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BMW iX im Test:
Der BMW iX ist eine stattliche Erscheinung (Foto: S. Schickedanz)

Test BMW iX mit B&W Diamond 4D Sound: abheben mit Immersive Audio

Die Kontroversen über das Design des BMW iX sind längst verstummt. Und auch ich habe inzwischen meinen Frieden mit den riesigen Doppelnieren einiger aktueller BMW geschlossen. Bei den 4er-Coupés und Cabrios finde ich sie mittlerweile sogar ganz schick. Doch am Anfang war ich wie viele Anhänger der Münchner schon etwas geschockt. Dann ergab sich überraschend die Gelegenheit zu einer Probefahrt mit dem Battery Electric Vehicle (BEV). Und weil der BMW iX mit B&W Diamond 4D Sound ausgestattet ist, drängte er sich für einen Auto-HiFi-Test geradezu auf. Das Thema 3D-Sound im Auto nimmt ja gerade erst richtig Fahrt auf. Aus diesem Grund haben wir bei LowBeats beschlossen, das Thema in Zukunft stärker in den Fokus zu rücken.

Ein virtueller Spielplatz auf dem Armaturenbrett

Der Innenraum des iX weicht von der üblichen BMW-Innenausstattung ab und bewegt sich zwischen einer futuristischen Lounge und einem außerirdischen Raumschiff, was zu gemischten Gefühlen von Staunen und Skepsis führt. Beim Einsteigen waren die schmalen, eingelassenen Türgriffe ein kleines Ärgernis. Noch rätselhafter war das Fehlen von sichtbaren Türgriffen im Innenraum, was zu der halb scherzhaften Frage führte: Gibt es keinen Ausstieg? Bei früheren BMW-Modellen in den 1970er und 1980er Jahren waren die Türentriegelungen geschickt versteckt, aber extrem praktisch, wenn man Bescheid wusste. Jetzt, im iX, muss man für dieselbe Funktion winzige Knöpfe inmitten einer Reihe von Bedientasten an der Tür suchen. Aber, wenn man den Bogen heraushat, ist die neue Lösung eigentlich gut – vor allem aber viel praktischer als die äußeren Türgriffe.

Der iX bietet sogar noch mehr Neuerungen als typische zeitgenössische BMW. Vielleicht unter dem Einfluss der Stuttgarter Kollegen von Daimler sind die Sitzverstellungen von den Sitzseiten in die oberen Türverkleidungen gewandert, wo sie schematisch dargestellt sind. Diese Änderung verwirrt anfangs vielleicht eingefleischte BMW-Fahrer, weil sie gewohnheitsmäßig ins Leere greifen, verspricht aber für die meisten Benutzer ein intuitiveres Erlebnis.

BMW iX im Test: Cockpit in der Totalen
Das Cockpit des BMW iX wirkt sehr luftig. (Foto: S. Schickedanz)

BMW iX mit B&W Diamond 4D Sound: umfassende Transparenz

Trotz des gründlich überarbeiteten BMW-Betriebssystems OS 8 bleibt die Bedienung des Bowers & Wilkins-Systems benutzerfreundlich – sobald man das aktualisierte iDrive zu den erforderlichen Einstellungen navigiert. Die physischen Tasten rund um das zentrale iDrive-Drehrad sind berührungsempfindlichen Touch-Feldern gewichen, die nahtlos in die glatte, gläserne Konsole integriert sind. Die moderne Ästhetik ist unbestreitbar, erfordert aber eine visuelle Bestätigung für jeden Vorgang, was ablenkend wirken kann.

Das Fahrzeug bietet verschiedene Musikquellen, darunter Radio (FM und DAB+), USB, Bluetooth und Connected Music über eine schnelle 5G-Verbindung. Als das Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound System eingeschaltet wurde, fühlte es sich an, als ob Massagesitze aktiviert wären. Es stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Kribbeln in der Lendengegend um den 4D-Sound handelte, den ich bereits auf der IAA in München erlebt hatte. Wie zuvor versuchte ich, diese Funktion zu deaktivieren, eine Aufgabe, die durch das neu konfigurierte Bedienkonzept auf dem Curved Display des iX erschwert wurde.

