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PIoneer N-70AE Test AUfmacherbild
Pioneer hat mit dem N-70AE den attraktivsten Netzwerkplayer um 1.000 im Programm

Test Netzwerkplayer Pioneer N-70AE

Gemunkelt wurde von dem Wunder- Netzwerkplayer schon länger. Dann kam er und es war wie so häufig: das gute Stück war nur halbfertig. Die Software hinkte der Hardware noch hinterher. Erst im Sommer dieses Jahres bekam der Pioneer N-70AE so etwas wie ein letztes elementares Update und begeistert uns seitdem täglich mehr. Die Zeit war also reif für einen ausgiebigen Test.

PIoneer N-70AE
Stets aktuell: Pioneer erweitert stets die Funktionalitäten des N-70AE. Im Sommer 2018 kam Amazons Prime Musik hinzu (Foto: A. Weber)

Der japanische Konzern Pioneer gehört ganz klar in die Riege des „Silver Face Audio“. Diese von Fans geschaffene „Gattung“ bezeichnet HiFi-Geräte mit silbern glänzenden Frontplatten aus den 1970er und 1980er-Jahren. Auch der Pioneer Netzwerkplayer N-70AE knüpft ganz selbstverständlich an diese Tradition an. Zurecht ist das Unternehmen stolz auf seine 80-jährige HiFi-Geschichte, die 1938 mit der Vorstellung eines Lautsprechers begann. So war es nur konsequent, dass im Mai dieses Jahres auf der High End in München auch ein legendärer Vollverstärker von 1979, der Pioneer SA-9800, neben den Neuvorstellungen stand. Der hier vorgestellte und getestete Pioneer Netzwerkplayer N-70AE will nun beweisen, dass die einst in Osaka gegründete HiFi-Schmiede nichts von ihrer Strahlkraft verloren hat und weiterhin Maßstäbe setzt.

Pioneer N-70AE
Aufgeräumt: Trotz seiner Funktionsvielfalt ist der Netzwerkstreamer einfach zu bedienen. Das 3,5 Zoll große Display liefert ein auch aus der Ferne gut ablesbares Bild mit vielen Detailinformationen. Die Fernbedienung ist vollumfänglich ausgestattet (Foto: Pioneer)

Der Aufbau des Pioneer N-70AE

Tatsächlich hat Pioneer bei der Konstruktion nicht gekleckert, sondern geklotzt, was sich bereits auf der Waage bemerkbar macht: Satte 11,4 Kilogramm wiegt der Netzwerkplayer, der auf drei massiven Isolationsfüßen ruht. Dieses Designfeature, drei statt vier Gerätefüße als Gehäusestützen zu verwenden, setzt sich mittlerweile bei vielen Herstellern durch, denn so stehen die Komponenten auch bei nicht vollkommen ebenen Flächen stets mit allen Füßen auf dem Boden der Tatsachen. Pioneer hat hier aber noch ein Stück weitergedacht und links und rechts am hinteren Ende der Gerätuntersite noch zwei weitere, kleinere „Hilfsfüßchen“ untergebracht, die bei einem Versetzten des Geräts mögliche Kratzer auf einer empfindlichen Oberfläche vermeiden helfen. Das „Silver Face“ – die Frontplatte – besteht ebenso wie die Seitenteile aus massiven Aluminiumelementen, das Fundament bildet eine zweischichtige, drei Millimeter dicke Stahlplatte. Der solide Gehäusedeckel ist mit sechs Schrauben am Gehäuserahmen montiert. Einmal entfernt, blickt man in das aufgeräumte Innere des N-70AE.

PIoneer N-70AE inside
Aufgeräumt: Das Innere des Netzwerkstreamers ist in drei Sektion aufgeteilt: Netzteil, Streamingeinheit und DAC/Analogstufe. Die DAC-Sektion bekam zudem einen eigenen Netztrafo spendiert (Foto: Pioneer)

Fast unverschämt verschwenderisch ist der Materialeinsatz. So befinden sich hier drei abgeschirmte Kammern, die die Streaming-Einheit, die Audio-Sektion und das Netzteil voneinander trennen. Dem D/A-Wandler hat Pioneer zudem einen eigenen, weiteren Netztrafo spendiert, der separat über die Eingangsplatine Strom bezieht. Das hat den Vorteil, dass das Ein- und das Ausgangssignal vollkommen voneinander getrennt sind. Für die Umwandlung der digitalen in analoge Signale sind zwei 8-Kanal ES9016 SABRE32 Ultra DAC-Chips zuständig, die im Doppel-Monobetrieb arbeiten. Somit können jedem Stereokanal acht Kanäle zugewiesen werden. Der Sinn dahinter: Reduzierung von Verzerrungen und ein verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis. Der Pioneer Netzwerkplayer ist mit nahezu jedem Audioformat kompatibel, egal wie es anliegt, ob als PCM oder DSD. Es ist daher schneller aufgezählt, was er nicht kann: PCM 768 kHz und DSD 512 – selten und zu vernachlässigen.

