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DTS:X Pro und Neural:X Pro - Trinnov liefert Update für Altitude Prozessoren aus. Ein erster Test (Foto: Trinnov)
DTS:X Pro und Neural:X Pro - Trinnov liefert Update für Altitude Prozessoren aus. Ein erster Test (Foto: Trinnov)

DTS:X Pro – Trinnov bietet kostenloses Update

Schon seit über einem Jahr, genau seit der CES 2019, geistert ein neuer Begriff durch die Surround-Szene: DTS:X Pro. Und weil DTS wie viele andere Hersteller immer mehr Geheimnisse um die eigenen Entwicklungen macht, statt Fakten zu vermarkten, war das „Pro“ mehr ein Gespenst als Tatsachen. Die gibt es nun.

Trinnov Altitude Update auf DTS:X Pro (Foto: R. Vogt)
Trinnov Altitude 32 beim Update auf DTS:X Pro (Foto: R. Vogt)

Am Samstag den 31. Januar 2020 schrieb Trinnov auf Facebook: „The Beast is Out!“. Mit nur gut einem Jahr Verspätung integrieren die Franzosen nun den neuen…, tja, was denn nun eigentlich? Ein Decoder ist es ja nicht, denn für DTS:X Pro gibt es kein neues Aufzeichnungsformat. Offiziell ist es ein „Renderer“, also der Teil eines Decoders, der sich um das noch rohe Signal und dessen eigentliche Weiterverarbeitung kümmert. Zum DTS:X Pro Paket gehört auch der überarbeitete Upmixer Neural:X.

IMAX-UHD-Blu-ray (Foto: R. Vogt)
Bei Trinnov auch schon integriert: IMAX-UHD-Blu-ray (Foto: R. Vogt)
IMAX Sinsheim: Haupteingang (Foto: R. Vogt)
IMAX Sinsheim: Haupteingang (Foto: R. Vogt)

Ganz nebenbei verarbeitet die nun aktuelle Firmware für Trinnov Altitude 16 und Altitude 32 auch IMAX-Enhanced Ton. Diese Variante des DTS:X Tons kommt auf den in Europa bislang noch seltenen IMAX Enhanced UHD-Blu-rays vor und führte beispielsweise einen Höhen-Center über der Leinwand ein, den es in den IMAX Kinos schon seit Jahrzehnten gibt und den Auro-3D ebenfalls kennt. Einzelne Top-AV-Receiver decodieren die IMAX-Streifen schon seit einiger Zeit, aber es werden immer mehr Modelle.

Auf DTS:X Pro allerdings müssen die meisten aber noch einige Monate warten, wie wir von Trinnov erfuhren. Von Trinnov? Genau. Denn die Trinnov Altitude Maschinen dienen sowohl Dolby als auf DTS als Entwicklungsplattform. Schon von daher haben die Ingenieure aus Neuilly-Plaisance bei Paris stets einen Entwicklungsvorsprung gegenüber dem Mitbewerb. Das kommt daher, dass sie keine DSP-Chips mit statischer Software verwenden wie praktisch alle anderen, sondern die Surround-Decodierung sowie das gesamte Signalmanagement wie den Optimizer und das Bassmanagement auf einem klassischen PC-Hauptprozessor erledigen. Der kann die gestellten Aufgaben viel lässiger und praktisch beliebig flexibel erledigen, weil er nun einmal völlig frei programmierbar ist.

Wohin mit 32 Kanälen?

Auf den Altitude Prozessoren läuft nun die erste ausgelieferte Version des Renderers. Und der hat es in sich, weil er auch einige der Features aus den Profi-Kino-Systemen erstmals ins Heimkino übernimmt. Dazu gehören auch Features, die es bislang noch nicht einmal als DTS:X Aufzeichnung gibt, wie etwa stereophone LFE-Kanäle (Low Frequency Effects).

DTS:X Pro kennt 30 Lautsprecherpositionen in 5 Ebenen und 2 LFE Kanäle (Foto: DTS)
DTS:X Pro kennt 30 Lautsprecherpositionen in 5 Ebenen und 2 LFE Kanäle (Foto: DTS)

Die Grafik zeigt alle 30.2 adressierbaren Lautsprecherpositionen. Dabei finden sich illustre Funktionen, die bislang keine Verwendung finden oder nur als Option für künftige Signale gedacht sind und teilweise aus den kommerziellen Anwendungen stammen. Dazu zählen beispielsweise die drei Kanäle der untersten Ebene. Dabei ist das gemeint, was bei der Einführung des Voice-of-God Kanals an der Decke noch vor wenigen Jahren als Karikatur mit der Überschrift „Voice-of-the-Devil“ durch die Sozialen Medien ging: Lautsprecher unterhalb der Leinwand: Lb, Cb und Rb mit dem „b“ für Bottom, also Boden.

