Der Philosoph zählt im eigenen Lande ja gemeinhin nichts. Das gilt – wie wir schon bei der GP HRS 130 festgestellt haben – gerade und im Besonderen für Holger Müller, den Chef und Vordenker von German Physiks. In USA, China und Japan heimsen seine Lautsprecher regelmäßig die wichtigsten Awards für den besten Klang ein, in Deutschland hingegen spricht sich ihre spezielle Qualität nur sehr mühselig herum. Aber was macht Lautsprecher wie die hier getestete German Physiks Borderland Mk V Ultimate so besonders?
Es ist dieser DDD-Wandler. DDD steht für “Dick Dipol Driver”. Ein pfiffiger Tüftler namens Dick ersann einen rundumstrahlenden (deshalb Dipol) Wandler (englisch: Driver), dessen Grundidee German Physiks Chef Holger Müller so überzeugend fand, dass er das Konzept übernahm und den DDD anschließend über viele, viele Jahre immer wieder verbesserte.
Denn “die Tüte”, wie er despektierlich auch bei German Physiks genannt wird, ist der einzige Wandler weltweit, der nicht nur die komplette 360° Rundum-Abstrahlung ermöglicht, sondern auch noch bis in den Bassbereich läuft – also eigentlich ein Breitbänder ist und somit dem Ideal der Punktschallquelle sehr nah kommt.
Das Basshorn Unicorn, welches sich in Asien höchster Beliebtheit erfreut (hierzulande wegen optischer Einschränkungen aber nur wenig Freunde findet) arbeitet nur mit einem im Bass ungefilterten DDD-Wandler und klingt überragend.
Aber leider ist diese Variante nicht sonderlich belastbar, weshalb Geman Physiks in der Regel mehr oder minder potente Bass-Systeme hinzu kombiniert. Im Falle der hier vorgestellten German Physiks Borderland Mk V Ultimate ist es ein 30 Zentimeter Tieftöner in einem geschlossenen Gehäuse, der den Bereich unterhalb 170 Hertz übernimmt und zum Boden hin abstrahlt.
Es ist gar nicht so einfach, zu erklären, wie dieser DDD-Wandler eigentlich Schallenergie erzeugt. Denn im unteren Übertragungsbereich bewegt er sich kolbenförmig wie ein klassischer Tieftöner (allerdings nach oben und nach unten), um dann zu den höheren Frequenzen hin immer mehr in einzelne, kleine Schallflächen “aufzubrechen”, die dann auch in der Lage sind, Frequenzen bis 25.000 Hertz abzugeben.
Bei der German Physiks Borderland MK V Ultimate werden sieben Oktaven von einem einzigen Treiber – und somit dem durchgehend gleichen Membranmaterial (Carbonfiber) abgestrahlt. Für die Homogenität der Wiedergabe sicher nicht die schlechteste Voraussetzung …
Die Borderland ist das älteste Modell im German-Physiks Programm (die erste stammt aus dem Jahre 1992) und unterlag somit auch den häufigsten Überarbeitungen; sie ist so etwas wie der Technologieträger der in Maintal beheimateten Hessen.
Die hier vorgestellte neueste Version Mark V ist mit einem DDD-Wandler mit einer 0.15 Millimeter dünnen Carbon-Folie ausgestattet; die früher übliche Titan-Folie ist noch dünner, aber auch weniger belastbar. Wir hatten im Test die Borderland MK V sogar in der exklusiven Ultimate-Ausführung.
Im Vergleich zur “einfachen” Borderland verspricht die “Ultimate” die bessere Qualität und Selektion bei den Frequenzweichenbauteilen und der Verkabelung sowie das fantastische Klavierlack-Finish in Hochglanz-Schwarz oder -Weiß. 14.900 Euro kostet das Pärchen Borderland in dieser Ausführung – wenn man eine beliebige RAL-Sonderfarbe möchte, noch einmal 2.000 Euro mehr.
Hawaphon und interne Helmholtzresonatoren: das fast perfekte Gehäuse
Der Star der German Physiks Borderland Mk V Ultimate ist also der DDD-Wandler. Wären wir bei einer Filmpreis-Verleihung, ginge der zweite Oscar aber an das Gehäuse. Schon die achteckige Form mit Wandstärken zwischen 22 und 38 Millimetern ist eine Herausforderung für den Schreiner. Doch die inwändige Bedämpfung ist ebenso aufwändig – und sehr gut.
Die vielen Einzelflächen sind mit Hawaphon-Matten beklebt. Hawaphon ist eine Aneinanderreihung von kleinen Kunststoff-Kammern, die zu 2/3 mit Metallkügelchen gefüllt sind. Die Vibrations-Energie der Wände wird von diesen Kügelchen in Wärme-Energie umgewandelt.