Der N-70AE ist darüber hinaus nicht nur ein Streamer, er kann auch als DAC eingesetzt werden. Aus diesem Grund funktioniert das Abspielen von LPCM-Inhalten mit bis zu 32 Bit und 384 kHz nur über den USB Typ B-Port, etwa von einem Notebook. Besonders reizvoll ist in diesem Zusammenhang, dass das Gerät sich mit dem Abspielprogramm Audirvana (für PC und MAC erhältlich) versteht, welches den anliegenden Signalfluss akribisch aufbereitet und somit eine ideale Grundlage für eine perfekte D/A-Wandlung im HiRes-Bereich darstellt (ein Audirvana-Test folgt in Kürze). Es wird deutlich, dass beim Pioneer ausschließlich Technik zum Einsatz kommt, die auf höchstmögliche Klangwiedergabe ausgelegt ist. Dies macht auch der Verzicht von Bluetooth deutlich, was aus audiophiler Sicht nachvollziehbar ist, denn der Klang via Bluetooth ist zwar anständig, erfüllt aber keine High-End-Ansprüche.

Bei den drahtlosen Verbindungen setzt Pioneer daher konsequent auf verlustfreie Übertragungen, wie Apples Airplay und Googles Chromecast. Der deutliche Vorteil gegenüber Bluetooth ist, dass die Musik als verlustfreier Audiostream an den N-70AE übertragen wird. Zudem ist es dann egal, ob das Streaming direkt von einer nativen Anwendung wie Qobuz oder Napster genutzt wird, oder ob diese in die Pioneer-App integriert ist. Trotzdem ist die „Pioneer Remote App“ schon von Haus aus opulent ausgestattet. Neben den üblichen Musikstreamingdiensten wie Spotify, Deezer oder Tidal ist hier auch Amazon Musik zu finden.

PIoneer N-70AE Streaming-Dienste
Vielseitig: Die Pioneer Remote App hat viele Dienste und Funktionalitäten integriert. Zudem lässt sie sich individuell anpassen. Verschiedene Hintergründe und Farbschemata stehen zur Auswahl (Foto: A. Weber)

Via Chromecast kommt dann auch noch YouTube Music (vormals Google Play Music) hinzu. Fast überflüssig zu erwähnen, dass Tidals Masterformat namens MQA auch unterstützt wird. Hängen DLNA-zertifizierte Geräte im Netzwerk, sind Auflösungen bis 24 Bit / 192 kHz oder DSD mit DSD 11.2 möglich. Der Netzwerkplayer kommt auch mit Multiroom Audio-Streaming zurecht, zur Auswahl stehen hier FlareConnect oder dts Play-Fi, sofern unterstützte Hardware vorhanden ist. Kontakt zu Verstärkern findet der Pioneer N-70AE neben Cinch und digitalen Ausgängen auch per XLR.

PIoneer N-70AE
Kontaktfreudig: Neben Cinch bietet der N-70AE auch symmetrische und unsymmetrische Ausgänge. Festplatten und Notebooks finden via USB A- und B-Anschlüssen Zugang (Foto: Pioneer)

Ausgesprochen angenehm ist es, dass der Player sowohl mit Bedientasten auf der Gehäusefront als auch mit einer vollständig ausgestatteten Fernbedienung zu steuern ist – auch im hochpreisigen Segment keine Selbstverständlichkeit. Sehr sinnvoll ist die Kombination mit dem 3,5 Zoll großen Farbdisplay, welches auch aus der Ferne gut ablesbar ist und nicht mit Informationen geizt. Neben der Verbindungsart, wie AirPlay, Chromecast oder LAN, werden unter anderem auch Albumname, Titel, Tracklänge und die abgelaufene Trackzeit angezeigt. Sofern in den Daten vorhanden, verrät die Anzeige zudem, welches Format (AAC, WAV, FLAC und andere; siehe technische Daten) gerade verarbeitet wird, ebenso die Abtastrate (Sampling) und die Auflösung (Bit). Gut dargestellt wird auch das jeweilige Albumcover. Voraussetzung für das Anzeigen von Albumname, Künstler und Albumcover ist jedoch, dass die Musikdateien in den Formaten MP3, WMA, Apple Lossless, FLAC, AAC oder als DSD (nur DSF) vorliegen.

PIoneer N-70AE
Überschaubar: Das Bedienmenü des Pioneer N-70AE ist übersichtlich und leicht zu verstehen (Foto: A. Weber)

Musikhören mit dem Pioneer N-70AE

Obwohl der Pioneer N-70AE im Grunde alles vollautomatisch beherrscht, bleibt dem Musikliebhaber doch die Entscheidungsfreiheit, wie und in welcher Form das Signal behandelt werden soll. Das beginnt bereits bei der Grundeinstellung (hier: Setup) wo in den Optionseinstellungen die Art der Digitalfilterung nach den eigenen Vorlieben ausgewählt werden kann. Defaultmäßig ist dort die Einstellung „scharf“ angewählt, die sich in der Tat als beste Wahl herausstellt, wobei man zugeben muss, dass die Unterschiede zwischen „langsam“, „scharf“ und „kurz“ an der Grenze zur Wahrnehmung liegen. Man muss sich nicht wirklich darum kümmern.

