Manchmal gehen Wünsche überraschend schnell in Erfüllung. Auf der HIGH END 2019 wurde die TAD Evolution One TX europaweit erstmals vorgestellt und hinterließ bleibenden Eindruck. Auch bei mir. Und ich fragte nach, ob es denn vorstellbar wäre, dass LowBeats dieses Messe-Highlight zeitnah testen könne. Die Antwort: kein Problem. Und so feiert die Evolution One TX auf den nachfolgenden Seiten ihre europäische Test-Premiere – und ich habe die Ehre, sie vorzustellen.

Obwohl die Spezialisten von TAD Labs seit nunmehr vier Jahrzehnten hochwertige Lautsprecher für Tonstudio-Profis und anspruchsvolle HiFi-Anwender herstellen, zählen diese hierzulande noch immer zu den Ausnahmeerscheinungen. Abermals stiller wurde es um TAD Labs, als der Mutterkonzern Pioneer seine Consumer-Electronics-Sparte abstieß, um sich aufs Automotive-Geschäft zu konzentrierten. Zwar verblieb TAD Labs als 100prozentige Tochter bei Pioneer, verlor durch die Umstrukturierung jedoch die bisherigen Vertriebs- und Handelspartner in Europa und USA.
Seit 2015 operiert TAD Labs zentral von Japan aus, Importeure und Distributoren betreuen die lokalen Märkte. Als für Europa zuständiger Marketing Direktor kümmert sich nunmehr ein wahrer “HiFi-Pionier” um TAD Labs: Jürgen Timm, bislang PR- & Product Manager bei Pioneer & Onkyo Europe.
TAD Evolution One TX – Basics
Gerade mal sechs Lautsprecher in zwei Familien umfasst das aktuelle Produktportfolio von TAD Labs – neben einem Programm an exklusiven Elektronik-Komponenten. Bei der hier vorgestellten Evolution One TX handelt es sich dabei um das aktuellste Modell. Als erster Standlautsprecher der Evolution-Familie schließt sie geschickt eine bislang bestehende Lücke. Mit einer Höhe von über 120 Zentimetern und einem Gewicht von 46 Kilogramm gehört die TAD E1TX ohne Frage zur Liga ausgewachsener Standlautsprecher. Optisch allerdings vermittelt ihre relativ schmale, um drei Grad nach hinten geneigte Schallwand erstaunliche Leichtigkeit. Im Zusammenspiel mit ihrer gediegenen, liebevollen Verarbeitung wird die TAD Evolution One TX damit auch in optisch anspruchsvoller Wohnumgebung zum Blickfang. Schwarzes Hochglanz-Finish sollte dabei allerdings erlaubt sein: Aktuell ist die TAD Evo 1TX nur in dieser Gehäuseausführung erhältlich.
Auch in Sachen Technik setzt die schicke TAD auf Understatement. So offenbart der oberflächliche Blick durch die Spezifikationen zunächst nichts Spektakuläres. Für die Bass- und Grundtonwiedergabe sind zwei 16-Zentimeter-Tieftöner zuständig, die rückseitig auf ein Bassreflex-abgestimmtes Gehäusevolumen arbeiten. Die Wiedergabe im Mittel- und Hochtonbereich oberhalb von 420Hz übernimmt hingegen ein 90 Millimeter durchmessendes Zweiwege-Koaxial-Chassis. Als Übernahmefrequenz für den zentrischen, einzölligen Kalottenhochtöner gibt TAD 2500 Hertz an.
TAD Evolution One TX: kompromisslose Chassis-Technik
Fast könnte man meinen, Understatement-Optik und unspektakulär anmutende Technik seien elementarer Bestandteil im Konzept der TAD E1TX – ganz so, als solle nichts “Nebensächliches” vom eigentlichen Musikgenuss ablenken. Nicht ohne Grund, zeigt doch die Evo 1 TX bei näherer Betrachtung reichlich konstruktive Intelligenz, die bei technisch interessierten Musikliebhabern berechtigte Ehrfurcht auslöst.
Um den Umfang des Tests nicht zu sprengen, gehe ich hier stellvertretend auf zwei besonders spannende Technik-Details ein. Da wäre zunächst das Zweiwege-Koaxial-Chassis, im TAD-Jargon “Coherent Source Transducer” (CST) genannt. Hier darf man durchaus von einem feinmechanischen Meisterwerk sprechen, verfügen doch beide Systeme über komplett autarke Antriebe mit jeweils eigenen Magneten. Exklusiv auch die Membranmaterialien: Während der 90-Millimeter-Mitteltöner hierbei auf Magnesium setzt, verwendet der Tweeter eine ultraleichte und formstabile 25-Millimeter-Kalotte aus Beryllium.