Das macht das Gehäuse deutlich ruhiger, allerdings müssen die Kunststoffkammern der Hawaphon-Matten bedämpft werden. Das erledigt bei der German Physiks Borderland Mk V Ultimate eine dicke Schicht Filz. Auch sie sorgt für eine weitere Beruhigung des Achtecks.
Nicht verhindern kann der Filz allerdings die Längswelle, die in dem annähernd meterhohen Gehäuse entsteht. Die tritt in Standboxen üblicherweise auf und wird von vielen Lautsprecherherstellern unterschätzt, denn sie führt oft zu einem dröhnigen Klangbild.
In der German Physiks Borderland Mk V Ultimate kommt sie nicht zum Zuge, weil ein sogenannter, interner Helmholtz-Resonator für deren Unterdrückung sorgt. Dieser interne Resonator ist eine Kammer mit einer Öffnung – quasi ein Bassreflexgehäuse ohne Tieftöner. Kammer und Öffnung haben eine Tuning-Frequenz, die auf genau diese Längswelle abgestimmt ist und ihr so die Kraft nimmt.
Das Gehäuse der German Physiks Borderland Mk V
So perfekt wie das Gehäuse ist auch das Garantie-System bei German Physiks: Für den Erstbesitzer gelten volle 20 Jahre. Möchte er seine German Physiks verkaufen, kann er die Lautsprecher in die GP-Manufaktur im hessischen Maintal schicken, wo sie kostenfrei eine General-Überholung bekommen. Anschließend kommt auch der Zweitbesitzer in den Genuss einer (übertragbaren) 5-Jahres-Garantie.
Eine weitere Besonderheit ist der Verkauf. Der geht nämlich direkt von der DDD-Manufaktur zum Kunden. Besonders löblich dabei: Ein German Physiks Spezialist stellt die Borderland (wie auch die kleineren Modelle HRS 130 und Unlimited) auf Wunsch zu Hause auf. Damit die lange Garantiespanne nicht zum Bumerang wird, werden die Bauteile der Borderland Mk V vor dem Zusammenbau lange eingespielt und mehrfach vermessen. Ich war mehrfach in der DDD-Manufaktur, um mir die Produktion der eigenwilligen Wandler anzuschauen. Dabei bekam ich auch einen Eindruck von der peniblen Arbeitsweise der Hessen.
So werden beispielsweise die Bauteile der Frequenzweiche einer German Physiks Borderland Mk V Ultimate alle paarweise selektiert, die Weichen vom Entwickler Harald Knoll persönlich von Hand verdrahtet. Und erst nach einem ausgiebigen Check (auch mit sehr viel Pegel) kommt die Borderland in ihre mittlerweile sehr praktische Verpackung – die der Kunde übrigens bei German Physiks einlagern lassen kann. Die Kartons sind ja am Ende doch ganz schön groß.
Der große Raum und die Leichtigkeit: die German Physiks Borderland Mk V Ultimate im Hörtest
Die Borderland Mk V Ultimate ist die siebte oder achte German Physiks, die ich im Test hatte und natürlich dachte ich, ich wüsste alles über die richtige Aufstellung dieser 360° Strahler. Aber die Borderland belehrte mich eines Besseren. Zum einen hatte ich die Reflektoren hinter den Lautsprechern zuerst mit der dämpfenden Seite nach vorn gestellt. Das klingt mit Direktstrahlern echt besser, aber bei Rundumstrahlern fehlt dann auf einmal die Energie, die nach hinten abgestrahlt wird – der Bass wird in Relation zu mächtig.
Mit der glatten Seite des Reflektors nach vorn war es schon sehr viel besser: mehr Hochton, mehr Leichtigkeit im Klangbild. Zudem musste ich über den Jumper am Anschlussfeld den Pegel des DDD-Wandlers um 2 Dezibel anheben – noch viel besser. Und als letzten Schritt musste ich die Borderland wenigstens einen Meter vom Reflektor oder von den Seitenwänden entfernt aufstellen, damit die frühen Reflektionen das Klangbild nicht verwischen.
Bei geringerem Abstand wurde das Klangbild zu groß und zu wolkig; da fehlte die Präzision nicht nur in der räumlichen Darstellung, sondern auch bei den Impulsen. Dieser Hinweis gilt vor allem für jene, die darüber nachdenken, eine Borderland in einem kleinen Raum aufzustellen …
Wenn alles passt (so wie nach meinen längeren Aufstellungs-Experimenten), belohnt einen die German Physiks Borderland Mk V Ultimate mit einem in allen Belangen prachtvollen Klangbild. Prachtvoll erst einmal in der schieren Größe: Der Raumeindruck ist tiefer und höher als bei klassischen Direktstrahlern, ohne dass Instrumente oder Stimmen unglaubwürdig riesig würden, aber doch halt größer, als man es gemeinhin gewohnt ist.
