Die Impedanz (zu deutsch: Scheinwiderstand) ist fraglos eine der wichtigsten Messgrößen (nicht nur) bei Lautsprechern. Eingeweihte erfahren durch sie Genaueres zur Tieftonabstimmung oder erkennen mögliche Gehäuseresonanzen. Weniger Technik-Affine hingegen können am Impedanzverlauf zumindest grob abschätzen, ob ein Lautsprecher in etwa zu ihrem vorhandenen Verstärker passt. Bei LowBeats gehören Impedanzmessungen an Lautsprechern daher zum Test-Standard – diese sogar explizit nach Betrag und Phase. Denn nur beides zusammen ermöglicht eine Prognose, ob der getestete Lautsprecher den treibenden Verstärker nur mäßig oder eher stark fordert. Diese Belastungsfrage trägt in der Tat wesentlich zum harmonischen Zusammenspiel bei. Daher führt LowBeats ab sofort eine neue Mess-Darstellung ein, die genau diesen Sachverhalt klarer als bisher darstellt – das neue LowBeats Impedanzprofil.
Komplett überarbeitet haben wir auch das optische Erscheinungsbild unserer Impedanzmessungen. Denn bei allen physikalischen Qualitäten, die unsere testbewährte Mess-Hardware auszeichnet – eins beherrscht sie nicht: die logarithmische Skalierung der Impedanzkurve. Um auch die Spitzen noch darzustellen, waren unsere bisherigen Impedanzdiagramme daher je nach Verlauf vertikal unterschiedlich skaliert. Das jedoch erschwerte nicht nur die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Lautsprechern, sondern auch ein Ablesen der kritischen, niedrigen Impedanzwerte.
Das neue LowBeats Impedanzprofil: Aus linear wird logarithmisch
Mit neuer Mess-Hardware ändert sich auch das Erscheinungsbild der LowBeats Impedanzdiagramme. Waren die Ohmwerte der linken, vertikalen Skala bisher linear aufgetragen, erscheinen sie nun logarithmisch skaliert. In vorangehenden Praxistests erwies sich ein fester Wertebereich von 1 Ω bis 100 Ω als optimal, um die mögliche Impedanzspanne unterschiedlichster Lautsprecher mit praxisnaher Auflösung komplett dazustellen. Vorteil beim Ablesen: Die genormte Skalierung erlaubt einen direkten optischen Vergleich aller Lautsprecher untereinander.
Einen Wermutstropfen muss man bei der logarithmischen Skalierung allerdings hinnehmen. Da der Phasengang der Impedanz linear skaliert wird, lässt sich sein Linienraster nicht im logarithmischen Betragsdiagramm unterbringen. Das Ablesen des jeweiligen Phasenwinkels muss daher über die vertikale Skala rechts neben dem Diagramm erfolgen. Der Phasenverlauf als Graph bleibt jedoch weiterhin vollständig erhalten, so dass sein Einfluss auf den Impedanzbetrag sogar noch deutlicher als bisher erkennbar ist.
EPDR – Symbiose von Impedanz-Betrag und Phase
Einzeln betrachtet besagen weder Impedanzverlauf noch Phasengang, wie stark ein Lautsprecher den Verstärker leistungsmäßig fordert. Dazu braucht’s einen mathematischen Umweg: Mittels Platzhalter errechnet man zunächst die maximal mögliche Verlustleistung, sprich den Worst Case, den ein Impedanzwert mit seinem korrespondierenden Phasenwinkel an den Endtransistoren des Verstärkers erzeugen kann. Ist die Spitzen-Verlustleistung bestimmt, kann man anschließend den äquivalenten, ohmschen Widerstand ermitteln, welcher die gleiche Verlustleistung zur Folge hätte..Über diesen Trick fließen sowohl der Betrag als auch die Phase der Impedanz ins Ergebnis ein.
