Mit dem überzeugenden Musikserver Rhein Z1 hat der noch recht junge chinesische Digitalspezialist Silent Angel sich hierzulande bereits einen Namen gemacht. Nun wird das Sortiment um weitere Netzwerk-Switches und vor allem um eine spannende Streamer-Lösung erweitert: den Silent Angel Munich M1.LowBeats hat die kleine Blackbox ausführlich getestet. Und das Ergebnis überrascht.
Bei einem Blick auf den sehr schlicht designten schwarzen Kasten stellen sich zunächst folgende Fragen: Was ist das und wer braucht das? Tatsächlich sollte hier erst mal die Zielgruppe grob eingegrenzt werden, denn Streamer gibt es heute schließlich wie Sand am Meer. Warum also solch eine Maschine von einem noch relativ jungen und unbekannten Unternehmen aus China kaufen?
Eine Blackbox namens Silent Angel Munich M1
Bei dem Silent Angel Munich M1 (dessen Namensgebung wie bei den anderen Komponenten des Herstellers auf die Studienzeit des Gründers in Deutschland zurückzuführen ist) handelt es sich um eine Streaming-Lösung mit integriertem DAC sowie Vor- und Kopfhörerverstärker. Die Einsatzmöglichkeiten des M1 sind daher vielfältig: Als Streaming-Erweiterung für Aktivboxen mit digitalen oder analogen Anschlüssen, als kompakter Streaming-Kopfhörerverstärke, zur Aufrüstung vorhandener Anlagen oder als Roon Endpoint in einem Nebenraum. Oder als Startpunkt für eine komplette digitale Streaming-Kette, bestehend aus Komponenten von Silent Angel, wobei dafür noch eine passende Endstufe fehlt.
Anschlussseitig stehen AES/EBU, S/PDIF Koaxial, I²S und USB-Audio als Digitalausgang, sowie Stereo Cinch und ein 6,35 mm Kopfhöreranschluss als analoge Ausgangsoption zur Verfügung. Für den Anschluss externer Speichermedien sind mehrere USB-Ports vorhanden. Mit dem Netzwerk tritt der Munich M1 aus qualitativen Gründen ausschließlich via Ethernet in Kontakt; WLAN und Bluetooth sind hier absichtlich nicht an Bord.
Der M1 besitzt – wie an den Analogausgängen leicht zu erkennen – einen integrierten DAC, der für Samplingraten bis 768kHz PCM bzw. DSD bis 11,2MHz gut ist. Wer bereits einen hochwertigen DAC oder beispielsweise einen Verstärker mit Digitaleingang besitzt, kann den Munich in Kürze in der Version M1T als reinen Transport ohne DAC und analoge Ausgänge wählen.
Und dann sind da noch die geheimnisvollen Buchsen mit der Bezeichnung „M-IO“ und „M-LINK“ auf der Rückseite zu finden. Die sind für zukünftige Erweiterungen vorgesehen. M-IO für Sensoren, M-LINK z. B. für einen externen Touchscreen. Silent Angel hat offenbar noch viele Pläne zum Ausbau seines Systems…
Für die Stromversorgung kommt ein externes Netzteil zum Einsatz. Steigerungsmöglichkeiten bietet Silent Angel in dieser Hinsicht mit dem Linearnetzteil Forester F1 für 469 Euro an, das über zwei Ausgänge mit je 5V/2A verfügt und so gleichzeitig den M1 und beispielsweise den Switch Bonn N8 speisen kann.
Dazu gehört auch eine weitere Modellvariante namens Bremen B1. Das wird ein Streamer im selben Gewand, aber mit etwas abgespeckter Audiotechnik, dafür mit WLAN und Bluetooth zu einem entsprechend günstigeren Preis (ohne DAC 449, mit DAC 549 Euro.) Siehe dazu die Tabelle weiter unten.
Streaming kann jeder – das WIE entscheidet
Der Hersteller betont, nicht einfach fertige Streaming-Lösungen von der Stange zugekauft zu haben, sondern an vielen Stellen im M1 eigene und klanglich besonders hochwertige Lösungen zu bieten. Tatsächlich gibt es am M1 schon rein äußerliche Hinweise, wie etwa den I²S-Anschluss, der sonst nur in einigen wesentlich teureren Geräten zu finden ist.
