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PSI Audio AVAA C20 Front
Aktive Bassfalle PSI Audio AVAA C20; Stückpreis 2.350 Euro (Foto: J. Schröder)

Test aktive Bassfalle PSI Audio AVAA C20 – adieu Dröhnbass

Es gibt Dinge, die hätte man liebend gern selbst „erfunden“. So jedenfalls erging es mir beim ersten Kontakt mit den aktiven Tiefton-Absorbern PSI Audio AVAA C20, denen der nachfolgende Test gewidmet ist. Mehr noch: Meiner Ansicht nach handelt es sich bei ihnen um ein Produkt, das man definitiv zu den wenigen, echten Innovationen der vergangenen Jahre im Audio-Bereich zählen kann.

Wie die offizielle Bezeichnung „Bass Trap“ bereits erkennen lässt, dienen die AVAA C20 vom Schweizer Pro-Audio-Spezialisten PSI Audio zur Optimierung der Raumakustik. Als einer der wichtigsten Problembereiche sind hier vor allem tieffrequente Raumresonanzen (Fachbegriff: Raumeigenmoden) zu nennen. Diese können den Klang in den tiefen Lagen erheblich verschlechtern. Abhängig von der Hörplatz- und Lautsprecherpositionierung können Raumeigenmoden sowohl drastische Pegel-Überhöhungen als auch –Senken bewirken. Die Folgen: je nach Raumposition entweder wummernder oder ausgedünnter Klang.

PSI Audio AVAA C20
Das Gehäuseprofil der AVAA C20 eignet sich bestens für eine platzsparende Aufstellung in Raumecken. Sie sind auch im weißen Gehäuse erhältlich (Foto: J. Schröder)

Abhilfe schafft hier lediglich gezieltes „Vernichten“ von überschüssiger, akustischer Energie in den betroffenen Frequenzspektren. Genau für diese Aufgabe wurden die AVAA C20 entwickelt. Das Spannende dabei: Obwohl sie eine Steckdose – also Energie – benötigen, verhalten sie sich wie passive Schallabsorber. Entsprechend einfach ist ihre Bedienung: Aufstellen (an den richtigen Standorten wohlgemerkt) und Einschalten – fertig. Im Gegensatz zu anderen Systemen zur aktiven Raummodenunterdrückung – beispielsweise das von Nubert bereits vor vielen Jahren vorgeschlagene Double Bass Array (DBA) – müssen die PSI Audio AVAA C20 also nicht mit dem Musiksignal der Wiedergabe-Anlage gespeist werden.

Technik PSI Audio AVAA C20: Auf die Schnelle

Die Beschreibung der raffinierten Wirkungsweise der AVAA C20 bedingt einen kurzen Ausflug in die Physik. Im elektrischen Stromkreis wird der Energietransfer durch die beiden Größen Spannung und Strom beschrieben. Analog hierzu unterscheidet man beim akustischen Energietransfer die beiden Größen Schalldruck und Schallschnelle. Der Schalldruck entspricht dabei der elektrischen Spannung, während die Schallschnelle das akustische Pendant zum elektrischen Strom darstellt. Der Schalldruck beschreibt dabei die Kraftwirkung pro Flächeneinheit, die Schallschnelle hingegen kennzeichnet die Auslenkungsgeschwindigkeit der Luftmoleküle um ihre Ruhelage.

Was passiert nun, wenn eine Schallwelle auf eine Wand auftrifft? Hier ist ihre Kraftwirkung maximal (hoher Schalldruck), während die Auslenkung der Luftteilchen verständlicherweise zum Stillstand kommt (Schallschnelle = 0). Ein anderes Bild ergibt sich bei einem gewissen Wandabstand der Schallwelle. Ist diese beispielsweise sinusförmig, kann ihr Schalldruck bei bestimmten Frequenzen gleich Null sein, während die Schallschnelle maximal ist. Schalldruck und Schallschnelle sind hier also phasenverschoben.

