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Børresen M1: Die vielleicht teuersten Kompaktlautsprecher der Welt sind eine technologische Tour de Force. (Montage. F. Borowski)

Børresen M1 Kompaktlautsprecher: Wenn Geld keine Rolle spielt

Der dänische Tüftel-König und Lautsprecherexperte Michael Børresen ist bekannt dafür, bei seinen Konstruktionen den Kostenfaktor erst mal hintan zu stellen. Neue Lautsprechergenerationen werden in der Regel „Top-Down“ entwickelt. Das heißt, Børresen beginnt mit der (zum gegebenen Zeitpunkt) bestmöglichen Technologie und bringt eine Serie auf absolutem Spitzenniveau, wie die Børresen 0-Serie. Das ist sozusagen die S-Klasse, die als Technologieträger künftigen, günstigeren Lautsprecherserien als Entwicklungsgrundlage dient. Daraus resultierte zuletzt die Børresen Z-Serie. Demnächst kommt außerdem die preislich noch mal etwas erschwinglichere X-Serie auf den Markt.

Aber was soll man bitte davon halten? Børresen präsentierte jüngst den Kompaktlautsprecher M1, der formal und technisch große Ähnlichkeiten mit dem Kompaktlautsprecher Modell 01 hat (siehe unseren Testbericht), aber unfassbare 94.000 Euro pro Paar kostet. Wir hatten das Projekt im Vorfeld der High End im Mai schon mal kurz vorgestellt, aber nun sind viele weitere Details dazu bekannt geworden.

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Das nochmals optimierte Gehäuse in Hochglanz Schwarz und die zugehörigen Standfüße (Fotos: Børresen)

Über den Sinn und Unsinn von Lautsprechern, die fünf- oder gar sechsstellige Summen kosten, brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten. Aus Normalverbrauchersicht sind das vor allem Oligarchen-Spielzeuge, die nichts weiter bringen, als die eigene Dekadenz zu unterstreichen. Aber wer Michael Børresen kennt, der weiß, dass dem passionierten Entwickler nichts an Bling-Bling und Selbstdarstellung liegt, sondern nur an der Suche nach dem ultimativ Machbaren in der Schallreproduktion. Klar, das Unternehmen Børresen will und muss auch Geld verdienen – und tut das offensichtlich sehr erfolgreich. Aber der Mann hat eigentlich immer nur Materialwissenschaft und Herstellungstechniken im Kopf, worüber er vermutlich auch bei seinem Freizeithobby Angeln ständig nachgrübelt. Was macht diesen neuen Lautsprecher namens M1 also so besonders (teuer)?

Børresen M1 – Technologische Tour de Force

Wie schon bei seinen bisherigen Spitzenkonstruktionen nutzt Børresen auch bei der M1 alles, was an exotischen Materialtechniken herstellbar ist, um das Resonanzverhalten zu optimieren, die Steifigkeit und das Dämpfungsverhalten der Membranen zu erhöhen und dem ohnehin schon einzigartigen eisenlosen Magnetantrieb mit Polkern aus massivem Silber aus der 01-Serie eine noch bessere Arbeitsumgebung zu bieten. Im Fokus stand dabei diesmal vor allem der Chassiskorb. Ein scheinbar sekundäres Bauteil, das eigentlich nicht viel mehr tun soll, als der Bewegung von Antrieb und Membran stabilen Halt zu verleihen. Dickes Alu, Stahl oder Druckguss, wie es von den meisten anderen Konkurrenten genutzt wird, sollte doch reichen. Oder?

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Eines der Herzstücke der M1 ist der im 3D-Verfahren gedruckte Chassis-Korb aus Zirkonium. (Foto: Børresen)

Nach etlichen Versuchen und im Ergebnis mit einem aus Zirkonium im 3D-Verfahren gedruckten Chassiskorb ist Michael Børresen da ganz anderer Meinung. Der Korb, der pro Stück gut 3.000 Euro kostet, soll einen erstaunlich großen Fortschritt für das System bringen und vor allem einen erweiterten Dynamikumfang zur Folge haben.

Daran beteiligt ist aber auch die ebenfalls aufwändig neu entwickelte Membran der M1. Die besteht, wie schon die Membranen der 0-Serie, aus einem Sandwich-Verbund mit einer Honeycomb-Struktur als Trägermaterial. In der M1 ist die sichtbare Außenhaut der Membran eine aufgedampfte Titanschicht von nur 0,04 mm Stärke, während die innere Haut ein Carbonfaser-Komposit ist, das stark an die Membranen von Perlisten und einigen anderen Anbietern erinnert. Es ist also offenbar nicht alles von Grund auf von Børresen selbst entwickelt, was an Einzelteilen in der M1 steckt. Wo das richtige Material verfügbar ist, bedient sich der Entwickler selbstverständlich auch am freien Markt.