PIoneer N-70AE
Höchste Auflösung: Via USB (Type B) zugespielt, können Audio-Aufnahmen bis zu 1-Bit/5.6MHz hochgerechnet werden (Foto: A. Weber)

Ein Blick auf die Gehäusefront zeigt auf der linken Seite drei LEDs. Sie stehen für zuschaltbare Funktionen, die die Klangqualität deutlich anheben. Der „Direct“-Modus schleift das Signal unaufbereitet in Originalqualität durch, die gesamte DSP-Verarbeitung ist in diesem Fall inaktiv – das kennt man so ähnlich auch unter anderen Bezeichnungen wie „Pure Direct“ oder „Source Direct“, etwa bei Verstärkern. Interessanter wird’s mit der mittleren LED, denn sie steht für „Hi-Bit32“, eine Pioneer-Entwicklung. Leuchtet sie auf, wird die Bitrate des digitalen Audiosignals von ursprünglichen 16 oder 24 Bit auf 32 Bit erhöht. Besonders leise Musikpassagen sollen von dieser Hochquantisierung profitieren. Die dritte LED zeigt an, ob das „Up-Sampling“ aktiviert wurde. In diesem Fall wird die Abtastrate des Signals auf 384 kHz erhöht. Sind beide Funktionen angewählt, also „Hi-Bit32“ und „Up-Sampling“, ist ganz klar eine Verbesserung des Sounds hörbar. Der Klang ist offener, lebendiger. Besonders deutlich wird dies bei aktiviertem „Hi-Bit32“.

Darüber hinaus bietet der N-70AE die Möglichkeit, komprimiertes und Effekt- sowie Artefakte-belastetes Musikmaterial wie MP3 mittels „Auto Sound Retriever“-Modus wieder hochzurechnen. Die Funktion „Range Adjust“ dient der Anpassung des Signal-Rausch-Verhältnisses, um so die Bandbreite zu erhöhen. Üblicherweise entsteht bei der Musikkonvertierung von Analog zu Digital sogenanntes Jitter-Rauschen, das hier in sieben Stufen behandelt werden kann. Im Test hat sich die Standardeinstellung „7“ bewährt.

Die Einarbeitung in den Pioneer N-70AE erfordert weniger Zeit, als es hier möglicherweise den Anschein erweckt. Schon in den Default-Einstellungen kitzelt der Player alles aus dem zugelieferten Material heraus, was technisch derzeit überhaupt möglich ist. Ob nun als Masterdatei oder noch MP3 aus Urzeiten, der N-70AE holt alles raus, ist so nah dran am Original, dass es fühlbar wird. In Hörtests konnten wir dem Netzwerkplayer einen von den Lautsprechern losgelösten, klaren, dynamischen Klang mit einer analogen Farbe attestieren. Stimmen werden greifbar und der Pioneer verführt einen dazu, auch Stücke, deren man längst überdrüssig ist, nochmals anzuhören – einfach, weil es so schön klingt.

Die Möglichkeiten des Pioneer N-70AE haben wir beschrieben. Doch wie klingt nun so ein Netzwerkplayer im Vergleich zu ähnlichen Geräten? Hervorragend. Der N-70AE ist ein klassischer Pioneer. Das heißt: er klingt Familien-üblich immer etwas feiner und seidiger als die Mitbewerber. Ein Naim Audio ND5 X2 klingt womöglich etwas erdiger und habhafter. Aber dieses wunderbar Leichte des Pioneer bereichert fast jede Aufnahme. Man muss sich ja auch immer vor Augen halten: der N-70AE kostet – in diesem Fall muss man „nur“ sagen – 1.300 Euro. In dieser Preisklasse gibt es wenig Vergleichbares.

Fazit Pioneer N-70AE

Mit dem Netzwerkspieler N-70AE ist Pioneer ein großer Wurf gelungen. Die Auswahl der Bauteile und die Verarbeitung sind auf höchstem Niveau. Die Möglichkeiten, ob als Streamer oder DAC, sind nahezu grenzenlos. Der Gewinn an Klangqualität ist unüberhörbar, besser geht’s kaum, höchstens teurer. Zudem ist die Bedienung auch dank einer vollständigen Fernbedienung und einem hervorragenden Display recht einfach. Klare Kaufempfehlung.

Pioneer N-70AE
2018/11
Test-Ergebnis: 4,8
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Angenehm feines, natürliches Klangbild
Einfache Bedienung
Highendige Verarbeitungsqualität
Äußerst preisgünstig

Vertrieb:
Pioneer Electronics Deutschland
Zweigniederlassung der Pioneer Europe NV
Hanns-Martin-Schleyer-Straße 35
47877 Willich
eu.pioneer-av.com/en-DE

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Pioneer N-70AE: 1.300 Euro

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