Gemäß ihrer Wirkungsweise unterscheidet man daher bei Absorbern auch zwischen Druck- und Schnelletypen. Druckabsorber (z. B. Plattenschwinger) werden unmittelbar an der Wand platziert. Schnelleabsorber (z. B. poröse Schaumstoffquader) benötigen hingegen einigen Wandabstand oder müssen entsprechend dick ausfallen, um wirken zu können.

Die AVAA C20 gehören von ihrer physikalischen Wirkung her zur Familie der Druckabsorber. Sie werden demnach direkt an der Wand aufgestellt. Nicht umsonst, denn hier ist der Schalldruck (Kraftwirkung) der Raummoden naturgemäß am höchsten. Entsprechend effektiv können die PSI Audio AVAA C20 an dieser Stelle arbeiten.

PSI Audio AVAA C20: Aus Druck mach Schnelle

Kommen wir nun zum eigentlichen Grund für den vorangegangenen, kurzen Physik-Ausflug. Denn jetzt geht es im wahrsten Wortsinn ans „Eingemachte“. Intern arbeiten die PSI Audio AVAA C20 nämlich nicht als Druck-, sondern als Schnelleabsorber. Das tragen sie sogar in ihren Namen, steht doch das Kürzel AVAA für „Acoustic Velocity Active Absorber“.

Weshalb nun dieser kompliziert anmutende Umweg? Druckabsorber „vernichten“ die akustische Energie von Raummoden normalerweise über passiv mitschwingende Membranen, die ein vergleichsweise hohes Gewicht aufweisen müssen. Daher fallen Druckabsorber in der Regel großflächig und schwer aus. Folglich erscheint es äußerst verlockend, den zu absorbierenden Schalldruck in eine andere Energieform zu konvertieren, die sich einfacher „entsorgen“ lässt.

PSI Audio AVAA C20
Wie der Größenvergleich mit einer CD zeigt, besitzen die AVAA C20 eine für Druckabsorber geradezu bescheidene Größe (Foto: J. Schröder)

Und genau das tun die PSI Audio AVAA C20 denn auch: Sie wandeln Schalldruck in Schallschnelle und absorbieren diese äußerst trickreich per aktiver Elektronik. Das Ergebnis: Kaum größer und schwerer als ein ausgewachsener Kompaktlautsprecher, wollen sie eine bis zu zwanzigfach größere Absorptionsfläche bieten als übliche Passivabsorber mit vergleichbaren Abmessungen.

Hoppla – da war doch was? Spannung gleich Schalldruck – Strom gleich Schallschnelle? Bei dieser Analogie kommt einem unweigerlich das Ohm’sche Gesetz in den Sinn. Und richtig: Physikalisch betrachtet, handelt es sich bei den AVAA C20 um akustische Impedanzwandler: Sie transformieren die hohe, akustische Wandimpedanz (die durch Reflexion Raumeigenmoden entstehen lässt) in eine niedrige, wie sie üblicherweise unter Freifeldbedingungen herrscht. Durch diesen virtuellen „Mauerdurchbruch“ kann sich ein modenträchtiger Druckstau nicht ausbilden.

PSI Audio AVAA C20: ein akustischer Perlator

Ebenso trickreich wie das physikalische Prinzip setzen die AVAA C20 die Druck-auf-Schnelle-Konvertierung auch technisch um. Naheliegend hierbei ist der Vergleich mit einem Wellenbad. Die vom Antrieb erzeugte Welle läuft längs durchs Becken und erreicht die gegenüberliegende Stirnwand. Hier schaukelt sie sich auf und wird zurückgeworfen – entgegen der vom Antrieb erzeugten, nächsten Wellenfront. Das stellt den Normalfall dar, der im übrigen auch dem Zustand bei der Entstehung von Raumeigenmoden entspricht.

Versieht man jedoch die dem „Wellenmotor“ gegenüberliegende Stirnwand mit Lochblechen, so „zerfällt“ die auftreffende Wellenfront (Druck) in viele feine Wasserstrahlen, die hinter den Lochblechen mit hoher Geschwindigkeit (Schnelle) austreten. Ein Aufstauen und Zurücklaufen der Welle im Becken selbst findet dagegen nicht mehr statt.

