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Die musikalischen Highlights des Januar 2024: Lizzie No, Trevor Horn (Bild), Marika Hackman, Paul McCartney & Wings

Monatsrückblick: die musikalischen Highlights des Januar 2024

Die LowBeats Rubrik „Album der Woche“ ist schön und tiefschürfend, aber leider nicht ausreichend. Jeden Monat erreichen uns sehr viel mehr spannende Neu-Veröffentlichungen, die es verdient hätten, vorgestellt zu werden. Das machen wir in einer Art Monatsrückblick: Unter der Rubrik „die musikalischen Highlights des Monats“ geben wir eine Übersicht, was aus dem Vormonat musikalisch unbedingt zu beachten ist: Musik, die – über alle Stilrichtungen und Genres hinweg – fabelhaft, virtuos, meisterhaft ist oder einfach unschlagbar charmant klingt.

Die musikalischen Highlights des Januar 2024 waren:

Lizzie No aus New York schreibt wunderbaren Indie-Folk und Americana. Ihr neues Album
„Halfsies“ punktet zudem mit audiophilem Klang.

Trevor Horn, Produzenten-Koriphäe, hat sich Hit-Klassiker vorgeknöpft – mit Promis wie Tori Amos, Seal oder Marc Almond. Das Ganze klingt formidabel und erscheint bei der Deutschen Grammophon.

Marika Hackman aus London zählt zu den talentiertesten aufstrebenden Singer-Songwriterinnen im Independent-Lager – ihr neues Album „Big Sigh“ zeugt von ihrem Können.

Paul McCartney & Wings feiern den 50. Geburtstag ihres Top-Albums „Band On The Run“ – demnächst zudem sogar in Dolby ATMOS per Stream erhältlich.

 

Los geht’s mit Lizzie No aus New York. Das Cover ihres neuen, dritten, Albums führt ein wenig in die Irre – nicht R&B oder Soul erwartet uns auf „Halfsies“, sondern ein astreiner, eher zart besaiteter Ausflug in die Weiten von Folk und Americana.

In jungen Jahren sang die queere Sängerin im Kirchenchor, lernte fleißig Harfe und Gitarre. Und schulte ihre herrlich samtig-energetische Stimme. Wie auf den beiden Vorgänger-Alben inszeniert sie auch auf „Halfsies“ wieder kleine, auch mal nahe gehende Stories. „Manche Alben sind wie Geschichten, andere wie Filme. Dieses Album ist ein Videogame.“ Eines, das schillernd die Bandbreite von Alternative-Rock bis Indie-Folk beleuchtet – mit wunderbaren Melodien und auch Acapella-Passagen wie auf „Sleeping In The Next Room“. Dazu gibt’s Banjo, Streicher, leicht psychedelische Rhythmen mit Country-Appeal („Babylon“). Aber auch harsche E-Gitarren finden ihren Weg selbstbewusst ins Rhythmusgefüge wie in „Lagunita“.

Das New Yorker Streicherensemble Attaca Quartet (Björk, James Blake) lässt seinen seidenweichen Schmelz einfließen, strahlend wie auf „Deadbeat“ ebenso wie Gastsängerin Allison Russell.

Lizzie No Cover
Lizzie No „Halfsies“ erscheint bei Miss Freedomland als CD oder LP sowie als Stream oder Download z.B. bei qobuz.com

Das Klangbild verwöhnt obendrein mit toller Räumlichkeit und Plastizität, feiner Auflösung sowie druckvollem Tieftonkeller. Der vierfache Grammy-Gewinner Patrick „Pat“ Dillett (Steely Dan, David Byrne, Angelique Kidjo) steht im Team mit Drew Carroll und Graham Richman für den Sound.

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Videoclip von Lizzie No: „The Heartbrake Store“

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Trevor Horn, legendäre Produzenten-Koryphäe, hat sich mit seinen 74 Lenzen Hit-Klassiker vorgeknöpft – mit Promis wie Tori Amos, Seal oder Marc Almond. Das Ganze klingt audiophil und erscheint bei der Deutschen Grammophon.

Wer Trevor Horn ist? Nunja, einer, der seit Jahrzehnten im Hintergrund die Fäden, wenn nicht Strippen zieht und dem man nachsagt, er sei „der Mann, der die Achtziger erfand“. Rein musikalisch versteht sich. „Video Killed The Radio Star“ von den Buggles aus dem Jahr 1979 geht auf sein Konto, übrigens angeblich das allererste Video in der Rotation von MTV. Aber da waren und sind noch viele andere: Cher, Genesis, Heaven 17, Jeff Beck, Mike Oldfield, Paul McCartney, Pet Shop Boys, Seal, Spandau Ballet und und und … Sein Markenzeichen war ein schlauer Mix aus Electronica, frühen Sampling-Künsten und gerne tanzbaren Rhythmen. Mit seinem letzten Album „Reimagines The Eighties“ ließ er vor rund fünf Jahren diese 1980er Jahre nochmal sehr persönlich auf- und hochleben.

