Das Thema MP3, USB, Bluetooth und HiFi-Sound im Oldtimer drängt sich Liebhabern klassischer Automobile fast auf. Wer sich einen Klassiker zulegt oder wie in diesem Fall aus dem Dörnröschenschlaf in der elterlichen Garage weckt, darf sich auf eine Menge Fahrspass freuen. Ein puristisches Fahrgefühl, das viele heutige Autos mit ihren unzähligen elektronischen Assistenz-Systemen vermissen lassen. Das sehen überwiegend nur Enthusiasten so.
Beim Punkt HiFi und Infotainment im Allgemeinen gibt es hingegen keine zwei Meinungen. Wer einmal das ab Werk verfügbare Harman-Kardon-System oder gar die Bowers & Wilkins Anlage in einem modernen BMW oder Burmester im Porsche gehört hat, kann mit den Original-Autoradios der Neunziger-, Achtziger- oder gar Siebziger-Jahre nichts mehr anfangen. Und wer gewohnt ist, seine Musiksammlung praktischerweise auf dem Smartphone überall mitzunehmen, kriegt in einem Oldie erst recht die Krise. Nach dem Verfliegen des ersten Rauschs über pure Freude am Fahren kommt rasch die Frage auf: Wie kriege ich MP3, Bluetooth und HiFi-Sound im Oldtimer – und zwar, ohne dessen Originalität zu gefährden?
So stieß mich ein 37 Jahre alter BMW 318i Baur TC1 auf ein spannendes Thema, zu dem ich im Laufe wochenlanger Suche viele einzelne Facetten fand. Doch ich fand nirgendwo eine umfassende Beratung zu diesem Thema, das letztlich die meisten der mehr als 300.000 Oldtimer betrifft, die alleine in Deutschland zugelassen sind.
Dieses Manko möchte ich jetzt ebenso ausmerzen wie den schlechten Sound im alten Baur Cabrio. Mit seinem Billstein-Sportfahrwerk bietet das knapp über 1.100 Kilo leichte Gefährt nach fast vier Jahrzehnten immer noch ungefilterten Fahrspass mit toller Querdynamik und durchaus akzeptabler Längsbeschleunigung.
BMW E21 Oldtimer: Fahrdynamik hui, Klangdynamik pfui
Die Anlage ist das genaue Gegenteil. Die links und rechts im Fussraum verbauten Breitband-Lautsprecher von Blaupunkt rissen einen schon in den Achtzigern nicht vom Hocker. Die Papp-Membranen der Breitband-Systeme haben die Jahrzehnte auf der Straße gut überstanden, aber die sie umgebenden Sicken haben sich weitgehend aufgelöst.
Das Mindeste in diesem Fall, um auch nur Radionachrichten einigermaßen vernünftig zu hören, wäre ein Ersatz aus dem erstaunlich kompletten Ersatzteilprogramm von BMW Group Classic, das sich hier auch online bestellen lässt. Allerdings betraute ich BMW Stuttgart Classic nur mit einer Frischzellenkur des viele Jahre nicht mehr bewegten Autos. Um den Sound wollte ich mich selbst kümmern.
Dafür gibt es einen triftigen Grund: Schon neu klangen die Breitband-Papp-Kammeraden bereits reichlich blechern, dazu noch nahezu bass- und höhenfrei, selbst bei aufgedrehten Klangreglern. Dafür Geld ausgeben widerstrebt dem HiFi-Tester natürlich zutiefst. Ob es wohl noch etwas auf dem Nachrüstmarkt für die originalen 10 x 15 cm (4 x 6 Zoll) großen ovalen Schächte gibt? Zu meiner großen Überraschung wurde ich via Google rasch fündig.
Zu meiner noch größeren Überraschung stand ich sogar unversehens vor der Qual der Wahl: Neben Alpine, die in den Achtzigern ihre Hochphase hatten, gibt es auch explizit als kompatibel ausgewiesene Sound-Lösungen von Ampire (4×6) und JBL (Club 6420). Pioneer bietet mit dem TS-A4633i-hp für 70 Euro sogar einen 3-Wege-Lautsprecher an – was aber nicht automatisch besser sein muss.