PSI Audio AVAA C20
Das fein geschlitze Metallgitter hinter der Frontblende wirkt als Schalldruck-zu-Schallschnelle-Wandler (Foto: J. Schröder)

Dieser Vorgang beschreibt ziemlich treffend, wie auch die AVAA C20 vorgehen. Die Schalldruck-Schallschnelle-Transformation übernimmt bei ihnen ein hinter der Frontblende befindliches, feinmaschiges Metallgitter. Im Raumvolumen dahinter befindet sich eine Art Tieftonlautsprecher, der seinerseits auf ein geschlossenes, bedämpftes Volumen arbeitet.

Eine Regelelektronik sorgt nun dafür, dass im akustischen Volumen zwischen Tieftöner-Membran und Metallgitter keinerlei Schalldruck herrscht (Silent Chamber). Als Sensor dient ein Bändchenmikrofon (Druckgradientenempfänger): Dieses erfasst die aktuellen, akustischen Verhältnisse und übermittelt sie an den komplexen Regelkreis. Dank dieser Architektur sind die PSI Audio AVAA C20 in der Lage, Raumeigenmoden automatisch zu „erkennen“ und selbstregelnd zu unterdrücken.

PSI Audio AVAA C20: Praxis

Beim Schalldruck handelt es sich um eine flächenbezogene Größe (1 Pascal = 1 Newton/m²). Folglich deckt auch der beste Absorber stets nur eine gewisse Wand-, Boden- oder Deckenfläche ab. Für größere Räumlichkeiten ist daher Arbeitsteilung durch mehrere Exemplare angesagt. Da machen auch die PSI Audio AVAA C20 keine Ausnahme: Als Basis-Ausstattung empfehlen sich zwei von ihnen – allein schon deshalb, weil sie im Duett bei geschickter Platzierung mehrere Raumeigenmoden gleichzeitig in Schach halten können.

Platzierung Absorber in Raumecke
Die Aufstellung der AVAA C20 in einer Raumecke nahe der Lautsprecher (hier im Zusammenspiel mit der Q Acoustics 3050i) erzielt in den meisten Fällen sofort gute Ergebnisse (Foto: J. Schröder)

Geschickte Platzierung – das ist denn auch das Einzige, was es im praktischen Einsatz der PSI Audio AVAA C20 zu beachten gilt. Der Rest ist selbsterklärend, denn außer dem Netzanschluss und einer günstigen Aufstellung erfordern sie keinerlei Aufmerksamkeit: Die PSI Audio AVAA C20 arbeiten sozusagen wartungsfrei.

Sensitivity Steller
Den Sensitivity-Steller braucht man eigentlich nur in Spezialfällen zu verändern – beispielsweise bei einer sehr nahen Aufstellung an drei Begrenzungsflächen (Foto: J. Schröder)

Als erste Faustregel empfiehlt sich ihre Aufstellung in den beiden Raumecken jeweils hinter dem linkem und dem rechtem Lautsprecher. Damit lässt sich nicht nur der Raumeigenmode in Längsrichtung (1-0-0), sondern auch derjenigen in Querrichtung (0-1-0) effektiv beikommen.

Hörtest

Genau diese Aufstellungsweise führte denn auch bei unserem Praxistest im kleinen LowBeats-Hörraum sofort zu optimalen Ergebnissen. Um die kritischen Raumeigenmoden möglichst punktuell und somit besonders intensiv anzuregen, haben wir zwei aktive Kompaktlautsprecher mit tiefreichender Basswiedergabe verwendet – die Nubert nuPro X-4000 sowie die Elac Navis ARB51. Außer den beiden PSI Audio AVAA C20 waren keine weiteren Tieftonabsorber im Spiel.