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BMW iX im Test: Diamant-Hochtöner
Ein Leuchtstreifen betont den Diamond-Tweeter im iX-Cockpit (Foto: Harman)
BMW iX im Test: Diamant-Hochtöner beleuchtet
Bei Nacht sorgt der iX für eine Lichtinszenierung seiner B&W Sound Systems (Foto: S. Schickedanz)
BMW iX im Test: 3D-Effekt-Lautsprecher im Dach
3D-Effekt-Lautsprecher im Dachhimmel sind für das große Raumgefühl verantwortlich (Foto: S. Schickedanz)
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Hörtest: Rückenmassage von Bowers & Wilkins

Warum gibt sich ein erfahrener HiFi-Tester mit nur drei Dimensionen des Klangs zufrieden? Trotz der konzertierten Bemühungen der britischen Audio-Maestros, BMW und Harman fühlten sich die Vibrationsaktuatoren in den Sitzen und ihre spezifischen Frequenzen sowohl für mich als auch für meinen Beifahrer übermäßig an. Das Ergebnis war weniger eine rhythmische Verstärkung als vielmehr eine aufdringliche Lendenmassage mit einem eigenen Takt.

Ein schneller Vergleich mit dem Mercedes Maybach, den wir kurz zuvor hören konnten, ergab, dass die Stuttgarter Konkurrenten in ihrem deutlich teureren Maybach mit dem Burmester-System vielleicht eine raffiniertere Umsetzung von 4D-Sound haben. Immerhin können die BMW-Passagiere die Intensität des 4D-Effekts des Bowers & Wilkins-Systems selbst bestimmen oder diesen ganz abschalten.

Ohne die Sitzvibratoren, die ähnlich wie membranlose Lautsprecher funktionieren und die bequemen Sitze zum Zittern bringen, beeindruckt das Soundsystem immer noch mit seiner Lautstärke und Fülle, perfekt synchronisiert in Frequenz und Timing. Diese Qualität war unerwartet reizvoll. Gerade, wenn man bedenkt, welche räumlichen Beschränkungen die Batteriemodule in der Architektur eines Elektrofahrzeugs mit sich bringen können. Die für BEVs typische Herausforderung, das uncoole Abrollgeräusche angesichts des fehlenden Verbrenner-Motorsounds nicht zu dominant erscheinen zu lassen, kann dank hervorragender Dämmung und Geräuschunterdrückung als gelungen bezeichnet werden. Auch erwies sich der BMW-E-Motor beim Rekuperieren im Schubbetrieb als ausgesprochen leise – weit weg vom Straßenbahn-Sound einiger Mitbewerber.

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BMW iX im Test: Instrumente
Das Hi-Res-Curved-Display versprüht einen Hauch Playstation (Foto: S. Schickedanz)
BMW iX im Test: Fond
Auch im Fond gibt es Effekt-Lautsprecher im Dach (Foto: HarmanI)
BMW iX im Test: Center Speaker
Der Center-Speaker stabilisiert die Surround-Abbildung über dem Armaturenbrett (Foto: Harman)
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Sitzen mit dem Rücken zur Bühne

Die hinteren Lautsprecher des iX widersprechen jedoch dem Trend zur akustischen Immersion. Die beiden 2-Zoll–3D-Effektlautsprecher dominieren selbst im „Rear“-Soundmodus die Klanglandschaft und erzeugen das seltsame Gefühl, mit dem Rücken zur Bühne zu sitzen. Eine merkwürdige Richtungswahl. Immerhin scheint es trotz des luxuriösen Fondbereichs nicht unbedingt darauf ausgelegt zu sein, dass sich der Besitzer auf dem Rücksitz verwöhnen lässt – anders als beispielsweise im BMW 750d xDrive. Doch die jüngere Generation, die satte Beats noch mehr zu schätzen weiß, könnte angesichts der schieren Leistung des 28-Kanal-Systems mit seinen 30 Lautsprechern über diese Eigenart hinwegsehen. Und sie könnte womöglich sogar bevorzugt hinten Platz nehmen – um die volle Packung Bass zu erhaschen.

Bass unter der Sitzbank

Eine Besonderheit des 1.600 Watt starken Sound-Systems sind die beiden 8,5-Zoll-Subwoofer unter der Rücksitzbank, die mit Kohlefasermembranen ausgestattet sind. Für Bassliebhaber ist es ein Erlebnis, mitten auf der Rückbank zu sitzen, während Titel wie etwa „The Time Is Now“ von Moloko laufen. Der Bass ist intensiv und organisch, mehr noch als die zuvor deaktivierten 4D Exciters. Es ist ein klubähnliches Erlebnis, das an die körperhaft fühlbaren Bässe aus unserer Jugendzeit erinnert. Wer ein noch tieferes Bass-Erlebnis sucht, dem sei James Blakes „Limit To Your Love“ empfohlen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Bowers & Wilkins-System mit seinen hochwertigen Komponenten eine immense Bandbreite und Dynamik bietet. Allerdings fördern die Werkseinstellungen einen schlanken Bass und ausgeprägte Höhenwiedergabe, was der Musik ein etwas kaltes Timbre verleiht. Das könnte unter Umständen insofern beabsichtigt sein, als dass B&W damit die unübertroffene Transparenz der Diamant-Hochtöner unterstreichen möchte – eine Eigenschaft, die Liebhabern der B&W 800 Diamond-Serie vertraut ist. Die gute Nachricht ist, dass sich der Klang durch geschickte EQ-Korrekturen optimieren lässt, so dass das System in die Riege der besten Car-Audio-Systeme weltweit aufsteigt. Und das zu einem – bezogen auf den in Relation günstigen Preis von 5.300 Euro – für die Standardversionen des iX bzw. ohne Aufpreis für den iX xDrive M60.