Mahlers 5. Symphonie unter Claudio Abbado, unsere Referenzaufnahme für das LowBeats Klang Orakel (unsere Musikdatenbank, in der man den Klang der Borderland mit dem anderer Lautsprecher online vergleichen kann – für Lautsprecher nun auch auf YouTube) ließ im Kopf die Vorstellung von 20 Meter Raumtiefe entstehen. Der Klang der Streicher kam absolut natürlich und fein – auch das ist ein Vorzug der 360° Abstrahlung, die den Raum mit mehr Hochtonenergie füllt, als das klassischen Lautsprecher-Konstrukten möglich ist.
Davon profitieren auch Stimmen. Officium, die Einspielung des Hilliard Ensembles (Vocal) mit Jan Garbarek (Saxophon) hatte eine natürliche Klarheit. Die Stimmen standen recht weit oben, der kirchliche Aufnahmeraum wurde sehr realistisch in den Hörraum projiziert. Alles hatte viel Substanz, Farbe und eine niemals aufdringliche Natürlichkeit und Wärme.
Die Detailauflösung feinster Nebengeräusche gelang der Borderland vielleicht nicht ganz so leichtfüßig wie einer B&W 802 D3, punktete aber vergleichbar wie die (auch im Klavierlack-Finish sehr ähnliche) Quadral Aurum Titan R9 mit ihrer Homogenität. Und worüber man sich bei Schallwandlern aus dem Hause German Physiks nie den Kopf zerbrechen muss, ist der Bassbereich. Entwickler Harald Knoll steht auf tiefe, trockene und schnelle Bässe. Das gelang ihm bei allen German Physiks Boxen, die ich bislang gehört habe, bestens.
Auch bei der Borderland Mk V Ultimate. Ein 30 Zentimeter Bass im geschlossenen Gehäuse: Das ist ein Erlebnis, das man von den derzeit angesagten, schlanken Lautsprechern in dieser Form nicht mehr in die Magengrube gedrückt bekommt. Seit seinem Erscheinen höre ich auch zum Testen gern das neue Album der Red Hot Chili Peppers, das im Tiefton einiges zu bieten hat.
Mit der German Physiks Borderland Mk V Ultimate kam der treibende Bass beeindruckend zur Geltung, weil er extrem satt-kraftvoll kam, aber weitgehend konturiert blieb. Das war schon bei Zimmerlautstärke so. Ich drehte lauter und lauter und lauter. Immer noch das gleiche Resultat: ein mitreißender Bass und ein Mittelhochtonbereich, der sich von dem hohen Pegel nicht aus dem Tritt bringen ließ. Ich hatte noch die Worte von Holger Müller in den Ohren: “Machen Sie ruhig laut, die Borderland ist viel pegelfester, als Sie glauben.”
Ich stoppte das Experiment erst, als die überragenden SPL Endstufen Performer s800 erkennbar an ihre Leistungsgrenze stießen und meine Ohren ebenfalls Überlastung signalisierten. Die German Physiks Borderland Mk V machte dagegen den Eindruck, sie hätte noch Luft …
Fazit: kraftvoller Bass, hohe Natürlichkeit und 3D HiFi überall im Raum
Schon die German Physiks Wandler der 1990er Jahre hatten ja eine besondere Note. Das breitbandig-homogene System hatte allein schon wegen seiner besseren Hochtonverteilung im Raum klangliche Vorzüge. Aber man konnte mit ihnen weder sonderlich laut hören, noch waren sie tonal ausgewogen, weil die DDD-Wandler bei 12 Kilohertz einen deutlichen Anstieg in der Übertragungskurve hatten. Diese Zeiten sind vorbei. Der DDD-Wandler in seiner X-ten Variante klingt ausgesprochen natürlich sowie nach oben heraus dezent fein. Und er ist mittlerweile erstaunlich pegelfest. Hinzu kommen bei der German Physiks Boderland Mk V Ultimate das überragende Klavierlack-Finish und die umfassenden, sehr fairen Garantieleistungen. Und dann ist da noch dieser eine Punkt, den nur 360° Strahler bieten: Man muss bei ihnen eben nicht exakt an der Spitze des Stereo-Dreiecks sitzen; das volle, dreidimensionale Klangbild entfaltet sich auch für jenen Zuhörer, der sich irgendwo im Raum aufhält. Das macht das musikalische Erleben, auch wenn man einfach nur ein bisschen Musik nebenher hören möchte, sehr viel einfacher.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Ausgewogen natürliches Klangbild |
| Hohe Pegelfestigkeit |
| Exzellentes Finish |
| Braucht viel Platz |
Vertrieb:
DDD-Manufactur GmbH
Gutenbergstrasse 4
63477 Maintal
www.german-physiks.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
German Physiks Borderland Mk V Ultimate: ab 14.900 Euro pro Paar
Im Beitrag erwähnt:
Test Rundumstrahler German Physiks HRS 130
Test Standlautsprecher Quadral Aurum Titan R9
Test Standlautsprecher B&W 802 D3