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Querschnitt der Membran mit Sandwich-Aufbau: Carbon-Komposit + Honeycomb-Trägermaterial + aufgedampfter Titanhaut. (Foto: Børresen)

Ebenso selbstverständlich wurde auch die Frequenzweiche für die M1 noch mal komplett überarbeitet. Mit gigantischen, Wachs-getränkten Flachbandspulen, sowie einigen für Passivweichen sehr exotischen Bauteilen und der vom Schwester-Unternehmen Ansuz beigesteuerten Tesla-Spulen-Technologie auf der Platine ist diese Weiche in der Lautsprecherwelt absolut einmalig, sowohl in Konstruktion als auch im Aufwand.

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Die extrem aufwändige Frequenzweiche mit den riesigen wachsgetränkten Spulen von Jantzen und Tesla-Spulen auf der Platine (die kleinen eckigen Spiralen). (Foto: Børresen)

Das ohnehin schon sehr komplexe Gehäuse der zugrunde liegenden 01 wurde bei der M1 noch weiter versteift, resonanzoptimiert und edler gestaltet. Schließlich muss bei einem so teuren Lautsprecher am Ende auch das Äußere perfekt sein.

Das setzt sich auch in den dazugehörigen Standfüßen fort, deren Form unverändert bliebt. Allerdings wurde die obere Stellplatte neu konstruiert. Der Lautsprecher steht hier auf einer Sandwich-Lösung. Das Basismaterial ist eine schwere, kompakte Laminatplatte mit Titanschichten auf der Ober- und Unterseite. Zum Lieferumfang gehören auch hier, wie bei der 01, pro Lautsprecher drei Ansuz Darkz Untersetzer zur Ankopplung der Box an den Standfuß. Allerdings nicht die Basisversionen aus Aluminium, sondern die teuerste Variante aus – wiederum – Zirkonium (Darkz Z2 Signature). Die allein kosten ein kleines Vermögen.

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Die Stellfläche für die Lautsprecher besteht ebenfalls aus einem Sandwich verschiedener Materialien, darunter Titan. (Fotos: Børresen)

Es finden sich noch viele weitere Detaillösungen in den M1, was den Rahmen hier völlig sprengen würde. Michael Børresen erklärt in dem folgenden Video selbst, was ihn zu diesem Abenteuer bewegt hat und was darin steckt.

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Der Entwicklungsaufwand macht den illustren Preis der M1 ein gutes Stück verständlicher. – Was dem geneigten Audiophilen mit normalem Gehalt nur leider nicht viel nützt. Die M1 sind und bleiben unerschwinglich. Da bleibt nur zu hoffen, dass es Børresen gelingt, so viele Erkenntnisse aus der Entwicklung der M1 wie möglich bald in bezahlbaren Speakern anwenden zu können. Was allerdings schwer werden dürfte. 3D-gedruckte Körbe aus Zirkonium oder Membranen, von denen nur eine pro Tag hergestellt werden kann, bleiben bis auf Weiteres exotische Grundlagenforschung.

Ich würde mich allerdings nicht im Geringsten wundern, wenn Børresen analog zur 01-Serie später auch eine M2, M3 oder sogar eine M5 bringen wird, die dann mit Sicherheit weit in den sechsstelligen Bereich kosten und vielleicht sogar an der Millionen-Grenze kratzen werden. Für ein paar besonders gut betuchte ist auch das keine Hürde. Aber wenn es der Forschung nach dem ultimativen Lautsprecher auch nur im Geringsten hilft, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen.

Das Unternehmen:

Børresen ist Teil der Audio Group Denmark, zu der auch die Marken Aavik (Elektronik) und Ansuz (Kabel, Zubehör} gehören, die ebenfalls von Michael Børresen und seinem Partner Lars Kristensen gegründet wurden. Die Geschäftsführung und 45% ihrer Firmenanteile haben die Gründer kürzlich an Vækst-Invest sowie den neuen CEO Kent Sørensen abgegeben, um sich wieder mehr um ihre Kernaufgaben Entwicklung und Vertrieb kümmern zu können.

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Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.