Das Resultat hört dabei auf den komplizierten Namen “Equivalent Peak Dissipation Resistance”, kurz: EPDR. Übersetzt bedeutet das “Äquivalenter Spitzenverlustleistungs-Widerstand”. Vergleichbar mit der klassischen Impedanzkurve gilt auch beim EPDR: Je niedriger die Ohmwerte, desto höher die Belastung des Verstärkers. Näheres zum Thema EDPR erfahren Wissbegierige im LowBeats-Tech-Wiki.
Indikator für potenzielle Klangprobleme
Wozu dient das Ganze nun? Eindeutiger als die klassische Impedanzkurve zeigt der EPDR-Verlauf diejenigen spektralen Bereiche an, in denen der Lautsprecher den treibenden Verstärker besonders stark belastet. Das macht EPDR zum perfekten Indikator für potenzielle Klangprobleme. Naturgemäß offenbaren sich diese vorzugsweise bei höheren Lautstärken – mitunter aber auch dann, wenn der Lautsprecher einen eher geringen Wirkungsgrad aufweist und man deshalb ohnehin mehr “Gas geben” muss. Bei weniger laststabilen Verstärkern kann dann die Stromversorgung in die Knie gehen, was sich speziell bei den leistungshungrigen, tiefen Frequenzen zeigt. Oder aber die Verstärker-interne Strombegrenzung tritt auf die Dynamikbremse, um die Endtransistoren vor dem Leistungs-Burnout zu bewahren. Wie auch immer – das Ergebnis ist in beiden Fällen dem Klang abträglich.
Natürlich müssen LowBeats-Leser nicht erst den Taschenrechner bemühen, um den EPDR eines getesteten Lautsprechers zu ermitteln. Vielmehr lässt sich dieser als Graph den neuen Impedanz-Profilen entnehmen. Doch keine Panik – die teils erschreckend niedrigen Ohm-Werte sind Spitzen- und keine Durchschnittswerte. Sie beschreiben aber dennoch reale Situationen. Nicht vergessen sollte man dabei allerdings: Über die klanglichen Qualitäten des Lautsprechers sagt der EPDR prinzipbedingt nichts aus. Solange der Verstärker ausreichende und laststabile Leistung bereitstellen kann, bleibt sein Einfluss vernachlässigbar. Wie in jeder Beziehung gilt auch bei der Paarung von Verstärker und Lautsprecher: Es gibt ausgesprochen pflegeleichte und ungemein anspruchsvolle Partner.
Kopfhörer – die Impedanz-Überraschung
Früher hieß es, die Impedanz von Kopfhörern verläuft derart linear, dass sie sich problemlos mit einem Gleichstrom-Ohmmeter messen und als simpler Zahlenwert angeben lässt. Von wegen: Man glaubt kaum, wie überraschend frequenzabhängig die Kapselimpedanzen einiger Kopfhörermodelle ausfallen. Natürlich längst nicht so ausgeprägt wie bei Lautsprechern, sind doch die bewegten Massen (induktive Anteile) bei Kopfhörern deutlich geringer. Das induktive Wandlerprinzip und die damit verbundenen Ansprüche an den Verstärker sind jedoch die gleichen wie beim Lautsprecher. Ist die Membran erst einmal in Bewegung, muss der Kopfhörer-Amp die von der Kapsel zurückschwappende Gegen-EMK zuverlässig ableiten.
Es verhält sich also kaum anders als bei Lautsprechern: Je nach ihrem Impdanzverlauf stellen Kopfhörer unterschiedliche Ansprüche an den treibenden Verstärker. Daher wird LowBeats bei zukünftigen Tests von kabelgebundenen Kopfhörern auch deren Impedanzprofil ermitteln. Da die Nennimpedanzen von Kopfhörern zumeist deutlich höher liegen als die von Lautsprechern, erfasst die logarithmische Skalierung im Diagramm hier den Bereich von 10 Ω bis 1000 Ω.