Während meiner Recherche zu HiFi-Sound im Oldtimer stelle ich gleich noch fest, dass bestimmte Treibermaße seinerzeit von vielen Herstellern verwendet wurden. Der Alpine SXE 4625 S passt laut Kartonaufdruck beispielsweise auch für manche Autos von Volkswagen, Daewoo, Fiat, Lancia, Nissan oder Seat.
Meine Entscheidung zwischen Alpine und Ampire fiel schließlich zu Gunsten der ersteren, weil ich mit dem Namen noch von früher vertraut war.Vom Konzept her handelt es sich in beiden Fällen um ein 4 x 6 Zoll großes Koaxial-2-Wege-Systeme mit ovalen Tief-Mitteltönern. Rund 35 Euro zahlte ich für meine Alpines, die schon am übernächsten Tag von Amazon angeliefert wurden. Wer mag, bekommt Systeme wie Ampire auch nagelneu auf Ebay und bei diversen Car-Audio-Spezialisten.
Das Projekt HiFi-Sound im Oldtimer kommt richtig in Fahrt
Dann bekam die Sache eine ungeahnte Eigendynamik. Im Rahmen des von MTM und Audiotec Fischer gemeinsam getunten Audi SQ2, den ich in Ingolstadt einer Testfahrt unterzog (Bericht folgt), ergab sich ein Projekt mit dem ehemaligen MTM-Konstrukteur Klaus Mayershofer, der sich gerade mit dem Ingenieurbüro KMD selbständig gemacht hat.
Die Idee war, den alten BMW mit Teilen von Audiotec Fischer richtig aufzupimpen. Mit Koax-Treibern, DSP-Endstufe und Subwoofer der Subbrand Match. “Endstufe, Subwoofer?”, fragte ich entsetzt, “der Wagen soll besser klingen, aber nicht anders aussehen als vorher. Vor allem Bohren und Sägen geht gar nicht!” Diese für Oldtimer-Besitzer essenzielle Zielvorgabe stellte jedoch kein Hindernis dar, beruhigte mich Mayershofer. Angesichts der starken Sound-Performance des MTM Audi SQ2 waren meine Einwände damit beseitigt.
Geplant war, die günstigen Alpine-Speaker gegen die hochwertigeren Helix F4X und Helix S4X (70 respektive 140 Euro pro Paar) von Audiotec Fischer Match im Vergleich zu hören. Schließlich passten die Alpine SXE 4625 S in die ovalen Ausschnitte im Fussraum-Blech und ließen sich nach Lösen von vier Schrauben gegen die originalen Blaupunkt tauschen. Will sagen, sollten sich eigentlich tauschen lassen. Anders als erwartet waren die Original-Breitbänder nämlich fest mit den Kunststoffabdeckungen verbunden. Außerdem waren sie ungeachtet der ovalen Ausschnitte rund, weshalb zur Verhinderung von akustischen Kurzschlüssen auch nur ein runder Bereich in der Mitte des Lautsprechergrills wirklich offen war. Die restlichen Löscher waren Fake, so wie viele der unzähligen Lufteinlässe in den Schürzen moderner AMGs und BMW-M-Modelle.
Damit kam Abtrennen als Lösung auch nicht in Frage, ganz abgesehen davon, dass dabei vermutlich eh das ganze Bauteil zu Bruch gegangen wäre. BMW bietet im Teileshop sowohl Sets von vier ovalen Breitband-Lautsprechern als auch vier Blenden für 82 respektive 44 Euro an. Doch wir wollten den Vergleich nicht verschieben, weil wir auf Teile warten. Der Zufall brachte eine interessante, nachahmenswerte Lösung: Zur Not kann man wie wir die Abdeckungen eines Achtzigerjahre Porsche 911 Carrera mit den Original-Bohrungen verwenden.
Die passten nicht nur, wie fürs Baur Cabrio gemacht. Sie besaßen auch ovale Ausschnitte mit einem Drahtgitter, das bessere Durchlässigkeit als das grobe Lochmuster der BMW-Blenden bot. Eine Lösung, die auch Bestand haben sollte, weil die beiden hochwertigeren runden Koax-Chassis von Audiotec Fischer Match trotz ovaler Einbaurahmen nicht passten. Das lag an ihrer größeren Einbautiefe. Die kam nicht allein von den größeren Antriebsmagneten. Auch die für langen Hub ausgelegten Gummisicken um die Tief-Mittelton-Membran und der aufgepfropfte Hochtöner standen so weit hervor, dass diese Lösung sich nicht plan in dem 37 Jahre alten 3er BMW einbauen ließ.