Auch in der Hörebene kommen neue Positionen hinzu. Etwa die im Kino schon für CinemaScope eingeführten Left Center und Right Center (Lc, Rc) als Füller für sehr breite Stereobasis auf dem halben Weg zum eigentlichen Center Lautsprecher. Die Wide Kanäle (Lw, RW) gibt es schon aus den Zeiten vor DTS:X und sollen die Lücke zwischen Front und den Surrounds schließen. Die seitlichen Surrounds lassen sich nun separat nach Left Side Surround und Left Surround getrennt adressieren, rechts entsprechend (Lss, Ls, Rss, Rs). Und auch der vor gut 20 Jahren schon mal mit DTS-ES eingeführte rückwärtige Center Surround (Cs) ist wieder dabei.

Weil sie Amerikaner sind (und die lieben Superlative), hat DTS nun nach oben drei verschiedene weitere Lautsprecher-Ebenen! Da sind zum einen die Kanäle die ein „h“ im Namen führen. Diese entsprechen den bisher bekannten und in DTS:X auch diskret aufgezeichneten Höhenkanälen. Auf der Blu-ray-Tonspur sind entsprechend Lh, Rh, Lhr und Rhr enthalten. Über den „h“-Kanälen liegen die „t“ wie Top Kanäle, immerhin auch 6 Positionen. Und ganz oben in der Turmspitze gibt es einsam den Over Head (Oh) Kanal, der allgemein als Voice of God bekannt ist. Macht in Summe fünf Höhenebenen. Uff!

Trinnov Altitude Update auf DTS:X Pro (Foto: R. Vogt)
Trinnov Altitude Lautsprecher-Konfigurationsmenü (Foto: R. Vogt)

Das Ganze gilt nun für DTS:X Pro beim Objekte-Rendern sowie für den neuen Upmixer der verwirrenderweise weiter den alten Namen Neural:X trägt, ohne „Pro“ angehängt. Der läßt sich aber auch für alle anderen Tonformate – und sei es eines von Dolby – verwenden. Einschränkung: Er versteht aktuell nur zwei Abtastraten: 44,1 und 48 Kilohertz. Schade. So lassen sich schon Konzert-Blu-rays mit 96kHz nicht mehr aufblasen. Doch ergänzend zu DTS:X sollte es immer reichen. Denn das ist genau wie Dolby Atmos generell auf 48kHz beschränkt, weil es sonst die gesetzten Bandbreiten in der Consumerwelt sprengen würde. Wer diskretes Immersive Audio mit bis zu 96kHz aufzeichnen möchte, muss also weiterhin Auro-3D verwenden. Das wiederum arbeitet wahlweise mit DTS-HD Master Audio, Dolby TrueHD oder PCM, hauptsache Bit-genau.

Trinnov Altitude Update auf DTS:X Pro (Foto: R. Vogt)
Trinnov Optionen-Menü für DTS:X Pro und Neural:X (Foto: R. Vogt)

Und weil der Trinnov Altitude 32 auch im Studio und in Mastering-Suites eingesetzt wird, bietet er auch ein paar Detail-Parameter, die vermutlich bei keinem AV-Receiver auftauchen werden. Neural:X front split to bottom etwa hat bislang keine reale Funktion und soll irgendwann einmal den Center hinter und einen zweiten Center unterhalb der Leinwand zusammenschalten. Im Channel remapping kann man einen Immersive Soundtrack wieder auf Hörebene herunterbrechen, bis zu Stereo. Also ein schneller Klangcheck im Studio, wie der Downmix klingt.

Interactive Objects bietet die Möglichkeit, isolierten Audio-Objekten eine manuelle Regelung zu geben. Das einzige Signal, das ich hierzu finden konnte, war ein DTS:X Erklärvideo auf einer alten Demoscheibe. Das Menü der Scheibe ermöglichte, die Erklär-Stimme im Pegel von 0 bis 6 Dezibel anzuheben, wie auf dem Bild zu sehen. Was mit dieser Funktion noch möglich ist? DTS schweigt sich darüber aus.

DTS:X Pro – Was kann’s, wie klingt’s?

Schon bei der Kanal-Definition fürs Ausprobieren mit meinem 16-kanaligen Trinnov Altitude 32 im LowBeats Testkino komme ich mir vor wie eine arme Wurst, zumal nur 11 Kanäle und ein Subwoofer (7.1.4) installiert sind. Also probiere ich zunächst genau dieses Setup. Um es kurz zu machen: Ob DTS:X mit oder ohne Pro, machte echt keinen Unterschied! Alles was ich in diesem Format an Aufnahmen besitze, ist ohnehin 5.1.4 oder 7.1.4 kodiert. Und bislang verwenden DTS:X Aufnahmen praktisch nur statische Kanäle und nur isoliert dynamische Objekte.