Das Innere des M1 gibt nach kurzem Schraubenzieher-Einsatz nicht allzu viele Geheimnisse preis, wenn man den M1 nicht bis auf die letzte Schraube zerlegen will. Denn die Baugruppen sind in einer eng gepackten, mehrstöckigen Konstruktion untergebracht. Auffällig ist jedoch beim Blick unter die oberste Platine der große und extra passend für den Prozessor (ein 4-Kern ARM Cortex A72) angefertigte Kühlkörper. So einen Aufwand im Detail findet man selten in dieser Preisklasse.
Ebenfalls ungewöhnlich: Der M1 ist wahlweise mit 2 GB (999 Euro), 4 GB (1.199 Euro) oder 8 GB (1.299 Euro) Hauptspeicher erhältlich. Insbesondere Nutzer, die eigene große Musiksammlungen auf NAS oder Festplatte besitzen, sollten sich eher für die größeren Speicheroptionen entscheiden, weil das der Performance zugutekommt. Wer hauptsächlich Streamingdienste nutzt oder einen Roon Server betreibt, kommt auch mit der kleinsten Speichervariante gut aus.
Die gesamte Hardware ist auf möglichst geringes Signalrauschen ausgelegt. Mindestens ebenso wichtig wie die Hardwaremaßnahmen ist aber das zugehörige Betriebssystem und die App namens VitOs Orbiter. Und die Art und Weise, wie der M1 mit verschiedenen Übertragungsprotokollen umgeht.
Da Silent Angel selbst ein Tochterunternehmen des Netzwerkspezialisten Thunder Data ist, wissen die Macher sehr genau, dass Daten eben nicht einfach unveränderliche und „perfekte“ reihen von Nullen und Einsen sind, sondern als ganz normale analoge Spannungswechsel durch die Leitungen jagen und damit zahlreichen physikalischen Einflüssen ausgesetzt sind, die am Ende der „digitalen“ Leitung – nämlich beim DAC – zu allen möglichen Abweichungen vom Original führen können. Viele der Erkenntnisse aus dem Bau hochwertiger Netzwerkkomponenten flossen daher auch in die Entwicklung des Munich M1.
Trotzdem, in einem Vakuum existiert der Silent Angel Munich M1 heute keineswegs mehr. Aber er sortiert sich preislich in einem Bereich ein, der bislang noch nicht sehr dicht besiedelt ist. Hier nur ein kleiner Vergleich mit einigen Streamern unterschiedlicher Preisklassen, sowie dem noch nicht lieferbarem Silent Angel Bremen B1:
Der Silent Angel Munich M1 im Vergleich
NuPrime WR-1 | iFi Stream + Zen DAC | Silent Angel Bremen B1 | Silent Angel Munich M1 | Waversa Wmini HPA II | Naim UNITI Atom HE | |
€-Preis (UVP) | 399 | ca. 560 | 449 – 549 | 1.000 – 1.300** | 1.950 | 2.900 |
PCM-Decoding | 24bit/192KHz | 32bit/384kHz | 24bit/192KHz | 32bit/768KHz | 32bit/384kHz | 32-bit/384 kHz |
Kopfhörer Out | 1x 6,35 mm | 1x 6,35, 1x sym | 1x 6,35 mm | 1x 6,35 mm | 2 unsym., 2 sym. | 2 unsym., 2 sym. |
Netzwerk/Wireless | LAN/WLAN/BT | LAN/WLAN | LAN/WLAN/BT | LAN | LAN | LAN/WLAN/BT |
Digital-IN | Toslink | nein | nein | nein | Coax/Toslink | 2x Tos, 1x Coax |
Digitalausgänge | Coax/microUSB | Coax/USB | Coax/I²S/AES-EBU | Coax/USB/I²S/AES-EBU | nein | nein |
Input USB-Drive | 1 | 1 | – | 3 | 1 | 1 |
Analogeingänge | Cinch | nein | nein | nein | nein | Cinch |
Analogausgänge | Cinch | Cinch/Pentaconn | Cinch | Cinch | Cinch/XLR | Cinch/XLR |
Steuerung | App, Remote, Front | App, Remote, Front, Roon | App, Roon | App, Roon | App, Remote, Front, Roon | App, Remote, Front, Roon |
Display | OLED (mini) | nein | nein | nein | LED | Grafik-LCD |
Roon Ready | nein | ja | ja | ja | ja | ja |
UPnP/AirPlay/ Chromecast | • / • / – | • / • / •* | • / – / – | • / • / – | • / • / – | • / • / • |
MQA | nein | ja | nein | geplant | ja | ja |
*geplant
** abhängig von der DRAM-Ausstattung
Erläuterungen zur Tabelle:
Bei allen genannten Geräten handelt es sich um Streaming-Player mit eingebautem DAC, die zugleich als Kopfhörerverstärker und Vorstufe (mit Lautstärkeregelung) fungieren können. Endstufen zum Anschluss an Passivlautsprecher sind nicht eingebaut. Diese Gerätespezies ist sich in ihren Grundfunktionen über alle Preisklassen hinweg sehr ähnlich, unterscheidet sich im Detail aber doch sehr deutlich.