Publikationen wie beispielsweise das Kopfhörerverstärker-Kochbuch vom deutschen Spezialisten Niimbus oder The 0-Ohm-Headphone Amplifier vom amerikanischen Hersteller Benchmark zeigen denn auch unmissverständlich, dass niederohmige Kopfhörer-Ausgänge klare klangliche Vorteile besitzen. Nicht umsonst also verbauen qualitätsbewußte Hersteller Kopfhörer-Verstärker, die schaltungstechnisch leistungsstarken Lautsprecher-Amps gleichen – zu finden beispielsweise bei den RME-Modellen ADI-2 Pro FS R und ADI-2 DAC sowie den Kopfhörer-DACs Questyle CMA400i, CMA Twelve und Twelve Master.
Das neue LowBeats Impedanzprofil: Lautsprecherkabel vergleichen
Geht es um die Paarung von Verstärkern und Lautsprechern, ist das Thema Kabel nicht wegzudenken. Immerhin gilt es, in dieser Verbindung elektrische Leistungen zu übertragen. Etwaige Verluste sollten daher möglichst gering ausfallen. Diese lassen sich bei Lautsprecherkabeln besonders anschaulich darstellen über die sogenannte Kurzschlussimpedanz. Hier sind die lautsprecherseitigen Armaturen miteinander verbunden (Kurzschluss), während das Messignal am verstärkerseitigen Ende eingespeist wird. Wie zu erwarten ist (und auch erwünscht), fallen die Impedanzwerte bei dieser Messung sehr niedrig aus – sie liegen im Milliohm-Bereich.
Die Kurzschlussimpedanz eignet sich hervorragend zum Vergleichen unterschiedlicher Lautsprecherkabel, weil sie die wesentlichen Größen Serienwiderstand und Längsinduktivität deutlich sichtbar darstellt. Aus diesem Grunde erhalten die Teilnehmer zukünftiger Boxenkabel-Tests bei LowBeats ebenfalls ein genormtes Impedanzprofil (Skala von 10 Milliohm bis 1 Ohm) – inklusive zumindest einer Referenz, sodass sich ihr “Gewinn” im Vergleich zu Standardkabeln sehr einfach erkennen lässt.
Fazit
Messwerte (nicht nur) von Audio-Equipment sollten aussagekräftig, transparent und vergleichbar sein. Diesem Ideal rückt das neue LowBeats Impedanzprofil ein gutes Stück näher. Egal, ob Lautsprecher, Kopfhörer oder Boxenkabel: Es vereinfacht nich nur den Vergleich der Testkandidaten innerhalb ihrer Produktgruppe, sondern signalisiert auch potenzielle (Anpassungs-) Probleme im Zusammenspiel mit dem Verstärker.
Die äußern sich naturgemäß unterschiedlich: Bei Lautsprechern handelt es sich vor allem um dynamische Instabilitäten in bestimmten Frequenzbereichen. Bei Kopfhören dagegen können Frequenzgangabweichungen sowie zu geringe Maximallautstärke die Folge sein. Boxenkabel wiederum können das Impulsverhalten verändern, da sie die Bedämpfung der vom Lautsprecher zurückfließenden Gegen-EMK unmittelbar beinflussen. Näheres dazu finden Interessierte im Beitrag zu den speziellen LowBeats Messungen für Lautsprecherkabel-Tests.
Stichwort EPDR: Die teils beängstigend geringen Werte dürften so manchen Lautsprecherentwickler nachdenklich stimmen. Hier zeigt sich, dass nicht unbedingt alles der Verstärkerverträglichkeit dient, was im Boxen- und Chassisbau konstruktiv verlockend und machbar ist. Nicht umsonst also spricht der schottische Audio-Entwickler, Hochschullehrer und Wissenschaftsjournalist Jim Lesurf denn auch von einer “Society of Cruelty to Amps” oder kurz: SCAMP.
Wie für jedes neue Projekt gilt auch für das LowBeats Impedanzprofil: Es braucht stets ein wenig Einspielzeit, bis sich alles passend zurechtrüttelt. Besonders hilfreich hierbei ist natürlich Ihr Feedback: Egal, ob technischer Hintergrund, Skalierung und Beschriftung der Diagramme oder Farbgebung der Graphen – für konstruktive Kritik sind wir immer zu haben. Schreiben Sie hierfür einfach per Mail an [email protected].