Hörtest 2-Wege Einbau-Lautsprecher Alpine SXE 4625 S
Im Hörtest zeigten sich die dezenten Alpine-Boxen den Breitbändern von Blaupunkt klar überlegen. So weit rauf in den Höhen kamen die auch neu nicht. Nur der Bass enttäuschte zunächst. Trotz der größeren ovalen Membranfläche wirkte das Tieftonfundament enttäuschend dünn. Mehr noch: Schon bei wenig imposantem Pegel verzerrten die Lautsprecher. Dieses Phänomen kannte ich aber schon von meinem BMW E30 aus dem letzten Jahrhundert. Die nachgerüsteten MB-Quart-Lautsprecher für die vier Original-Einbauschächte brauchten auch erst eine Einspielzeit, um einen sauberen und angemessen tiefen Bass zu reproduzieren.
Diesen Umstand im Sinn und den moderaten Preis von 35 Euro fürs Stereo-Paar vor Augen also ein guter Deal im Vergleich zum BMW-Original für 82 Euro im Viererpack für die 3er-Limousine, die im Gegensatz zum Baur Cabriolet ein weiteres Lautsprecher-Paar auf der Hutablage hatte.
Nächster Schritt zum HiFi-Sound im Oldtimer: Match DSP-Endstufe und Subwoofer
Nun kam der nächste Schritt: Mayershofer montierte die 5-Kanal-DSP-Endstufe M 5DSPmk2 (550 Euro). Die ist so kompakt und mit rund 95% Wirkungsgrad gleichzeitig effizient. Das heißt, sie bleibt im Betrieb schön kühl. Deshalb kann man sie im BMW E21 mit zweiseitigem Klebeband direkt auf dem Autoradio montieren und in der Versenkung verschwinden lassen. Mit ihrem Plug-&-Play-Konzept der speziellen BMW-Edition lässt sie sich ohne Änderungen der Fahrzeugelektrik direkt mit dem Vintage-Autoradio BMW Bavaria C Business verbinden. Sie könnte auch ihre Betriebsspannung über den Standardanschluss beziehen. Doch aus Klanggründen zogen wir aus dem Motorraum parallel zum Kabelstrang direkt von der 12-Volt-Batterie dicke Stromkabel ein (das geht ganz ohne Bohren, erfordert nur den vorübergehenden Abbau der linken Fussraumverkleidung).
Im nächsten Schritt zum HiFi-Sound im Oldtimer bauten wir den Bassreflex-Subwoofer PP 6E-Q (120 Euro) ein. Zunächst musste sich noch die 5-Kanal-Class-D-Endstufe als Booster für die beiden Alpine-Boxen beweisen. Die Einordnung des Hörresultats erforderte allerdings lange Erfahrung. Schließlich waren die Boxen von der kurzen vorangegangenen Session noch lange nicht eingespielt und verzerrten im Bass abermals recht früh. Allerdings spürte man den besser definierten Punch und die höhere Spielfreude schon deutlich.
Durch den kanalgetrennten 30-Band-Equalizer konnten wir auch gezielt gegen den recht spitzen, zum Zischeln neigenden Klang der günstigen Alpine-Lautsprecher vorgehen. Allerdings sparten wir uns an dieser Stelle noch die Einmessung mit Mikrofon. Mayershofer stöpselte lediglich seinen PC über den ins Handschuhfach verlegten USB-Anschluss an. Über die von Auditec Fischer selbst entwickelte DSP-Software für den PC konnte er damit Frequenzgangentzerrung vornehmen und den Arbeitsbereich der 2-Wege-Alpine-Boxen im Bass auf 80 Hz/12 dB begrenzen.
An diesem Punkt löste sich das Einspielproblem der Alpine-Koaxe von allein. Wir probierten eine ganze Reihe von Subwoofern der Match-Serie von Audiotec Fischer aus. Der Match PP6-EQ passt mit seinem 16er-Tieftöner haargenau hinter den Beifahrersitz, wo er nicht auffällt. Sollten zwei oder drei Personen im Fond mitfahren wollen, ließe sich der stoffbezogene schwarze Quader auch im Handumdrehen nach dem Lösen einer Steckverbindung entfernen.
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