Die Tabelle zeigt einige der Unterscheidungsmerkmale, aber längst nicht alle. So ist beispielsweise die Prozessor- und Speicherausstattung oft ein sehr preisrelevantes Kriterium, ebenso wie die Qualität der Bauteile und des Gehäuses. Daher gibt es fast nirgendwo die Möglichkeit für einen exakten 1:1-Vergleich. Und die Kernaussage ist: Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe.
Der interessierte Kunde hat die Qual der Wahl und muss aus dem schnell wachsenden Angebot den richtigen Kompromiss aus Preis/Klang und Ausstattung für den eigenen Anspruch und Bedarf finden. Der Silent Angel Munich M1 reiht sich unter den zuletzt bei LowBeats getesteten Streamer/DAC/KHVs preislich im Mittelfeld ein.
Praxis
Der deutsche Silent Angel Vertrieb, die IAD GmbH in Korschenbroich (audiolust.de), hat mir mit dem M1 ausreichend Zeit zum Kennenlernen gelassen. Das war auch sehr hilfreich, denn so konnte ich beobachten, wie schnell und akribisch der Hersteller den Funktionsumfang mit Firmware-Updates, App-Verbesserungen und neuen Streaming-Anbietern vorantreibt.
Nun könnte man einwenden, dass ein HiFi-Gerät eigentlich komplett ausentwickelt sein sollte, sobald es im Handel zum Verkauf steht. Doch mit komplexen digitalen und App-gesteuerten Komponenten gibt es so etwas wie einen endgültigen „Fertig-Status“ eigentlich nicht mehr. Für Computer oder Smartphones bekommen wir ja auch ständig Updates, die (meistens) für eine stetige Verbesserung der umfangreichen Funktionen sorgen.
Mittlerweile bietet der M1 volle Unterstützung für Spotify Connect, Qobuz, Tidal, Highresaudio; Amazon Music ist derzeit im Beta-Stadium dabei. Außerdem gibt es Zugriff auf zahllose Internet-Radiostationen, sortiert nach Genres. AirPlay 2 und DLNA werden ebenso unterstützt und das Gerät ist vollständig Roon Ready zertifiziert. Lokal ermöglicht der M1 Zugriff auf Netzwerkspeicher und USB-Festplatten.
Die Bedienung über die App ist weitgehend selbsterklärend und schnell erlernt. Noch komfortabler geht es mit Roon. Der Orbiter-App muss ich aber ein großes Lob aussprechen. Für eine so junge Anwendung ist sie erstaunlich ausgereift und vor allem einfach zu beherrschen. Nur eine Sache gibt es, die ich mir etwas komfortabler wünschen würde:
Der M1 hat sozusagen zwei Betriebsmodi. Einen mit aktivem internen DAC für den Kopfhöreranschluss und Cinch-Analogausgang, sowie einen Modus, bei dem nur die digitalen Ausgänge aktiv sind. Will man häufiger zwischen beispielsweise Kopfhörerbetrieb und Nutzung an einem externen DAC wechseln, gestaltet sich das ein klein wenig umständlich, weil dazu erst mal in den Menüs die Seite „Audiogeräte verwalten“ in der App aufgerufen und dort manuell zwischen lokalem Gerät und externem DAC umgeschaltet werden muss. Keine große Sache, aber ich denke, das ließe sich etwas direkter gestalten.
