eine Schippe drauf. „Highway Star“ in der Live-Version von der Deep Purple „Made In Japan“ zeigt schon gleich bei den ersten Drum-Kicks, dass so praktisch alle Bluetooth-Dosen der leichteren Gewichtsklasse, aber auch ein Teil der größeren Exemplar schlicht mal die untersten Oktaven verschlucken. Und von den Leistungsreserven wollen wir erst gar nicht reden.

Was der Marshall Woburn III an Pegel liefert – wohlbemerkt ohne Zeichen von Anstrengung – verdient auch unter HiFi-Aspekten Anerkennung. Passiv wäre ein solches Resultat bei dem Gehäusevolumen kaum zu erreichen und schon gar nicht für diesen Preis. Jedenfalls schlug sich der Woburn III auch gegen die von uns zu Testzwecken gern herangezogenen (und hoch geschätzten) Teufel Rockster Air und
Teufel Holist M bravorös.

Denn was der Woburn III mit dem Made-In-Japan-Album an Live-Atmosphäre erzeugt, verdient trotz der doch sehr kompakten Bühnendarstellung höchsten Respekt. Er erzeugt bei Fans von Rock-Musik einfach nur Gänsehaut. Das gilt auch für „Sympathy For The Devil“ von den Rolling Stones. Nur gut, dass die App eine Raumkompensation hat, wo der Benutzer die Aufstellung der Box eingeben kann. Das wirkt wirklich, dennoch ist die Bass-Fülle und -Tiefe dermaßen üppig, dass es trotzdem in Wandnähe bei hohen Lautstärken zu Unsauberkeiten im Bass kommen kann. Mit dem Marshall Woburn III kann man seine Nachbarn kennen lernen, deren Toleranzgrenze auskosten. Daran ändert auch der Nachtmodus nichts. Entweder hatte unsere App einen Bug, oder die Wirkung auf den dominierenden, tiefreichenden Bass ist wirklich so subtil, dass man eigentlich den Hausfrieden zu später Stunde nur durch drastische Pegelsenkung bewahren kann.

Fazit Marshall Woburn III

Der Woburn III bietet üppige Klangfülle, ansprechendes Design und hohe Anfassqualität für einen angemessenen Preis. Er ist der geborene Alleinunterhalter. Hätte er einen Mikrofoneingang könnte man ihn fast als kleine PA nutzen. Gleichzeitig ist er ein kompakter, günstiger Ersatz für eine Stereo-Anlage. Und wer ihn im Regal unter den Fernseher bekommt, kann ihn dank HDMI sogar als Super-Soundbar verwerden.

Marshall Woburn III
2022/08
Test-Ergebnis: 4,6
Überragend
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Stimmiges Sound-Tuning
Ausgesprochen satte und tiefe Basswiedergabe
App
kein Akku, kaum wirksamer Night-Modus

Vertrieb:
Zound Industries
www.marshallheadphones.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Marshall Woburn III: 570 Euro

Technische Daten

Marshall Woburn II
Konzept:Stationärer Bluetooth-Lautsprecher
Leistung:120 Watt
Besonderheit:Drehregler
Eingänge:3,5-mm-Klinke, Cinch, HDMI, Bluetooth 5.2
Abmessungen (B x H x T):40 x 31,7 x 20,3 cm
Gewicht:
7,45 Kilogramm
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Teufel Rockster Air
Test Teufel Holist M

Autor: Stefan Schickedanz

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Schneller testet keiner. Deutschlands einziger HiFi-Redakteur mit Rennfahrer-Genen betreut bei LowBeats den Bereich HiFi im Auto sowie die Themengebiete Mobile- und Smart-Audio.