Eine außergewöhnliche Entwicklungsleistung stellt zudem die ausgeklügelte Formgebung der Membranen beider Systeme dar. Nicht nur, dass der CST nach oben hin spielend die 60kHz-Marke erreicht: Noch viel wichtiger ist, dass sein Abstrahlverhalten über einen großen Winkelbereich hinweg vorbildlich gleichmäßig verläuft.
TAD Evolution One TX: Tief durchatmen
Ein weiteres TAD-Special hört auf den Namen “Bi Directional Aerodynamic Slot” (ADS). Gemeint ist damit eine spezielle Ausgestaltung der Bassreflex-Öffnungen, von denen die TAD Evolution One TX gleich zwei besitzt. Die Überlegung hinter ADS: Herkömmliche Bassreflex-Austritte produzieren bei höheren Schalldruckpegeln hörbare Ventilationsgeräusche. Ursache hierfür: Die Strömungsgeschwindigkeit der Luftteilchen im Zentrum des Reflexkanals ist deutlich höher als an den Tunnelwänden, was zu erheblichen Turbulenzen Führt.
Bi directional ADS sorgt zunächst mal für eine bessere akustische Ankopplung der Luftvolumen der Bassreflex-Kanäle an die Außenwelt. Hierfür sind die auf beiden Boxenseiten angeordnete Austritte hornförmig ausgeführt, was ihre akustische “Angriffsfläche” (Strahlungswiderstand) vergrößert. Zudem zeigen sich die nach außen weisenden Mundöffnungen mit flachen Kanälen versehen, die in Zusammenarbeit mit metallenen Abdeckplatten für einen flächigen (laminaren) und damit wirbelfreien Luftaustritt sorgen (siehe hierzu auch den Test zum Subwoofer Genelec 7380A). Durch die symmetrische Anordnung aller Kanäle und Austrittsöffnungen kompensieren sich zudem die Kraftwirkungen auf das Lautsprechergehäuse.
TAD Evolution One TX: Hörtest
Der Hörtest mit der TAD Evolution One TX zählt unbedingt zu den Stern-, allerdings auch zu den “Lehrstunden” meiner Laufbahn als HiFi-Redakteur. Zunächst mal aus emotionalem Blickwinkel geschildert: Schon wenige Takte vom Titelstück aus meinem Album des Jahres 2019 genügten, um mich schlichtweg sprachlos zu machen: „To Believe“ von Cinematic Orchestra erklang mit geradezu majestätischer Wucht und bislang nicht gehörter, innerer Dramatik, so dass ich nach dem gleichnamigen Titeltrack erstmal eine Espresso-Pause machen musste.
Dieser Moment hatte durchaus etwas Feierliches – wie etwa die „Gedenkminute“ in der Tonregie eines großen Studios. Musiker, Produzent und Toningenieur haben sich versammelt und hören sich gemeinsam die hinter ihnen liegende, final gemasterte Produktion an. „Great – That’s it!“ bringt es jemand auf den Punkt.
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Professionell betrachtet, gelang es der Evo One TX, meine auf langjährigen Erfahrungen beruhenden Manifestationen allesamt deutlich zu relativieren. Die lauten: 1. Musikinstrumente sind Musikinstrumente – Lautsprecher sind Lautsprecher. 2. Koax-Strahler haben in der Regel ein eher zentriertes Klangbild zur Folge. 3. Impulstreuer Bass ist keine Paradedisziplin von Bassreflex-Lautsprechern. 4. Ein gemeinsames Merkmal allerbester Lautsprecher sind breite Schallwände. 5. Die werkgetreue Wiedergabe von Musik, wie sie im Tonstudio erdacht und produziert wurde, ist unter wohnraumakustischen Verhältnissen nur bedingt möglich.
Zu jeder dieser sicher nicht allzuweit hergeholten “Thesen” ließe sich einiges schreiben. Das jedoch möchte ich Ihnen und mir an dieser Stelle ersparen. Auf das entsprechende Hörerlebnis zurückgeführt, lesen sich die neuen Erfahrungen zu These 5 so: Bislang habe ich noch nicht erlebt, dass es ein Lautsprecher bei immerhin 3,4 Metern Hörabstand schafft, mich so intensiv an die Musik heranzuführen. Der Evolution One TX gelingt eine atemberaubende Verquickung aus Studio-Monitor typischer Unmittelbarkeit und phänomenaler Auflösung mit der im HiFi-Bereich gewünschten Weiträumigkeit und Luftigkeit. Solch eine Abstimmung erfordert eine perfekte Balance von Direkt- und Diffusschall: Wie der Lautsprecher in den Raum hineinruft, so schallt der wieder heraus.