Hörtest M1: einer der besten seiner Klasse
Bei digitalen Wiedergabegeräten sind es gerade die kleinen, feinen Dinge in der Konstruktion, die einen merklichen Klangvorteil bewirken können. Der Silent Angel Munich M1 ist ein gutes Beispiel dafür. Solche Dinge, wie die Abschaltung des internen DACs bei Nutzung der Digitalausgänge, sorgfältig bereinigte USB- und Netzwerkverbindungen und weitere Maßnahmen zur Erhaltung der Signalintegrität zahlen sich aus und machen dem nachgeschalteten D/A-Wandler das Leben so einfacher.
Ich habe den M1 unter anderen im direkten Vergleich mit den oben in der Tabelle erwähnten Waversa Wmini HPA2 und iFi Stream gehört. Außerdem wurde natürlich seinem Kopfhörerausgang ausführlich auf den Zahn gefühlt.
Um es kurz zu machen: Der Munich M1 erweist sich als ausgesprochen musikalische Streaming-Maschine. Natürlich ist hier nicht von größeren tonalen Unterschieden die Rede, wie zwischen analogen Verstärkerkonzepten oder gar Lautsprechern oft festzustellen. Die Kunst bei Digitalkomponenten besteht darin, eine möglichst perfekte „Leinwand“ für die Musik zu bieten, auf der sich jedes noch so kleine Detail klar und Scharf abbildet und der Klang niemals „körnig“ oder spitz und aufdringlich wirkt.
Neben Streamern wie dem M1 haben auch die vorgeschalteten Netzwerkkomponenten beziehungsweise Übertragungswege daran ihren Anteil, ebenso wie die Stromversorgung. Genau das sind die Bereiche, mit denen sich Silent Angel mit seinen Produkten intensiv auseinandersetzt. Der M1 ist in dieser Hinsicht wirklich überzeugend.
Erst im direkten Vergleich mit dem etwa doppelt so teuren Waversa kam es bei meinen Klangtests zu einer Pattsituation. Während der Wmini HPA2 stets einen minimal wärmeren und sanfteren Charakter aufwies, blieb der Silent Angel M1 neutraler und bot eine noch etwas „schwärzere“ Leinwand, was für minimal bessere Unterscheidbarkeit feinster Details sorgte. Das war aber ein Duell auf Augenhöhe und so nahe beieinander, dass es mir selbst aus rein geschmacklicher Sicht schwerfällt, einen eindeutigen Sieger zu küren. Der ergibt sich hier nur aus dem Preis: Der Munich M1 ist schließlich deutlich günstiger.
Fazit – Eine Black-Box zum verlieben
Die Luft für Streaming-DACs höherer Preisklassen wird langsam dünner. Der Silent Angel Munich M1 bietet ein so klares und reines Klangbild, wie es noch vor wenigen Jahren höchstens einige High-End-Spezialisten zum mehrfachen Preis schafften.
Dank der Unterstützung für die wichtigsten HiRes-Musikstreaming-Anbieter und einer schnell erlernbaren App-Bedienung – plus Roon Ready Status – macht der M1 sowohl für Kopfhörergenuss als auch zur Ergänzung bestehender HiFi-Systeme eine richtig gute Figur. Die Schlichtheit seines Designs wird sicherlich nicht jeden begeistern, aber Unauffälligkeit hat auch ihren Reiz.
Der Preis stimmt. Für rund 1.000 bis 1.300 Euro (je nach Speicherausstattung) ist das Gesamterlebnis im Umfeld der Konkurrenz als sehr günstig einzustufen. Aufrüstmöglichkeiten, wie mit dem optionalen Netzteil Forrester F1, steigern das Vergnügen noch.
Spitzenklang, flexible Einsatz- und Anschlussmöglichkeiten, eine gelungene Softwareplattform und Erweiterbarkeit zu fairem Preis. Was will man mehr?
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Offen-neutrales, sehr klares Klangbild |
| einfache Einrichtung und Bedienung |
| Unterstützung der wichtigsten Streamingdienste |
| Keine Bedienelemente am Gerät |
Vertrieb:
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str.11
41352 Korschenbroich
Tel. 02161-61783-0
[email protected]
audiolust.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Silent Angel Munich M1: 999 – 1.299 Euro
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