Trevor Horn Cover
Trevor Horn „Echoes – Ancient & Modern“ erscheint bei Deutsche Grammophon als CD oder LP sowie als Stream oder Download, z.B. auf qobuz.com

Nun inszeniert der Brite Highlights aus unterschiedlichster Notenfeder neu, darunter Songs von The Cars, Depeche Mode, Billy Idol, Joe Jackson, Nirvana oder Yes. Er selbst intoniert dabei den Roxy-Music-Klassiker „Avalon“. Äußerst gelungen schimmert „Swimming Pools (Drank)“, famos interpretiert von Tori Amos am Flügel. Aber auch Seal, Rick Astley oder Marc Almond setzen Lichtpunkte – in einem gediegenen, beinahe audiophilen Klangbild.

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Videoclip: Track by Track; hier „Swimming Pools (Drank)“ mit Tori Amos

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Marika Hackman aus London zählt zu den talentiertesten aufstrebenden Singer-Songwriterinnen im Independent-Lager – ihr neues Album „Big Sigh“ zeugt von ihrem Können. Und das beinahe durchgängig. Kein Wunder, denn die zehn Songs auf Album Nummer Vier produzierte die Londonerin im Team mit Sam Petts Davies (Radiohead, Red Hot Chili Peppers) und Charlie Andrew (Wolf Alice, London Grammar).
Man mag mancher ihre Songs überfragil oder zu arg fein gesponnen betrachten.

Marika Hackman Cover
Marika Hackman „Big Sigh“ erscheint bei Chrysalis sowie als Stream oder Download, z.B. auf qobuz.de

Beim mehrmaligen Hinhören eröffnen sich aber gerade durch diese Finesse Türen zu tieferen Soundschichten.
„Please Be So Kind“ eröffnet so im folkigen Slow-Motion-Stil, bevor sich der Song rhythmisch erhebt. „Vitamins“ erfrischt wiederum mit Sprechgesang auf den Spuren von Elektronik-Ikone Laurie Anderson, „The Lonely House“ kommt als gediegene Klaviernummer daher, fast wie ein Stück von Debussy. Und „Blood“ leuchtet spacig-psychedelisch, während der Titeltrack als geradliniger Alternative-Rock durchs Zimmer fegt.
Wer sich einlässt, wird belohnt, zumal auch das Klangbild überzeugt.

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Paul McCartney & Wings feiern den 50. Geburtstag ihres Top-Albums „Band On The Run“ – demnächst soll dies sogar in Dolby ATMOS per Stream erhältlich sein.

„Underdubbed Mixes“ verspricht die zweite Scheibe im CD-/ respektive LP-Doppel-Whopper zum Jubiläum eines der besten Wings-Alben, Paul McCartneys Post-Beatles-Bandprojekt. Aber was heißt das? Nun, Paul ließ die Overdubs weg, zumal die eigentlich prägenden Orchestereinspielungen für das Original-Album. Eine nette Idee, zumal für Fans. „So hat man ‚Band on the Run‘ noch nie zuvor gehört“, meint Paul und erklärt aufklärerisch weiter: „Wenn man einen Song aufnimmt und dann noch zusätzliche Parts über die Aufnahme legt, also zum Beispiel eine zusätzliche Gitarrenspur, dann spricht man von Overdubs. Nun, bei dieser Version des Albums passiert genau das Gegenteil – es ist underdubbed.“ Aha.

Im Detail soll es sich um unveröffentlichte Rough Mixes vom 14. Oktober 1973 handeln, damals abgemischt in den Londoner Air-Studios von Geoff Emerick und seinem Assistenten Pete Swettenham. Obwohl das Album selbst unter erdenklich schwierigen Umständen im afrikanischen Lagos eingespielt wurde – und zwar nicht wie geplant mit Lead-Gitarrist Henry McCullough und Drummer Denny Seiwell: Die beiden strichen kurz vorher die Segel. Man munkelt, dass es sich eventuell um die Gage gehandelt haben könnte.

Es blieb ein Rumpftrio aus Paul, seiner Frau Linda und Multiinstrumentalist Denny Laine. Die Legende geht zudem, dass nach zwei Monaten Aufnahmezeit die heilige Cassette mit den Demo-Songs bei einem Straßenraub abhandenkam. Ein Neustart war angesagt, dank Pauls fittem Gedächtnis, fanden schließlich die Songs ihren (Um)weg aufs Album.

Wings Cover
Paul McCartney & Wings: Band On The Run als 50th Anniversary Edition erscheint bei Capitol/ Universal Doppel-CD oder 1-/2-LP (Halfspeed)

Letztendlich glänzt hier eine Handvoll goldener Pop-Sahne-Konfektion, wie das Titelstück, aber auch „Jet“, „Bluebird“ oder „Helen Wheels“. Für Immersive-Fans bedienten übrigens Giles Martin und Steve Orchard für die Jubiläumsausgabe die Dolby-Atmos-Regler – ihre Version soll demnächst als Stream erscheinen.

Die „Underdubbed Mixes“ bestechen durch ihre positive Reduziertheit, allerdings vermisst man bei einigen Songs die Pracht und das Mitreißende der Orchester-Overdubs. Aber die finden sich ja auf Scheibe Nummer eins der Geburtstags-Edition.

 

Paul McCartney & Wings:
„Band On The Run als 50th Anniversary Edition“
2024/02
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

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Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.