Zu These 2: Von der Tieftonwiedergabe vieler Bassreflexboxen bin ich nicht besonders angetan – speziell dann nicht, wenn ihr oftmals lausiges Impulsverhalten etwaige Raumresonanzen besonders kräftig anregt. Ganz anders dagegen die TAD: Wenn es im obigen Track “To Believe” ab etwa 02:10 min so richtig wohlig in die tiefen Lagen geht, meint man glatt, hier spielt ein Lautsprecher mit geschlossenem Gehäuse. Die vollreife, aber dennoch ungemein konturierte Basswiedergabe bestätigt denn auch der nachfolgende Titel “Caged Bird/Imitations Of Life” absolut eindrucksvoll: Die treibende, tiefe Basstrommel kommt knackig-prall und schwingt dabei ohne Dröhnen und mit leicht fallendem Pitch nach unten aus. Genau so muss das klingen!
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Natürlich wünscht man sich von einem Top-Lautsprecher nicht nur objektiv messbare Qualtäten. Wozu all das, wenn die Musik nicht “unter die Haut” geht? Doch auch in diesen subjektiven Kriterien habe ich bislang kaum Vergleichbares zur TAD E1TX hören können. Tracks wie etwa das folgende “Wait For Now/Leave The World” reproduzierte sie mit einer derartigen Intensität und Hingabe, dass ich These 1 zumindest diesmal revidieren muss: Die TAD Evolution One TX sind nicht nur Lausprecher, sondern tatsächlich Musikinstrumente – passend zu einem weiteren Titel auf diesem großartigen Album: “The Workers Of Art”.
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Noch einige Worte zum praktischen Umgang: Mit einem Schalldruckpegel von 85dB/1W/1m zählt die TAD E1TX nicht zu den Wirkungsgrad-Wundern. Mit ihrer ruhig verlaufenden Impedanz bei erstaunlich geringem, elektrischem Phasengang macht sie es dem vorgespannten Verstärker jedoch nicht allzu schwer. Im Hörtest zeigte sich der kompakte Neukomm CPA155S als der perfekte Spielpartner: Er klang nicht nur überragend, sondern konnte die E1TX durchaus auch zu Party-verdächtigen Lautstärkepegeln anschieben.
Fazit Evolution One TX: High End professionell
Die TAD Evolution One TX vereint das Beste aus zwei Welten: Sie kombiniert die typisch live-haftige Klangsignatur hochwertiger Studiomonitore mit einem weiträumigen, enorm detailreichen Klangbild, welches die allerbesten HiFi-Lautsprecher auszeichnet. Damit schafft sie ein Musikerlebnis, das an Überzeugungskraft und Authentizität so schnell nicht zu überbieten sein dürfte.
Direkt gekoppelt an die Klangvorstellungen seiner Entwickler, bietet selbst der allerbeste Lautsprecher immer nur eine Interpretation der jeweiligen Aufnahme. Die TAD Evolution One TX orientiert sich dabei an Klangumgebungen, unter denen musikalische Werke entstehen – nämlich im Tonstudio. Das subjektive Gefühl, beim Hören mit der TAD Evolution One TX der musikalischen Wahrheit ein gehöriges Stückchen näherzukommen, kann damit durchaus der Realität entsprechen.
Wer bereit ist, 25.000 Euro in ein Paar Lautsprecher zu investieren, sollte sich die TAD Evolution One TX daher unbedingt anhören – da lohnt selbst der weiteste Weg. Für mich jedenfalls ist sie unter den passiven Lautsprechern der “Geheimtipp” schlechthin. Und weil sie auch im Handel noch echt rar ist, hier die derzeit aktuelle Händlerliste nach PLZ:
Händler | Adresse | Telefon | Website | ||
Max Schlundt Kultur Technik | 10623 Berlin | +49 30 31515340 | www.maxschlundt.de/ | [email protected] | |
Fidelity | 25462 Rellingen | +49 40 25 77 669-0 | www.fidelity-hh.de/ | [email protected] | |
AudioFeel | 46446 Emmerich am Rhein | +49 1523 6357558 | www.audiofeel.eu | [email protected] | |
HiFi Galerie | 66111 Saarbrücken | +49 681 64030 | www.hifigalerie.de | [email protected] | |
3. Dimension | 80339 München | +49 89 54034323 | www.zurdrittendimension.de | [email protected] |
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Hinreißend musikalische Spielweise |
| Konturenscharfe Abbildung bei plastischer Räumlichkeit |
| Lebendiges, fein artikuliertes Klangbild |
| Superbe Verarbeitung |
Vertrieb:
TAD Labs Europe
D&D Distribution, M. Duda
Sprodentalstr. 94
47799 Krefeld
TeL: +49 2151 932 618
mobil: +49 177 7 68 66 68
tad.tokyo
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
TAD Evolution One TX: 25.000 Euro