BMW iX im Test: EQ-Einstellung
Mit dem grafischen Equalizer kann man noch etwas mehr aus dem Bowers & Wilkins Surround Sound System herauskitzeln (Foto: S. Schoickedanz)

Eine Sinfonie auf Rädern

Die zahllosen Facetten dieses Soundsystems zu beschreiben, wird ihm kaum gerecht. Das muss man selbst erleben. Der Elektrobass in Thomas Dolbys „Budapest By Blimp“ zum Beispiel erwacht zum Leben und projiziert exzellente Impulse mit einer fesselnden Dunkelheit. Das System verfügt über ein tadelloses Timing und platziert Instrumente und Stimmen präzise, vorausgesetzt, man sitzt in den vorderen Reihen. Der Tiefgang, den es in den unteren Oktaven erreicht, ist selten und bleibt auch während der Fahrt dank des leisen E-Antriebs bemerkenswert klar. Die Mitten sind transparent, und die Höhen besitzen eine erstaunliche Auflösung – überzeugende Attribute, selbst für eingefleischte Verbrennungsmotor-Anhänger.

Fazit BMW iX mit B&W Diamond Surround Sound

Der iX ist ein Meilenstein für BMW und damit auch für das Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound System. Auch wenn die Abkehr von BMWs traditionell minimalistischem, funktionsorientiertem Armaturenbrettdesign offensichtlich ist und das 4D-Sitzwackeln vielleicht etwas übertrieben ist, sind das Fahrzeug und das Soundsystem im Kern unbestreitbar beeindruckend. Gerade auch der extrem leise Elektroantrieb (manche E-Autos surren beim Rekuperieren wie eine Straßenbahn) des BMW iX gibt dem B&W Diamond Surround System eine Steilvorlage. So machen auch Klassik und Klavier-Jazz Freude beim Fahren. Dabei treten die 30 Lautsprecher des 1.600 Watt starken Sound-Systems visuell bis auf die Hochtöner praktisch nicht in Erscheinung, denn BMW hat sogar die Türlautsprecher mit Stoff verkleidet, statt die üblichen Grills zu verwenden. Kurzum: Ein Surround-Fahrerlebnis für stille Genießer.

BMW entschärft übrigens einen Nachteil des Elektroantriebs – die Ladezeiten. Im Gegensatz zu Tesla, wo die Fahrer während des Ladevorgangs Computer-Spiele zocken können, bietet BMW ein einzigartiges Erlebnis im Auto: einen eigens für den iX komponierten Track, der im Fahrzeug abgemischt und als Mehrkanal-5.1-FLAC-Datei mit begleitenden HD-Videoanimationen präsentiert wird. Dabei kommt nicht nur das Soundsystem, sondern auch das hochauflösende, gebogene Display zur Geltung und das könnte sogar die größten EV-Skeptiker überzeugen.

BMW iX mit B&W Diamond 4D Surround System
2023/11
Test-Ergebnis: 4,6
Überragend
Bewertung
Amlage
Auto
Fahrspass

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Sehr hochauflösend, breitbandig, dynamisch, satter, sauberer Bass
Tolle Konnektivität mit Audio-Streaming via 5G-Verbindung
Extrem niedrige Fahrgeräusche beflügeln die Musikwiedergabe gerade bei anspruchsvoller Musik
Der 4D-Effekt wirkt etwas artifiziell, eher nach Rückenmassage als nach Bass

Vertrieb:
BMW AG
Petuelring 130,
80788 München
www.bmw.de

Preis (Herstellerempfehlung):
BMW iX ab 77.300 Euro, 5.300 Euro Aufpreis für Bowers & Wilkins Diamond Surround System (Serie im iX M60)

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Autor: Stefan Schickedanz

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Schneller testet keiner. Deutschlands einziger HiFi-Redakteur mit Rennfahrer-Genen betreut bei LowBeats den Bereich HiFi im Auto sowie die Themengebiete Mobile- und Smart-Audio.