Aber die neue Variante des Neural:X Upmixers klingt anders als bisher. Irgendwie braucht er eine Schrecksekunde, um sich einzupendeln. Dann aber liefert er punktuell ortbare Effekte wie kein anderer. Die Kanaltrennung ist schlicht unglaublich. Ich gebe beispielsweise einen Nachrichtensprecher von 2.0 Kanal-TV-Ton drauf. Der steht mit Neural:X felsenfest im Center, alle anderen Kanäle sind praktisch tot. Zum Vergleich: Die Kanaltrennung von Dolby Surround liegt bei circa 30 Dezibel, die Pegelskala des Trinnov reicht bis -90dB. Das reicht nicht zum Messen der Kanaltrennung. A real party piece. Allerdings geht das auch mit einer kleinen Klangverfälschung einher und irgendwie ist es mit Neural:X stets circa 2dB leiser. Nicht schlimm.

Trinnov Altitude Update auf DTS:X Pro (Foto: R. Vogt)
Volles Programm: DTS:X Pro inklusive Front Wide und Center Height (Foto: R. Vogt)

Zum Glück kann man bei einem Trinnov die Kanäle des Decoders und der Ausgänge völlig frei zuordnen. So konnte ich testen, was bei 9.1.6 passiert – in diesem Falle mit dem Center Höhenkanal, den Front Wide Kanälen und dem neuen Over Head. Letzterer war aus keinem mir zugänglichen DTS:X oder IMAX Soundtrack zu extrahieren. IMAX Enhanced nutzt den oberen Center fleißig. Gut. Die Wide Kanäle aber blieben in fast allen Fällen stumm. Da muss schon ein Objekt hin gerendert werden, sonst passiert da nichts. Für den Over Head Kanal konnte ich gar kein diskretes Signal entdecken. Aber: Sobald man, wie empfohlen, den Neural:X Upmixer aktiviert, werden alle Kanäle belebt.

Das entspricht im Grunde auch genau den Erwartungen. Die höhere räumliche Auflösung mit bis zu 30 Kanälen gilt eben nur für die dynamischen Objekte im DTS:X Signal, falls vorhanden. Ungewöhnlich ist, dass sich diskreter Decoder, Objekt-Rendering und Neural:X Upmixer gemeinsam verwenden lassen. Dolby Atmos oder Auro-3D lassen entweder die diskreten Kanäle oder den Upmixer zu.

Nochmal zu Neural:X. Dieser Upmixer ist ganz eindeutig auf maximal scharf ortbare Effekte hin konzipiert und nicht auf maximale Klangtreue wie die Auro-Matic. Diese erzeugt stets einen angenehm flauschigen, dicht gewebten Klangteppich aus der vom laufenden Programm extrahierten Rauminformation. DTS‘ neuer Ansatz dagegen nimmt etwas vom Raumeindruck zurück, zu Gunsten punktuell ortbarer Anteile in allen Raumdimensionen. Das kann bei Action-reichem Film förderlich sein, für Musik ist es eher kontraproduktiv. Dolby Surround liegt mit seinen Ambitionen irgendwie dazwischen.

Fazit: Cool für Megakinos, sonst wenig Nutzen

Als erstes Fazit kann ich zusammenfassend sagen: Wer nicht wenigstens 9.1.6 Kanäle betreibt, der wird von DTS:X Pro kaum einen Nutzen gegenüber DTS:X ohne „Pro“ haben. Allerdings bietet der neue Upmixer knackig ortbare Effekte in den up-gemixten Kanälen wie kein Konkurrent. Das alles arbeitet ausschließlich bei 44,1 und 48kHz Samplingrate.

Wer aber mehr als 7.1.4 Kanäle betreibt, der kann sicher von den neuen Optionen profitieren, zumal die hohe räumliche Auflösung mit mehr Lautsprechern auch bei Dolby Atmos zum Tragen kommt. Es wird wohl ein elitärer Nutzerkreis bleiben – der aber hat Spaß! Wir werden sehen, was die DSP-basierten Decoder taugen. Ich bin gespannt.

DTS:X Pro Logo (Foto: DTS)
DTS:X Pro Logo (Foto: DTS)
Links zu diesen Themen:

Vergleich der 3D-Formate Auro-3D, DTS:X und Dolby Atmos
Hörvergleich: Lautsprecher-Anordnung Dolby Atmos gegen Auro-3D

Hörbeispiele Vergleich DTS:X ohne Virtualisierung und mit Virtual:X

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Autor: Raphael Vogt

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Technischer Direktor bei LowBeats und einer der bekanntesten Heimkino-Experten der Republik. Sein besonderes Steckenpferd ist die perfekte Kalibrierung von Beamern.