Mit Fug und Recht lassen sich die klanglichen Verbesserungen mit den AVAA C20 als dramatisch bezeichnen. Nicht nur, dass der vormals eher dickliche Bass nun deutlich straffer und konturierter tönte – auch war die Ausklingzeit (Decay Time) bei tiefen Tönen im Raum deutlich kürzer. Das sorgte für gesteigerte Klarheit auch im Mitten- und Präsenzbereich, die durch den Maskierungseffekt bei aufgeblähter Basswiedergabe offenkundig spürbar zu leiden hat.

Doch Lesen ist Silber – Hören ist Gold: Darum haben wir die Ergebnisse des Hörvergleichs „mit und ohne“ in Form von binauralen Aufnahmen für Sie ausführlich dokumentiert (bitte mit guten Kopfhörern hören).

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Wissbegierige können darüber hinaus den Einfluss der PSI Audio AVAA C20 auch in den untenstehenden Messdiagrammen objektiv ablesen. Ob hör- oder lesbar: Die PSI Audio AVAA C20 stellten ihre ausgesprochen positive Wirkung nachdrücklich unter Beweis.

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in room waterfall Nubert nuPro X-4000 rch (Messung: J. Schröder)
Wasserfalldiagramm Nubert nuPro X-4000 im kleinen LowBeats-Hörraum, 2 x PSI Audio AVAA 20 deaktiviert. Auffallend die kräftige Pegelspitze bei etwa 55 Hz (Raumeigenmoden 0-0-1 und 0-1-0) sowie der recht zerklüftete Tieftonfrequenzgang (Messung: J. Schröder)
in room waterfall Nubert nuPro X-4000 rch, 2 x PSI Audio AVAAC20 - active (Messung: J. Schröder)
Wasserfalldiagramm Nubert nuPro X-4000 im kleinen LowBeats-Hörraum, 2 x PSI Audio AVAA 20 aktiv: Die modenbedingte Pegelspitze ist eliminiert, der Tieftonfrequenzgang deutlich geglättet (Messung: J. Schröder)
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Fazit

Egal, ob in der Tonstudio-Regie oder im heimischen Wohnzimmer: Beim Einsatz der PSI Audio AVAA C20 lassen sich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Fraglos am wichtigsten ist, dass sich mit ihnen eklatante Klangverbesserungen nicht nur im Bassbereich erzielen lassen. Und das auf eine Weise, wie sie in dieser Qualität bisher einzig mit dem Einsatz passiver Raumakustikmaßnahmen zu erzielen war.

Letztere hinterlassen jedoch stets sichtbare Spuren – was in der Tonregie durchaus akzeptabel, im Wohnzimmer jedoch meist unerwünscht ist. Die PSI Audio AVAA C20 hingegen benötigen nur wenig Platz und lassen sich zudem quasi „unsichtbar“ aufstellen, ohne an Wirksamkeit einzubüßen. Damit lösen sie auf geniale Weise den Zielkonflikt „Optimaler Tieftonklang contra Wohnumgebung“. Zudem lassen sie sich auch bei Wohnungs- oder Raumwechsel problemlos weiterverwenden, während passive Raumakustikmaßnahmen nur begrenzt ortsveränderlich sind.

Weiterer Vorteil der AVAA C20: Sie arbeiten gezielt in einem Frequenzbereich von etwa 15 bis 150 Hz. Im Gegensatz zu großvolumigen Schaumstoffabsorbern bewirken sie daher keine unerwünschte Verkürzung der Nachhallzeit bei mittleren und hohen Frequenzen.

All das berücksichtigt, fällt ihr Preis von rund 2.500 Euro pro Einheit zwar immer noch hoch, aber durchaus angemessen aus. Bleibt mir nur noch zu sagen: Ein großartiges Produkt – Chapeau dem Team von PSI Audio!

PSI Audio AVAA C20
2019/0
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Klang:
Praxis:
Verarbeitung

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Sehr deutliche Klangverbesserung
Kalibrieren entfällt
Unauffällige Optik
nicht ganz billig

Vertrieb:
AUDIOWERK e.Kfm.
Schulstrasse 30
55595 Hargesheim – Germany
www.audiowerk.eu

Preis (Hersteller-Empfehlung):
PSI Audio AVAA C20: 2.350 Euro

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.